„Siegel geben Landwirten Sicherheit“ 

DLG-Prüfingenieur Tommy Pfeifer über Emissionen und Innovationen

Porträt von Prüfingenieur Tommy Pfeifer. Foto: DLG
Prüfingenieur Tommy Pfeifer klopft seit rund 14 Jahren bei der DLG TestService GmbH in Groß-Umstadt Lösungen und Produkte aus dem Betriebsmittelbereich unter anderem auf ihre Praxistauglichkeit ab. Foto: DLG

Wie lassen sich Emissionen in der Tierhaltung wirksam senken – und welche Technik hält, was sie verspricht? Tommy Pfeifer vom DLG-Testzentrum Technik und Betriebsmittel in Groß-Umstadt gibt Einblicke in aktuelle Prüfverfahren, Herausforderungen beim Testen neuer Produkte und erklärt, warum zertifizierte Lösungen für Landwirte mehr sind als nur ein Gütesiegel.

DLG: Welche Lösungen prüft das DLG Testzentrum Technik und Betriebsmittel im Einzelnen?

Tommy Pfeifer: Im Prüfbereich „Umwelttechnik“ fassen wir eine Vielzahl von Prüfungen zusammen, die alle darauf abzielen, den Austrag von Schadstoffen aus landwirtschaftlichen Betrieben zu mindern. Aktuell prüfen wir Zusatzstoffe für Gülle, die verschiedene Schadstoffe bereits bei ihrer Entstehung in der Gülle reduzieren können. Besonders im Fokus stehen bei unseren Prüfungen natürlich Ammoniak- und Treibhausgasemissionen, aber auch die Minderung von Gerüchen und gegebenenfalls Staub. Für Landwirte spielen neben der Umweltwirkung auch ganz praktische Aspekte eine große Rolle – etwa die Funktionssicherheit und die einfache Handhabung.

Wie wird die Praxistauglichkeit geprüft?

In unsere Prüfungen fließen nicht nur Labor- und Messdaten ein, sondern auch Rückmeldungen aus der Praxis: Landwirte testen die Produkte unter realen Bedingungen und bewerten sie entsprechend auch im Betriebsalltag. Das gilt übrigens nicht nur für Güllezusätze, sondern auch für andere, sogenannte Indoor-Maßnahmen wie zum Beispiel Tränke- bzw. Futterzusatzstoffe oder speziell behandelte Einstreu zur Reduktion der Ammoniakbildung. Aber auch Filteranlagen zur Abluftreinigung werden im Praxisbetrieb bewertet.

Welche Prüfungen bietet das DLG Testzentrum Technik und Betriebsmittel konkret an bei Techniken und Maßnahmen, die Emissionsminderung in der Tierhaltung versprechen?

Die DLG bietet ein breites Spektrum an Möglichkeiten, um Techniken und Maßnahmen zur Emissionsminderung zu prüfen und zu zertifizieren. Dazu zählen beispielsweise Abluftreinigungsanlagen für Stallanlagen. Diese Filtersysteme sorgen dafür, dass entstandene Schadstoffe aus der Abluft von Ställen sicher entfernt werden. Alternativ kann man aber auch dafür sorgen, dass Schadstoffe erst gar nicht oder wenigstens im deutlich geringeren Umfang entstehen bzw. in die Stallluft gelangen. Diese Indoor-Maßnahmen beginnen bei Futter- und Wasserversorgung sowie speziell behandelter Einstreu und beziehen alle Prozessschritte der Güllebehandlung bis hin zum Verschluss von Güllekanälen oder der Abdeckung von Güllebehältern mit ein. Prinzipiell sind wir offen für viele weitere Anwendungen in diesem Bereich, auch weil sich hier im Markt gerade sehr viel bewegt.
 

Aufgrund der immer schärfer werdenden gesetzlichen Regelungen müssen versprochene Minderungsgrade nicht nur tatsächlich erreicht, sondern gegebenenfalls auch rechtssicher dokumentiert werden. 

DLG-Prüfingenieur Tommy Pfeifer

Welche weiteren Anwendungen haben Sie dabei im Sinn?

Spannend ist aus unserer Sicht die Möglichkeit, Messtechniken zur Erfassung von Schadstoffen im Stall zu zertifizieren. Damit können Betreiber künftig die Maßnahmen zur Emissionsminderung direkt über die Qualität der Stallluft überwachen und gezielt Maßnahmen zur Verbesserung einleiten. Gerade bei emissionsmindernden Maßnahmen ist es nämlich für die Betriebe entscheidend, dass die Technik zuverlässig funktioniert und einfach zu bedienen ist. Aufgrund der immer schärfer werdenden gesetzlichen Regelungen müssen versprochene Minderungsgrade nicht nur tatsächlich erreicht, sondern gegebenenfalls auch rechtssicher dokumentiert werden. All diese Faktoren werden in einer DLG-Prüfung berücksichtigt. Die Ergebnisse und bereits veröffentlichte Zertifikate stellen wir auf unserer Website kostenlos zur Verfügung. 

Prüfingenieur Tommy Pfeifer an einem Probenschrank. Foto: DLG
Prüfingenieur Tommy Pfeifer bei der Probennahme. Foto: DLG

Wie messen und überwachen Sie die Emissionen während der Prüfungen?

Wir arbeiten mit anerkannten und akkreditierten Prüflaboren zusammen, die sich mit solchen Messungen auskennen. Diese Prüflabore arbeiten die Messaufgabe gemäß unserem DLG-Prüfrahmen ab. Dabei schauen wir auch immer auf die einwandfreie Ausführung der Messung sowie die Erfolgsaussichten während der Prüfdauer. Letzteres heißt, dass die Messwerte nicht nur im Test, sondern für die gesamte Gültigkeit des jeweiligen Prüfzeichens dauerhaft erreicht werden. Auch stehen wir in ständigem Kontakt mit dem Prüflabor und dem Kunden, um am Ende eindeutige Messdaten in hoher Qualität für eine Bewertung zur Verfügung zu haben. Gemessen und getestet wird zum größten Teil in Praxisbetrieben im direkten Vergleich zwischen Versuchs- und Kontrollstall oder -stallbereich. Das hat den Vorteil, dass die ermittelten Werte ein Ergebnis abbilden, das sehr nah an der täglichen Arbeitspraxis in landwirtschaftlichen Betrieben ist. 

Ein potenzieller Zusatznutzen im Sinne der Kreislaufwirtschaft besteht zudem darin, dass das Waschwasser der Anlagen zusammen mit der anfallenden Gülle im Betrieb als Dünger auf Ackerböden verwendet werden kann. 

DLG-Prüfingenieur Tommy Pfeifer

Aus Ihrer langjährigen Erfahrung im Testwesen: Unter welchen Voraussetzungen können Emissionsminderungen besonders zuverlässig geprüft werden?

Stellschrauben in der Emissionsminderung gibt es viele. Wichtig sind deshalb Vormessungen, die wir regelmäßig auch bereits entwicklungsbegleitend für die Hersteller durchführen. So können wir zusammen mit dem Auftraggeber sicherstellen, dass das Produkt, die Technik oder der Zusatzstoff funktionsfähig und auch durch Praktiker leicht anwendbar ist und die eigentlichen Prüfmerkmale effizient getestet und DLG-zertifiziert werden können.

Welche technischen Lösungen sind nach Ihrer Erfahrung in der Emissionsminderung besonders effektiv?

Filter- und Abluftreinigungsanlagen arbeiten in dem Bereich besonders effektiv – immer natürlich unter der Voraussetzung, dass sie bestimmungsgemäß angewendet und durch regelmäßige Überwachungen des Betreibers begleitet werden. Zudem lassen sich diese Techniken durch eingebaute Sensoren besonders gut monitoren. Ein potenzieller Zusatznutzen im Sinne der Kreislaufwirtschaft besteht zudem darin, dass das Waschwasser der Anlagen zusammen mit der anfallenden Gülle im Betrieb als Dünger auf Ackerböden verwendet werden kann. Allerdings sind diese Verfahren vergleichsweise teuer und machen bei ihrer Installation häufig Umbauten im Stall erforderlich.

Was sind günstigere Verfahren? 

Günstiger sind meist Indoor-Maßnahmen, die oft ohne kostenintensive Umbaumaßnahmen eingesetzt werden können. Beispielsweise haben wir kürzlich erfolgreich eine präparierte Einstreu im Geflügelbereich getestet. Im Bereich der Indoor-Lösungen gibt es aktuell noch relativ wenige Prüfungen beziehungsweise geprüfte Produkte am Markt, was sich in naher Zukunft aber ändern dürfte. Das Inkrafttreten der nächsten Stufen in den gesetzlichen Regelungen und die damit geforderten Minderungsraten werden zwangsläufig dazu führen, dass neue Indoor-Produkte mit alternativen Wirkstoffen oder Wirkmechanismen auf den Markt kommen werden. Wenn diese Produkte geprüft sind, haben Landwirtinnen und Landwirte auch die Auswahl aus mehreren geprüften emissionsmindernden Indoor-Maßnahmen.

Einschränkend muss man aber sagen, dass im Bereich der Indoor-Maßnahmen auch noch ein paar Hürden zu nehmen sind. Dazu gehört der dauerhafte Nachweis bzw. die Dokumentation einer Emissionsminderung, der von der sachgemäßen Anwendung z. B. der oben erwähnten präparierten Einstreu abhängt. Wir testen deshalb in unseren Prüfungen, inwiefern die Anwendung einer Lösung konstante Emissionsminderungen bringt – und keine extremen Schwankungen in den Messwerten auftreten, beispielsweise unmittelbar nach der Anwendung des Produktes. Auch müssen wir die Messverfahren immer wieder an die zu testenden Produkte anpassen. Hier haben wir aber inzwischen jahrzehntelange Erfahrungen sammeln können.

Da die Prüfkriterien insgesamt strengen Regularien unterliegen, werden qualitativ schlechtere Produkte relativ schnell aussortiert. 

DLG-Prüfingenieur Tommy Pfeifer

Welche Lösungen schneiden erfahrungsgemäß am besten ab? Was unterscheidet eine Spitzenlösung von einer durchschnittlichen Lösung – und wie bildet die DLG das in ihren Prüfzeichen ab?

Prinzipiell gilt: Ein Produkt mit DLG-Prüfsiegel hat neutral und unabhängig nachgewiesen, dass ein Mindeststandard eingehalten wird, der über die Leistung der üblichen, marktverfügbaren Produkte hinausgeht. Mithilfe unseres Bewertungsschemas ist aber auch im Prüfbericht immer klar ersichtlich, ob ein Produkt sogar noch deutlich besser als der DLG-Mindeststandard abschneidet. Das bietet Kunden, Herstellern und Wettbewerbern gleichermaßen Orientierung am Markt. Herausragende Lösungen können dann beispielsweise auch in die BVT-Schlussfolgerungen, einer EU-Liste der bestverfügbaren Techniken, aufgenommen werden. Hier werden am Markt verfügbare Verfahren aufgelistet; bei Schweinen sind das zum Beispiel Verfahren zur Kot-Harn-Trennung im Stall. Wir bieten Herstellern als Service an, bei besonders guten Verfahren und Produkten eine Aufnahme in die BVT-Liste zu empfehlen.

Allerdings ist hierbei wichtig, dass wir nur Empfehlungen abgeben und die Aufnahme in die Liste schlussendlich nicht beeinflussen können. Wir genießen allerdings bei den entsprechenden Stellen mit unseren DLG-Prüfrahmen ein hohes Vertrauen. Auch eine Aufnahme von bestimmten Verfahren in die Empfehlungen im Anhang zur TA-Luft, also der Technischen Anleitung der Reinhaltung der Luft, können wir entsprechend empfehlen. 

Welche Sicherheit bietet ein DLG-Prüfsiegel den Landwirten konkret?

DLG-Zertifikate bieten durch ihre hohen Anforderungen zunächst die Sicherheit, dass ein Produkt die vom Hersteller versprochene Wirkung tatsächlich einhält. Darüber hinaus bieten wir mit unseren Zertifikaten über die Gebrauchswertprüfung nützliche Informationen zur eigentlichen Anwendung eines Produktes, also seiner Praxistauglichkeit. Darin wird grob gesagt getestet, wie einfach und barrierefrei anwendbar eine Lösung im Arbeitsalltag ist. Da die Prüfkriterien insgesamt strengen Regularien unterliegen, werden qualitativ schlechtere Produkte relativ schnell aussortiert. 

Welche Rolle spielt das Prüfwesen der DLG bei regulatorischen Vorgaben wie der Nitrat-Richtlinie oder Dünge-Verordnung und der TA-Luft?

Da unser Prüfrahmen in der Regel die gesetzlichen Vorgaben der entsprechenden Regularien erfüllt, haben unsere Kunden und auch die Anwender in der landwirtschaftlichen Praxis einen direkten Nutzen von einer Prüfung: Sie können ein geprüftes Produkt auf den Markt bringen beziehungsweise anwenden, ohne weitere Hürden in Sachen Regelkonformität nehmen zu müssen. Sollte eine gesetzliche Vorgabe einmal nicht Gegenstand eines DLG-Verfahrens sein, so können wir auf Wunsch des Kunden auch den Radius einer Prüfung entsprechend erweitern. Die Rückmeldungen, die uns aus dem Markt erreichen, sind eindeutig: Die Landwirte wissen, dass sie mit DLG-geprüften Produkten auf der sicheren Seite sind. 

Was sind nach Ihrer Erfahrung die größten Herausforderungen dabei, ein neues Produkt in der landwirtschaftlichen Praxis zu etablieren?

Die Endkunden, also die Landwirte, müssen das Produkt akzeptieren und als nützliches Hilfsmittel in ihrem Betriebsalltag anerkennen. Mittel wie eine präparierte Einstreu sollten daher nach unserer Beobachtung einen Zusatznutzen haben, der über die reine Emissionsminderung hinausgeht. 

Worin kann dieser Zusatznutzen bestehen?

Bleiben wir beim Beispiel Einstreu: Ein gutes Produkt mindert nicht nur Emissionen und Gerüche, sondern ist aufgrund seiner Konsistenz auch der Gesundheit der Fußballen der Tiere förderlich. Die Tiere wiederum sind dadurch gesünder und wachsen schneller, die Mast wird dadurch effizienter und obendrein das Tierwohl gesteigert. Das rechtfertigt dann aus Sicht der Landwirte nach unserer Erfahrung auch einen höheren Preis für ein entsprechend getestetes Produkt. 

Fakt ist: Zertifizierte Mittel sind ein wenig teurer als Konkurrenzprodukte ohne Zertifizierung. Für den Landwirt geben die Zertifizierungen aber auch Sicherheit, indem sie zum Ausdruck bringen, dass ein Produkt unter Praxisbedingungen erfolgreich auf bestimmte Eigenschaften getestet wurde. Zudem werden viele zertifizierte, emissionsmindernden Produkte, die vom Landwirt bereits jetzt schon eingesetzt werden, von einigen Bundesländern finanziell gefördert. Hier gibt es verschiedene Förderprogramme, die den weiteren Nutzen einer Zertifizierung unterstreichen.

 Interview: Stefanie Pionke, DLG-Newsroom

Zur Person

Tommy Pfeifer ist seit 14 Jahren Prüfingenieur beim DLG-Testzentrum Technik und Betriebsmittel in Groß-Umstadt. Der studierte Umwelttechniker mit Abschluss von der Fachhochschule Amberg-Weiden nimmt im Bereich Betriebsmittel unter anderem folgende Prüfungen ab: Stallleuchten, Umweltsimulationen, Getreidefeuchtemesser und Bauteile fürs Stallklima. 

Über das DLG-Testzentrum Technik und Betriebsmittel

Das DLG-Testzentrum Technik & Betriebsmittel zählt zu den international führenden Prüf- und Zertifizierungsorganisationen in den Bereichen Traktoren, Agrartechnik und Betriebsmittel. Die DLG-eigenen Testmethoden werden praxisbezogen und von neutralen Kommissionen entwickelt. Neben Prüfungen nach DLG-Standards ergänzen umfangreiche Prüf- und Zertifizierungsdienstleistungen zur Qualitätssicherung das Angebot. Die Prüf- und Testberichte sind eine wichtige Entscheidungshilfe für Investitionen und den Einsatz in der Praxis. Vergeben werden die Siegel DLG Anerkannt, DLG Qualitätssiegel und DLG PowerMix.

Mehr erfahren

Symbolbild DLG Prüfsiegel Anforderungen erfüllt.
Symbolbild DLG Prüfsiegel Anforderungen erfüllt.

Zum Thema

DLG-Prüfungen für NIR-Sensoren:
Landtechnik

Wie laufen Überroll- oder Umsturzprüfungen ab?

Fahrersicherheit first
Landtechnik

Einblicke in moderne Agrarwirtschaft, Gemüseproduktion und technische Innovationen

Hochschulteam Göttingen in Dänemark
Pflanzenbau

Einfache Handhabung und effiziente Ausbringung

Vogelsang Schleppschuhgestänge Blackbird im Test