Auf der Agritechnica 2025 diskutierten Experten und Praktiker über Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung in der Landwirtschaft. Klar wurde: Digitale Werkzeuge wie Applikationskarten oder autonome Roboter bieten großes Potenzial – doch ohne fundiertes Wissen und gute Daten bleibt ihr Nutzen begrenzt. Einfache „plug and play“-Lösungen sind selten, Lernbereitschaft und Praxiserfahrung sind gefragt.
„Jedes Werkzeug ist nur so gut wie seine Anwendung“
„Jedes Werkzeug ist nur so gut wie seine Anwendung“, stellte Dr. Hartmut Matthes, Geschäftsführer des Bundesverband Lohnunternehmen (BLU), in der Podiumsdiskussion „Digitalisierung in der Praxis – Chancen und Herausforderungen“ des DLG-Ausschusses „Digitalisierung, Arbeitswirtschaft und Prozesstechnik“ am Sonntag, dem 9. November 2025, auf der Agritechnica in Hannover fest. Auch wenn digitale Applikations- und Ertragskarten nützliche Hilfsmittel seien – „viele Entscheidungen muss der Betriebsleiter selber treffen“, führte Matthes weiter aus. Und: Wer digitale Lösungen in der Landwirtschaft anwenden wolle, müsse bereit sein zu lernen: „Einfaches plug and play funktioniert in der Regel nicht“, unterstrich Matthes.
Pflanzenbauliches Wissen bleibt unverzichtbar
Prof. Dr. Patrick Noack, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und Vorsitzender des DLG-Ausschusses für Digitalisierung, stimmte dem BLU-Geschäftsführer zu: „Man kann nicht ohne pflanzenbauliche Kenntnisse einen Ackerbaubetrieb bewirtschaften, nur weil man sich eine Applikationskarte besorgt hat“, sagte der Wissenschaftler. Gleichwohl sieht er in innovativen, KI-basierten Technologien viele Chancen: Man müsse sich nur klar sein, dass KI-Systeme ein langes Training benötigten, um gut zu funktionieren – ebenso, wie Landwirte einige Jahre in der Schule, der Lehre oder dem Studium verbringen, bevor sie erfolgreich einen Betrieb führen können. Zudem müsste KI-Anwendungen mit guten Daten versorgt werden – ansonsten greife das Prinzip „bullshit in, bullshit out.“
Digitale Karten als Entscheidungshilfe bei Flächenbewertung
Noacks Stellvertreter im DLG-Ausschuss Jörg Schrieber, Landwirt aus Niedersachsen, hob ebenfalls die zentrale Bedeutung guter Daten hervor. Bereits digitale Lösungen wie Google Earth in der Profiversion oder vergleichbare Anwendungen könnten Landwirten sehr hilfreich sein, wenn diese etwa vor Investitionsentscheidungen stehen: Kaufe ein Unternehmer Flächen hinzu oder wolle er neue Flächen pachten, müsse er diese zunächst bewerten: „Diese Flächen sind zum Teil sehr unterschiedlich bewirtschaftet worden – sei es mit Pflug, oder ohne. Über ihren Zustand können digitale Lösungen Aufschluss geben“, so Schrieber.
Erfahrungen aus der Praxis mit dem AgBot
Auch Praktiker, die bereits Erfahrung mit innovativen Technologien aus dem Bereich der Digitalisierung, Robotik und Automation gesammelt haben, teilten ihre Erfahrungen im neuen Digital Farm Center auf der Agritechnica 2025. Der rheinische Landwirt und Lohnunternehmer Alexander von Meer hat 2024 den AgBot von AgXeed gekauft. Mittlerweile verfügt sein Betrieb über einige Erfahrungen mit dem System und kennt die Stärken und Schwächen. Über seine Erfahrungen mit dem AgBot sprach von Meer während einer Praktikerstunde auf der DLG-Expert Stage Digital Farming. Sein Fazit: Es gebe keine Arbeit, die für den AgBot grundsätzlich unmöglich sei.
Einfache Handhabung, aufwendigere Verladung
Vor der Bearbeitung einer Fläche müsse man das Areal einzeln vermessen, dann würde die Fläche ins Portal des Roboters hochgeladen. Danach könne eine bestimmte Arbeit, zum Beispiel „Grubbern flach, Grubbern mitteltief oder Grubbern tief“, ausgewählt werden, schilderte von Meer die praktische Arbeit mit dem AgBot. Auch der Geräteanbau an den Roboter funktioniere grundsätzlich einfach. Allerdings brauche es rund 20 Minuten, den autonomen Helfer zu verladen, um ihn zu seinem Einsatzort zu bringen. Für Betriebe, deren einzelne Flächen weit auseinanderliegen, sei dies aufwendig, da der AgBot dann stets neu verladen und zu seinem nächsten Einsatzort gefahren werden müsse, resümierte von Meer.
Bodenschonung und Optimierungspotenzial bei Sensorik
Als besondere Stärke des Roboters bezeichnete der Landwirt dessen bodenschonende Arbeitsweise. Diese habe den Vorteil, dass der AgBot auch auf nassem Untergrund zum Einsatz kommen könne. Optimierungspotenzial sieht der Landwirt noch bei der Erkennung von Objekten in seinem Fahrweg. Aus Sicherheitsgründen stoppt der AgBot, wenn er ein Hindernis erkennt. Dieser Mechanismus werde allerdings auch durch im Wind wehende Zweige oder Vögeln in einigen Metern Entfernung ausgelöst, die bei Näherkommen des Roboters „ohnehin wegfliegen würden.“ Hier könne an der Empfindlichkeit und an der Erkennung häufiger Objekte gearbeitet werden – damit der AgBot bei wehenden Zweigen nicht zum Halten kommt, sein Besitzer keinen Alert aufs Smartphone erhält, den Einsatzort aufsuchen und den Roboter neu starten muss.
Ausblick: Ein zweiter Roboter ist denkbar
Alles in allem zeigt sich Alexander von Meer aber angetan von seinem autonomen Helfer: Er spiele mit dem Gedanken, noch einen zweiten Roboter zu kaufen sagte er auf der DLG-Expert Stage Digital Farming.
Text: Stefanie Pionke / DlG-Newsroom