Texturieren, stabilisieren und mehr 
Innovative Lösungen für  aktuelle Produkttrends 

Ingredients

aus: DLG-Lebensmittel 2/2025

Spätzle mit Linsen – diesen schwäbischen Klassiker können jetzt auch vegan lebende Menschen genießen. Der Nudelhersteller Alb-Gold hat dafür Anfang des Jahres zusätzlich zu seinen Eierspätzle auch eifreie Alternativen auf den Markt gebracht. Die stabilisierenden und bissgebenden Eigenschaften von Hühnerei übernimmt dabei Aquafaba.

Aufgelöste Hefe
Aquafaba, Hefe, Kartoffeln, grüne Linsen oder Bananen - unterschiedliche Wege für Ei-Ersatz mit Potenzial

Die Beobachtung von einem Markt, der in Bewegung ist, trifft gerade bei Ersatzprodukten für Eier als Texturgeber genau zu. Aquafaba ist eine von unterschiedlichen, interessanten Lösungsansätzen. Der Begriff bezeichnet das Kochwasser von Hülsenfrüchten. Meist handelt es sich um Kichererbsen. Alb-Gold verarbeitet dagegen ein Aquafaba von Kichererbsen und Gelberbsen. Die Rezepturumstellung führt weder bei den technologischen noch bei den sensorischen Eigenschaften der Teigwaren zu Veränderungen, betont das Unternehmen.  

Ein entsprechendes Produkt führt das Züricher Start-up EggField vom EIT Food Accelerator Network in seinem Portfolio. Mit seinen emulgierenden, bindenden und schaumbildenden Eigenschaften eignet sich das durch etwas Zitronensaft ergänzte Aquafaba aus Gelb- und Kichererbsenwasser für zahlreiche Anwendungen, für die sonst Eiklar oder Vollei verwendet werden. Laut Co-Founder Silvan Leibacher setze EggField bewusst auf die Kombination aus den beiden Hülsenfrüchten, deren Eigenschaften sich sinnvoll ergänzten. So würden Gelberbsen ein gutes Proteinprofil aufweisen. Außerdem ließen sie sich leichter in Ländern wie der Schweiz oder Deutschland anbauen. Alternativ bietet EggField aber auch ein Produkt ausschließlich aus Kichererbsen an.

Die Rohstoffe bezieht das Unternehmen zum größten Teil aus bestehenden Nebenströmen der Lebensmittelindustrie – dem Prozesswasser, das bei der Verarbeitung von Hülsenfrüchten zu Hummus und anderem anfällt und bisher entsorgt wurde. „Durch gezielte Auswahl, Qualifizierung und Aufbereitung unserer Rohstoffquellen können wir aus einem ehemals ungenutzten Nebenstrom einen hochwertigen funktionellen Rohstoff gewinnen und gleichzeitig zur Reduktion von Food Waste beitragen“, hebt Leibacher hervor. Für die empfohlenen Dosagen würden nur geringe Mengen benötigt. Schon von daher erübrige sich eine Maskierung eines vorhandenen Eigengeschmacks  weitgehend. Durch einen mehrstufigen Verarbeitungsprozess hätten sie den Geschmack aber auch positiv beeinflusst, wozu die Kombination der unterschiedlichen Geschmacksprofile von Gelb- und Kichererbsen beitrage. In der Regel ersetzen circa 80 g Aquafaba 100 g Hühnerei.

EggField bietet das pasteurisierte und flüssig abgefüllte Aquafaba in Bio- oder konventioneller Qualität an. Es hat eine natürliche gold-braune Farbe; beim Aufschäumen wird es durch die in die Leguminosen-Proteine eingeschlossene Luft genauso weiß wie Eischnee. Dabei ist die Aufschlagzeit zwei- bis dreimal länger als bei Eiklar, heißt es bei EggField. Verkürzen lassen sollte sich die Zeit durch die Zugabe von etwas Guarkern- und ähnlichen bindenden Spezialmehlen. Ein Vorteil gegenüber echtem Eiklar ist, dass EggField Aquafaba nicht überschlagen werden kann. Das Produkt sollte bei maximal 5 °C gelagert werden, kann aber praktischerweise auch eingefroren werden. Ergänzend bietet die Firma das sogenannte EggField Plus aus einer Mischung von Hülsenfrüchten, weiteren pflanzlichen Proteinen sowie natürlicher Stärke aus Knollengemüse und Süßgräsern in Pulverform an. Als Zwei-Komponenten-Lösung mit EggField Aquafaba soll sich zusätzlich Eigelb ersetzen lassen. Laut Hersteller zeigt sich das Potenzial des Zusatzes zum Beispiel gut, wenn eine Flüssigkeit bei steigender Hitze stocken oder gelieren soll – unter anderem bei einer Quiche oder auch Feinbackwaren und Eierspeisen.

Gänzlich neu ist dieser Lösungsansatz nicht: In der veganen Szene stößt man neben Lupinen-, Soja- und anderen proteinreichen Mehlen als Ei-Ersatz schon länger auf Aquafaba. Indem nun die Lebensmittelindustrie das Thema vermehrt aufgreift, können Weiterverarbeiter aber auf geschmacklich optimierte und standardisierte Zusätze mit klaren Dosierungsvorschlägen zurückgreifen. Die Herausforderungen für entsprechende Entwicklungen sind allerdings groß. Zum einen überzeugt Hühnerei durch seine natürliche Multifunktionalität, während die anfangs üblichen Ersatzprodukte aus bearbeiteten Stärken und Pflanzeneiweiß oft nur spezielle Aufgaben übernehmen konnten. Zum anderen gilt es, fremd wirkende Geschmackseindrücke zu vermeiden. Und nicht zuletzt bevorzugt die verarbeitende Industrie seit Längerem Mono-Komponenten-Ingredienzen, mit denen sie den Clean-Label-Trend erfüllen kann.    

Beim Thema Ei-Ersatz spielen außer dem tierethischen Aspekt und einer eventuellen Ei-Allergie seitens der Lebensmittelbranche auch ökonomische Gründe eine große Rolle. Schlagzeilen zu einer möglichen Eierknappheit an Ostern als Folge von Vogelgrippe und steigender Nachfragen aus dem Ausland mögen übertrieben gewesen sein. Tatsache ist, dass Eier in den letzten Jahren deutlich teurer geworden sind: Laut dem statischen Bundesamt sind die Preise allein zwischen Februar 2022 und 2023 EU-weit um fast ein Drittel gestiegen. 

Clean Label, allergen- und glutenfrei,  nicht gentechnisch verändert

Schon im Jahr 2023 hat Symrise in der Produktreihe diana food Aquafaba-Flocken aus Kichererbsen-Kochwasser vorgestellt. In diesem Fall ergänzt ein Anteil gekochte Kichererbsen und Stärke als Träger die Rezeptur. In der Kommunikation nach außen heben die Holzmindener nicht zuletzt die Nährstoffzusammensetzung hervor: Kichererbsen würden von ernährungsbewussten Verbrauchern als gute Quelle für Eiweiß und Ballaststoffe geschätzt. Und: Die Flocken könnten einfach und verständlich als „Aquafaba (Kichererbsenwasser)“ auf dem Etikett deklariert werden.  

Symrise stellt die Flocken über eine schonende Walzen­trocknung und definiertes Vorkochen her. Dadurch sollen sie mit einer guten Haltbarkeit und einem dezenten, annähernd neutralen Geschmack punkten. Symrise empfiehlt den Zusatz unter anderem bei der Herstellung von Falafel oder Dips, um dort für Textur und Saftigkeit zu sorgen. Mit ihren zugleich wasser- und ölbindenden Eigenschaften eigneten sie sich außerdem sehr gut für vegane Mayonnaisen und Salatdressings mit vergleichbarer Textur und Geschmack wie die nicht veganen Pendants. 

Revyve aus den Niederlanden verfolgt ebenfalls den Ansatz, einen Reststoff aus der Lebensmittelproduktion auf sinnvolle Weise als Ei-Ersatz weiter zu verwenden. In diesem Fall handelt es sich um Hefe, entweder Bierhefe aus dem Brauprozess oder Bäckerhefe als einem auf Melasse gezüchteten, glutenfreien Nebenprodukt der Zucker­industrie. Bei Erwärmung bilde das aufgearbeitete Trockenprodukt mit den in der Rezeptur enthaltenen Zutaten feste, aber elastische Strukturen aus. Revyve will mit den beiden Varianten unterschiedlichen Anwenderkreisen entgegenkommen. So sieht man das Potenzial für das Produkt aus Bierhefe insbesondere bei pflanzlichen Burgern und Patties sowie Soßen, um „versteckte Eier“ darin zu eliminieren. Mit den enthaltenen Proteinen (45–75 %), Ballaststoffen (10–40 %) und B-Vitaminen soll es neben der guten, stabilen Textur zugleich eine leicht fleischwürzige Umami-Note bringen. Die neutrale Alternative aus Bäckerhefe empfiehlt sich dagegen besonders als Ei-Ersatz in Kuchen und anderen Backwaren, inklusive für Glasuren.

Linsen
© Ingood by Olga

Fermentation verbessert nicht nur die Fähigkeit zu gelieren, zu emulgieren, anzudicken oder zur Schaumbildung. Vielmehr werden auch andere Off-Noten wie Bitterkeit entfernt. 

Fermentation als entscheidender Schritt

Ingood by Olga aus der Bretagne in Frankreich entwickelt pflanzenbasierte Lebensmittelzutaten mit funktionellen Eigenschaften, die zugleich mit einem guten Nährwert punkten sollen. Auf der Suche nach weiteren natürlichen Quellen ist das Unternehmen auf französische grüne Linsen gekommen und hat Lengood mit 27 % Eiweiß und 6 % Ballaststoffen entwickelt. Als entscheidenden Schritt bei der Herstellung des innovativen Pulvers nennt Ingood by Olga eine spezielle Milchsäurefermentation mit ausgesuchten Bakterienstämmen. Die Fermentation verbessere nicht nur die Fähigkeit zu gelieren und zu emulgieren, anzudicken oder zur Schaumbildung. Vielmehr würden dabei auch ein möglicher bitterer Geschmack oder andere Off-Noten entfernt. Besonders geeignet sei Lengood daher für die Produktion von Back- und Teigwaren, um Eier komplett zu ersetzen. Da auch die natürlichen Farbstoffe abgebaut werden, böten sich durch die neutrale Optik natürlich noch weitere Einsatzmöglichkeiten.

Generell zeigt sich bei den heutigen Entwicklungen von Ei-Ersatz- und anderen texturgebenden Produkten, dass diese anwendungsbezogene Vorteile für die Lebensmittelindustrie haben und einen positiven Eindruck bei den Konsumenten hinterlassen. So heben die Franzosen bei den Linsen die nur geringen benötigten Einsatzmengen und die gute Löslichkeit hervor. Linsen seien außerdem weltweit geschätzt und der Anbau mit einem geringen CO2-Fußabdruck verbunden. 

Aus der Forschung

In ihrer Masterarbeit an der ETH Zürich 2023 hat Martina Bernaschina das Potenzial von Linsenproteinen als nachhaltigem Stabilisator von Lebensmittel-Emulsionen untersucht. Der Schwerpunkt lag auf der Frage, wie verschiedene Arten von Linsenproteinen in Kombination mit Lecithin die Formulierung von Emulsionen verbessern könnten. Inwieweit bleiben Emulsionen in Dressings, Speiseeis etc. auf Dauer stabil und entmischen sich nicht wieder? So lautete eine der Kernfragen dabei. Bernaschina wählte für ihre Arbeit Linsen, unter anderem, weil diese mit ihrem hohen Proteingehalt und einer breiten Akzeptanz bei den Konsumenten punkten. Im Unterschied zu Soja ist kein relevantes Allergiepotenzial bekannt. Außerdem lassen sich Linsen in vielen Ländern weltweit anbauen, was sie zu einer leicht zugänglichen Option macht. Verglichen wurden Linsenproteinisolat (LPI), Linsenproteinkonzentrat (LPC) und Linsenmehl (LF), um zu verstehen, wie diese Proteine jeweils mit Lecithin als klassischem Emulgator interagieren und wie dies die Emulsionseigenschaften beeinflusst. Emulsionen, die in der Studie allein mit Linsenprotein­isolat hergestellt wurden, enthielten eher große Aggregate und kleine Tröpfchen. 

Dagegen führten Linsenmehl und das Proteinkonzentrat zu einer weniger aggregierten Struktur, aber größeren Tröpfchen. Diese Variabilität verdeutlicht das Potenzial, die Emulsionseigenschaften durch die Kombination verschiedener Linsenproteine auf die gewünschten Ergebnisse zuzuschneiden, zog die junge Forscherin Bilanz. Lecithin verbesserte dabei die Stabilität der erzeugten Emulsionen weiter, wobei sich die Aggregation und die durchschnittliche Tröpfchengröße verringerten, insbesondere bei der Kombination mit dem am wenigsten bearbeiteten Linsenmehl. Messungen der Grenzflächenspannung zeigten, dass Linsenproteine diese reduzieren, wobei Linsenmehl schneller adsorbiert als Linsenproteinisolat. Die Zugabe von Lecithin verbesserte die Adsorptionsrate für beide Proteindispersionen. Dies deutet auf die Bildung eines oberflächenaktiven Protein-Lecithin-Komplexes und gemischte Grenzflächen und auf synergistische Wechselwirkungen zwischen Lecithin und Linsenproteinen hin.

Mit einer im doppelten Wortsinn grünen Lösung ergänzt zudem seit Kurzem Givaudan sein bisheriges Angebot an texturbildenden Zutaten auf Basis von Hafer beziehungsweise Quillaja (Seifenrindenbaum-Extrakt) mit einem Pulver aus grünen Bananen. Hergestellt wird es aus Früchten, die nicht der Qualitätsnorm entsprechen und daher nicht als Frischobst in den Handel kämen. Schätzungen gehen von über 30 % Bananen aus, die aus diesem Grund jedes Jahr entsorgt werden. Givaudan kooperiert bei der 
Upcycling-Innovation mit Dole Speciality Ingredients.

Die Anwendungsmöglichkeiten des Bananenpulvers sind breit gefächert. Beispielsweise soll die durch Hitze aktivierte Zutat die Saftigkeit von Muffins verbessern und extrudierte Snacks knusprig machen, ohne sie auszutrocknen. Genauso soll sich die Cremigkeit von Suppen und Saucen verbessern lassen. Nicht zuletzt dürfte einmal mehr die gute Verbraucherakzeptanz für Bananen als einem vertrauten Rohstoff positiv zum Tragen kommen.

Proteine und Stärken aus Kartoffeln finden sich dagegen zwar schon lange auf dem Zutatenmarkt, doch haben sie nach wie vor ihre Berechtigung. Zu den Anbietern mit langer Erfahrung bei Sortenauswahl, Anbau und Verarbeitung gehört Royal Avebe aus den Niederladen. Seit 2007 beliefert Royal Avebe die Lebensmittelindustrie unter der Marke PerfectaSOL mit einer Mischung aus speziell aufbereite­tem Kartoffelprotein und -stärke. Dem Hersteller zufolge ist das GMO-freie Pulver leicht zu handhaben und kann kritisch gesehene Hydrokolloide sowie modifizierte Stärken bestens ersetzen. Durch seine emulgierenden, gelierenden und schaumbildenden Eigenschaften eigne es sich sehr gut als Ersatz für Eigelb. Dabei hätten Anwender stets die Möglichkeit, bei der Auswahl mit den Experten von 
Royal Avebe zusammenzuarbeiten – sei es mit Blick auf eine vorangehende Optimierung der Proteinstruktur durch Hydrolyse und andere Schritte oder den Verarbeitungsprozess an sich. 

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