DLG-Präsident Hubertus Paetow: Branche muss nachhaltigen Produktivitätsbegriff selbst prägen
Rede des DLG-Präsidenten auf der DLG-Mitgliederversammlung zur DLG-Wintertagung 2025 – 18. bis 19. Februar 2025 in der Halle Münsterland in Münster – Leitthema „Produktivität reloaded – Erträge wieder gefragt?“ – Ökonomischer Fortschritt ist Fundament stabiler demokratischer Gesellschaften und nachhaltiger Entwicklung
Die Gewichtungen im politischen Diskurs verschieben sich, die Prioritäten in der Agrarpolitik werden neu gesetzt: Extensivierung um jeden Preis war gestern; Höchstertrag um jeden Preis war vorgestern; heute heißt das Ziel nachhaltige Produktivitätssteigerung. Während seiner Rede zur DLG-Mitgliederversammlung im Rahmen der DLG-Wintertagung 2025 am Dienstag, den 18. Februar, in der Halle Münsterland in Münster rief DLG-Präsident Hubertus Paetow die Agrar- und Ernährungsbranche dazu auf, den Paradigmenwechsel zur nachhaltigen Produktivität proaktiv zu gestalten.
„Nach den diversen Krisen der letzten Jahre, von Corona über den russischen Angriffskrieg bis hin zur US-Wahl, stehen wir heute nicht nur in einer Zeitenwende, sondern an einem handfesten, entscheidenden Wendepunkt im gesellschaftlichen Diskurs über unsere Zukunft in Deutschland und Europa“, betonte DLG-Präsident Hubertus Paetow auf der DLG-Mitgliederversammlung, die am Dienstag, den 18. Februar 2025, anlässlich der DLG-Wintertagung 2025 in der Halle Münsterland in Münster stattfand. Die gesellschaftliche Lage in Deutschland und der EU wenige Tage vor der Bundestagswahl am 23. Februar zeigten deutlich, dass ohne wirtschaftliche Stärke, ohne Wachstum und materielle Zufriedenheit der Menschen die politische Handlungsfähigkeit demokratischer Systeme schnell an ihre Grenzen stoße, fügte der DLG-Präsident hinzu.
Bedeutung wirtschaftlichen Fortschritts nicht länger unterschätzen
Zu Zeiten des Green Deal und der deutschen Pendants Energiewende sowie des vielbeschworenen grünen Wirtschaftswunders hätten „wir alle zusammen die Bedeutung des ökonomischen Fortschrittes als Fundament einer nachhaltigen Entwicklung unterschätzt“, sagte Paetow vor den anwesenden DLG-Mitgliedern. Er betonte aber gleichzeitig, dass „Umwelt- und Klimaschutz und Wirtschaften im Rahmen der planetaren Grenzen nach wie vor wichtige und berechtigte Anliegen bleiben.“
Da es Nachhaltigkeit aber „nicht zum Nulltarif“ gebe, müsse sich die Gesellschaft den Spielraum für Investitionen in eine nachhaltige Zukunft erarbeiten. Seit den 2000er Jahren, argumentierte Paetow, liege der Produktivitätsfortschritt in Deutschland unter dem EU-Durchschnitt. Hinzu komme, dass sich die Einschätzung auf EU-Ebene und zentrale Idee hinter dem Green Deal als verfehlt erwiesen, dass Europa sich als Vorreiter in Sachen sauberer Technologien erweisen und durch den Export dieser Technologien an globaler Wettbewerbsfähigkeit gewinnen würde.
Das heiße aber nicht, das Projekt der „ökologischen Transformation“ schlicht zu beenden, betonte der DLG-Präsident – das sei gleichermaßen ein Trugschluss: „Denn ohne Artenschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels wird es nicht gehen – dazu sind diese Herausforderungen zu deutlich erwiesen.“
Auswirkung der Produktionsverfahren auf natürliche Ressourcen quantifizieren
Als zukunftsfähigen Lösungsweg skizzierte der DLG-Präsident eine Neudefinition des Produktivitätsbegriffs: „Deshalb brauchen wir, um den Fortschritt in die richtige Richtung zu lenken, eine erneute Erweiterung des Produktivitätsbegriffes - auch in der Landwirtschaft.“ In den „Nenner“ der nachhaltigen Produktivitätsdefinition gehörten „eben nicht nur Boden, Arbeit und Kapital, sondern auch die Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen wie Klima und Artenvielfalt und auch das Tierwohl. Aber im Zähler steht nach wie vor das erzeugte Produkt, und das braucht es auch weiterhin.“ Damit die nachhaltige Produktivitätssteigerung gelinge, müssten die Auswirkungen der Produktionsverfahren auf die Ressourcen quantifiziert werden: „Nur was gemessen ist, kann gesteuert werden“, betonte Paetow.
„Für uns in der Land- und Ernährungswirtschaft heißt das zweierlei: Um diese Entwicklung voranzubringen, dürfen wir uns nicht auf irgendeine Zeitenwende in der Politik verlassen. Der Paradigmenwechsel im Ernährungssystem muss von der Branche selbst in Gange gesetzt werden, nur dann wird er glaubwürdig“, rief der DLG-Präsident den Teilnehmenden der Mitgliederversammlung zu.
Das komplette Manuskript der Rede von DLG-Präsident Hubertus Paetow zur Mitgliederversammlung auf der DLG-Wintertagung finden Sie hier.
Foto: DLG
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