Fleisch in mehr als einer Preisklasse vermarkten
Vielfältiges Know-how für Tierhalter auf der DLG-Wintertagung 2025

Honoriert es der Markt wirklich, wenn ich meinen Stall auf eine höhere Haltungsstufe umstelle? Diese Frage stellen sich Schweinehalterinnen und Schweinehalter spätestens, seitdem der Lebensmitteleinzelhandel die Kennzeichnung von Haltungsstufen auf Fleischverpackungen eingeführt hat. Die DLG-Wintertagung 2025 im Februar in Münster reflektierte dieses Thema gemeinsam mit Praktikern, die ihre Erfahrungen dazu teilten. Ebenso standen Learnings für den künftigen Umgang mit Tierseuchen aus dem ASP-Ausbruch in Hessen auf der Agenda. Darüber hinaus bot das Impulsforum „Pferdefütterung mit Sinn und Verstand“ einen Überblick über gelungene Gestaltung von Rationen in der Pferdehaltung.

Das Publikum zogen die drei Tierhalter mit ihren Ausführungen in ihren Bann, die im Impulsforum „1, 2, 3, oder 4: Wieviel Transformation erlaubt der Markt?“ des DLG-Ausschusses Schwein ihre Einschätzung zu den Marktchancen hinter der Haltungsstufen-Kennzeichnung vorstellten.
Christian Dohrmann etwa, Schweinemäster aus Niedersachsen, will aus wirtschaftlichen Gründen wieder von Haltungsstufe 2 auf 1 umstellen, da er Ferkel aus Dänemark beziehe und damit die Vorgabe „5xD“ nicht erfüllt. Der Tierhalter bezeichnete sich gegenüber Haltungsformen als „leidenschaftslos“. Auf jeden Fall sollte die Vermarktung vor der Umstellung gesichert sein, riet er seinen Berufskollegen.
Umstellung auf höhere Haltungsformen bei aufnahmefähigem Markt
Sobald der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) damit ernstmache, ausschließlich Frischfleisch und verarbeitete Produkte der Haltungsstufen 3 und 4 anzubieten, und sich der Markt als ausreichend aufnahmefähig und stabil erweise, werde er seine Ställe umbauen, so Dohrmann. Aktuelle Studien zeigten, dass 40 Prozent des Fleisches über den LEH vermarktet werden und davon nur ein Drittel als Frischfleisch über die Theke an den Kunden verkauft wird, ordnete die Beraterin Dr. Veronika Drexl derweil die Marktrelevanz ein.
Dohrmanns Berufskollege Dr. Jochen Meyer hält seit 30 Jahren Schweine und hat vor einigen Jahren seinen Stall auf Haltungsstufe 4 umgebaut. Seine Motivation für diesen Schritt war insbesondere die Wirtschaftlichkeit, weil er mit dem Produktionsverfahren eine höhere Rentabilität erzielen will, betonte der Schweinehalter. „Wieso gibt es so viele Menschen, darunter auch Landwirte, die denken, dass man Fleisch nur in einer Preisklasse verkaufen kann?“, fragte Meyer die Teilnehmenden des Impulsforums.

Viel positives Feedback für Außenbereich
Früher sei sein Stall ein „klassischer Stall“ mit 1.200 Mastplätzen und Vollspaltenboden gewesen, führte Meyer aus. Er habe unter anderem auch deshalb umgestellt auf Haltungsstufe 4, um „ein neues Konzept auszuprobieren.“ Ein weitere Motivation sei aber auch „das Tierwohl“ und, damit verbunden, „mein Spaß bei der Arbeit“ gewesen, so Meyer weiter.
Konkret habe er aus dem einstigen Stall mit 1.200 Plätzen zwei Großgruppen mit jeweils 400 Tieren in Haltungsform 4 gemacht – mit Außenauslaufbereich. Der Außenauslaufbereich sei von der Straße aus einsehbar; führte Meyer aus. Das habe zur Folge, dass aus der Bevölkerung „viel positives Feedback“ komme, betonte er.
Der Alleinunternehmer liebt Zahlen und Daten und hat ein Faible für digitale Technik im Stall. Um die Ringelschwanz-Kontrolle zu vereinfachen und zu objektivieren, hat Meyer zusammen mit seiner Tochter in der Sortierschleuse ein Kamerasystem installiert. Bei einem Datensatz von 96.000 Bildern erkennt das KI basierte System die Ringelschwänze der Schweine mit einer Genauigkeit von 96,6 Prozent und erlaubt so guten Rückschluss über deren Unversehrtheit. Um die attraktive Ringelschwanzprämie in Niedersachsen zu erhalten, müssen 70 Prozent der Schwänze intakt sein.
Dr. Meyers Rat an seine Berufskolleginnen und -kollegen: Jeder müsse für sich selbst herausfinden, worauf er oder sie in der Betriebsführung „Lust habe“ – und was zu den eigenen Fähigkeiten und individuellen Voraussetzungen am besten passe.

Entscheidung für den Stallumbau auch Standortfrage
Nach den Worten von Beraterin Dr. Veronika Drexl spielen unterdessen Haltungsformen bei der Ferkelerzeugung eine untergeordnete Rolle. Ferkelerzeuger würde eher das Thema „intakter Ringelschwanz“ umtreiben, und dafür gäbe es verschiedene regionale Förderprogramme. Sie begeisterte das Publikum mit ihren Ausführungen über unterschiedliche Einstellungen von Menschen dahingehend, ob für sie ein Stallumbau in Frage kommt oder nicht. So würden ältere Betriebsleiter weniger dazu tendieren, umzustellen. Hingegen seien Landwirte, die sich „trauen“, häufig jung und haben „Bock auf Schweine“. Für eine positive Entscheidung müssten aber auch die baulichen Voraussetzungen und der Standort stimmen, hob Drexl weiter hervor. Eine Innerortslage oder am Rande von Gewässern seien bei einer Baugenehmigung eher Hindernisgründe.
Als wichtige „Transformatoren“ in der Schweinehaltung identifizierte Drexl veränderte gesellschaftliche Bedürfnisse sowie wirtschaftliche und technologische Entwicklungen. Bei der Entwicklung hin zu höheren Tierwohl-Standards in der Haltungsform sei der LEH ein wichtiger Transformator, strich die Beraterin heraus. Die Zielsetzung des LEH sei, das Frischfleisch-Angebot bis 2030 auf Haltungsform 3 umzustellen. „Wenn er dem Verbraucher ab dann tatsächlich keine Wahl mehr gibt, ist der LEH der größte Transformator, den wir haben“, betonte Drexl. Doch nur 40 Prozent des Schweinefleisches, das in Deutschland vermarktet würde, flösse in den LEH, ordnete Drexl die Lage weiter ein. Und von diesen 40 Prozent wiederum würde nur ein Drittel als Frischfleisch verkauft – die anderen zwei Drittel seien verarbeitete Ware. Beim übrigen Schweinefleisch-Angebot, vor allem für den Export oder den Außer-Haus-Verzehr, sei Haltungsform 3 noch keine Priorität, so Drexl weiter, hier gelten Haltungsformen 1 und 2 weiterhin als günstige Alternativen.

Mehr Flexibilität bei Verringerung des Mindestradius von ASP-Sperrzonen
Ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Geschehen rund um die Afrikanische Schweinepest (ASP) in Hessen, teilten derweil die Ferkelerzeugerin Susanne Ries und der Schweinemäster Hartwig Jourdan, deren Betriebe sich in Südhessen befinden, mit den Teilnehmenden des Impulsforums „ASP in Hessen: Erfahrungen und Lehren für die Praxis“ (DLG-Ausschuss Schwein).
Folgende Anforderungen im Umgang mit der ASP identifizierten Ries und Jourdan: Mehr Flexibilität bei der begründeten Verkürzung der Geltungsdauer einer ASP-Sperrzone sowie mehr Flexibilität in der begründeten Verringerung des Mindestradius einer ASP-Sperrzone. Zudem sei aus fachlicher Sicht zu erwägen, die Möglichkeiten der Vermarktung von frischem Fleisch aus der Schutz und Überwachungszone zu prüfen. Zudem kritisierten die beiden Praktiker, dass derzeit rechtlich kein „Freitesten“ von Fleisch am Schlachthof möglich sei.

Erstmalig richteten auf der diesjährigen DLG-Wintertagung der DLG-Arbeitskreis Pferd und der DLG-Arbeitskreis Futter & Fütterung ein Impulsforum auf der DLG-Wintertagung aus.„Wir haben circa 1,3 Millionen Pferde in Deutschland und 200.000 Pferdehaltungen“, eröffnete Dr. Christiane Müller, ö.b.v. Sachverständige für Pferdehaltung, -zucht und -sport, Mitglied im DLG-Arbeitskreis Pferd und Vorsitzende des Ausschusses für Tiergerechtheit, das Impulsforum „Pferdefütterung mit Sinn und Verstand“. Hier erfuhren die Zuhörer, wann und wie Tierhalter und Tierbesitzer Sorge dafür tragen müssen, dass das Tier artgerecht gehalten, gefüttert und bewegt wird. „Halten Sie die Verantwortlichkeiten am besten vertraglich fest“, so die Empfehlung von Müller, wenn Aufgaben wie das Füttern vom Tierhalter auf den Tierbesitzer übertragen werden.
Den „Ist-Zustand“ des Pferdes bestimmen
Wie eine gute Rationsgestaltung aussieht, erklärte Dr. Jochen Krieg, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und Mitglied im DLG-Arbeitskreis Futter & Fütterung. „Definieren Sie zuerst den Ist-Zustand Ihres Pferdes: Wie alt und wie groß ist es? Welcher Belastung ist es ausgesetzt? Ist es über- oder unterversorgt? Dann beschäftigen Sie sich mit der Frage, welches Futter gefüttert werden soll und wann.“ Wichtig sei, darauf zu achten, strukturwirksames Grobfutter in ausreichender Menge und Qualität zu verfüttern, mit dem sich die Tiere lange beschäftigen können. Thomas Lammerding, Betriebsleiter Pensionsstall Lammerding in Reken (Nordrhein-Westfalen) und ehemaliger Teilnehmer am DLG/FN-Seminar Pferdemanager, strich heraus, wie wichtig eine fachgerechte Ernte, aber auch die richtige Lagerung des Futters sei, um insbesondere ein hygienisch einwandfreies Futter zu gewährleisten. „Wir lagern unser Heu nicht nur auf Paletten, sondern stellen auch zwischen die Ballen Paletten, damit das Heu vernünftig abtrocknen kann und eine gute Luftzirkulation besteht.“
Text: Daphne Huber, Stefanie Pionke, Jana Sondermann / DLG-Newsroom