Nachhaltige Ressourcen schonende Milchproduktion

Mehr Augenmerk auf die Milchinhaltsstoffe 

Das Verhältnis von Laktose zu Fett und Protein in der Milch ist ein züchterischer und futterwirtschaftlicher Ansatzpunkt für die Nutzung von Futterressourcen. Welche Faktoren noch bei einer nachhaltigen Milcherzeugung eine Rolle spielen, darüber informiert der folgende Beitrag aus der Fachzeitschrift: Milchpraxis 1/2025, erschienen im DLG-Verlag. 
 

Die drei Hauptmilchbestandteile sind Fett, Protein und Laktose. Während Fett und Protein in der Abrechnung honoriert werden, ist dies bei Laktose selten der Fall. Und dabei verwendet die Kuh viel Energie auf ihre Produktion. Foto: Landpixel

Das Wichtigste in Kürze

In der Milcherzeugung wird der Ressourceneinsatz immer wichtiger. Unterschiede im Verhältnis von Laktose zu Fett und Protein in der Milch verschiedener Kuhtypen und Rinderrassen sind von entscheidender Bedeutung für eine effiziente Nutzung der Futterressourcen für die Nachhaltigkeit der Milchproduktion.

Die Erzeugung von Milchfett- und Milcheiweiß ist mit einer „konzentrierteren“ Milch effizienter als mit einer „dünnen“ Milch und besitzt Vorzuge im Hinblick auf die CH4-Emission, Wärmebildung und auch die Transportkosten der Milch.

Die Wirtschaftlichkeit in der Milchrinderzüchtung wird neben den Produktionsmerkmalen und der Nutzungsdauer erheblich von der mittleren Körpermasse der Kühe bestimmt. Die Berücksichtigung der mittleren Körpermasse bei der Zuchttierrangierung erscheint Zielversprechend für einen weiteren wirtschaftlichen Fortschritt.

Futterökonomische Aspekte der Milcherzeugung und die Emissionen aus der Milchviehhaltung sind in der Milchproduktion der Zukunft mehr denn je von Bedeutung. Neben der züchterischen Bearbeitung der Milchmengen- und Einsatzleistung der Milchkühe zu Laktationsbeginn sind deshalb auch die grundlegenden futterwirtschaftlichen Aspekte und damit auch ein hoher Milchfett- und eine hohe Milchproteinkonzentration wichtig für die Züchtung bei Milchkühen.

Laktosegehalt wird nicht bezahlt

Bei einer hohen Einsatzleistung besteht die Gefahr einer negativen Energiebilanz (NEB) und folglich einer hohen körperlichen Belastung hochleistender Milchkühe in der Frühlaktation. Wenn man sich züchterisch auf die Milchmenge konzentriert, wird die Laktoseerzeugung stark gefördert. Laktose ist der natürlich vorkommende Zucker in der Milch und gehört als Disaccharid zu den Kohlenhydraten. Er besteht aus den beiden Einfachzuckern (Monosacchariden) Glukose und Galaktose. Laktose ist der Milchbestandteil mit der höchsten Konzentration in Milch. Aber von den drei Hauptmilchbestandteilen Fett, Protein und Laktose hat sie den niedrigsten wirtschaftlichen Wert, denn der Milchzuckergehalt wird in den Milchgeldabrechnungen selten honoriert. Ganz im Gegenteil, die Beliebtheit von laktosefreien Milchprodukten und Getränken hat in Westeuropa in den vergangenen Jahren stark zugenommen.

Hoher Energiebedarf für die Laktoseerzeugung

Holsteinkühe, die 40 Kilogramm Milch pro Tag produzieren, erzeugen etwa 1.800 bis 1.900 Gramm Laktose pro Tag. Da Glukose ein wichtiger Vorläufer für die Laktosesynthese ist, wird für die Milchsynthese viel Glukose und damit viel Futterenergie benötigt. Die Glukose wird zum überwiegenden Teil in der Leber erzeugt. Eine Kuh, die täglich 40 Kilogramm Milch gibt, muss dafür mehr als drei Kilogramm Glukose produzieren. Das bedeutet Höchstleistung für das Tier.

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Energiebedarf hängt auch von der Körpermasse ab

Der Energiebedarf von Milchkühen setzt sich aus dem Bedarf für die Erhaltung, die Milchbildung in Abhängigkeit von deren Zusammensetzung und dem Energieansatz für das Wachstum von Fetus und Gewebe im Verlauf der Laktation zusammen. Er wird auf die metabolische Körpermasse (KM0,75) bezogen und steigt mit der Lebendmasse. Die aktuellen Empfehlungen zur Energieversorgung von Milchkühen (GfE 2001) gehen von einem Anstieg des Erhaltungsbedarfs von 0,293 MJ NEL pro kg KM0,75 aus. Das bedeutet, der relative Anteil für die Erhaltung am Gesamtenergiebedarf hängt also nicht nur von Milchmenge und -zusammensetzung, sondern auch von der mittleren Körpermasse der Kühe ab. Die Jahresmilchleistung pro Kuh sagt vergleichsweise wenig über die Futtereffizienz aus, weil sie stark von der Lebendmasse der Kuh, dem Kraftfuttereinsatz und dem Produktionssystem abhängt. 

Leichtere Kühe mit weniger Milch sind futterwirtschaftlich effizienter

Der Milchkuhtyp kann bei gleicher Produktivität sehr verschieden sein. Von praktischem Interesse sind vor allem die futterwirtschaftlichen Kenngrößen bei Anwendung verschiedener Zuchtzielvarianten (ZV). In der Abbildung 1 sind differenzierte ZV für hochleistende Holsteinkühe hinsichtlich der Milchleistung und Körpermasse bei konstanter Erzeugung von je 814 kg Milchfett und Milcheiweiß pro Kuh und Laktation (= 429 Kilogramm Fett bzw. 385 Kilogramm Eiweiß) aufgezeigt. So lassen sich mit einer Milchmenge von „nur“ 9.977 Kilogramm pro Kuh und Laktation bei höheren Inhaltstoffen und einer etwas leichteren Kuh die gleichen Milchfett- und Milcheiweißmengen futterwirtschaftlich effizienter im Vergleich zu einer 12.257-Kilogramm-Kuh mit einem deutlich geringeren Milchfett- und -eiweißgehalt erzeugen (Abb. 1). Die höhere Futtereffizienz ausgedrückt als Gramm Fett und Eiweiß je Einheit benötigter Futterenergie in MJ NEL resultiert vor allem aus der geringeren Laktoseerzeugung (Abb. 1).
 
 

Abb. 1: Futterenergieeffizienz und Laktoseerzeugung bei Nutzung von Holsteinkühen in Abhängigkeit vom Zuchtziel (Restriktion: konstant 814 kg Milchfett + Milcheiweiß je Laktation) Anm.: kg M = kg Milch, % F. = Milchfettgehalt, E. = Milcheiweißgehalt, KM = mittlere Körpermasse,  ZKZ = Zwischenkalbezeit (in Tagen)

Stoffwechselentlastung durch geringere Laktoseerzeugung

Eine geringere Laktoseerzeugung führt gleichzeitig zu einem geringeren Glukosebedarf hochleistender Milchkühe und damit einer beachtenswerten Stoffwechselentlastung trotz einer konstanten Milchfett- und Milcheiweißerzeugung. Die Futterenergieeffizienz unterscheidet sich je nach Zuchtzielvariante trotz einheitlicher erzeugter Milchfett- und Milcheiweißmengen deutlich. Der etwas leichtere Milchkuh-Typ mit hohen Inhaltsstoffen ist gegenüber dem schwereren Milchkuhtyp mit hoher Milchmengenleistung und nur geringen Inhaltsstoffen klar im Vorteil. Dieser Zusammenhang zeigt sich übrigens auch in der Fleckviehzucht mit schwereren Zweinutzungskühen.

Methanproduktion berechnen

Neben der Futtereffizienz sollten in der Rinderzüchtung auch unerwünschte Emissionen wie Methan-(CH4-)Outputs weiter bearbeitet werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist, die Futter-Energieverluste aufgrund der Erzeugung thermischer Energie (= Wärmeenergieproduktion, WP) weiter zu reduzieren. Dabei spielen die Höhe der täglichen Futteraufnahme und der Fasergehalt in der Futterration eine entscheidende Rolle für die Höhe der Methanbildung. Der Fasergehalt ist eine wichtige Komponente in der Rinderfütterung. Er macht mindestens ein Drittel einer üblichen Mischration aus und hat Einfluss auf Futteraufnahme, Pansengesundheit und Energieversorgung der Milchkühe. Der Fasergehalt setzt sich vorrangig aus Hemicellulose, Cellulose und Lignin zusammen. Man spricht daher auch oft von „Gerüstsubstanzen“. Üblicherweise wird der Fasergehalt als NDF-Gehalt (NDF = Neutrale Detergentien-Faser) angegeben. Die tägliche Methanbildung wird in einer neuen mathematischen Gleichung folgendermaßen errechnet: g CH4 (Kuh/Tag) = -126 + 11,3 x TM + 2,30 x NDF + 28,8 x MF + 0,148 x KM. TM ist die tägliche Futter-Trockenmasseaufnahme in Kilogramm pro Tag, NDF ist der prozentuale NDF-Anteil in der Trockenmasse, MF der Milchfettgehalt und KM die mittlere Körpermasse der Milchkuh in Kilogramm. Die Berechnung sollte aufgrund von individuellen Schwankungen in Herdengröße erfolgen. Aus Sicht der Zuchtzielgestaltung ist es nicht nur wirtschaftlich interessant, weniger Laktose pro Einheit Fett plus Protein zu erzeugen, sondern dieser Ansatz kann gleichzeitig dazu beitragen, die CH4-Emissionen in der Milcherzeugung zu reduzieren (Abb. 2).

Mehr Milch, mehr Wärme

Die in den letzten Jahren erzielten Milchleistungssteigerungen bringen eine höhere Stoffwechselaktivität und damit auch eine höhere Wärmebildung mit sich, wie in Abbildung 2 gezeigt wird. 
  

Abb. 2: Wärmeproduktion (WP) und CH4-Emission je kg Milchfett und Milcheiweiß bei Nutzung von Fleckviehkühen in Abhängigkeit vom Zuchtziel (Restriktion: konstant 750,5 kg Milchfett und Milcheiweiß je Laktation)

In der Züchtung mehr auf die Milchinhaltsstoffe achten

Es ist wünschenswert, dass bei der Auswahl der Besamungsbullen zukünftig vermehrt nach den Milchinhaltsstoffen Fett und Eiweiß und nicht nur nach der reinen Milchmenge geschaut wird. Im deutschen Relativzuchtwert Milch, RZM, wird aktuell ein Gewichtungsverhältnis von 1:2 für die Fett- und Eiweißmenge gewählt. Diese ist bekanntermaßen vor allem von der zugehörigen Milchmenge abhängig. Ähnlich wie Skandinavien, Irland oder Neuseeland sollten aber auch in Deutschland RZM, RZG und auch der RZ€ in die aufgezeigten futterwirtschaftlichen Zusammenhänge stärker einfließen und Zuchttiere mit extrem hohen Milchmengenleistungen, aber unterdurchschnittlichen Milchfett- und Milcheiweißgehaltswerten schlechter beurteilt werden.

Prof. Wilfried Brade
Norddeutsches Tierzuchtberatungsbüro,
Hannover
wilfried.brade@t-online.de 

Vielen Milchprodukten wird mittlerweile auch die Laktose entzogen, da Verbraucher Unverträglichkeiten haben.

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