Das Marktumfeld für Tierhalter in Deutschland, Europa und weltweit ist herausfordernd, und dennoch ist ihre Investitionsbereitschaft robust: Das ist eine zentrale Botschaft der internationalen Studie „DLG-Agrifuture Insights 2023/2024“ mit mehr als 3.000 Teilnehmern. Erste Ergebnisse aus der Studie hat DLG-Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Hövelmann am Dienstag auf der Presse-Preview in Vorbereitung zur Leitmesse für internationale Tierhaltungsprofis EuroTier exklusiv vorgestellt. In Hinblick auf die EuroTier 2024, die vom 12. bis 15. November in Hannover stattfindet, stand bei der Präsentation die Situation tierhaltender Betriebe im Mittelpunkt.
Zu den Herausforderungen für Landwirte in Deutschland, Europa und weltweit zählen der Studie „DLG-Agrifuture Insights 2023/24“ zufolge sich ausbreitende virale Infektionen wie die Blauzungenkrankheit, Afrikanische Schweinepest und Aviäre Influenza/Geflügelpest. Zudem beeinflusst der Klimawandel die Futtermittelversorgung und -kosten: Preise und Verfügbarkeiten zeigen sich witterungsbedingt zunehmend volatil. Positiv zu vermelden ist, dass die Preise für Milch und Fleisch relativ stabil sind – und Investitionsvorhaben begünstigen. Dabei hoffen Tierhalter insbesondere auf Innovationen bei Tier-Monitoring-Systemen, in der automatisierten Fütterung oder bei der Klimatisierung von Nutztierställen. Das ging aus der Präsentation ausgewählter Ergebnisse der DLG-Agrifuture-Insights-Studie hervor, die DLG-Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Hövelmann am Dienstag vor rund 60 internationalen Journalisten in Offenbach bei Frankfurt a. M. gehalten hat.
An der Studie DLG-Agrifuture Insights haben im Winter 2023/24 rund 3.300 Landwirte aus aller Welt im Rahmen einer Befragung teilgenommen. Ergänzend dazu hat die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) im Sommer 2024 eine Blitzumfrage unter rund 600 Teilnehmern durchgeführt, um die Studienergebnisse durch ein frisches Stimmungsbild zu ergänzen.
EuroTier 2024 vom 12. bis 15. November in Hannover
Die internationale Leitmesse für Tierhaltungsprofis EuroTier wird vom 12. bis 15. November 2024 auf dem Messegelände in Hannover unter dem Leitthema „We Innovate Animal Farming“ Innovationen und Trends für die Landwirtschaft präsentieren. Rund 2.100 Aussteller aus mehr als 50 Ländern zeigen auf circa 220.000 m2 Hallenfläche ein vollständiges Angebot rund um die moderne Tierhaltung und Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft. Ein breitgefächertes Fach- und Ausstellungsprogramm widmet sich unter anderem Lösungen zur automatisierten Fütterung in der Innenwirtschaft, den Perspektiven von KI im Herdenmanagement sowie verschiedenen Fragestellungen rund um das Zukunftsthema Tierwohl. Die „Inhouse Farming Feed & Food Show“ adressiert Zukunftskonzepte wie Vertical Farming oder alternative Proteine aus Insekten und bringt verschiedene Stakeholder aus dem New-Food-Segment zusammen.
Mehr Informationen zur EuroTier 2024 finden Sie hier.
Turbulente Zeiten in der Branche
Als gemeinsamer Nenner zieht sich durch die Studienergebnisse folgende Erkenntnis: Der Agrarmarkt zeigt sich dynamisch. Weiterhin sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft und das vor- und nachgelagerte Agribusiness von Turbulenzen geprägt. Neben geopolitischen Krisen stellen die Blauzungenkrankheit, die Afrikanische Schweinepest (ASP) und die Aviäre Influenza/Geflügelpest die Tierhalter vor große Herausforderungen. Zudem führen anhaltende Extremwetterereignisse zu starken Schwankungen bei der Verfügbarkeit und den Kosten von Futtermitteln.
Im Oktober 2023 wurden die ersten Ausbrüche der Blauzungenkrankheit mit dem Serotyp 3 (BTV-3) in Deutschland, den Niederlanden und Belgien festgestellt. Seitdem kamen Ausbrüche in weiten Teilen dieser drei Länder hinzu. Seit Juli 2024 nehmen die Nachweise von BTV-3 in Deutschland deutlich zu mit mehr als 3500 Feststellungen Stand Mitte August. Empfänglich für den Virus sind Schafe, Rinder, Ziegen, Neuweltkameliden sowie Wildwiederkäuer. Ein Impfstoff ist bisher nicht zugelassen, eine Eilverordnung erlaubt aber die Anwendung dreier Impfstoffe in betroffenen Gebieten.
Auch die ASP breitet sich weiter aus. Stand 10. September 2024 wurden 596 Fälle von ASP bei Hausschweinen in Europa gemeldet. Anlässlich der Situation auf dem weltweiten Geflügelmarkt veröffentlichte die FAO am 29. Juli 2024 einen Bericht, in dem sie ein Zoonose-Potenzial bei der Aviären Influenza erkannte.
Milchmarkt profitiert von robusten Preisen
Dem Tierseuchengeschehen zum Trotz zeigt sich die Situation auf dem Milchmarkt sowie den Märkten für Schweinefleisch und Geflügel vergleichsweise stabil. Auf dem EU-Milchmarkt ist seit 2021 ein allgemeiner Trend zu höheren Preisen zu verzeichnen. Im Jahr 2022 konnten aufgrund des Kriegs in der Ukraine und der daraus resultierenden Energiekrise sogar Spitzenpreise auf dem EU-Milchmarkt registriert werden. Seitdem haben sich die Notierungen auf einem gleichbleibenden hohen Niveau eingependelt. Und auch das Milchangebot war in den Jahren 2023/2024 konstant.
Die EU-Schweinepreise sind derweil relativ stabil. Sie bewegen sich in den ersten Monaten des Jahres 2024 durchweg über der Marke von 200 € je 100 kg Schlachtgewicht und liegen damit über dem Niveau von 2022. Die Geflügelfleischpreise in der EU zeigten sich zuletzt ebenfalls von ihrer robusten Seite und lagen im Juni 2024 sogar noch leicht über dem hohen Vorjahresniveau.
Derweil zeigt sich eine in der internationalen Betrachtung für Tierhalter weiterhin robuste Entwicklung: Mit steigendem Wohlstand nimmt weltweit die Nachfrage nach Fleisch zu. Entsprechend ist die Produktion von Geflügelfleisch in den vergangenen 20 Jahren weltweit um 30,4 Prozent gestiegen, am Markt für Schweinefleisch zeigte sich im selben Zeitraum ein Zuwachs von 38,9 Prozent und am Markt für Rindfleisch von 24,2 Prozent, wie DLG-Hauptgeschäftsführer Lothar Hövelmann unter Berufung auf Zahlen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) darlegte.
73 Prozent der Milchviehhalter wollen in den kommenden 12 Monaten
in ihren Betrieb investieren.DLG-Agrifuture Insights-Befragung
Hohe Investitionsbereitschaft bei Milcherzeugern
Unterdessen zeigen den Ergebnissen der Studie DLG-Agrifuture Insights zufolge Milch erzeugende Betriebe eine besonders hohe Bereitschaft, zukünftig zu investieren: 73 Prozent der befragten Milchviehhalter gaben demnach an, in den folgenden 12 Monaten in ihren Betrieb investieren zu wollen. Geflügelbetriebe und Schweinehalter folgen dicht auf mit 70 Prozent beziehungsweise 69 Prozent. Zum Vergleich: Die Investitionsbereitschaft bei Ackerbaubetrieben stellt sich dagegen gedämpft dar und beträgt bei den Studienteilnehmern 63 Prozent.
Hauptsächlich planen Landwirte in folgenden Bereichen der Tierhaltung Investitionen: Tierwohl, Reduktion von Hitzestress sowie Bauwesen und Digitalisierung.
Innovationen zu Herdenmanagement im Blick
Die DLG Agrifuture Insights-Befragung richtet auch den Blick darauf, auf welche Innovationen tierhaltende Betriebe zur Lösung aktueller und künftiger Herausforderungen hoffen. In der Befragung im Winter 2023/24 gaben Milchviehhalter an, zukünftig auf neue Lösungen in der Verwaltung und Organisation von Daten zu setzen: Als wichtig bis sehr wichtig stufen sie demnach Innovationen zum verbesserten Daten-Management ein. Ähnlich wichtig sind den Milcherzeugern Neuerungen, die eine Verbesserung der Arbeitsorganisation sowie von Herdenmanagment- und -monitoringsystemen mit sich bringen. Hohe Priorität messen die befragten Milchviehhalter außerdem digitalen Innovationen zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei. Zum Beispiel können durch Sensorsysteme gesundheitliche Probleme der Tiere rechtzeitig erkannt und Entzündungshemmer gegeben werden, sodass keine Antibiotikagabe nötig ist.
Schweinehalter hoffen indessen an allererster Stelle auf Innovationen im Bereich des Herdenmanagements und Tier-Monitorings. Fast ebenso wichtig sind ihnen Lösungen zur Klimatisierung von Nutztierställen. Gerade durch den Klimawandel und die damit verbundenen Hitzeperioden gewinnt das Thema weiter an Bedeutung. Auch Innovationen für eine bedarfsgerechte Fütterung, um die Tiergesundheit und das Tierwohl zu verbessern, haben für die befragten Schweinehalter hohe Priorität.
Bedarfsgerechte Fütterung im Fokus
Die Geflügelhalter hoffen laut den Ergebnissen der DLG-Agrifuture Insights-Studie zuallererst auf Innovationen im Bereich des Tierwohls und der Stallsysteme. Wichtig stufen sie aber auch die bedarfsgerechte Fütterung zur Sicherung der Leistung und Gesundheit des Geflügels ein. Zudem setzen Geflügelhalter weltweit auf Innovationen für eine verbesserte Arbeitsorganisation. Künstliche Intelligenz und eine fortschreitende Digitalisierung können bei diesem Ziel unterstützen und zudem die Tiergesundheit verbessern. Mit gleicher Relevanz stufen die befragten Landwirte den Bedarf nach verbesserten Klimasystemen ein.
Text: Stefanie Pionke, Jana Sondermann; DLG-Newsroom