Eigentlich kaum vorstellbar, aber Mischgüllen verschiedener Zusammensetzungen sind im Kommen. Die DLG hat auf diese Anforderung aus der Praxis reagiert und den DLG-Prüfrahmen für die Nährstoffbestimmung mittels Nahinfrarot-Sensoren (NIR-Sensoren) angepasst.
Was haben Gemischtbetriebe, die Rinder und Schweine halten, landwirtschaftliche Lohnunternehmer und Betriebe, die auf gemietete Gülle-Lagerkapazitäten angewiesen sind, gemeinsam? In allen Fällen findet sich möglicherweise im Güllelager keine „sortenreine“ Gülle mehr. Ob dies nun daran liegt, dass der Eisberg nach der Entdeckung seiner Spitze immer größer wird oder daran, dass diese Art von betrieblichen Gegebenheiten zunehmen, ist derzeit noch Gegenstand der Diskussion. Tatsache ist: Das Problem der Mischgüllen existiert in der Praxis mit einer gewissen Relevanz. Natürlich wird ein Gemischtbetrieb keine zwei getrennten Lagersysteme bauen, um die Gülle der in der Regel größeren Rinder- bzw. Milchviehhaltung und die paar Mastschweine für die Direkt- bzw. Regionalvermarktung zu trennen. Und wenn in einem Betrieb die Lagerkapazitäten dank der immer strengeren Vorschriften der Düngeverordnung knapp werden, wird dieser allein aus Gründen der – kostengünstigeren – Transportlogistik die nächstgelegene Möglichkeit nutzen, Lagermöglichkeiten zuzumieten, und dies unabhängig davon, welche Gülleart sich möglicherweise noch in diesem Lagerbehälter befindet. Die Mischung von Güllen verschiedener Herkunft ist schließlich erlaubt.
Am Ende der Kette steht dann gegebenenfalls der Lohnunternehmer, der mit dem Abtransport und der Ausbringung solcher Mischgüllen betraut wurde und der – eine entsprechende technische Ausstattung und die gesetzlichen Vorgaben im Bundesland vorausgesetzt – ja auch die Dokumentation der Ausbringmengen pro Hektar für die Düngebilanz im Feld bzw. die ausgebrachten Gesamtmengen für die Stoffströme der Hoftorbilanz zu liefern versprochen hat. Gerade den Lohnunternehmern kommt mit zunehmender Technisierung der Gülleausbringung aber eine Schlüsselrolle zu: Nur spezialisierte Lohnunternehmer erreichen die für die damit verbundenen hohen Investitionskosten nötige Auslastung und sind somit in der Lage, wegweisende technische Lösungen früher einzusetzen als Betriebe in der Eigenmechanisierung. Ganz nebenbei kann derjenige, der durch große und moderne Technik die nötige Schlagkraft erreicht, im Gegenzug auch mögliche „Belästigungen“ der nichtlandwirtschaftlichen Landbevölkerung auf ein Mindestmaß beschränken. Dies gilt für die Verkehrsbelastung durch die Logistikkette ebenso wie für eine deutlich reduzierte Geruchsbelästigung des Umfelds durch Schlitz- und Injektorverfahren.
Politik spielt mit
Bislang sind es die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, die die bei der Ausbringung von Gülle per NIR-Sensor gemessenen und aufgezeichneten Inhaltsstoffmengen als Dokumentation im Rahmen der Pflichten nach den Vorschriften der Düngeverordnung anerkennen. Obwohl andere Bundesländer sich hier noch zurückhaltend geben, sind die Positionen offensichtlich sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene nicht unumstößlich. Tatsächlich wird in Einzelfällen im Diskurs zwischen den Landesregierungen und -parlamenten darauf verwiesen, dass DLG-geprüfte NIR-Sensoren noch nicht alle nötigen Messwerte hinreichend genau erfassen können, um die Labor-Standardmethoden ablösen zu können. Implizit mit dabei sind hier auch Mischgüllen, da sie besondere Anforderungen an die Messbereiche der Sensoren bzw. der ihren Ergebnissen zugrundeliegenden Kalibriermodelle stellen.
Mischgüllen in der Praxis
Unabhängig von der Analysemethode ist die Inhomogenität der Gülle das grundsätzlich große Problem bei der Bestimmung ihrer Inhaltsstoffe. Bei Mischgüllen steigert sich diese Problematik weiter. So könnte es sein, dass sich die Güllechargen aufgrund der relativ deutlichen Unterschiede im Trockensubstanzgehalt deutlich schlechter mischen (lassen), als dies ohnehin gilt. Die größte Praxisrelevanz besitzen Mischgüllen aus Rinder- und Schweinegülle, sodass sich die DLG-Prüfungskommission darauf festgelegt hat, diese in einer Messreihe definierter Mischungsanteile (90:10 / 70:30 / 50:50 / 30:70 / 10:90) selbst herzustellen. Praktisch wird dies relativ einfach beim Wechsel der Messeinrichtung von einem Rinder- auf einen Schweinebetrieb umsetzbar, indem die Rindergülle im Probenbehälter stufenweise durch Schweinegülle verdünnt wird.
Erste Sensoren erfolgreich geprüft
Mit dem Van-Control 2.0 aus dem Hause Zunhammer (Prüfbericht 7138) sowie dem Assy LMS 20-NIR Sensor von Topcon Precision Agriculture (Prüfbericht 7141) haben sich inzwischen bereits zwei NIR-Sensorsysteme erfolgreich den verschärften Prüfungsbedingungen des ergänzten DLG-Prüfrahmens gestellt und wurden – neben Rinder- und Schweinegülle sowie flüssiger Gärreste – auch für die Inhaltsstoffbestimmung in Mischgülle DLG-ANERKANNT. Konkret waren in beiden Fällen die Werte für die Trockenmasse, den Gesamtstickstoff, Phosphat und Kaliumoxid gemäß DLG-Bewertungsschema hinreichend genau.