Technologien für Torten und Gebäck 

Präzision bis ins kleinste Detail

aus: DLG-Lebensmittel 4/2025

Ob filigrane Tortendekoration oder die Belegung von Backblechen – die Automatisierung hält Einzug in die moderne Bäckerei. Sie sorgt für gleichbleibende Qualität, hygienische Prozesse und entlastet Fachkräfte bei monotonen Aufgaben. Beispiele dafür sind der Dekorationsroboter Hiro von Unifiller, die von ADM automatisierte Produktion bei Malzers oder der neue Backextruder von GEA.

In Konditoreien und Bäckereien ist Präzision bis auf den Millimetern gefragt: Jeder Schriftzug, jedes Muster und jede Cremeblume müssen möglichst identisch sein. Besonders bei Großaufträgen oder saisonalen Spitzen steigt der Druck auf die Mitarbeitenden, gleichbleibende Qualität bei hoher Geschwindigkeit abzuliefern. Eine monotone, repetitive und körperlich anstrengende Tätigkeit, die Roboter übernehmen können. Der Vorteil: Die Maschinen arbeiten präzise, hygienisch und rund um die Uhr, reduzieren Ausschuss und entlasten Fachkräfte für wertschöpfendere Tätigkeiten. Damit wird die Robotik nicht nur zu einem Effizienztreiber, sondern auch zu einem Innovationsbeschleuniger für die moderne Bäckerei- und Konditoreiproduktion. 
 

Automatische Feingebäckspritze
Feingebäck wie von Hand gefertigt: Automatisierte Konzepte ermöglichen es, effizienter zu produzieren und gleichzeitig die Qualität der Produkte zu verbessern. © Mareike Bähnisch
 Dekorationsroboter formt Gebäck
Der Dekorationsroboter Hiro hilft beim Formen, Schreiben und Sprühen indivi­dueller Muster. © Unifiller

Dekorationsroboter

Das kanadische Unternehmen Unifiller hat zu diesem Zweck für Tortenhersteller mit hohen Produktionsmengen den Roboteraufsatz Hiro entwickelt. Das Werkzeug befähigt einen Sechsachser von Stäubli zum Formen, Schreiben und Sprühen individueller Muster und sorgt für auffällige Dekorationen, die den Wiedererkennungswert einer Bäckerei steigern. Weitere Merkmale sind das spritzwassergeschützte IP67-Design. Der Roboter agiert rezeptgesteuert und verfügt über eine intuitive Benutzeroberfläche, der die Entwicklung komplexer Tortendesigns erleichtert. Benutzer können Designprofile speichern und per Knopfdruck abrufen. Der Hiro ist NSF- und EHEDG-konform und somit geeignet für hygienische, feuchte und kalte Umgebungen. Durch sein Plug-and-Play-Design lässt sich der Roboter an verschiedenen Förderbändern einsetzen. Hinzu kommen Funktionen wie die visuelle Sicherheitsumhausung Safe-Visio­nary-2, sechs Freiheitsgrade, eine Reichweite von einem Meter und wiederholbare Bewegungen mit einer Präzision von ± 0,02 Millimetern. Damit bietet Hiro eine überlegene Steuerung für präzisere Anwendungen. Der Roboter hat eine Tragfähigkeit von bis zu 14 Kilogramm.

Backbleche und Dielen beschicken

Das Beispiel zeigt: „In der Bäckereibranche ist die Automatisierung zwar bereits angekommen, dabei aber Roboter einzusetzen, ist gerade für mittelständische Betriebe noch nicht der Standard“, erklärt Peter Dunschen, Gründer und Geschäftsführer von ADM Automation & Engineering im ostwestfälischen Warburg. Sein Unternehmen plant und programmiert seit über 20 Jahren Systeme, die vor allem von Großbäckereien und von Betrieben in den Bereichen Behälterglas, Transport und Verpackung eingesetzt werden. Zu den Vorreitern auf diesem Gebiet zählt für Dunschen etwa die Backstube Malzers. Mit der zunehmenden Expansion und der täglichen Belieferung von über 150 Filialen kam bei den Betreibern der Wunsch auf, Produktionsabläufe zu optimieren. Geschäftsführer Christian Scherpel und Björn Hennig, technischer Leiter bei Malzers, wandten sich an Peter Dunschen, der den Einsatz von Robotern empfahl. „ADM hat sich als Spezialist für Automation in den vergangenen Jahren verstärkt mit dem Thema Robotik beschäftigt. „Wir konnten schon mit einigen Kunden Lösungen erarbeiten, mit denen sie bei anderen Systemanbietern an die Grenzen gekommen sind“, erklärt er. 

Mit dem Auftrag von Malzers beschritt aber auch er Neuland: „Wir haben erst 2022 mit dem Maschinenbau angefangen, als wir von einem anderen Unternehmen die Mitarbeiter übernehmen konnten. Die Anlage für die Backstube Malzers war sozusagen unser Meisterstück – die erste, die in unserer neu gebauten Halle umgesetzt wurde!“ Entwickelt wurde eine Produktionslinie, die automatisiert Backbleche und Dielen mit gefrorenen Brötchen-Teiglingen beschickt. Bisher erfolgte dies manuell. Während die Bleche direkt in den weiteren Produktionsprozess am Haupt­standort in Gelsenkirchen gehen, werden die Dielen in die Filialen geliefert, wo die Teiglinge vor Ort zu frischen Brötchen gebacken werden. Die Roboter übernehmen drei Arbeitsschritte – das Depalettieren, das Einlegen des Backpapiers und die Belegung der Dielen beziehungsweise Bleche mit den Teiglingen. Nachdem ein Mitarbeiter die Wagen mit Blechen oder Dielen zur Zelle geführt hat, legt sie ein Handling-Roboter auf das Transportband. 

Sechs Roboter für drei Arbeitsschritte 

Eine Bedingung des Auftraggebers war: Beim Wechsel der Wagen darf es nicht zu einer Betriebsunterbrechung kommen. Hinzu kommt: Um Sicherheit und Qualität zu gewährleisten, müssen Roboter, die direkt oder indirekt in Kontakt mit Lebensmitteln kommen, speziell dafür geeignet sein. Unter anderem müssen Vorgaben wie jene der Good-Manufacturing-Practice-Richtlinien eingehalten werden, etwa hinsichtlich Materialien, Reinigungsfähigkeit und Hygienedesign. ADM entschied sich deshalb für einen Motoman GP180-120 von Yaskawa, einen flexiblen Sechsachsroboter, und positionierte ihn mittig vor dem Förderband. So können die Wagen von beiden Seiten an das Band herangefahren werden. Ist die eine Seite depalettiert, fährt ein Schutzzaun hoch, und der Roboter wendet sich dem Wagen auf der anderen Seite zu. Ein Mitarbeiter kann die leeren Wagen wegbringen und durch volle ersetzen. Pro Stunde nimmt der Roboter 400 Bleche respektive 1.000 Dielen (zwei pro Zyklus) einzeln auf und legt sie auf das Band, wobei die Bleche angesaugt und die Dielen angeklemmt werden. Die mittige Positionierung und die Größe der Wagen erforderte einen Roboter mit relativ großer Reichweite. Dazu kam der Greifer, der mit seinen rund 90 Kilogramm nicht eben zu den Leichtgewichten zählt. Mit einer Traglast bis zu 120 Kilogramm und einem Arbeitsbereich von bis zu drei Metern erwies sich der Motoman GP180-120 zudem als geeignet für die beengten Platzverhältnisse zwischen Wagen und Band.

Motoman MPK2F
Mit einer Kapazität von 1.000 Blatt pro Stunde händelt dieser Motoman MPK2F Backpapier in zwei unterschiedlichen Formaten.
Maschine belegt Backbleche
Vier Motoman MPP3H belegen die Bleche und Dielen mit den Brötchen, die auf einem zweiten Förderband aus der entgegengesetzten Richtung eingefahren werden.

Mit Wash-Down-Lackierung

Ein weiterer Motoman vom Typ MPK2F legt anschließend das Backpapier auf. Je nachdem, ob es sich um Bleche oder Dielen handelt, ist ein anderes Papierformat nötig. Deshalb sind die Papierwagen entsprechend codiert. Der Greifer mit Saugeinheit ist für beide Papiersorten geeignet, sodass keine Rüstzeit anfällt. Ist ein Papierwagen leer, schwenkt der Roboter automatisch auf den nächsten um. Dann kann der erste wieder neu befüllt werden. Der Fünfachsige MPK2F ist ein kompakter High-Speed-Pick-and-Place-Roboter mit einer Traglast von zwei Kilogramm und einer Reichweite von 900 Millimeter. „Wir haben zuvor mit einem dreiachsigen Deltapicker experimentiert und auch mit einem Motoman GP7. Doch erst der MPK2F konnte unsere Geschwindigkeitsanforderung von 1.000 Blatt pro Stunde erfüllen“, erklärt Dunschen. Der MPK2F verfügt über eine Wash-Down-Lackierung, die speziell für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie entwickelt wurde.

Weiteres Potenzial

Im letzten Arbeitsschritt kommen vier Motoman MPP3H zum Einsatz: Sie belegen die Bleche und Dielen mit den Brötchen, die auf einem zweiten Förderband aus der entgegengesetzten Richtung eingefahren werden. ADM entschied sich dabei vor allem aus einem Grund für die kompakten vierachsigen Hochgeschwindigkeitsroboter, die ebenfalls serienmäßig für den Einsatz im Lebensmittebereich zertifiziert sind: „Die vier MPP3H machen je 80 Picks pro Minute“, so Dunschen. Ermöglicht wird diese Schnelligkeit durch das hohe Drehmoment der vierten Achse, der sogenannten Handachse. Eine Herausforderung stellten die unterschiedlichen Belegungsmuster dar. Denn die Filialen bestellen verschiedene Mengen an unterschiedlichen Brötchen. Hier kam ADM die langjährige Erfahrung in der Automatisierung zugute: Über eine EDV-Schnittstelle erhalten die Deltapicker das berechnete Belegungsmuster pro Diele, sodass die Vorgabe jeder Filiale hinsichtlich Sorte und Anzahl Brötchen erfüllt werden kann. Am Ende des Prozesses werden die bestückten Dielen und Bleche manuell in Wagen eingeschoben, und zur Auslieferung und zum Backen transportiert. Sowohl Malzers als auch ADM sehen weiteres Potenzial in der Automatisierung der Bäckerei. So könnten Roboter beispielsweise das Einschieben der bestückten Dielen und Bleche in die Wagen übernehmen oder auch die Vorarbeit – das Ausleeren der Teiglinge aus den Beuteln. „Darüber haben wir zwar schon gesprochen, aber noch kein konkretes Konzept angedacht“, so Dunschen.
Backextruder 

Einen weiteren Bereich in der Backwarenindustrie mit stetig zunehmendem Innovationsgrad betrifft das Backen selbst. GEA zeigt dies mit seiner jüngsten Weiterentwicklung: dem Bake Extruder. Die Anlage übernimmt eine Vielzahl moderner Produktionsverfahren – darunter das Drahtschneiden, die Co-Extrusion, das Füllen, die kontinuierliche Extrusion sowie das präzise Anordnen von Produkten. Es lassen sich unterschiedliche Gebäckformate wie Cookies, Riegel und Kekse herstellen – ob mit knuspriger Textur, cremiger Füllung oder innovativen Zutatenkombinationen. Mittlere und große Gebäckhersteller können die Anlage als eigenständige Einheit nutzen oder in nachgeschaltete Ofensysteme integrieren. „Der direkte Austausch mit unseren Kunden war entscheidend für die Weiterentwicklung“, erklärt Matteo Pasquali, Application Manager Soft Dough bei GEA. „In einer umfassenden Kundenbefragung zeigte sich: Die Branche verlangt nach höherer Leistung, mehr Flexibilität, einfacherer Reinigung und der Möglichkeit, ein noch breiteres Produktspektrum herzustellen.“

Drahtschneidesystem für Gebäck
Das Drahtschneidesystem vom Bake Extruder erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 350 Hüben pro Minute bei einer maximalen Arbeitsbreite von 1.700 Millimetern.

Erweiterte Funktionen

Das System ist gekennzeichnet durch seine modulare Bauweise mit flexibel austauschbaren Werkzeugen und Schneidvorrichtungen – darunter ein Drahtschneidesystem, das nominell bis zu 350 Hübe pro Minute bei einer maximalen Arbeitsbreite von 1.700 Millimetern ermöglicht. Je nach Produktformat erreicht die Maschine etwa 130 Schnitte pro Minute bei umhüllten Keksen und bis zu 250 Schnitte pro Minute bei kontinuierlich extrudierten Produkten. Die Vielseitigkeit wird durch individuell anpassbare Füllblöcke erweitert, die eine präzise Kontrolle der Teigfüllung erlauben. Optional sind Drehkolbenpumpen erhältlich, die für die Verarbeitung von luftigen und weichen Teigen mit sensiblen Zutaten wie Schokoladenstückchen oder Trockenfrüchten geeignet sind. Die Pumpen gewährleisten eine exakte Dosierung und schonende Handhabung, um die Produktstruktur und -qualität zu erhalten. Der Bake Extruder wird von bürstenlosen Motoren angetrieben, die die Kontrolle über die Extrusionsgeschwindigkeit und den Schnittzeitpunkt ermöglichen. Servoangetriebene Achsen gewährleisten eine hohe Wiederholgenauigkeit und nur minimale Größen- und Formabweichungen des Produkts, was für eine gleichbleibende Qualität bei Anwendungen mit hohem Durchsatz erforderlich ist. Die Option zur Integration von Rotationskolbenpumpen ermöglicht die schonende und präzise Dosierung empfindlicher oder luftiger Teige, etwa bei gefüllten oder mehrschichtigen Produkten. 

Autonome Steuerbox

Das Human Machine Interface mit autonomer Steuerbox bietet eine intuitive Bedienung, abgestufte Zugriffsrechte und eine verbesserte Rezeptverwaltung. Das System lässt sich zudem in ERP-Systeme integrieren, um einen optimierten Datenaustausch und eine vorausschauende Wartung über Leistungsanalysetools zu ermöglichen. Die Prinzipien des hygienischen Designs wurden durchgängig eingehalten. Wichtige Komponenten, darunter Servomotoren, Wellen und Lagerungen, sind für Inspektionen und Reinigungen leicht zugänglich. Ein abnehmbarer Zulaufbehälter, die offene Ausführung des Kopfes und Lichtschranken ermöglichen eine schnelle und sichere Reinigung unter Einhaltung der Lebensmittelsicherheitsstandards. Edelstahlelemente am Einzugspunkt tragen ebenfalls zu einem geringeren Verschleiß der Komponenten bei. 

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