So werden deutsche Schweinehalter erfolgreicher am Markt

Interview mit Annika Frank, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

Die wirtschaftliche Situation für Schweinehalter hat sich 2023 nach einer langen Tiefphase erholt. Dennoch haben in den letzten Jahren viele Betriebe aufgehört. Deutsche Schweinehalter haben insbesondere durch hohe Produktionskosten u.a. in Folge der Anforderungen im Tier- und Umweltschutz Wettbewerbsnachteile. Um dennoch am Markt bestehen zu können, muss es ihnen gelingen, die Kosten weiterhin niedrig zu halten und die Effizienz zu steigern. Annika Frank von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen beschreibt, wie die deutschen Schweinehalter wettbewerbsfähig bleiben.
 

DLG-Newsroom: Wie sieht die aktuelle Marktsituation aus?

Annika Frank: Der Markt ist seit Anfang 2023 auf einem guten Niveau. Im Wirtschaftsjahr 23/24 konnten sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Davor gab es jedoch eine 2-jährige Tiefpreisphase, die viele Betriebe bis heute nicht ausgleichen konnten und in der viele aufgehört haben. Für viele Betriebe stand der Ausstieg aufgrund einer fehlenden Hofnachfolge oder sanierungsbedürftiger Stallanlagen zwar bereits bevor, wurde jedoch durch die schlechte Preisphase beschleunigt. Vor 10 Jahren hatten wir noch 40 % mehr Betriebe, die insgesamt 35% mehr Schweine gehalten haben. 

In der EU haben wir insgesamt eher konstante Schweinebestände. Wobei in Spanien die Schweinehaltung zugenommen hat und weitere wichtige Länder wie Dänemark und die Niederlande ihre Bestände nur leicht reduziert haben.
 

Die Preise sind gut. Welche Tendenz sehen Sie da? 

Aufgrund der reduzierten Bestände ist auch das Angebot an Schweinen in Deutschland begrenzt. Von einer zukünftigen Aufstockung des Bestandes in Deutschland ist aktuell nicht auszugehen. Auch wenn der Schweinefleischverzehr innerhalb der EU sinkt, ist der weltweite Bedarf an Schweinefleisch weiterhin steigend. In Kombination ist dies ein positives Signal für die einheimischen Veredlungsbetriebe. Dennoch schwebt das Damoklesschwert in Form der ASP über uns. Eine weitere Ausbreitung der ASP innerhalb Deutschlands kann den Markt negativ beeinflussen. Und ein ASP-Ausbruch in Nachbarländern wie den Niederlanden oder Dänemark kann dazu führen, dass aufgrund dortiger wegfallender Exportmöglichkeiten zusätzliche Ware auf den deutschen Markt drückt. Dies wäre ebenfalls negativ für den Absatz bei uns.
 

Warum haben bei uns so viele Betriebe aufgehört? 

Die schlechte Preisphase von 2020 bis 2022 war für einige der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Hauptgründe für den Ausstieg vieler Sauenhalter und auch Mäster waren aber die fehlende Planungssicherheit, die politischen Vorgaben im Hinblick auf den Umbau des Deckzentrums und der Abferkelung für die Sauenhaltung, fehlende Mitarbeiter oder Hofnachfolge und für manche auch die fehlende gesellschaftliche Akzeptanz.
 

Porträt von Frau: Annika Frank, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.
Annika Frank betont die Wichtigkeit von technologischer Innovation, wenn es um die Zukunftsfähigkeit von Schweine haltenden Betrieben in Deutschland geht. Foto: LWK Nordrhein-Westfalen

Die strenge deutsche Gesetzgebung hat den Ausstiegstrend befördert? 

Frank: „Mit Sicherheit waren die politischen Rahmenbedingen ein wichtiger Grund für den Ausstieg vieler Schweinehalter.  In Deutschland wird auf die europäischen Rahmenbedingungen oftmals aufgesattelt, welches die Konkurrenzfähigkeit unserer Betriebe EU-weit erschwert. Für die Sauenhaltung sind besonders die Rahmenbedingungen hinsichtlich des Umbaus des Deckzentrums und der Abferkelung sehr belastend. Zur Einhaltung des gesetzlichen Standards müssen die Betriebe hohe Investitionen tätigen, die aber in der Folge keine höheren Erlöse am Markt generieren können.  

Diese erschwerten Rahmenbedingungen sind die Hauptgründe, warum deutsche Schweinhalter trotz einer sehr hohen Produktivität bei einer optimierten Kostenstruktur weltweit nicht konkurrenzfähig sind. Um zumindest am einheimischen Markt weiter zu bestehen, sind eine hohe Produktivität und niedrige Kostenstruktur unumgänglich.“
 

Ist vor diesem Hintergrund überhaupt noch finanzieller Spielraum da, um in mehr Tierwohl zu investieren?

Frank: „Der finanzielle Spielraum ist für die Betriebe gering. Wir sehen, dass Tierwohl von der Gesellschaft in Form von Außenklima, Auslauf, mehr Platz und Einstreu definiert wird. Aber es macht den Eindruck, dass die Bereitschaft des Verbrauchers, dafür mehr zu bezahlen, gering ist. Die Anforderungen bedeuten für die Betriebe hohe Investitionen. Allein schon ein höheres Platzangebot wie bei der Initiative Tierwohl führen für den Betrieb zu entgangenen Erlösen bei gleichen Festkosten. Sicher gibt es in Form von ITW oder der Bundesförderung zum Umbau der Tierhaltung (BUT) finanzielle Anreize und Unterstützung für die Betriebe. Dennoch reichen diese insbesondere bei der BUT nicht aus, um die hohen Kosten zu decken. Für höhere Haltungsformen in Form von Außenklima und Auslauf bedarf es zusätzlich langfristiger Verträge des Lebensmitteleinzelhandels mit dementsprechenden Zulagen.“
 

Wo sehen Sie Chancen für die Betriebe?

Frank: „Zuerst ist es wichtig, dass die Betriebe weiterhin möglichst effizient produzieren. Das bedeutet ein sehr gutes Herdenmanagement für eine sehr gute biologische Leistung bei möglichst günstiger Kostenstruktur. Ein positives Signal für die konventionelle Schweinehaltung in Deutschland wäre die konsequente Umsetzung von 5 x D. Höhere Haltungsformen und Regionalität können ebenfalls für einige eine gute Alternative darstellen. Auch die technologische Innovation wird nicht an uns vorbeigehen. So wird sich der Einsatz von Smart Farming-Technologien für z.B. ein Gesundheitsmonitoring weiterentwickeln und als Unterstützung für die Unternehmer mehr und mehr Einzug in die Ställe halten.

Interview: 

Agnes Michel-Berger,
freie Autorin DLG-Newsroom

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