Geflügelfleisch hat eine vergleichsweise günstige CO2-Bilanz, ist effizient in der Produktion und dadurch preisgünstig. In den USA profitiert die Branche materiell und indirekt über perspektivisch günstigere Futtermittel von Klimaschutzprogrammen. Stellschrauben für noch mehr Nachhaltigkeit in Geflügelwirtschaft liegen auch jenseits der preislichen Sphäre in der Fütterung. Gleichzeitig müsse die Geflügelwirtschaft ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Ernährung stärker kommunizieren. Das waren die wichtigsten Learnings beim „International Poultry Day“ vor Auftakt der EuroTier 2024 Mitte November in Hannover.
Beim „International Poultry Day“, war der Fokus auf die weltweite Geflügelproduktion und Nachhaltigkeit gerichtet. Passend dazu lautete das Thema der Konferenz „Poultry for a healthy planet“. Internationale Expertinnen und Experten diskutierten, an welchen Stellschrauben gedreht werden müsse, um die Geflügelwirtschaft künftig noch nachhaltiger aufzustellen. Dabei wurde unter anderem analysiert, wie der CO2-Fußabdruck entlang der Produktionskette weiter gesenkt werden und die Branche gleichzeitig effizient und wirtschaftlich bleiben könne.
Die Wertschöpfungskette für Geflügelfleisch habe innerhalb der gesamten Fleischproduktion bereits den kleinsten CO2-Fußabdruck, betonte Nicolò Cinotti von der Branchenvereinigung International Poultry Council (IPC) in seinem Vortrag auf dem International Poultry Day. Um die Treibhausgasemissionen des Sektors weiter zu senken, sei die Fütterung eine wichtige Stellschraube. Konzepte rund um die Fütterung von Geflügel hinsichtlich des Nährstoffanfalls von Stickstoff und Phosphor werden passend dazu in Fachkreisen rege diskutiert.
Preisgünstig und effizient
Die Geflügelwirtschaft sei bereits nachhaltig, müsse dies nur besser kommunizieren, so Cinotti weiter: Geflügelfleisch sei neben seiner vergleichsweise positiven Treibhausgasbilanz reich an Nährstoffen, preisgünstig und effizient in der Produktion – also nachhaltig in den drei Säulen Umwelt, Ökonomie und Soziales.
Brian Earnest, Analyst bei der genossenschaftlichen CoBank in den USA, verwies darauf, dass die US-Geflügelerzeuger ihre Umweltbilanz in den vergangenen Jahrzehnten erheblich verbessert hätten: So sei der Wasserverbrauch in der Geflügelfleischproduktion von 1965 bis heute um rund 58 Prozent gesunken. Verbraucher jedoch würden laut Erhebungen der Kansas State University beim Kauf von Fleisch vor allem auf die Aspekte Preis, Geschmack und Frische schauen; die Umweltbilanz sei da eher nachrangig.
USA fördert klimaschonende Landwirtschaft mit 2,8 Mrd. US-$
In den USA sei im Jahr 2022 unter dem Dach des Wirtschaftsförderprogramms „Inflation Reduction Act“ das Projekt „Partnerships for Climate-Smart Commodities“ aufgelegt worden mit dem Ziel, klimaschonende Produktionsweisen in der Landwirtschaft voranzubringen. Während das US-Agrarministerium (USDA) Projekte im Umfang von bis zu 2,8 Mrd. US-$ fördert, lag das Interesse in der Branche mit Anträgen im Volumen von laut USDA mehr als 20 Mrd. US-$ deutlich höher.
Brian Earnest zufolge bekommt die US-Geflügelwirtschaft Mittel im Umfang von 18,5 Mio. US-$ aus dem „Partnerships for Climate Smart Commodities“-Programm. Ein Großteil der Mittel würde in die Produktion von Biodiesel fließen. Doch auch davon, so der Analyst, könne die US-Geflügelwirtschaft profitieren: Mit der Förderung von Biodiesel steige der Bedarf an Sojaöl. Bei der Produktion von Sojaöl fällt Sojaschrot als Koppelprodukt an, das wiederum in die Futtertröge fließt. Und je größer das Angebot an Sojaschrot, desto geringer die Futterpreise, so Earnest.
Kritische Diskussion prägt Wahrnehmung
Der Ernährungswissenschaftler und Publizist Dr. Malte Rubach betonte in seinem Vortrag indessen, dass Geflügel in weiten Teilen der Welt im zweistelligen Prozentbereich zur Proteinversorgung in der menschlichen Ernährung beitrage. Gleichzeitig wies Rubach auf die kritische Diskussion rund um den Fleischkonsum hin: So habe er eine KI gebeten, ihm ein Bild zur menschlichen Ernährung im Jahr 2050 zu generieren. Auf dem Bild, das er den Besuchern des „International Poultry Day“ zeigte, war eine Mutter mit zwei Kindern an einer Küchentheke voller Obst und Gemüse zu sehen – tierische Lebensmittel fehlten dagegen gänzlich auf dem Bild.
Die KI generiere Bilder nach den prominentesten Treffern, die sie beim Durchsuchen des Web erziele, so der Experte. Entsprechend der kritischen Diskussion um eine fleischhaltige Ernährung und die Empfehlung einer pflanzlichen Diät würden Visionen einer fleischlosen Zukunft entstehen, folgerte Rubach. Dabei sei bereits heute die menschliche Ernährung in der globalen Betrachtung zu 80 Prozent pflanzlich, wie der Experte mit Bezug auf Zahlen der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO mitteilte. Das würde die kritische Diskussion um den Fleischkonsum relativieren.