DLG kompakt 01/2018

Biostimulanzien – Hoffnung bei Düngung und Pflanzenschutz?

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DLG kompakt 01/2018
1. Auflage, Stand 01/2018

Autoren:

Auszug aus DLG-Mitteilungen 04/2018

  • Dr. Christian Bickert, Redaktion DLG-Mitteilungen
  • Katrin Rutt, Redaktion DLG-Mitteilungen
  • Dr. Klaus Erdle, DLG-Fachzentrum Landwirtschaft
Maisfeld
© branex - stock.adobe.com

Was sind Biostimulanzien?

Aktuell sind in der nationalen Düngemittelverordnung folgende Stoffe mit Verwandtschaft zu Biostimulanzien definiert: 

  • Pflanzenhilfsmittel: Stoffe ohne wesentlichen Nährstoffgehalt, die dazu bestimmt sind, auf die Pflanzen einzuwirken.
  • Bodenhilfsstoffe: Stoffe ohne wesentlichen Nährstoffgehalt, die den Boden biotisch, chemisch oder physikalisch beeinflussen.
  • Pflanzenstärkungsmittel: Stoffe oder Gemische einschließlich Mikroorganismen, die Nutzpflanzen gesund erhalten sollen oder vor nichtparasitären Einflüssen schützen. Sie fallen unter das Pflanzenschutzrecht. 

 

Die EU definiert

Aktuell wird in Brüssel an einer neuen EU-Düngemittelverordnung gearbeitet mit dem Ziel einer europaweiten Harmonisierung des Düngemittelrechts. Nach den konventionellen mineralischen Düngemitteln sollen nun auch organische und organisch-mineralische Dünger über die CE-Kennzeichnung reguliert werden.

In einem ersten Verordnungsvorschlag sind Biostimulanzien als Düngeprodukte mit CE-Kennzeichnung definiert, „die pflanzliche Ernährungsprozesse unabhängig vom Nährstoffgehalt des Produkts stimulieren, wobei ausschließlich auf die Verbesserung eines oder mehrerer der folgenden Pflanzenmerkmale abgezielt wird:

  • Effizienz der Nährstoffverwertung
  • Toleranz gegenüber abiotischem Stress oder
  • Qualitätsmerkmale der Kulturpflanze.“

Aufnahme über Blatt oder Boden

Blattaktive Stoffe wie Aminosäuren, Pflanzenhormone und Mineralstoffe lassen sich relativ leicht ausbringen. Das beste Beispiel sind Wachstumsregulatoren wie CCC. Diese Auxinpräparate sorgen für ein verstärktes Wurzelwachstum, damit mehr Feinwurzeln und dadurch besseren Phosphataufschluss. Aminosäuren können – vor allem in Kombination mit Spurenelementen – das Wachstum der Pflanze anregen. Allerdings kommt es dabei sehr stark auf den Zeitpunkt der Anwendung an. Zu spät appliziert, können Eisen und Mangan auch toxisch wirken. Der Zusatz von Aminosäuren oder Proteinen zur Spritzbrühe kann deren Verträglichkeit für die Kulturpflanze verbessern und die Aufnahme beschleunigen. Fulvosäuren, kurzkettige, wasserlösliche Huminsäuren, zeigen je nach Standort und Kultur Wirksamkeiten zur verbesserten Aufnahme von Nährstoffen und damit entsprechenden Vorteilen im Pflanzenwachstum. 

Im Boden wirken entsprechende Biostimulanzien nur, wenn sie in den Wurzelraum gelangen. Problem: Ein Ackerbaubetrieb hat in der Regel nicht die Technik, Flüssigkeiten an die Wurzel zu bringen, aber nahezu alle Biostimulanzien werden als Flüssigkeit angeboten. Bei Kulturen mit schnell entwickelnden Pfahlwurzeln (Raps) wachsen die Feinwurzeln zu schnell aus dem Applikationshorizont heraus um eine etwaige Wirkung überhaupt erzielen zu können. Eine Anbeizung solcher Produkte an das Saatkorn kann bestenfalls in den ersten Stunden nach der Keimung den Wurzelraum erreichen. Allenfalls lebende Mikroorganismen können hinterherwachsen.

Biostimulanzien lassen sich in fünf Gruppen unterteilen:

  • Mikroorganismen,
  • Algenpräparate (zumeist aus Seetang),
  • Pflanzenextrakte (dazu zählen auch Vitamine, Aminosäuren und Phytohormone),
  • Extrakte aus tierischen Produkten,
  • Humin- und Fulvosäuren

(nach EBIC, Europäischer Herstellerverband von Biostimulanzien)

Besser lassen sich Hilfsstoffe bei Kartoffeln applizieren, zumal wenn im Damm eine Tröpfchenbewässerung installiert wird. Noch besser geht das mit Substrat­kulturen wie Erdbeeren oder Tomaten in Gewächshäusern, die permanent mit Nährlösung durchspült werden. Salat- und Kohlpflanzen, die gesetzt werden, können vorher in einer entsprechenden Lösung „gedippt“ werden. Auch dann ist die Biostimulanz direkt an dem schon umfangreich vorhandenen Wurzelraum.

Eine Ausnahme bilden die Huminsäuren, die sehr stabil sind und im Boden Ton-Humus-Komplexe bilden, welche Wasser und Nährstoffe binden können. Huminsäuren sind auch in Stallmist vorhanden oder entstehen beim langsamen Umbau von stabilen Ernteresten. Die Wirkung beruht vor allem auf einer Verbesserung der Bodenstruktur daher lassen sie sich auch vor der Saat ausbringen und einarbeiten. Huminsäuren wirken ausschließlich gegen abiotischen Stress wie Wassermangel. 

Kartoffeln frisch aus der Erde
©natara - stock.adobe.com

Vom Labor aufs Feld

Gute Wirkungen von Biostimulanzien werden vornehmlich im Labor nachgewiesen und sind nur sehr schwer im Feld zu erzielen: Die Applikation im Feld ist viel schwieriger, ungenauer, und die Witterungsvariablen kommen noch hinzu. Selbst professionelle Versuchsansteller berichten von der Schwierigkeit, reproduzierbare Ergebnisse in Feldversuchen zu erzielen. Bei Aufwandmengen zwischen 1 und 20 l/ha lassen sich am ehesten in flachwurzelnden Sonderkulturen oder Setzlingen Effekte nachweisen. Bei Ackerkulturen und vor allem bei Getreide müssen bereits im Jugendstadium solche Mittel eingesetzt werden, um die Feinwurzeln zu treffen. Aber zu diesem Zeitpunkt besteht noch keine Begrenzung an Nährstoffen im Oberboden. 

 

Der Druck steigt

In der Vergangenheit überwog in der gesamten Branche große Skepsis bezüglich der Wirksamkeit von Bodenhilfsstoffen und Pflanzenhilfsmitteln. Dennoch setzen gerade jetzt viele große Hoffnungen in diese Präparate. Die Gründe dafür sind vielschichtig. So erhöht z. B. die neue Düngeverordnung den Druck auf die Landwirte. Trotz der verschärften Vorgaben wollen sie natürlich weiterhin hohe Erträge und gute Qualitäten ernten. Darüber hinaus steigen die Restriktionen im Pflanzenschutz, und immer häufiger versagen altbekannte Wirkstoffe aufgrund von Resistenzen. Darüber hinaus steht vor allem die Pflanzenschutzindustrie vor einer verschärften Zulassungssituation und die Diskussion um endokrine Disruptoren, und Vorschriften zum Bienenschutz könnten in den nächsten Jahren bekannte Wirkstoffe vom Markt nehmen. Es müssen also Alternativen her – die sehen viele im Bereich der Biostimulanzien.

Pflanzenhilfsmittel und Bodenhilfsstoffe müssen bisher in Deutschland keinen offiziellen Zulassungsprozess durchlaufen. Sie müssen lediglich etikettiert sein und konform mit der Düngemittelverordnung. Künftig will die EU Biostimulanzien jedoch als eigenständige Produktgruppe im Rahmen des neuen Düngemittelrechts erfassen. Für die Landwirte würde sich dadurch die Orientierung erleichtern. Für Hersteller bedeuten die geplanten Regelungen jedoch einen deutlich erhöhten Aufwand, zumal vor allem die Frage des Wirksamkeitsnachweises noch nicht geklärt ist.

 

Fazit

Biostimulanzien erzielen erkennbare Wirkungen meist nur auf Grenzstandorten, wo Bodenqualitäten limitierend wirken. Ein großer Sprung in der Anwendung wird sich wohl nur dann ergeben, wenn ein klarer Nutzen für den Landwirt ersichtlich wird. Dies bedingt jedoch auch einer objektiven Prüfung in Feldversuchen durch geeignete Einrichtungen. Aussagefähige Versuchsergebnisse liegen dazu noch nicht reproduzierbar vor. Mit Blick auf die sich ändernden Rahmenbedingungen im Pflanzenbau wird das Thema der Biostimulanzien weiter an Aufmerksamkeit gewinnen.

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