Leinsamen in Bio-Qualität sind stark nachgefragt. Allerdings ist die Nutzung des Leinpresskuchens als Lebensmittel eingeschränkt, weil höhere Gehalte an giftiger Blausäure auftreten können. Einem Forschungsteam ist es nun gelungen, die Blausäuregehalte im Presskuchen von Leinsamen mit einem neu entwickelten Verfahren entscheidend zu senken.
Ob als Öl, Saat oder Schrot – Leinsamen werden schon lange als Teil einer gesunden Ernährung vielseitig genutzt. Aber auch der Leinsamenpresskuchen bietet sich als Zutat für pflanzenbasierte Lebensmittel an. Das bei der Leinölgewinnung anfallende Nebenprodukt punktet mit einem hohen Gehalt an Proteinen, Ballaststoffen und gesundheitsfördernden Omega-3-Fettsäuren. Der Presskuchen wird bislang jedoch überwiegend in der Tierfütterung eingesetzt, da der Blausäuregehalt meist über den Grenzwerten für die menschliche Ernährung liegt.
Einem Forschungsteam ist es nun gelungen, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem sich Blausäure aus dem Presskuchen von Leinsamen entfernen lässt. In den untersuchten Proben ließ sich der Blausäuregehalt von 390 mg/kg Trockensubstanz auf unter 40 mg/kg senken. Anbauversuche ergaben zudem, dass auch die Sortenwahl dazu beitragen kann, das Blausäurepotenzial in Leinsamen gering zu halten. Das sind die zentralen Ergebnisse des Projekts LINOVIT, das gemeinsam von Forschenden des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik e.V.(DIL e.V.), der Universität Bonn und der Ölmühle Moog GmbH umgesetzt wurde. Die Finanzierung erfolgte über das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL).
Das dreistufige Verfahren setzt sich aus folgenden Schritten zusammen:
Zunächst werden die ungleich großen Partikel im Ölpresskuchen zerkleinert, um eine gleichmäßige Partikelstruktur zu erreichen.
- Inkubation: Der Presskuchen wird mit 30 Prozent Wasser vermischt und unter Wärmeeinwirkung inkubiert, um die natürlich enthaltenen β-Glycosidasen zu aktivieren und eine kontrollierte Spaltung der Glycoside zu Blausäure herbeizuführen. Dies geschieht in einem beheizten Mischer mit Doppelmantel bei 40 Grad für 30 Minuten.
- Extrusion: Hohe Temperaturen von 150° Grad und mechanische Scherung bewirken eine Verdampfung der Blausäure, die sich über eine Entgasungseinheit entfernen lässt. Dabei kommt ein Doppelschneckenextruder mit einem offenen Gehäusesegment zum Einsatz, aus dem die gasförmige Blausäure entweichen kann. Der Extruder ist zusätzlich mit einer Expansionsdüse ausgestattet, welche eine Texturierung des Leinsamenpresskuchens bewirkt.
- Trocknung: Durch die abschließende Trocknung wird das Produkt stabilisiert und eine lange Haltbarkeit sichergestellt. Dazu wird der Presskuchen im Wirbelschichttrockner bei 70 Grad auf einen Restfeuchtegehalt von 10 Prozent getrocknet.
Weitere Informationen: Forschungsvorhaben LINOVIT: „Innovative Ansätze zum Umgang mit qualitätsbildenden und qualitätsmindernden Inhaltsstoffen von Lein und dessen Verarbeitungsprodukten mit dem Fokus auf Blausäure“
Abschlussbericht und Praxismerkblätter Externer Link