Tierwohl im Betrieb umsetzen, messen und verbessern
Ein Positionspapier des DLG-Ausschusses für Tiergerechtheit
Ziel des Positionspapiers
Seit der Veröffentlichung der Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung (sog. Borchert-Kommission) im Jahr 2022 beschäftigt sich der DLG-Ausschuss für Tiergerechtheit mit der Frage, wie eine Verbesserung des Tierwohls in den landwirtschaftlichen Betrieben mit vertretbarem Aufwand dokumentiert und sichtbar gemacht werden kann. Einen Ansatz dafür sieht der Ausschuss in einer bundesweiten Tierwohlerfassung und schlägt dafür ein zweistufiges Konzept mit einer Erhebung ausgewählter Tierschutzindikatoren im Vier-Augen-Prinzip sowie deren Dokumentation und Auswertung vor. Es soll die Betriebe dabei unterstützen, das Tierwohl im eigenen Betrieb zu bewerten, zu verbessern und eine positive Entwicklung in der Kommunikation zu nutzen. Zudem bietet es die Chance, eine Verbesserung des Tierschutz- und Tierwohlniveaus transparent zu verfolgen. Das Positionspapier richtet sich an all diejenigen, die landwirtschaftliche Nutztiere halten, aber auch an alle anderen Beteiligten in den vor- und nachgelagerten Bereichen sowie in der Politik.
Einführung
In der letzten Legislaturperiode wurde von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung eingesetzt, um Zukunftsperspektiven für die landwirtschaftliche Nutztierhaltung bis 2040 zu entwickeln. Im Februar 2020 stellte die Kommission ihre Empfehlungen vor, die 2022 nochmals präzisiert wurden. Die hohen Transformationskosten sollten den Empfehlungen nach über ein Finanzierungskonzept gefördert werden, für das drei Modelle überprüft worden waren. Unter der aktuellen Regierung wurde bis heute keines dieser Modelle umgesetzt, sodass das Kompetenznetzwerk im August 2023 seine Arbeit einstellte.
Für die Neuausrichtung der Tierhaltung wurden von der Bundesregierung immerhin Investitionshilfen für Betriebe in einer Höhe von zunächst 1 Mrd. € über vier Jahre bereitgestellt. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass eine reine Investitionsförderung den Umbau der Tierhaltung in der Fläche fördert, wenn nicht gleichzeitig die erhöhten Kosten der Erzeugung für die Dauer der Abschreibung der Stallbaumaßnahmen in irgendeiner Form ausgeglichen werden.
Beim Einsatz öffentlicher Mittel muss der Staat Nachweise für deren Verwendung und die Wirksamkeit der finanzierten Maßnahmen erbringen. Fließen öffentliche Mittel in landwirtschaftliche Betriebe mit dem Ziel, die Haltungsbedingungen und das Tierwohl zu verbessern, muss der Erfolg der finanzierten Maßnahmen anhand geeigneter Kriterien gemessen und für Behörden nachvollziehbar dokumentiert werden. Im Sinne von Transparenz gegenüber der Gesellschaft, aber auch zur Absicherung der Tierhaltung vor willkürlicher Festlegung von Tierwohlkriterien bei der Vergabe und Überprüfung der Förderung sollten geeignete, systematisch und bundesweit erhobene Tierwohlindikatoren definiert werden.
Bereits 2015 schlug der Wissenschaftliche Beirat Agrarpolitik (WBA) ein nationales Tierwohl-Monitoring als eine Sofortmaßnahme des Bundes vor. Der Kompetenzkreis Tierwohl des BMEL stellte in seinem Abschlussbericht 2016 fest, dass tragfähige Fortschritte in der Nutztierhaltung ein flächendeckendes Monitoring des Tierschutzniveaus durch die Entwicklung und Umsetzung eines Tierwohl-Indikatoren-Systems erfordern würden. Um die Nutztierhaltung in Deutschland zukunftsfähig machen zu können, wurde dann im Bundesprogramm Nutztierhaltung das Tierwohl-Monitoring als Modul 1 aufgeführt. Dieses sollte auf Grundlage eines wissenschaftlich gestützten objektiven Messsystems entwickelt werden und eine regelmäßige Tierwohl-Berichterstattung ermöglichen.
Auf Basis dieser Entwicklungen wurde 2019 das von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) geförderte Verbundprojekt Nationales Tierwohl-Monitoring (NaTiMon) bewilligt. Ziel des Projektes war die Schaffung der Grundlagen für ein regelmäßiges, indikatorengestütztes Tierwohl-Monitoring für die wichtigsten terrestrischen Nutztiere und Fischarten aus Aquakultur. Das Monitoring-System soll für Politik und Behörden Entscheidungshilfen bieten, bei Verbraucher/innen Wissen und Transparenz fördern und den tierhaltenden Betrieben eine Vergleichsbasis bieten. Es kann und soll aber nicht als Instrumentarium für die behördliche Kontrolle dienen, denn die umfangreichen Indikatoren werden in einer Anzahl repräsentativer Betriebe erhoben, die exemplarisch die Beurteilung der Langzeitentwicklung bzgl. des Tierwohls ermöglichen sollen (Treu et al. 2019, Johns et al. 2023). Für diesen Zweck ist es notwendig, dass die Daten anonymisiert ausgewertet werden.
Die Verpflichtung zur Eigenkontrolle im Tierbestand resultiert aus dem EU Tiergesundheitsgesetz Art. 24 und aus dem § 11 (8) des Tierschutzgesetzes (TierSchG), wonach durch die Erhebung und Bewertung von geeigneten tierbezogenen Merkmalen (Tierschutzindikatoren) sichergestellt werden muss, dass die Anforderungen des § 2 TierSchG,
- das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen,
- die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einzuschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
im landwirtschaftlichen Betrieb erfüllt werden. Tierschutzindikatoren werden seit vielen Jahren im Tierschutzplan Niedersachsen erarbeitet. Seit 2016 wurden „geeignete“ Tierschutzindikatoren bundesweit durch das KTBL gemeinsam mit zahlreichen Stakeholdern ausgewählt und im Rahmen einer Praxisevaluierung durch das von der BLE geförderte Verbundprojekt Eigenkontrolle Tiergerechtheit (EiKoTiGer) auf Praxistauglichkeit hin untersucht (Zapf et al. 2017). Zudem wurden diese ausgewählten Indikatoren mit Vorschlägen zu Ziel- und Alarmwerten ergänzt, die den Betrieben eine Einordnung ihrer erhobenen Daten und eine Ableitung von Korrekturmaßnahmen ermöglichen (www.ktbl.de/themen/tierwohlbewertung#c4100). Um im eigenen Betrieb in die Tiefe gehen zu können, haben die Tierschutzindikatoren zur betrieblichen Eigenkontrolle inzwischen einen nicht unerheblichen Umfang.
Da die Zielsetzung eines bundesweiten Tierwohl-Monitorings (Problemfelder mittels einzelner stellvertretender Indikatoren aufzeigen, Fortschritte erkennbar machen) eine andere ist als die der betrieblichen Eigenkontrolle (Schwachstellenanalyse, Ableitung von optimierenden Maßnahmen), kann für Ersteres die Anzahl der Tierschutzindikatoren auf wenige besonders aussagekräftige Schlüsselindikatoren für die jeweilige Tierart und Nutzungsrichtung beschränkt werden. Diese allerdings müssen dokumentiert und digitalisiert bzw. einer Datenbank zugeführt werden.
Erweiterte Datenbasis
Zur Bewertung des Tierwohls bei landwirtschaftlichen Nutztieren können neben den Tierschutzindikatoren aus der betrieblichen Tierwohlerfassung auch solche Daten hilfreich sein, die aufgrund weiterer Dokumentationspflichten innerhalb und außerhalb des Betriebes erhoben und gespeichert werden. Hierzu gehören zum Beispiel die Abgangsdaten und die Antibiotika-Datenbank in HI-Tier, von amtlichem Untersuchungspersonal erhobene Schlachtbefunde und -verwürfe, Daten aus der Milchleistungsprüfung oder von Tankmilchproben der Molkerei. In Zukunft könnten auch die Befunde zum Zustand von Falltieren in der Tierkörperbeseitigungsanstalt genutzt werden.. All diese Daten sind bislang nicht miteinander verknüpft und aus Datenschutzgründen zurzeit für eine Tierwohlerfassung nicht nutzbar. Desweiteren müssten die Qualität und die Kompatibilität bestimmter Daten gesteigert werden.
Es existieren bereits sehr viele weitergehende integrative Ansätze. Ein Beispiel dafür ist die im Aufbau befindliche Datenbank „Tiergesundheit 4.0“ des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Bestrebungen sind darauf ausgerichtet, Daten zur Beurteilung der Tiergesundheit und des Tierschutzes aus amtlichen und betrieblichen Informationsquellen in einer Datenbank zu vernetzen, und damit
- die Wirksamkeit von amtlichen Kontrollen durch Ausbau und Vernetzung von Kontrollstrategien und Stärkung interdisziplinärer Kontrollkonzepte,
- die Tiergesundheit durch Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur Erkennung und Bekämpfung von Tierkrankheiten, und
- die Haltungsbedingungen im Hinblick auf den Tierschutz insbesondere für Nutztiere durch Entwicklung und Umsetzung von Kontrollkonzepten
zu verbessern (risikobasierter Ansatz). Auch den Betrieben stehen damit aktuelle Informationen online zur Verfügung und können hier als Managementhilfen genutzt werden. In welcher Detailtiefe Daten aus der betrieblichen Eigenkontrolle und weitere Daten in eine Tierwohlerfassung gerade im Zusammenhang mit amtlichen Kontrollen einfließen sollten, wird sicherlich Gegenstand weiterer Diskussionen sein müssen.
Konzept des DLG-Ausschusses für Tiergerechtheit
Unter Berücksichtigung der bisherigen Entwicklungen und Vorüberlegungen schlägt der DLG-Ausschuss für Tiergerechtheit einen strukturierten Rahmen für eine bundesweite Tierwohlerfassung vor.
Welche Ziele sollen erreicht werden?
- Die Tierschutz- und Tierwohlsituation der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung soll nachvollziehbar gesteigert werden, wobei es insbesondere gilt, das Niveau derjenigen Betriebe mit den größten Problemen anzuheben.
- Dies geschieht vornehmlich durch eine systematische und objektive Erhebung von Daten und Befunden und deren fachgerechte Analyse.
- Damit wird der tatsächliche Status im Rahmen einer begleiteten Eigenkontrolle in den Betrieben valide erfasst und dokumentiert.
- Die Betriebe können ihre Tierwohlsituation im Vergleich zur Grundgesamtheit einordnen und die Informationen zur Schwachstellenanalyse nutzen.
- Durch Transparenz und eine zumindest teilweise Freigabe der Daten für Behörden kann die Einhaltung der Pflicht zur Erhebung der Tierschutz- bzw. Tierwohlindikatoren dokumentiert werden.
- Durch eine risikoorientierte Überwachung kann die Frequenz von amtlichen Kontrollen nach Einsicht der Tierwohldaten durch die Behörden gesenkt werden.
Wie sollen diese Ziele erreicht werden?
1. Kontinuierliche Erhebung ausgewählter Tierschutzindikatoren im Betrieb
Um die allgemeinen Haltungsbedingungen verbessern zu können und das Tierwohl landwirtschaftlicher Nutztiere grundlegend und flächendeckend zu steigern, sollten alle tierhaltenden Betriebe im Vier-Augen-Prinzip Tierwohlindikatoren erfassen. Die Erhebung von Tierschutzindikatoren zur Bewertung des Tierwohls erfolgt auf Basis einzelner ausgewählter KTBL-Tierschutzindikatoren (KTBL 2020) gemeinsam mit der/dem bestandsbetreuenden Tierarzt/Tierärztin oder einer/einem produktionstechnischen Berater:in. Indikatorenerhebungen unter Hinzuziehung von Dritten, wie z. B. den Bestandstierarzt oder einen Dienstleister bzw. Auditor, bestätigen immer wieder Fehleinschätzungen des Zwei-Augen-Prinzips durch Betriebsblindheit in der täglichen Praxis (Whay et al. 2003, Beggs et al. 2019). Gleichzeitig steigern neutrale Dritte die Aussagekraft und Glaubwürdigkeit der dokumentierten Daten.
Um den Aufwand für den Betrieb vertretbar zu halten, werden einfach zu erhebende Schlüsselindikatoren ausgewählt, die dazu geeignet sind, einen Fortschritt bei Tierschutz und Tierwohl ersichtlich zu machen und Problembereiche zu erkennen. Um die Vergleichbarkeit der erhobenen Daten zu steigern, sollte in Erwägung gezogen werden, die an der Datenerhebung beteiligten Personen zu schulen.
Idealerweise werden nicht mehr als 5 – 6 Schlüsselindikatoren aus entsprechenden Indikatorgruppen ausgewählt. Sie werden ergänzt durch Daten aus amtlichen und betrieblichen Datenbanken, wobei im Hinblick auf ihre Aussagekraft zu Tierschutz und Tierwohl folgende besonders geeignet sein könnten:
- HI-Tier Tierverlustdaten
- HI-Tier Antibiotika-Datenbank
- Transportverluste, Verwurfraten
- Schlachthofbefunde
- Qualitative Daten über Falltiere aus Verarbeitungsbetrieben Tierischer Nebenprodukte (VTN)
- Milchqualitätskontrolldaten der Molkerei und/oder Milchleistungskontrolldaten (bei Milchkühen)
Sowohl bei den Schlachthofbefunden als auch bei den Daten der VTN-Betriebe sind vorab Schritte zu einer einheitlichen Datenerfassung und -validierung notwendig. Eine Schulung und Einweisung des Personals ist für eine standardisierte Datenerhebung unerlässlich. Die Validität der Daten im Schlachthof könnte durch Projekte, die die Möglichkeiten automatisierter Datenerfassung am Schlachthof untersuchen, verbessert werden. Für VTN-Daten müsste ein Erfassungssystem entwickelt werden, das eine Rückverfolgung von Einzeltieren zum Betrieb erlaubt. Digitaltechniken z. B. bei der Abholung von Falltieren ab Hof (bei Rindern und Schweinen) könnten dafür Ansätze liefern.
Hinzu kommt, dass eine Nutzung externer Daten mit den jeweiligen Teilhabenden rechtlich geklärt werden müsste. Sie ist eng mit der Frage nach der jeweiligen Datenhoheit und den Dateneignern verknüpft.
2. Kontinuierliche Eintragung der Daten in die HI-Tier Datenbank
Kernelement für eine Verarbeitung und Auswertung der erhobenen Daten muss eine leistungsstarke, gut strukturierte Datenbank sein. Aufgrund der guten Erfahrungen – auch mit Erweiterungen – schlägt der Ausschuss die etablierte und stabile HI-Tier Datenbank dafür vor. Diese muss um ein Modul „Tierschutz-/Tierwohlindikatoren“ ergänzt werden, in das von jedem Betrieb kontinuierlich, das heißt nach jeder Indikatorenerhebung im Betrieb, die Ergebnisse zu den Schlüsselindikatoren eingetragen werden. Die über die Schlüsselindikatoren hinaus im Rahmen der betrieblichen Eigenkontrolle erhobenen Indikatoren und – sofern die Voraussetzungen dafür geschaffen werden – weitere externe Daten können dabei helfen, das Bild der Tierwohlsituation abzusichern.
3. Schwachstellenorientierte Beratung, risikoorientierte Betriebskontrollen
Die Auswertung erfolgt bundesweit auf Betriebsebene und auf Betriebszweigebene über eine Einrichtung des Bundes wie zum Beispiel das Friedrich-Löffler-Institut. Die betriebliche Auswertung wird dann in die bundesweite Auswertung eingeordnet, sodass jedem Betrieb die Daten im Vergleich zum Durchschnitt bundesweit, ggf. auch des jeweiligen Bundeslandes mit der jeweiligen Ergebnisspanne angezeigt wird (Benchmarking). Der Betrieb erhält eine visualisierte Schwachstellenanalyse, aus der er, ggf. mit Unterstützung Dritter wie dem Bestandstierarzt oder einem Beratenden, Korrekturmaßnahmen ableiten kann. Fachkompetente Beratung sollte zunächst immer das Mittel der Wahl sein.
Zur Datenbank haben Betriebe und auch Behörden Zugang, wobei die Betriebe nur ihre eigenen Ergebnisse detailliert einsehen können. Durch die Bildung gleitender Grenzwerte, zum Beispiel der oberen und unteren Quartile, werden Betriebe entsprechend ihres Risikos eingruppiert. Die Ergebnisse sollten allerdings vorrangig als Hinweise verstanden werden, vor deren Hintergrund die Betriebe eingeschätzt werden. Die Belastbarkeit der in die Datenbank eingegebenen Daten lässt sich nur durch unangekündigte Stichprobenkontrollen überprüfen – solche sind ohnehin vorgesehen.
Betriebe, deren Ergebnisse im kritischen Quartil liegen, müssen mit einer Kontrolle und gegebenenfalls weiteren Maßnahmen rechnen. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Betrieben Hilfestellungen für die weitere Optimierung zu geben und damit die Tierwohlsituation im Betrieb zu verbessern. Gleichzeitig bildet die Vergleichsmöglichkeit zwischen Betrieben eine solide Grundlage, die Motivation des Einzelbetriebs zu steigern. Zudem eröffnet eine dokumentierte Zugehörigkeit zu den positiv herausragenden 25 % die Chance, dies für Öffentlichkeitsarbeit und damit die Bewerbung des Betriebs zu nutzen.
Die bundesweite Auswertung wiederum erzeugt Transparenz bezüglich der Tierwohlsituation in deutschen Tierhaltungsbetrieben und lässt Veränderungen im Zeitverlauf erkennen.
Fazit
Der Umbau der Nutztierhaltung hin zu mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit wird nur durch gezielte finanzielle Förderung von Investitionen und Unterstützung bei erhöhten Erzeugungskosten gelingen.
Um das dafür von der Gesellschaft erforderliche Vertrauen in den Erfolg der Förderung sicherzustellen, ist die transparente Erhebung und Dokumentation der Tierwohlsituation in den Betrieben erforderlich. Gleichzeitig könnten hierdurch auch die nach Tiergesundheitsgesetz und Tierschutzgesetz verpflichtenden Eigenkontrollen in den Betrieben erfüllt werden, sodass Rechtssicherheit geschaffen werden kann.
Dabei muss es sich um ein System handeln, dass einfach anwendbar ist und das die Bürokratie auf den Betrieben nicht unverhältnismäßig verstärkt. Ziel soll sein, die Betriebe mit niedrigem Tierwohlstandard zu erkennen und durch gezielte Beratung das Tierwohl zu verbessern. Betriebe mit hohem Tierwohlstandard können durch das System von reduzierten Kontrollfrequenzen profitieren und anderen Betrieben eine motivierende Hilfestellung bieten.
Neben den im Betrieb zu erhebenden Indikatoren sind weitere bestandsspezifische Daten der Betriebe nutzbar zu machen, die aufgrund anderer gesetzlicher Anforderungen erhoben werden (Viehverkehrsverordnung, Antibiotika-Minimierungsstrategie, AFFL-Leitfaden zur Schlachtbefundung).
Es muss der gesetzliche Rahmen dafür geschaffen werden, dass Dokumentationen aus verschiedenen Rechtsbereichen (Tierschutz, Tierseuchen, Lebensmittelqualität, Lebensmittelhygiene) in einer Datenbank zur Tierschutzdokumentation genutzt werden können.
Zu beachten ist dabei sicherlich, dass eine Nutzung der als Tiergesundheits-Datenbank konzipierten HI-Tier-Datenbank für Tierschutz und Tierwohl einen Paradigmenwechsel darstellt, dem alle Bundesländer zustimmen müssten.
Ziel muss es sein, Vertrauen in eine übergreifende Verantwortung aller Beteiligten (Landwirtschaft, Wirtschaft, Handel, Gesellschaft, Politik) zu vermitteln, um Tierwohl in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung nachhaltig steigern zu können und der Nutzierhaltung am Standort Deutschland eine betriebswirtschaftlich stabile und gesellschaftlich akzeptierte Zukunft ermöglichen zu können.
- Beggs DS, Jongman EC, Hemsworth PH, Fisher AD (2019): Lame cows on Australian dairy farms: a comparison of farmer-identified lameness and formal lameness scoring, and the position of lame cows within the milking order. Journal of Dairy Science 102, 1522-1529.
- Borchert J. et al. (2020): Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, 200211-empfehlung-kompetenznetzwerk-nutztierhaltung.pdf (bmel.de)
- Borchert J. et al. (2022): Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung, kompetenznetzwerk-nutztierhaltung-april-2022.pdf (bmel.de)
- Johns J, Andersson R, Bielicke M, Brinkmann J, Frieten D, Gröner C, Heil N, Hillmann E, Kauselmann K, Kernberger-Fischer I, Klase K, Koch M, Krieter J, Krugmann K, Lugert V, Lühken S, Magierski V, Magner R, March S, Nyanzi C, Over C, Prottengeier B, Redantz A, Reiser S, Schrader L, Schultheiß U, Simantke C, Steinhagen D, Teitge F, Toppel K, Treu H, Wieczorreck L, Zang S, Bergschmidt A (2023): Abschlussbericht Nationales TierwohlMonitoring (NaTiMon). Konsortium des Projektes Nationales Tierwohl-Monitoring (NaTiMon),
https://www.nationales-tierwohl-monitoring.de/fileadmin/nationales_tierwohl_monitoring/Berichte/Allgemeiner_Bericht/NaTiMon_Abschlussbericht.pdf - Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) (2020): Tierschutzindikatoren: Leitfaden für die Praxis – Rind, 2. aktualisierte Auflage, ISBN 978-3-945088-75-3
- Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) (2020): Tierschutzindikatoren: Leitfaden für die Praxis – Schwein, 2. aktualisierte Auflage, ISBN 978-3-945088-76-0
- Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL) (2020): Tierschutzindikatoren:
Kontakt
DLG e.V. • Michael Biallowons • Tel.: +49 69 24788-209 • M.Biallowons@DLG.org