Ballaststoffe 

Ein Plus nicht nur für den Darm

aus: DLG-Lebensmittel 4/2025

Ein Zusatz von natürlichen pflanzlichen Ballaststoffen erhöht den gesundheitlichen Wert von Lebensmitteln, insbesondere mit Blick auf die Darmgesundheit. Auf der anderen Seite können damit funktionale Vorteile verbunden sein, beispielsweise hinsichtlich Emulgierbarkeit, Textur, Stabilität oder Reduktion von Zucker und Fett.
 

Angeschnittenes Brot
Das Vollkornkonzentrat von Good Mills Innovation macht nicht nur handwerklich gebackenes Buttermilchbrot zu einem ballaststoffreichen Genuss. © Good Mills Innovation

Obwohl beide Aspekte bekannt sind, gibt es immer wieder neue ernährungsphysiologische Erkenntnisse und von Ballaststoffherstellern Impulse für Verwendung, Auf- und Verarbeitung oder sinnvollen Kombinationen. 

Von JRS Food Ingredients in Rosenberg stammen zum Beispiel Ideen zum Oktoberfest: Food-Klassiker wie Laugenbretzel könnten dabei durch die Anreicherung mit Haferfaser zu einer Innovation mit gesundheitlichem Mehrwert aufsteigen. Genauso bekämen Weißwürste mit Weizenfaser und Psyllium ein ‚Upgrade‘ mit weniger Fett. Als einer der weltweit größten Ballaststoffanbieter ist die JRS für Produktvielfalt und, insbesondere im Bereich der unlöslichen Getreide-Ballaststoffe, für Produkt- und Applikations-Kompetenz bekannt. Die VITACEL-Produktserien umfassen unter anderem Hafer- und Weizenfasern, Zitrus-, Kartoffel- und Erbsenfasern sowie Fasern aus Zitrusschalen in unterschiedlichsten Spezifikationen und teilweise in Bio-Qualität. 

Head of Food Technology Andreas Nagel verweist in diesem Zusammenhang auf verschiedene Herausforderungen einer Anreicherung. So sollten Lebensmittel für die Akzeptanz beim Kunden möglichst ihren ursprünglichen Charakter und ihre Verträglichkeit behalten. Bei der Produktion gehörten dann eine standardisierte Qualität, einfache Dosierbarkeit, möglichst gleiche Prozessbedingungen und gute Haltbarkeit im Endprodukt dazu. 

Das Unternehmen gewinnt die Ballaststoffe bevorzugt aus Nebenströmen der Lebensmittel-Produktion. So stammen etwa die Faserkonzentrate aus Weizenhalmen und Haferspelz aus der Korngewinnung, die Zitrusfasern aus Schalen, die neben Pektin bei der Gewinnung von Saft und ätherischem Öl anfallen. Aufgearbeitet werden erstere zum Beispiel, indem Cellulose und Hemicellulose in einem nasschemischen Verfahren angereichert und Lignin sowie störende Geruchs- oder Geschmacksstoffe ausgewaschen werden. Nach dem Trocknen folgt abschließend eine Feinvermahlung. Dank dieser sorgfältigen Aufreinigung kann JRS die beiden Konzentrate als allergen- und glutenfrei sowie arm an FODMAP ausloben. Der Ballaststoffgehalt der Weizenfasern liegt bei rund 98 und der der Haferspelzen bei 90 Prozent. Die etwas geringere Konzentration bei Hafer macht insofern Sinn, dass die Härte geringer und die natürliche Zusammensetzung weniger verändert ist.  

JRS empfiehlt unlösliche Faserkonzentrate mit ihrer hohen Stabilität und Neutralität für Gebäck. Insgesamt finden sich im Sortiment geeignete Faserstoffe auch für Fleischbällchen, Ersatzprodukte und mehr. Für ballaststoffarme Produkte wie Fleisch empfiehlt JRS eine Mischung aus resistenten Dextrinen und Weizenfasern. Zur Fettreduktion in Wurstwaren eigne sich Inulin kombiniert mit Psyllium für ein fettähnliches Mundgefühl. Maßgeschneiderte Lösungen werden vorab im eigenen Technikum getestet.

Kombinationen im Kommen

Gesundheitsforschungen zum Mikrobiom haben gezeigt, dass eine Kombination verschiedener Ballaststoffe beziehungsweise -quellen eine vielseitige, gesunde Darmflora fördert. Um alle Darmabschnitte zu erreichen, ist eine Mischung von löslichen, schneller fermentierbaren Fasern mit langsam, teilweise fermentierbaren Fasern vorteilhaft. Nagel zufolge spielen auch unterschiedliche Viskositäten eine Rolle. So könnte die Ergänzung von niederviskosen Oligomeren wie Oligofructose mit hochviskosen Psyllium und Pektinen aus Zitrusfaser die Konsistenz verbessern. Zugleich erhöht sich die Viskosität des Speisebreis, was physikalisch für einen geringeren glykämischen Index sorgt.

Bei Good Mills Innovation steht der gesundheitliche Mehrwert schon länger im Mittelpunkt der Sortimentsentwicklung. Einen wichtigen Bereich bilden hier Multifiber-Konzentrate mit Ballaststoffen aus zehn Getreide-, Gemüse- und Obstsorten sowie prebiotische Fasern unter dem Namen Snow aus sieben Pflanzenfasern. Die unterschiedlichen Quellen unterstützen die Diversität des Darmmikrobioms, betont auch Good Mills. Dank der gezielten Kombination könnten die Präparate im Produkt durchaus höher dosiert werden, ohne dass es zu sensorischen Einbußen im Produkt käme. Eine Auslobung als „Ballaststoffquelle“ (3 g/100 g) oder „ballaststoffreich“ (6 g/100 g) wird leichter möglich.

Eine Mischung von Pflanzenfasern mit Proteinen bietet ebenfalls Potenzial. Inwieweit das jeweilige Verhältnis zueinander die Darmflora beeinflusst, wird zwar noch erforscht. Fest steht aber, dass beide Nährstoffe im Trend liegen und zusammen interessante Anwendungsmöglichkeiten haben. Beneo, Spezialist für Ballaststoffe aus Zichorien und für Hülsenfrucht-Proteine, hat zum Beispiel für Kunden schon mehrere Rezepturen entwickelt. Unter anderem vegane Muffins, in denen Ackerbohnen-Proteinkonzentrat und Oligofruktose Eier und Milch unnötig machen und die Claim-Option „Ballaststoffquelle“ ermöglichen. Ein weiteres Beispiel wäre ein Schokodessert auf Kokosmilchbasis mit dem Proteinkonzentrat. Dadurch gleicht das Nährwertprofil dem von einem milchbasierten Dessert, während Inulin für angenehme Cremigkeit sorgt und ebenfalls die Auslobung als Ballaststoffquelle zulässt. 

Weißwurst mit Brezel und Senf
Mit Pflanzenfasern angereicherte Lebensmittel dürfen auch Spaß machen – JRS schlägt zum Beispiel bayerische Schmankerl vor. © mingnimit – stock.adobe.com

Mit einer speziellen Fermentation lässt sich aus Weizen, hierzulande das Brotgetreide schlechthin, ein gesundes Vollkornkonzentrat für gesündere Backwaren herstellen.
© Good Mills Innovation

Vorteile der Fermentation 

Ein weiteres spannendes Produkt von Good Mills Innovation ist das dreifach fermentierte Vollkornkonzentrat Carat. Entwickelt hat es der Mühlenkonzern im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts „HEALTHGRAIN“*, das den Einfluss einer Fermentation auf Hülsenfrucht- und Getreideprodukte untersucht. Carat besteht aus Kleie plus Keimling und lässt sich zu Vollkornmehl rekombinieren. Die drei Stufen sollen bewirken, dass einzelne Besonderheiten des Mehls hervorgehoben werden: Mineralstoffe sollen durch den Abbau der Phytinsäure besser verfügbar sein. Durch die zweite Stufe würden Ferulasäure und andere Polyphenole leichter zugänglich, und schließlich Aromavorstufen für einen besseren Geschmack gebildet. Der natürliche Ballaststoffgehalt werde bei dem Prozess nicht reduziert. (*healthgrain.org/healthgrain-project)

Stichwort Psyllium 

Die verdauungsfördernden Flohsamenschalen sind heute als Zutat oder Nahrungsergänzung wieder beliebt – dank ihrer Schleimstoffe, die Wasser binden und das Mundgefühl verbessern. Diskutiert werden aber noch weitere Vorteile, sowohl in gesundheitlicher wie funktionaler Hinsicht. Unter anderen scheint Psyllium in Gelen die Synärese zu hemmen. Und so wie es als Ergänzung zu unlöslichen Pflanzenfasern deren mehliges Mundgefühl verringert, könnten andere einen möglichen gummiartigen Charakter von Gelen verhindern. 
Neben JRS mit Flohsamenschalenpulver in unterschiedlich aufgereinigten Qualitäten mit unterschiedlichem Quellvolumen und anderen Anbietern, führt der Bio-Großhändler Ziegler Organic unter anderem Flohsamen und Bio-Flohsamenschalen (ganz und gemahlen). Interessant sei der Ballaststoff auch für Veganer, da er zugleich gelierend ist und zum Andicken verwendet werden könne, weiß man hier. Auf Wunsch bietet Ziegler auch glutenfreie Ware an – und bietet damit weiteren Mehrwert. 

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