Masterclass: Wie funktionieren CO2-Geschäftsmodelle in Dänemark? 

oder auch: Neue Wege erkennen und den Mut haben, sie zu beschreiten

Im Rahmen der Masterclass „Wie funktionieren CO2-Geschäftsmodelle in Dänemark?“, die Teil des neuen Formats der DLG-Unternehmertage 2025 in Erfurt war, berichtete der dänische Referent Thomas Kjaer von alternativen Energieprojekten auf seinem Betrieb. Sven Häuser vom DLG-Fachzentrum Landwirtschaft und Lebensmittel moderierte die Masterclass.

„Auf unserem Betrieb beschäftigen wir uns intensiv mit Energieprojekten und klugen Lösungen für die Zukunft. Das kommt nicht daher, weil ich am zukünftigen Stellenwert der Schweinefleischproduktion zweifeln würde; vielmehr bin ich der Überzeugung, dass innovative und intelligente Systeme von immer größerem Interesse und demzufolge auch schon in naher Zukunft von großem Nutzen sein werden“, stellte Thomas Kjaer, der live zugeschaltet war, gleich zu Beginn des Vortrags klar. 

Biogasanlage vor Rapsfeld
Bringt man den Gärrest aus der Biogasanlage direkt auf den Feldern aus, bindet man viel Kohlenstoff im Boden, der noch anderweitig hätte genutzt werden können. Daher hat sich Thomas Kjaer für die Pyrolyse entschieden. Bild: Fotolia_64477489

Bereits auf dem EPP-Congress in Kolding im Frühjahr dieses Jahres war Kjaer als Referent geladen. Seine Einstellung: „Ich sehe darin, dass wir zukünftig unseren CO2-Fußabdruck ermitteln müssen, keine Herausforderung. Für mich ist das eine großartige Chance, neue Geschäftsmodell zu kreieren.“ 

Selbsterklärtes Ziel: Klimaneutral wirtschaften

Thomas Kjaer ist auf dem Familienbetrieb aufgewachsen: 1970 begannen seine Eltern mit der Landwirtschaft und haben den Betrieb Jahr für Jahr und Stück für Stück vergrößert. Ziel war es immer, einen geschlossenen Kreislauf aufrecht zu erhalten. Gegenwärtig stehen auf Kjaers Betrieb insgesamt gut 3.400 Sauen: „Von 2.500 Sauen gehen die Ferkel in die dänische Aufzucht. Von den übrigen 900 Tieren exportieren wir 30-kg-Ferkel, unter anderem nach Deutschland.“ Zusätzlich werden auf 2.400 ha hauptsächlich Getreide und Feldfrüchte für die Biogasanlage angebaut. Drittes Standbein des Betriebes ist die Biogasanlage: „2016 sind wir in die Biogasproduktion eingestiegen. Momentan füttern wir die Anlage sowohl mit Pflanzenmasse, als auch mit Schweinegülle“, erläuterte der Däne. 2016 hat der gelernte Landwirt schließlich mit der Pyrolyse begonnen. „Viele unserer Nachbarn bezeichnen uns deshalb nicht mehr als Landwirte, sondern als Unternehmer“, sagte Kjaer. 

„Ich sehe darin, dass wir zukünftig unseren CO2-Fußabdruck ermitteln müssen, keine Herausforderung. Für mich ist das eine großartige Chance, neue Geschäftsmodelle zu kreieren.“ 

Thomas Kjaer 

Doch die Pyrolyse bringt den Schweinehalter seinem Ziel, eines Tages klimaneutral zu wirtschaften, ein großes Stück näher: „Die Biogasanlage kann nur 15% der Biomasse nutzen, um daraus Energie zu erzeugen. Der Gärrest wird wieder auf den Feldern ausgebracht, was bedeutet, dass 25% des noch enthaltenen Kohlenstoffs für lange Zeit im Boden gebunden wird. Bringen wir den Gärrest aber nun nicht direkt auf unseren Feldern aus, sondern speisen ihn in die Pyrolyse-Anlage ein, passiert folgendes: Zuerst wird die Biomasse getrocknet – bei einem Trockengrad von 94 bis 96% startet der Vorgang der pyrolytischen Zersetzung. Im Anschluss daran wird das gewonnene Gas in einem weiteren Schritt gereinigt und für die Energiegewinnung genutzt. Das übriggebliebene Gärsubstrat dient als organischer Dünger; und mit der Abwärme werden die Schweineställe beheizt oder sie wird, je nach Bedarf, ins lokale Wärmenetz eingespeist“, beschreibt Kjaer den Vorgang schrittweise. 

Schweinehalter oder Anlagenbetreiber?

Nach Thomas Kjaers Ausführungen beantwortete er die Fragen aus dem Plenum: Ob er sich selbst noch als Schweinehalter bezeichnen würde? „Ich bin immer noch ein Landwirt, denn Landwirtschaft und Schweinefleischerzeugung sind immer noch mein Hauptjob. Aber mir ist in den vergangenen Jahren bewusst geworden, dass wir den Kohlenstoff, den wir aus der Erde holen – in Form von Öl und Gas – in gleicher Weise betrachten müssen wie jenen, den wir aus der Luft binden können. Deshalb bin ich ein großer Fan von Steuern auf jenen Kohlenstoff, den wir aus dem Boden gewinnen und dem Kreislauf sozusagen neu hinzufügen“, beschrieb der Referent seine Gedanken dazu. 

Eine weitere Frage bezog sich auf die Diskussionen mit Nachbarinnen und Nachbarn bzw. Konsumentinnen und Konsumenten: „Ich diskutiere tatsächlich oft mit Verbraucherinnen und Verbrauchern; und die meisten verstehen meinen Standpunkt, wenn ich es ihnen erkläre. Wir sind ein Pilotbetrieb: Bisher haben wir zwei Pyrolyse-Standorte in Dänemark, die in einem Kreislauf mit einer Biogasanlage eingesetzt werden. Es ist also noch überschaubar für die Menschen, neu, und daher überwiegt oftmals die positive Neugier gegenüber der offenen Ablehnung.“

Jungschweine im Stall beim Fressen
Einen CO2-Fußabdruck hat Kjaer für seinen Betrieb nicht berechnet: „Ich konzentriere mich auf den Futterverbrauch meiner Tiere: Wenn er gering ist, ist das auch für die CO2-Emissionen ein sehr gutes Zeichen.“

Ob er auch über die Kosten spricht? „Natürlich haben wir einen Businessplan für die Biogasanlage, und bisher funktioniert unser Geschäftsmodell. Unter der Annahme, dass die Biomasse, die wir auf den Feldern ausbringen, für uns kostenlos ist, funktioniert es sogar sehr gut“, berichtete Kjaer. „Eine einheitliche Messung des CO2-Fußabdrucks existiert in Dänemark allerdings nicht“, beantwortete er eine weitere Frage, aber „ich wiederhole mich an dieser Stelle: Aus meiner Sicht ist nicht der Kohlenstoff das Problem, der sich bereits im Kreislauf befindet – sondern jener, der durch uns Menschen aktiv dem Kreislauf hinzugefügt wird.“ 

Den CO2-Fußabdruck für seinen Betrieb hat der Landwirt bisher nicht berechnet: „Ich konzentriere mich auf den Futterverbrauch meiner Tiere: Wenn der Futterverbrauch gering ist, dann ist das ein sehr gutes Zeichen. Auch von staatlicher Seite gibt es da bisher keine gesetzlichen Regelungen – wer gegenwärtig eine Biogasanlage betreibt, hat wenig zu befürchten.“ Den nötigen Input, um den CO2-Fußabdruck des eigenen Betriebes zu reduzieren, erhält man in Dänemark über Berater, die Betriebsleiterin oder Betriebsleiter sowohl umfassend informieren als auch in der Umsetzung unterstützen. 

Und er räumt ein: „Wir haben jetzt diese Idee und erhoffen uns davon, dass es so funktionieren kann. Ob und wie lange unsere Idee mit dem Einsatz einer Pyrolyse-Anlage zukünftig (noch) funktionieren wird, das können wir jetzt noch nicht zu 100% sagen.“

Take home message: Die neuen Wege gehen

In welcher Form es in Dänemark zukünftig CO2-Steuern geben wird, ist bislang noch unklar. Was aber laut Kjaer sonnenklar ist: 

„Eine Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, ist nicht realistisch, wenn wir nicht umdenken – und stattdessen so weitermachen wie bisher. Es reicht nicht aus, den Mut zu haben, gute Ideen in den Köpfen zu entwickeln und in machbare Lösungen umzuschreiben, die dann auf dem Papier in irgendeiner Schublade liegen. Wir müssen uns auch trauen, diese neuen Wege zu gehen“, schloss der Däne seinen Vortrag.