Interview mit Mathis Block, Landwirt aus Schleswig-Holstein

Mit Mikroben ackern und füttern

Überall leben Mikroben und beeinflussen auf vielfältige Weise Boden, Pflanze, Tiere und Menschen. Spezielle Mikroorganismen können helfen, das Milieu zu steuern. Wir sprachen mit dem Landwirt Mathis Block aus Schleswig-Holstein, wie er Mikroben auf seinem Milchvieh-Betrieb einsetzt. 

Eigentlich seien sie ein ganz normaler moderner und konventioneller Milchviehbetrieb auf dem Geest-Rücken im Landkreis Dithmarschen, erzählt Landwirt Mathis Block. Doch im Gespräch wird schnell klar, er hat einen besonderen Blick auf die typischen Herausforderungen der Region und hat viele Ansätze gefunden, um die Gesundheit seiner 250 Milchkühe (Schwarzbunte Holstein) zu verbessern – und er sucht weitere. Dabei beschäftigt er sich mit dem Mikrobiom des ganzen Betriebes, angefangen bei Boden und Futteranbau bis in den Stall bei den Tieren und in der Gülle. Sein Ziel ist es, nützliche Bakterien zu fördern und der Vermehrung von Fäulnisbakterien oder pathogenen Keimen vorzubeugen. Dazu nutzt er sogenannte Effektive Mikroorganismen (EM) und kombiniert sie mit weiteren Maßnahmen.

Der Betrieb bewirtschaftet seine Flächen regenerativ und probiert seit Jahren vieles aus. Die Hälfte der 200 Hektar entfällt auf Grünland; auf den Ackerflächen wachsen Silomais (> 50 ha), Ackergras und Futtergetreide (je 15 ha) sowie Zuckerrüben und z. B. Erbse-Triticale-Gemenge als Futter. Die großzügigen Ställe und das Melkhaus sind technisch auf dem neusten Stand. Schon der Vater von Mathis Block hatte den Betrieb am Puls der Zeit geleitet und z. B. in den 1980er-Jahren die ersten Laufställe mit Hochboxen gebaut. Am Hof arbeitet ein motiviertes Team von vier Festangestellten plus Azubi und Aushilfen sowie er und seine Frau. Die Milch wird an Nordseemilch geliefert und ist mehrfach gelabelt, z. B. vom Tierschutzbund mit 2 Sternen, Haltungsstufe 4, QM++ und Pro Weideland. Die Kühe bringen gute Lebensleistungen. Der Betrieb zielt seit mehreren Jahren weniger auf Höchstleistungen mit 12.000 Litern, sondern mehr auf diverse Ziele wie lange Zwischenkalbezeiten (440 Tage) und weniger Trockenstehen, lange Lebensleistung, geringe Remontierungsraten, gute Futterverwertung usw. Mit der hohen Effektivität sieht sich der Betrieb für die Zukunft gut aufgestellt, auch für CO2-Themen. Mathis Block sucht regelmäßig den Austausch mit diversen Beratern und anderen Landwirten, um Ursachen für Probleme auf den Grund zu gehen und neue Lösungen zu finden.

Mathis Block setzt auf das Potenzial von Mikroben.

Milchpraxis: Wie sind Sie zu der mikrobiellen Milieusteuerung gekommen? 

Mathis Block: Ich habe bis 2013/2014 in Osnabrück studiert und bin dann in den Betrieb meines Vaters mit eingestiegen. Damals hatten unsere Kühe häufiger Klauenprobleme und Euterentzündungen, auch Chlostridien und Botulismus kamen vor. Betriebswirtschaftlich war das im Rahmen, aber ich wollte unsere Kühe gesünder aufstellen. Ich möchte mehr vorbeugen als therapieren, und vor allem schnell aufflammende Entzündungen und den Stress drumherum vermeiden. 2016 bin ich schließlich auf die EM wie von EMIKO aufmerksam geworden und habe eine Veterinärin als Beraterin eingeladen. Mit ihr und unserem praktischen Tierarzt haben wir erst mal geschaut, wie reich oder arm die Mikroflora im Kot und Umfeld unserer Kühe dasteht.
 

Was sind Effektive Mikroorganismen und können Sie uns das kurz beschreiben?

Block: Die Vielfalt der Mikroorganismen verarmt überall. EM-Produkte enthalten etliche Bakterienarten und -stämme, z. B. Lactobacillen, wie man sie auch aus Joghurt kennt, und viele, viele weitere. Damit wird die Mikroflora wieder vielfältiger und das ganze Milieu stabiler: im Boden auf dem Acker, im Darm der Tiere, in der Silage, im Einstreu usw. So finden unerwünschte Keime weniger Nährboden. Die guten Bakterien geben quasi den Ton an.
 

Also setzen Sie EM in mehreren Bereichen ein? 

Block: Ja, wir müssen den ganzen Kreislauf vom Boden auf dem Grün- und Ackerland bis zur Kuh und zurück im Blick behalten und pflegen. Das ist ein langer Lernprozess und es gibt so viele spannende Zusammenhänge. Ich gehe das wissenschaftlich und ganzheitlich an, lasse Proben analysieren und spreche viel mit Beratern über Einflussfaktoren und Begleitmaßnahmen. EM alleine sind kein Wundermittel, aber die Mikrobiologie hat riesiges Potenzial.
 

Das gesamte Mikrobiom des Betriebs wird vielfältiger und dadurch gesünder und stabiler gegen Stressfaktoren.

 

Was sind denn typische Gegebenheiten in Ihrer Region oder im Stall, die das Milieu beeinflussen?

Block: Wir ackern hier auf schwieriger Scholle. Die Böden sind sumpfig nass und verdichtet. Da sind E. colis und Chlostridien als ein Symptom vorprogrammiert, auch Schimmel am Mais. Gewünschte Mikroben fühlen sich auf übersäuerten Böden nicht wohl. Hier müssen wir dem Boden mit EM und anderen Maßnahmen helfen – und das lohnt sich. Mais, Heu usw. stehen mittlerweile gesünder auf dem Feld und bringen mikrobiologisch besseres Futter. Unsere Silage riecht viel besser. Die Tiere verdauen ganz anders und sind weniger anfällig für Infektionen. Klauenbädern brauchen wir auch nur noch sehr selten. Außerdem hatten wir hier oben häufiger Plagen von Stallmücken, auch in unserem temperaturgesteuerten Stall. Seit wir EM dem Wasser der Stallduschen zugeben, sind sie kein Problem mehr. Wir brauchen das Fell nicht mehr zu behandeln.
 

Was haben Sie in dem Zuge noch verändert? 

Block: Das sind viele kleine Schritte über die Jahre, auch auf dem Feld, weil wir regenerativ und weiterhin intensiv wirtschaften. Wir produzieren mittlerweile eigene Pflanzenkohle. Wir düngen weniger mineralisch, lassen mehr den Boden arbeiten. Wenn wir im Frühjahr auf dem Acker die Pflanzen einarbeiten, wollen wir eine echte Flächenrotte bewirken und Fäulnis von vornherein vorbeugen, auch wenn das wegen der hiesigen Kühle nicht immer klappt. Bei guter Bodenbiologie usw. sind viel weniger oder keine Fungizide nötig. Auch in feuchten Jahren steht und wächst der Mais bis im Herbst gesund!
 

Wie läuft die EM-Ausbringung auf dem Feld ab?

Block: Da gibt es zwei Varianten: Wir bringen das EM-Produkt mit einer Feldspritze aus oder erledigen es in einer Überfahrt, z. B. für die Förderung der Rotte vorne das Mittel in einen Fronttank und hinten die Fräse. Mit der Feldspritze fahren wir auch raus, wenn wir Pflanzen mit EM und Spurenelementen oder auch Huminsäuren stärken wollen, z. B. wenn Stresssituationen wie lange Trockenheit waren. Besonders in Jugendentwicklung wollen sie Pflanzen helfen, sich schneller zu erholen. Nur anfangs waren es mehr Überfahrten, aber andere Maßnahmen werden ja langfristig weniger.

Interesse an einem Probeabo der Milchpraxis?

Abo-Angebot

Wie überprüfen Sie die Maßnahmen bzw. Veränderungen und entwickeln sie weiter? 

Block: Mit Bodenproben und mikrobiellen Analysen und fachlichen Beratern aus mehreren Bereichen. Die Laborbefunde bringen uns viele Erkenntnisse, die wir z. B. mit unserem Bodenberater oder praktischen Tierarzt und unserer Veterinär-Beraterin besprechen, was wie wirkt und wo wir nacharbeiten müssen. Alles für gezielte Maßnahmen. Wir lassen 5- bis 10-mal im Jahr frischen Kot und Gülle nach sechs Monaten Lagerung untersuchen. So kontrollieren wir, ob wir im Behälter mehr oder weniger EM, Gesteinsmehl und Sauerstoff brauchen.
Außerdem untersuchen wir alle Silagen und Futtermittel. Mich interessieren die Mikroben mittlerweile mehr als die Energie, denn die Kuh nutzt die Nährstoffe aus dem Futter besser, wenn ihr Darmmikrobiom fit ist.
 

Wie ändert sich denn die Silage und Gülle?

Block: Das Rohprotein usw. unserer Silagen war lt. Werten gut, aber die damaligen MO-Analysen von Silagen Kuhkot zeigten, sehr armes Mikrobiom und fast nur Colis und Chlostridien. Mikroben halten sich gegenseitig in Schach. Wir mussten also die Mikrobenvielfalt erhöhen, um Stabilität zu fördern. Das ist uns mit EM-Produkten gelungen. Langfristig soll sich die Silierung und Gülle selbst stabilisieren. Bei der Gülle muss man sich bewusst machen: Kot und Harn sind nicht wie auf der Weide getrennt, und im Behälter leben weniger Aerobier. Also muss man Fäulnisprozesse vermeiden. Dafür nutzen wir auch Gesteinsmehl und Pflanzenkohle, die wir mit verfüttern und in Liegenboxen einstreuen. Der Kot hat eine ganz andere Konsistenz und ergibt später eine gut aufbereitete Gülle, mit der wir gut den Boden düngen und beleben können.
 

Wo sehen Sie die größten Erfolge?

Block: Das gesamte Mikrobiom des Betriebs wird vielfältiger und dadurch gesünder und stabiler gegen Stressfaktoren. Insgesamt Ursachen statt Symptome behandeln und weg von den 30 Feuerlöschern im Schrank! Wir haben so viel über Ursachen gelernt und stehen heute viel besser da als 2016. Das freut mich besonders bei den Tieren: Ob am Euter oder Klaue oder Nachgeburtverhalten … wir haben diese massiven Entzündungsprozesse, die teilweise über Nacht kamen, nicht mehr.  Die Zellzahl liegt zwar deutlich über 200.000, aber keine kranke Herde wie vor 7/8 Jahren und die Kühe müssen nicht vom Hof. Heute können wir fast allen Kühen helfen und Antibiotika sind nur noch selten und lokal nötig.
 

Was empfehlen Sie Betrieben, die es ausprobieren wollen?

Block: Derjenige muss sich fragen, ob er an seinem Betrieb mit seinem System zufrieden ist. Futter ist so zentral! Also TMR und Kot in Plastiktüte packen und ins Labor schicken und Status bestimmen lassen. Wenn das Mikrobiom vielfältig ist, dann ist auch meist alles gut. Wenn nicht, dann weitersehen mit fitten Beratern für Boden usw.


Herr Block, wir danken Ihnen für das 
Gespräch, Redaktion Milchpraxis.

Mikroben werden im Stall vernebelt.Fotos: Block

Zum Thema

Tierhaltung

Deutschland muss Status „frei von MKS ohne Impfung“ zurückerlangen

Wachsamkeit und Biosicherheit sind das Gebot der Stunde
Tierhaltung

Tierschutz, Transparenz und Regionalität im Fokus

Tierwohlgerechtes Schlachten in der Region
Kommunikation

Gute Mitarbeiterführung ist ein entscheidendes Erfolgskriterium.

Herausforderung Mitarbeiter
Tierhaltung

Networking und Verkostung beim Praxistest Rind in Bad Sassendorf

Schwarzbunte professionell vermarkten