Dürre, Daten, Diversität

Wege zu einer klimaresilienten Wasserbewirtschaftung

Traktor wirbelt Staub auf bei der Feldarbeit. Foto: H.Kollinger auf Pixabay
Wenn die Feldarbeit riesige Staubwolken aufwirbelt, ist es zu trocken. Foto: H. Kollinger auf Pixabay

Die Dürrejahre der letzten Dekade haben gezeigt, wie verletzlich die Land- und Forstwirtschaft gegenüber klimatischen Extremereignissen ist. Auf der Jahrestagung des Dachverbands wissenschaftlicher Gesellschaften der Agrar-, Forst-, Ernährungs-, Veterinär- und Umweltforschung (DAF) bei der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) in Frankfurt diskutierten Expertinnen und Experten unter dem Thema „Dürre in Deutschland - Klimawandelangepasste Wasserbewirtschaftung in Agrarlandschaft“ Ende Oktober 2025 Strategien zur klimaangepassten Wasserbewirtschaftung. Im Fokus standen wissenschaftliche Erkenntnisse, agrarpolitische Empfehlungen und technologische Innovationen.

Wasserverfügbarkeit unter Druck: Aktuelle Lage und Zukunftsszenarien

Wie die Wasserverfügbarkeit für die Land- und Forstwirtschaft in Deutschland gegenwärtig aufgestellt ist und wie die Prognosen für den Wasserhaushalt aussehen, stellte Dr. Andreas Marx, Leiter des Deutschen Dürremonitors, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, in seiner Keynote zu Beginn der Veranstaltung cor. Demnach war die Dürreintensität im Boden vor allem in den Jahren 2018 bis 2023 hoch. Die Folgen von klimabedingten Veränderungen des Wasserhaushalts beschrieb Marx anhand des Zustands des Waldes: In den Jahren 2018 bis 2020 seien auf mehr als 500.000 ha Fläche Bäume verloren gegangen, was ungefähr zweimal der Fläche des Saarlandes entspreche, unterstrich der Leiter des Deutschen Dürremonitors. 
Der Experte bekräftigte, dass künftig neben den mittleren Temperaturen in Deutschland auch Hitzewellen und Starkniederschläge unter dem Klimawandel zunehmen würden. Dadurch wiederum steige die Gefahr lokaler Überschwemmungen und Bodenerosion. Klimaschutzmaßnahmen würden dabei vor allem in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts Wirkung zeigen, unterstrich Marx: In einem Szenario eines starken Klimawandels ohne Schutzmaßnahmen würde die Temperatursteigerung hingegen deutlich intensiver ausfallen. 

Handlungsempfehlungen: Wasserrückhalt und Priorisierung der Nutzung

Dennoch wird Deutschland im 21. Jahrhundert Prognosen zufolge ein wasserreiches Land bleiben, so Marx weiter, auch wenn Studien zur Änderung des Wasserhaushalts sehr unterschiedliche Ergebnisse zeigten. Entscheidungen für Maßnahmen unter Bedingungen des Klimawandels seien zudem grundsätzlich mit Unsicherheiten behaftet, da diese auf Simulationen und Prognosen beruhten – und diese wiederum auf unterschiedlichen Fragestellungen und Motivationen. Dennoch traf der Experte am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung folgende Handlungsempfehlungen: Der Wasserrückhalt in der Landschaft müsse gestärkt werden, beispielsweise durch die Begrenzung der Neuversiegelung von Flächen. Außerdem sollte in geeigneten Gebieten Grundwasser angereichert werden. Darüber hinaus müssten situationsbezogen Regeln und Rangfolgen der Wassernutzung regional und ereignisbezogen festgelegt werden. 
 

Globale Perspektive: Klimawandel und Agrarstandorte

Unterdessen hielt Prof. Dr. Stefan Siebert, Leiter Abteilung Pflanzenbau, Georg-August-Universität Göttingen, folgendes fest: 75 Prozent der weltweiten Anbauflächen für Getreide, Ölsaaten, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse sind von Klimaveränderungen betroffen; besonders stark sind die Veränderungen in Sub-Sahara Afrika, Nordafrika und dem Nahen Osten sowie in Südasien. Das folgt in der Analyse Sieberts‘: Die Standorte mit gemäßigtem Klima wie Europa, die schon heute zu den produktivsten Agrarstandorten zählten, müssten auch in Zukunft sehr intensiv wirtschaften. Dort sei auch das Potenzial, die Agrarbiodiversität unter den Bedingungen des Klimawandels zu steigern, am höchsten. Damit die Landwirtschaft diese Herausforderungen bewältigen kann, so Siebert weiter, seien ein verbessertes Wassermanagement und eine ausreichende Wasserversorgung essentiell. 

Trockenstresstoleranz: Pflanzenzüchtung als Schlüsselstrategie

Prof. Dr. Frank Ordon, Präsident und Professor Julius Kühn Institut (JKI) in Quedlinburg, ging auf die Bedeutung der Pflanzenzüchtung als Anpassungsstrategie an den Klimawandel ein. Ordon unterstrich die Bedeutsamkeit der Trockenstresstoleranz für die Sicherung der künftigen Ernährungssouveränität unter anderem mit einem Verweis auf das Dürrejahr 2022: Damals seien bei Feldfrüchten in Deutschland Ertragsrückgänge von 13,5 Prozent verzeichnet worden. Solche Ertragsrückgänge könnten durch trockenstresstolerante Züchtung reduziert werden, hinzu kommen potenzielle Vorteile für den Ressourcenschutz, unter anderem durch die Reduzierung des Bewässerungsbedarfs toleranter Sorten. Auch könne die landwirtschaftliche Produktion an marginalen Standorten erhalten werden – das alles sei darüber hinaus ein Baustein, um die Wettbewerbsfähigkeit der Agrarproduktion am Standort Deutschland zu erhalten. 
 

Dürre: trockener Boden. Foto: Wolfgang Eckert auf Pixabay
Strake Trockenheit wird in Zuge des Klimawandels in einigen Regionen der Welt häufiger. Für die Landwirtschaft ist dies eine große Herausforderung. Foto: Wolfgang Eckert auf Pixabay

Gleichzeitig wies der JKI-Präsident darauf hin, dass Trockenstresstoleranz ein komplexes Züchtungsmerkmal sei: An ihm seien viele Gene beteiligt, die Umwelt sowie das Zusammenspiel von Genen und Umwelt. Zudem seien Trockenstress und dessen Toleranzstrategien auch immer abhängig von Zeitpunkt, Dauer und Intensität des Stresses. Hilfreich im Züchtungsprozess seien Methoden zur digitalen Phänotypisierung, um während der Vegetationsperiode kontinuierlich die Reaktion der Pflanze auf Trockenstress erfassen und gemeinsam mit genomischen Daten zu einer besseren Selektion auf Trockenstress beizutragen. Unter dem Strich seien trockenstresstolerante Sorten die Grundlage weiterer ackerbaulicher Optimierungen, betonte Ordon.

Wasserwiederverwendung: EU-Strategie und Qualitätsanforderungen

Prof. Dr. Jörg Drewes, Lehrstuhl und Versuchsanstalt für Siedlungswasserwirtschaft, Technische Universität München, warf einen Blick auf die Wiederverwendung von Wasser als Strategie, um die Landwirtschaft bedarfsgerecht mit Wasser zu versorgen. Drewes nahm Bezug auf die Wasserresilienz-Strategie der EU-Kommission. Diese hat zum Ziel, an erster Stelle den Verbrauch von Wasser insgesamt zu reduzieren, Wasser effizienter zu nutzen, beispielsweise durch Wasserrecycling, und sich zusätzlicher Wasserressourcen zu bedienen. 

Den Rahmen für eine zulässige Wiederverwendung von Wasser setzen dazu einschlägige EU-Verordnungen und deren nationale Umsetzungen, mit dem Ziel, Minimalanforderungen für die sichere Wiederverwendung von Wasser in der Landwirtschaft festzulegen. Darin würde unter anderem geregelt, welchen Güteklassen aufbereitetes Wasser entsprechen müsse, das für roh verzehrte Nahrungsmittelpflanzen in der menschlichen Ernährung, für Futterpflanzen oder Pflanzen zum Gebrauch in der Industrie- und Energie- sowie in der Saatgutproduktion genutzt werde. Risiken in Zusammenhang mit der Wasserqualität seien Pathogene wie Bakterien, Viren oder Antibiotikaresistenzen. Außerdem Mikropartikel wie Mikroplastik oder organische Spurenstoffe wie in Arzneimittelrückständen, Pflegeprodukten oder Haushaltschemikalien und zudem Nährstoffe und Salze. 

Bisherige Studien mit recyceltem Wasser in landwirtschaftlichen Reallabor-Situationen zeigten, dass auf den bewässerten Kulturen keine Krankheitserreger festgestellt wurden, die aus dem aufbereiteten Abwasser stammten, so Drewes. Bei effizienter und bedarfsgerechter Bewässerung von roh verzehrtem Gemüse sei recyceltes Wasser also sicher; dafür müssten jedoch noch die technischen und administrativen Voraussetzungen geschaffen werden. 
 

Bewässerung eines Feldes. Foto: LWK Niedersachsen
In der Anpassung an den Klimawandel gewinnen Bewässerungsstrategien an Bedeutung. Foto: LWK Niedersachsen

Tierhaltung im Fokus: Wasserfußabdruck und Effizienzpotenziale

PD Dr. Katrin Drastig, Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioöknomie (ATB) in Potsdam, widmete sich dem Wasserfußabdruck in der Tierhaltung. Die Wissenschaftlerin stellte zunächst fest, dass in Deutschland aktuell noch kein offizieller Indikator zur Wassernutzung in der Landwirtschaft genutzt werde. 
Maßnahmen, um die Wasserproduktivität, also das Verhältnis der erzeugten Menge an tierischen Lebensmitteln im Verhältnis zur in der Produktion eingesetzten Wassermenge, zu verbessern bestehen laut Drastig in der Anpassung der Fütterungsstrategien. Dazu sollten Tierhalter die Auswahl wassersensitiver Rationen beachten. 

Eine weitere Stellschraube sei die Anpassung der Produktionsintensität in der Erzeugung von Fleisch und Milch, zum Beispiel in Hinblick auf Milchleistung, Reproduktion und Lebensdauer. Zusätzlicher Ansatzpunkt sei die Dimensionierung von Tränkwasseranlagen, wassersparende Melksysteme und Reinigungsverfahren sowie die Reduzierung des Einsatzes von wasserbasierten Kühlungsverfahren im Stall. 
Um den Wasserverbrauch in der Tierhaltung wirksam zu kontrollieren, sind laut Drastig Erfassungssysteme in Form von standardisierten Fragebögen zum Wasserbedarf, Kontrollinstrumente wie etwa eine Wasserzähler-Pflicht und deren regelmäßige Überprüfung bei Betriebskontrollen sowie die Entwicklung eines regionalen Benchmarking erforderlich. 

Fazit: Anpassung ist möglich – aber komplex

Die Jahrestagung zeigte eindrucksvoll, wie vielschichtig die Herausforderungen der Wasserbewirtschaftung unter Klimawandelbedingungen sind. Wissenschaft, Technik und Politik müssen gemeinsam Lösungen entwickeln, um die Landwirtschaft zukunftsfähig zu gestalten. Mit gezielten Maßnahmen und resilienten Strategien kann die Agrarproduktion auch unter veränderten klimatischen Bedingungen bestehen.

Text: Stefanie Pionke, DLG-Newsroom
 

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