Nachhaltige Verpackungen sind der neue Zeitgeist. Doch dafür braucht es auch passendes Know-how in der Behältergestaltung und -fertigung. Die Experten für das Abfüllen in PET begegnen diesen Herausforderungen mit neuen Böden, gewichtsreduzierten Designs sowie Künstlicher Intelligenz für die Verschlusskontrolle.
Die Anforderungen an die Verpackungen in der Getränkeindustrie steigen: Leichtere, wiederverwendbare und recycelbare Behälter sind wichtige Schritte zur Reduzierung von Verpackungsabfällen und zur Förderung einer Kreislaufwirtschaft. Hinzu kommen neue gesetzliche Vorschriften wie die EU-Einwegkunststoffstrategie, welche Hersteller seit Beginn des Jahres verpflichtet, einen Mindestanteil von 25 Prozent recyceltem Kunststoff (Rezyklat) in ihren Einwegkunststoff-Getränkeflaschen zu verwenden. Dies gilt speziell für PET-Flaschen, die zu den am häufigsten vorkommenden Kunststoffverpackungen gehören. „Produzenten suchen daher nach Lösungen, die auch mit den hohen Geschwindigkeiten ihrer Prozesse kompatibel sind“, erklärt Mikael Derrien. Der Packaging-Innovations-Manager bei Sidel nimmt hierbei vor allem die Flaschenböden ins Visier. Zwar bietet der Markt Lösungen für gewichtsreduzierte Designs. „Diese wurden jedoch für Flaschen aus PET-Neuware konzipiert“, sagt Derrien. Mit dem Starlite-R Still will Sidel diese Lücke schließen und macht einen Flaschenboden verfügbar, der die Integration von 100 Prozent PET-Rezyklat (rPET), bei gleichzeitiger Gewichtsreduzierung für die Hochgeschwindigkeitsproduktion von Wässern, Säften, Milch und Speiseöl in Flaschenformaten von 0,25 bis 2,5 Liter sicherstellt.
Runde Ecken
Ein wesentliches Merkmal des neuen Flaschenbodens sind die abgerundeten Ecken des Blasformbodens. Sie vereinfachen die Formgebung und steigern die Resistenz des Flaschenbodens gegenüber Defekten, wie das Bersten während des Blasformprozesses. „Wegen der dünneren Wandstärke sind vor allem leichte Flaschen anfälliger dafür“, so Derrien. Das neue Design stellt sicher, dass sich der Boden weder verformt noch zerbricht – ein Aspekt, der für die Aufrechterhaltung der Flaschenintegrität in der Produktion, bei der Beförderung und Lagerung, bei Transport und Gebrauch entscheidend ist. Zu diesem Zweck bietet Sidel eine patentierte Technologie: Sie gewährleistet ein gleichmäßiges Recken bei präziser Materialverteilung sowie eine optimierte Entlüftung bei der Formgebung. Da rPET bei eher höheren Temperaturen verarbeitet wird, ist zudem ein Kühlkreislauf integriert, um die gleichbleibende Qualität ohne Verformungen und Defekte sicherzustellen.
Hochgeschwindigkeitsproduktion
Durch die verbesserte Entlüftung reduziert sich der Blasdruck im Flaschenproduktionsprozess um 20 Prozent auf 16 bar. Die Rillen und Entlüftungslöcher der Blasform lassen die Luft effizient entweichen, während der Flaschenboden die gewünschte Form erhält. Der Boden ist kompatibel mit einem breiten Spektrum an Flaschengewichten, einschließlich sehr leichter Flaschen mit einem Gewicht von sieben Gramm im 500-Milliliter-Format und verwendbar mit transparentem und weißem PET. Auch eignet er sich für die Hochgeschwindigkeitsproduktion zahlreicher Flaschenformate – von runden, abgerundet quadratischen und rechteckigen Flaschen bis hin zu Einzel- und Mehrportionsformaten von 0,25 bis 2,5 Liter. Unterstützt werden Produktionsleistungen von bis zu 2.700 Einzelportionsflaschen und von bis zu 2.400 Mehrportionsflaschen pro Stunde und Maschine.
Lightweighting leicht gemacht
Ein wesentliches Ziel von Lightweighting ist es, das Gewicht von Verpackungen zu reduzieren, um Material und damit wichtige Ressourcen einzusparen, ohne dabei die Funktion oder Stabilität zu beeinträchtigen. Auch KHS treibt seit Jahren diesen Trend für mehr Nachhaltigkeit voran. Exemplarisch dafür steht eine Machbarkeitsstudie, die anlässlich der Drinktec 2017 vorgestellt wurde: eine PET-Flasche von rund fünf Gramm Gewicht, die 500 Milliliter fasste. Unter dem Arbeitstitel Faktor 101 präsentiert der Technologieanbieter nun zur diesjährigen Drinktec einen Behälter, der einen Materialeinsatz von 5,89 Gramm mit einem Volumen von 591 Milliliter verbindet.
Bodendesign mit Pop-in-Effekt
„Um die Stabilität zu erhöhen, wurde das Schulterdesign verändert und der Flaschenkörper mit funktionalen Stegen versehen“, erklärt KHS-Verpackungsentwickler Fabian Osterhold. Zudem haben Osterhold und seine Kollegen ein Bodendesign mit einem Pop-in-Effekt entwickelt. Dieser sorgt beim sogenannten Topload für ein definiertes Einsinken des Bodens und erhöht so den Innendruck und damit die Stabilität der Flasche. „Der Topload ist vor allem bei extremem Lightweighting wichtig. Dieser Wert gibt Auskunft darüber, wie belastbar die Flasche in vertikaler Hinsicht ist. Er entscheidet, ob der Behälter stapelbar ist und den Transport unbeschadet übersteht“, so Osterhold. Ein gängiger Topload-Grenzwert beträgt 200 Newton. Mit 220 Newton liegt die neue PET-Flasche darüber. Um bei einer PET-Flasche für stilles Wasser diesen hohen Wert zu erzielen, bedurfte es allerdings mehr als einer reinen Anpassung der Behälterform. „Auch das Preformdesign musste weiterentwickelt werden“, betont Osterhold. Dafür habe man sich mit dem in Kanada ansässigen Anbieter von PET-Preform-Spritzgusssystemen und -services
Husky Technologies zusammengeschlossen.
30 Prozent weniger Material
Gegenüber dem Standard-Lightweight-PET-Behälter für 500 Milliliter stilles Wasser, der üblicherweise im US-Markt sieben Gramm wiegt, benötigt die KHS-Husky-Gemeinschaftsproduktion 30 Prozent weniger Material. Zudem kann sie zu 100 Prozent aus rPET hergestellt werden. Zur Flaschengeometrie kommen weitere Faktoren hinzu: „Herausfordernd war vor allem die Linienfähigkeit im Hochgeschwindigkeitsbereich von bis zu 90.000 Flaschen pro Stunde“, sagt Osterhold. „Im Fokus standen dabei der Transport, die Etikettierung und die Sekundärverpackung. Im Schrumpftunnel etwa musste der Flaschenschulter besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden und beim Transport sollte der Behälter natürlich nicht umfallen.“
Verschlusskontrolle mit KI
Doch nicht nur das Gewicht der Behälter steht im Fokus der Entwicklungen für die Getränkeindustrie. Auch die gesetzlichen Vorgaben durch die EU-Einwegkunststoffstrategie für die Verschlüsse treiben die Innovationen voran, wie der Dortmunder Komplettanbieter mit einer KI-basierten Fehlererkennung für Tethered Caps zeigt.
Zum Hintergrund: Tethered Caps, also fest mit der Flasche verbundene Verschlüsse, sind in der EU seit Juli 2024 für alle PET-Einwegflaschen Pflicht. „Tethered Caps waren vor der EU-Pflicht kaum im Umlauf“, erklärt Nikita Wall, Produktsupport Etikettier- & Inspektionstechnik bei KHS.
„In der Folge nahm die Vielfalt an Verschlussvarianten und damit die Anforderung an Inspektionstechnik deutlich zu, wobei herkömmliche Systeme bei der Verschlusskontrolle häufig an ihre Grenzen stoßen.“
Die EU-Einwegkunststoffstrategie
Die EU-Einwegkunststoffstrategie (European Single Use Plastic Strategy) zielt auf die Reduzierung von Kunststoff-Einwegartikel ab. Dazu zählt die EU auch lose Verschlusskappen von Einweg-PET-Getränkeflaschen. Artikel sechs der Richtlinie beinhaltet die Vorgabe zu Tethered Caps und ihre Umsetzung. Hersteller von Softdrinks, stillen Wasserprodukten, aseptischen Getränken und Bier müssen eine feste Anbindung von Verschlusskappen an PET-Einwegbehälter mit einem Volumen von bis zu drei Liter gewährleisten.

Inline-Kontrolle
Für Kronenkorken steht eine Software-Erweiterung zur Wahl. Diese erkennt undichte Flaschen, indem der austretende Schaum ausgewertet wird. Auch der Kronenkorken-Durchmesser lässt sich vermessen. Die Einheit lässt sich damit als 100-prozentige Inline-Kontrolle einsetzen. Für die silbernen Alu-Anroll-Verschlüsse gibt es ein optionales Feature, mit dem die Qualität der Anrollung kontinuierlich kontrolliert wird. Das Inspektionsmodul eignet sich für den hohen Leistungsbereich: Im Fall einer Glaslinie mit Kronenkorken sind Anlagengeschwindigkeiten bis 80.000 Behälter pro Stunde möglich.
Leerflaschen-Inspektor
Eine weitere Lösung von Krones ist der Leerflaschen-Inspektor Linatronic AI. Die Maschine arbeitet auf Basis Künstlicher Intelligenz und wurde mit einem Deep-Learning-Modell trainiert. Diese Intelligenz in Kombination mit einer umfassenden Datenbasis ermöglicht präzise Erkennung von Schäden und Verschmutzungen und sorgt so für eine geringe Fehlausleitungsrate von 0,3 Prozent. Eine Technik, die sich bewährt hat: Mehr als 50 Systeme sind mittlerweile bei Getränkeproduzenten global im Einsatz.
Mit jedem neuen Anwender kommen neue Produkte und damit neue Erkennungsmuster, zum Beispiel Materialschäden oder Verschmutzungsarten, zur Datenbank hinzu, wodurch sich Qualität und Genauigkeit der Anlage weiter verbessern. So profitieren Getränkeproduzenten von dem KI-Einsatz, wie ein Blick auf die Statistik zeigt: In Linien mit Linatronic AI kommt es im Schnitt zu 65 Prozent weniger Flaschenbruch im Füller – ein Umstand, der nicht nur die Produktionssicherheit und -stabilität erhöht, sondern auch zu deutlich weniger Produktverlusten in der laufenden Produktion führt.