Getreidemagazin

Wie kommen wir zu mehr Wasser?

Lange Zeit konnten wir es uns leisten, mit Wasser etwas nachlässig umzugehen. Nun bringt der Klimawandel bisherige Ackerbausysyem an die Grenzen. Wasser und Geld haben eine Gemeinsamkeit. Mit den richtigen Maßnahme lässt sich Wasser speichern und sogar ernten. In der Zeitschrift Getreidemagazin #5/2024 zeigt Autor Hans Gnauer aus Grübern/Niederösterreich, wie wir es besser machen können. 

Mit dem Wasser ist es tatsächlich wie mit dem Geld: Es kommt nicht nur darauf an, genug zu verdienen, man darf auch nicht übermäßig damit um sich werfen. Und so gibt es tatsächlich nur zwei Möglichkeiten, das einmal „verdiente“ Wasser zu sparen. Das sind die möglichst weitreichende Unterbindung der unproduktiven Verdunstung, also der Evaporation, und die Verbesserung von Infiltrationsrate und Wasserspeichervermögen des Bodens. 

Denn wir merken es doch mittlerweile beinahe jährlich: Niederschläge bleiben aus, manchmal wochenlang. Dann kommt der Regen oft wolkenbruchartig binnen kurzer Zeit und zieht massive Erosion nach sich. Staubstürme aus bester Ackererde ziehen über ausgedörrte Regionen. Hitze im Sommer, mittlerweile auch in Frühjahr und Herbst, ist schon fast selbstverständlich.

Aussaat von Hanf als Planting Green in stehende Zwischenfrüchte.

Grundwasservorräte schwinden, manche Brunnen und kleine Bäche trocknen aus. Auch das aktuelle Jahr mit seiner einigermaßen ausgeglichenen Wasserbilanz kann über diese langfristige Tendenz nicht hinwegtäuschen. Und schlimmer noch: Auch dieses Jahr war nach Starkregen vielerorts Erosion zu beklagen.
Ganz massiv davon betroffen ist unsere landwirtschaftliche Produktion. Unsere bisherigen Anbausysteme funktionieren oft nicht mehr. Die gute Nachricht, die schon in den vorangegangenen Beiträgen in dieser Serie vielfach zur Sprache kam, ist aber: Wir haben es selber in der Hand, das Wasser im Feld zu halten. Mehr noch, mit den richtigen Bewirtschaftungsmaßnahmen können wir es speichern und sogar ernten! 
 

Anpassung an den Klimawandel

„Es ist nicht die Dürre, die nackten Boden verursacht. Es ist nackter Boden, der Dürren verursacht!“ Frei nach diesem Zitat von Allan Savory, Farmer aus Simbabwe und Gründer des Savory Institute, gilt für uns damit als oberstes Ziel: Es muss gelingen, die Böden immer bedeckt zu halten! Sei es durch Ernterückstände über kürzere Zeiträume bis zur nächsten Hauptkultur oder durch die Etablierung von Zwischenfrüchten. Jeder offene Boden verliert Wasser – die bereits angesprochene Evaporation oder unproduktive Verdunstung – und ist Wind, Wasser und Sonne schutzlos ausgeliefert.

Natürlich brauchen Pflanzen auch Wasser zum Wachsen. Aber sie „verbrauchen“ es nicht, sondern bilden einen Wasserkreislauf. Über die Verdunstung in den Blättern gelangt Wasser aus dem Boden in die Luft – irgendwann bilden sich daraus Wolken. Durch die Verdunstung wird der Luft Wärme entzogen und die Umgebungstemperatur herabgesetzt. An den Blättern bildet sich Tau, der abläuft und der Pflanze zur Verfügung steht.

Die Pflanzen geben Kohlenstoff in Form von Zuckerverbindungen in den Boden ab, was wiederum das Bodenleben ernährt und nebenbei die Ertragskraft der Böden verbessert. Und schließlich stehen die Pflanzen am Ende ihres Lebens als Nahrung für das Bodenleben zur Verfügung. Ein ewiger Kreislauf.
 

Mit Zwischenfrüchten „Wasser ernten“

Nach der Ernte ist Eile geboten: bereits nach wenigen Tagen muss die Zwischenfrucht im Boden sein. Das ist nötig, um Ausfallgetreide und Unkraut keine Chance zu geben. Eine ausgewogene und angepasste Mischung an Arten ist wichtig. Einige Zwischenfrüchte wachsen sehr schnell und decken rasch ab, zu ihnen gehören Buchweizen, Senf, Öllein sowie Kresse. Andere sind langsamer und brauchen mehr Zeit, um sich zu entwickeln. Vor allem Leguminosen übernehmen später, wenn die schnell wachsenden Arten nachlassen, das Kommando. Sie sind regelrechte Kraftwerke, wenn es um Humusaufbau und Stickstofffixierung geht.

Zwischenfruchtmischungen sind in der Lage, je nach Entwicklung zwischen 50 und 100 kg Stickstoff der nachfolgenden Kultur zu hinterlassen. Das ergaben Untersuchungen der Bioforschung Austria.

Untersuchungen von Gernot Bodner von der Universität für Bodenkultur Wien am Standort der Fachschule Hollabrunn ergaben, dass die Bodenwassergehalte unter Zwischenfrüchten wie auch unter Schwarzbrachen zwar schwanken. Zu Saatbeginn sind unter Zwischenfrüchten aber mindestens die gleichen Gehalte im Boden vorrätig, oft sogar mehr! Denn die Zwischenfrüchte sammeln nicht nur den wenigen Schnee im Winter, sie sammeln bei Nebel, den wir vermehrt im Winter mittlerweile haben, auch große Mengen Tau.

Ein häufig von Landwirten gebrachtes Argument gegen Zwischenfrüchte ist ja, dass es im Frühjahr unter der Zwischenfrucht immer feuchter ist und man da nicht so gut arbeiten kann. Sollte uns das nicht zu denken geben? Also heißt es, mit geeigneten Maßnahmen weiterzuarbeiten, um die Feuchtigkeit im Boden zu behalten. Unsere „Wasserernte“ geht weiter!

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Landwirt und Bodenspezialist

Auch Notill-Wintermohn steht auf Gnauers Feldern.

Mit Direktsaat Wasser konservieren

Natürlich verlangt die Direktsaat mehr Geduld: Es soll nicht zu feucht, aber auch nicht zu trocken sein. Auch die Anforderungen an die Technik sind komplexer und aufwendiger, meist auch teurer. Viele Fehler können passieren, deutlich mehr als 

ins Leben einer neuen Pflanze immer mehr problembehaftet. In Direktsaaten schützen zudem die Reste der alten Zwischen-frucht oder vorigen Hauptkultur die jungen Pflanzen vor Wind und Wetter. Starkregen kann durch vorhandene Poren und Regen-wurmröhren besser in den Boden gelangen, während es von herkömmlich bearbeiteten Flächen oberflächlich abläuft und Erosion verursacht.

Projekt Boden.Pioniere liefert interessante Zahlen

Sehr deutlich wird das bei wissenschaftlichen Zahlen, die das Projekt Boden.Pioniere liefert. Auch Gernot Bodner nahm in seinem Beitrag in der Ausgabe # 3/2024 im Getreidemagazin Bezug auf diese Untersuchungen. Das Projekt vergleicht eine aufbauende Bewirtschaftungsweise mit der herkömmlichen und einer natürlichen Referenzfläche (Wiese, Grünstreifen) in unmittelbarer Nähe. Die Beprobung und Auswertung zeigt, dass bei aufbauenden Bewirtschaftungsweisen der Anteil der sogenannten Mittelporen im Boden deutlich höher ist als bei herkömmlicher Bewirtschaftung. Und genau diese Mittelporen sind für die Wasserspeicherung im Boden wichtig. Daraus lässt sich schließen, dass aufbauend bewirtschaftete Böden bis zu knapp 20 % mehr Wasser speichern können. Es zeigte sich weiterhin, dass auch die Humusgehalte im Mittel um knapp 20 % höher lagen, speziell bei leichteren Böden. Die erfolgreichsten 25 % der Flächen wiesen sogar bis 65 % höhere Humusgehalte auf. 

Auch der Anteil des „leicht verfügbaren Kohlenstoffs“, der ursächlich von Pflanzenwurzeln stammt, war bei den Boden.Pionierflächen mit durchschnittlich 31 % signifikant höher. Und nicht zuletzt weisen so bewirtschaftete Böden eine höhere Aggregatstabilität auf – im Mittel um ca. 14 %, die Top 25 % bis zu 65 %. All dies führt dazu, dass der Boden besser zusammenhält und wesentlich wider-standfähiger ist gegenüber jedweder Erosion. Hinzu kommt noch, dass die mikrobielle Biomasse um ca. 35 % im Mittel höher war, bei den Top 25 % sogar um 48 %. Und natürlich ist auch die Infiltrationsrate, also die Geschwindigkeit, mit der Wasser in den Boden einsickern kann, stark verbessert.

Laut Bioforschung Austria kann eine Hecke trotz verringerter Ackerfläche die Erträge um 7 bis 8 Prozent steigern.
Im Frühjahr werden die Dämme für die Saatgutablage leicht geöffnet.
Mit Zwischenfrüchten begrünte Dämme. Fotos: Gnauer

Hans Gnauer
Grübern
hans.gnauer@boden-leben.at

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