Zum Hauptinhalt springen

Download Druckversion

Autoren

    Die Stickstoffdüngung von Winterweizen und Winterraps

    Exemplarisch für die zwei wichtigen Ackerbaukulturen mit hohem Flächenanteil in Deutschland. Auswirkungen variieren zwischen verschiedenen Anbaukulturen, Fruchtfolgen und Standorten.

    • Winterweizen und Winterraps werden im Herbst ausgesät.
    • Mit der Düngeverordnung 2017 ist eine Stickstoffdüngung im Herbst nach der Aussaat nur noch sehr eingeschränkt bis gar nicht mehr möglich.
    • Die Düngung beider Kulturen beginnt somit erst mit Wiederaufnehmen ihres Wachstums nach dem Winter im Februar/März.
    • Zu dieser Zeit benötigen Winterweizen und Winterraps den größten Teil der Nährstoffe um Biomasse und Blütenansätze zu bilden.
    • In den dann folgenden Monaten wird Stickstoff zu gezielten Zeitpunkten gedüngt, um die weitere Entwicklung, die Blüte und letztendlich die Kornfüllung und den Gehalt an wertvollen Inhaltsstoffen zu unterstützen.

    1) Winterweizen wird in verschiedene Qualitätsstufen eingeordnet. Diese hängen von Sorte und Inhaltsstoffen (u. a. Eiweiß) ab. Sie werden zu unterschiedlichen Preisen verkauft.
    Qualitätsgruppe B/A: Backweizensorten
    2) Die ökonomisch optimale Sickstoffdüngemenge ist diejenige, bei der eine weitere Steigerung keinen Mehrerlös bringt.
    3) Aufgrund der Reduzierung des Markterlöses (verkaufter Ertrag pro Fläche) 
    trotz Einsparung des Stickstoffdüngers.
    4) Die N-Bilanz ist die Differenz zwischen gedüngter Stickstoffmenge und Abtransport durch stickstoffhaltige Ernteprodukte (Getreide, Ölsaaten).

      Ökonomie

        Durch eine reduzierte Düngung bleiben die Erträge niedriger, und die Gehalte an qualitätsgebenden Inhaltstoffen in unseren landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen sinken. Diese Eigenschaften sind ausschlaggebend für die am Markt erzielbaren Preise. Mit verringerten Düngemengen erwirtschaftet der Landwirt deshalb niedrigere Erlöse und verringert sein Einkommen. 

        Ökologie

          Mit reduzierter Düngung sinkt die N-Bilanz, der Stickstoffbedarf der Pflanzen bleibt aber gleich. Wird der Stickstoffbedarf der Pflanzen nicht durch Düngung gedeckt, greift die Natur auf die im Bodenhumus gespeicherten Nährstoffe zurück. Ein Abbau des Humus und die Verringerung des Bodenlebens und der Bodenfruchtbarkeit sind die Folgen daraus.

            Qualität

              Die Verringerung der Produktqualität durch geringere Eiweiß- oder Ölgehalte hat direkte Auswirkungen auf unsere Lebens- und Futtermittel. Schlechtere Backeigenschaften bei Brot oder weniger Pflanzenöl bei Raps werden dann wahrscheinlich mit Backzusätzen bzw. Importen ersetzt. 

               

              Standort 

              Die Stickstoffdüngung hängt sehr stark vom Standort (Klima und Bodeneigenschaften) ab. Sie muss individuell auf die natürlichen Bedingungen angepasst werden. Eine pauschale Reduktion der Stickstoffdüngung um 20 % ist deshalb wenig sinnvoll und hilfreich. Die Düngung muss dem Standort angepasst sein.
               

              „Rote Gebiete“ bezogen auf Stickstoff

              Die „Roten Gebiete“ sind Gebiete oder Teilgebiete von Grundwasserkörpern im schlechten chemischen Zustand

              (vgl. § 7 der Grundwasserverordnung 2010), in denen der Grenzwert für Nitrat in Höhe von 50 mg/l überschritten wird oder von Grundwasserkörpern, in denen die Nitratkonzentration von 37,5 mg/l erreicht ist (d. h. ¾ des o.g. Grenzwerts beträgt) und weiter ansteigt.C

              Diese Gebiete wurden zunächst im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie ausgewiesen. Bereits ein Anteil von 20 % belasteten Messstellen führt meist zur Ausweisung des gesamten Grundwasserkörpers als „gefährdet“.

              In den „Roten Gebieten“ sollen die Landwirte zukünftig 20 % weniger Stickstoff düngen, als bisher erlaubt ist. Dabei reichen die aktuell erlaubten Mengen (Düngeverordnung 2017) nicht aus, optimale Erträge und Qualitäten zu erzielen (siehe InfoGrafik).

              Gründe für hohe Nitratgehalte im Grundwasser

              Die Gründe, warum in einem Grundwasserkörper hohe Nitratwerte gemessen werden, sind vielfältig und überlagern sich teils in einzelnen Gebieten. Die Landwirtschaft hat meist den größten Einfluss auf die Nitratbelastung von Grundwasserkörpern. Der Stickstoffbilanzüberschuss der Landwirtschaft (gedüngte Stickstoffmenge abzüglich durch Erntegüter entzogene Stickstoffmenge) liegt im Mittel bei ca. 90 kg/ha. Der Zielwert der Bundesregierung liegt jedoch bei 70 kg/ha Stickstoff. Auch sind die Überschüsse regional sehr unterschiedlich. Neben der Landwirtschaft können aber auch aktuelle (Siedlungen) und historische Nutzungen (Altlasten) einen wesentlichen Einfluss auf die Nitratkonzentrationen im Grundwasser haben.

              In einigen Regionen werden trotz hoher Stickstoffbilanzüberschüsse an vielen Messstellen keine überhöhten Nitratkonzentrationen gemessen. Andererseits können auch bei vergleichsweise geringen Stickstoffbilanzüberschüssen erhöhte Nitratkonzentrationen festgestellt werden, z. B. auch unter Wald.

              Faktoren, die eine Nitratbelastung aus der Landwirtschaft beeinflussen:

              • Hoher Anteil organischer Düngung: Dieser steigert das Risiko unangepassten Stickstoffangebotes. Bei einer Sommertrockenheit zum Beispiel wird Stickstoff aus organischen Düngern wie Gülle oder Mist nicht dann freigesetzt, wenn die Pflanzen ihn benötigen. Dann besteht das Risiko, dass der Stickstoff erst nach der Ernte mineralisiert wird und dann verloren geht.
              • Anbau von Gemüse und Brotweizen: Diese Kulturarten brauchen hohe Stickstoffkonzentrationen im Wurzelraum, damit die Qualitätsanforderungen der Verbraucher erfüllt werden können. Ein Teil dieser Nährstoffe verbleibt nach der Ernte im Boden.
              • Fruchtfolge: Wenn der Boden über Winter nicht bewachsen ist (Brache), kann der Stickstoff aus dem Boden nicht durch Pflanzen aufgenommen werden. Das Risiko der Auswaschung mit dem Regenwasser steigt.

              Letztlich entscheidet aber insbesondere die Kombination von Boden und Klima über die Konzentration des Nitrats im Grundwasser. Bei hohen Niederschlagsmengen steigt zwar die Wahrscheinlichkeit, dass Nitrat ausgewaschen wird, gleichzeitig wird die Nitratkonzentration durch die Verdünnung geringer. Sandböden haben eine höhere Auswaschungsgefährdung als Lehmböden.

              Stand der Diskussion

              Die Diskussionen um die Wirksamkeit der verschärften Regelungen ist derzeit in Gange.

              Dabei stellen sich folgende Fragen:

              1. Welche Auswirkung hat eine pauschale Reduzierung der Stickstoffdüngung um 20 % unter den Bedarf auf die Ernteerträge und die Qualitäten verschiedener unserer landwirtschaftlich und gärtnerischen Kulturen?
                 
              2. Entstehen durch die Veränderung von Ertrag und Qualität Veränderungen für die Erlöse und somit das Einkommen der einzelnen Landwirte?
                 
              3. Wie groß sind die Effekte auf das Risiko der Stickstoffverluste, und wie stark wird die Bodenfruchtbarkeit beeinflusst?

              Stickstoff im Ackerbau

              Stickstoff ist ein notwendiger Nährstoff für das Pflanzenwachstum. Nur bei ausreichender Stickstoffversorgung können Pflanzen die Blattfläche aufbauen, die sie zur Photosynthese benötigen. Mit jeder Ernte wird Stickstoff vom Feld abtransportiert. Zusätzlich entstehen naturbedingt unvermeidliche Stickstoffverluste. Diese Entzüge müssen durch Düngung ersetzt werden, damit ausreichende Erträge auf Acker- und Grünlandflächen erzielt werden und die Bodenfruchtbarkeit erhalten bleibt.

              Was und wie viel?

              Der Landwirt düngt den Stickstoff als industriell hergestellte mineralische Dünger und als organische Düngemittel. Letztere stammen meistens aus der Haltung von Nutztieren oder aus Biogasanlagen. Die Höhe der Düngung hängt vom Bodenvorrat an Stickstoff und der auf dem Feld angebauten Kultur ab. In Ackerböden sind mehrere tausend Kilogramm Stickstoff je Hektar im Humus gespeichert. Von diesem organisch gebundenen Stickstoff werden jährlich geringe Mengen durch die Arbeit der Bodenbakterien freigesetzt (mineralisiert). Damit der Humus trotzdem erhalten bleibt, muss diese Menge wieder ersetzt werden, am besten in Form von organischen Düngern wie Stroh, Mist und Gülle. Ausreichend hohe Erträge und gute Produktqualität erzielt der Landwirt meistens nicht mit organischen Düngern alleine. Am besten für Ertrag, Qualität und Bodenfruchtbarkeit ist es, mineralische und organische Dünger zu kombinieren.

              Aufnahme

              Pflanzen nehmen Stickstoff fast ausschließlich über die Wurzel auf. Deshalb werden Stickstoffdünger auf oder in den Boden eingebracht. Dort wird der Nährstoff entweder direkt oder nach seinem Umbau durch Bodenlebewesen von der Pflanzenwurzel aufgenommen.

              Stickstoffverluste

              Stickstoffverluste entstehen durch Auswaschung in das Grundwasser (Nitrat) oder durch gasförmige Verluste (z. B. Ammoniak oder Lachgas). Bei organischer Düngung mit Gülle oder Gärresten ist das Risiko von  mmoniakverlusten hoch. Eine sehr zeitnahe Einmischung in den Boden kann diese Verluste drastisch reduzieren. Nitratverluste entstehen, wenn der Stickstoff nicht durch die Pflanzen aufgenommen wurde. Gründe sind hier eine zu hohe Düngermenge – oder Stickstoff im Humus oder im organischen Dünger wurden durch Bodenbakterien in Nitrat umgewandelt. Dieses Nitrat kann dann in das Grundwasser ausgewaschen werden. Somit ist bei richtiger Düngung der Humus die vorherrschende Quelle für die Nitratauswaschung. Der Humusvorrat im Boden ist sehr groß. Das heißt, selbst wenn mehrere Jahre nicht gedüngt wird, können trotzdem hohe Mengen Nitrat ausgewaschen werden (InfoBox 1). Über gezielte Maßnahmen kann die Auswaschung reduziert werden (InfoBox 2).

              Die Entwicklung der Düngungspraxis

              • Die landwirtschaftliche Praxis orientierte ihre Düngermenge bisher am ökonomischen Optimum, d. h. an der maximalen Differenz von Ertrag und Düngungskosten. Dieses ökonomische Optimum ist abhängig von Boden, Klima, Ertragsniveau, Qualitätseigenschaften und schließlich den Kosten des Düngers sowie den Verkaufspreisen der Erntegüter. Das ökonomische Optimum liegt immer unterhalb der Stickstoffmenge, die für den Höchstertrag benötigt wird.
              • Mit der aktuellen Düngeverordnung (DüV) aus dem Jahre 2017 gibt es bereits verbindliche Regeln zu Menge und Zeitpunkt der Düngung. Der Düngebedarf muss nach einem vorgeschriebenen Weg berechnet werden. Dadurch sind die Düngermengen vorgegeben.
                 
              • Um den Eintrag von Nitrat in das Grundwasser in besonders gefährdeten Regionen (sog. Rote Gebiete) weiter zu senken, soll die in der Düngeverordnung 2017 vorgegebene Düngermenge ab 2020 um weitere 20 % reduziert werden – also auf Werte, die deutlich unterhalb des ökonomischen Optimums liegen.

              Diese Begrenzung scheint auf den ersten Blick eine einfache und schnelle Maßnahme zu sein, um den Eintrag von Nitrat in das Grundwasser zu senken. Die deutsche Agrarforschung an Universitäten, Hochschulen und offiziellen Forschungseinrichtungen hat sehr viele fundierte Erkenntnisse gewonnen, die diese Maßnahme nicht immer sinnvoll erscheinen lassen.

              Quellen:

              A Kage H. (2020): Effekte der Novellierung der Düngeverordnung auf verschiedene Parameter im Winterweizenanbau. unveröffentlicht.

              B Kage H. (2020): unveröffentlicht

              C BLE (2018): Die neue Düngeverordnung, BZL, 2. Auflage, Stand: Februar 2018. ISBN 978-3-8308-1323-1

              D FAL (2007): Maßnahmen zur Reduzierung von Stickstoffeinträgen in Gewässer – eine wasserschutzorientierte Landwirtschaft zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Hrsg. Bernhard Osterburg, Tania Runge, Landbauforschung Völkenrode – FAL Agricultural Research Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), Braunschweig, ISBN 978-3-86576-031-9

              E Sieling K., Kage H. (2006): N balance as an indicator of N leaching in an oilseed rape – winter wheat – winter barley rotation. Agriculture, Ecosystems and Environment 115, 261–269

              Kontakt

              DLG e.V. • Michael Biallowons • Tel.: +49(0)69/24 788-209 • m.biallowons@DLG.org