DLG kompakt 01/2025
3. Auflage, Stand 02/2025
Autoren:
- PD Dr. habil. Christel Baum,
Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät, Universität Rostock - Dr. Bruno Görlach, DLG e.V.
Unter Mitwirkung des DLG-Ausschusses für Pflanzenernährung
Mit Verschärfung der Rahmenbedingungen zur Düngung wird es immer schwieriger, unsere Kulturpflanzen bedarfsgerecht mit Nährstoffen zu versorgen. Bei geringeren Düngemengen müssen die ausgebrachten Nährstoffe besser genutzt werden.
Eine effiziente Aufnahme durch die Wurzel ist hier eine wichtige Voraussetzung. Dazu helfen zwar Düngerform, das Timing und die Applikationstechnik, aber die Aufnahme selbst muss die Pflanze allein schaffen. Ganz alleine? Nicht ganz!
Symbiosen mit Pilzen
Mykorrhizapilze leben als Symbionten an den Wurzeln der großen Mehrzahl (> 80 %) aller Pflanzenarten. Über ihr Hyphennetzwerk vergrößern sie den Einzugsbereich und ermöglichen eine verbesserte Nährstoffversorgung ihrer Wirtspflanzen. Gleichzeitig kann ihr Hyphennetzwerk bis zur Hälfte der mikrobiellen Biomasse des Bodens ausmachen. Damit besitzen Mykorrhizapilze eine sehr hohe bodenökologische Bedeutung für die Bildung und Stabilisierung des Krümelgefüges. Ackerböden enthalten meist nur eine geringe Artenvielfalt von ca. 15 bis 25 Arten an Mykorrhizapilzen, die jedoch aufgrund geringer Wirtsspezialisierung zur Besiedlung aller mykorrhizabildenden Fruchtarten in der Lage sind. Arbuskuläre Mykorrhizapilze (Glomeromycetes) bilden in den Zellen der Wurzelrinde bäumchenartige Gebilde, die Arbuskeln (Abb. 1). Sie sind der Ort des aktiven Stoffaustausches zwischen Pflanze und Mykorrhizapilzen.
Mykorrhizabildende Fruchtarten sind zum Beispiel alle Getreidearten und auch die meisten Leguminosenarten. Pflanzen mit geringer oder fehlender Mykorrhizierungsneigung gleichen diesen Nachteil in der Nährstoffversorgung überwiegend durch ein größeres Wurzelsystem und eine höhere Durchwurzelungsintensität aus.
Symbiose
Symbiose bezeichnet das Zusammenleben von Individuen verschiedener Arten, bei dem beide Partner voneinander profitieren oder voneinander abhängig sind. Dabei teilen sich mindestens zwei Organismen für kurze Zeit oder dauerhaft bestimmte Lebensräume. Die Beziehung kann unterschiedlich intensiv sein: von locker über regelmäßig bis hin zu lebensnotwendig für beide Partner. Sind die beiden Organismen von unterschiedlicher Größe, wird der Größere als Wirt und der Kleinere als Symbiont bezeichnet. Ein Beispiel dafür ist die Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen, bei der die Pflanze im Austausch gegen Kohlenhydrate wie Glukose zusätzliche Nährstoffe und Wasser vom Pilz erhält.
Nährstoffaufnahme
Mykorrhizapilze übernehmen bei ihren Wirtspflanzen eine wesentliche Funktion in der Erschließung der Nährstoffvorräte des Bodens. Der Beitrag der Mykorrhizapilze am Nährstofftransfer zur Wirtspflanze kann gegenüber der direkten Wurzelaufnahme folgende Größenordnungen einnehmen:
Makronährelemente: | P 30 – 90 % N 20 – 40 % S 10 – 20 % K 0 – 10 % | Mikronährelemente: | Zn 30 – 80 % Cu 20 – 60 % |
Ursachen einer verbesserten P-Versorgung der Wirtspflanzen sind die Förderung der P-Mobilisierung im Boden und der verbesserte P-Transfer zur Wurzel. Im Vergleich zur Pflanzenwurzel wird durch das Hyphennetzwerk ein etwa 5fach größerer Einzugsbereich im Boden abgedeckt. Dies beinhaltet auch eine verbesserte Erschließung des Unterbodens.
Im Gegenzug werden die Mykorrhizapilze von der Wirtspflanze mit Assimilaten (Kohlenhydrate der Pflanze) versorgt. Wachstumshemmung durch Mykorrhizierung tritt äußerst selten ein, da die Wirtspflanzen bei parasitischem Verhalten der Mykorrhizapilze den Assimilattransfer zu den Pilzen gezielt reduzieren können. Ebenso können Mykorrhizapilze den Nährstofftransfer zu den Wirtspflanzen reduzieren, wenn die Assimilatversorgung ausbleibt. Also ein Geben und Nehmen.
Stresstoleranz
Neben einer verbesserten Nährstoff- und Wasserversorgung der Wirtspflanzen kann Mykorrhizierung auch zu einer erhöhten Stresstoleranz und einer induzierten Resistenz gegenüber Pathogenbefall (z. B. Viren) beitragen, was im Anbau zu einer verbesserten Ertragssicherheit führen kann. Für die Pflanzenernährung und Gesundheit ist der Nutzen der Mykorrhizierung in nährstoffarmen Böden und bei abiotischem Stress (z. B. Trockenheit) höher als bei optimaler Versorgung. Daher werden für die Rekultivierung von gestörten Böden, biologische Bodensanierung und die Wiederbesiedlung von Substraten im Gartenbau Mykorrhizapräparate angeboten. Ackerböden verfügen hingegen über ein standorteigenes Besiedlungspotenzial, welches durch eine optimierte Bewirtschaftung zusätzlich gefördert werden kann. Eine gezielte Besiedelung ist daher meist nicht notwendig.
Mykorrhizen im Ackerbau fördern
Die Besiedlungsdichte von Ackerböden mit Mykorrhizapilzen ist entscheidend geprägt durch die standortspezifischen Bodeneigenschaften und Klimabedingungen. Aber auch die landwirtschaftliche Bewirtschaftung hat einen wesentlichen Einfluss darauf. Vor allem die Bodenbearbeitung, die Düngung (insbesondere die P-Versorgung) sowie die Fruchtfolgegestaltung sind hier zu nennen.
Die Bodenbearbeitung, insbesondere das Pflügen, reduziert die Besiedlungsdichte und verringert die Diversität von Mykorrhizapilzen im Boden. Daher kann reduzierte Bodenbearbeitung und auch zeitweise Bodenruhe zum Beispiel unter mehrjährigem Ackergras oder Luzerne die Besiedlung mit Mykorrhizapilzen wesentlich fördern. Einige Arten der Mykorrhizapilze haben sich jedoch auch an intensive Bodenbearbeitung angepasst und dominieren daher in Ackerböden. Das Hyphennetzwerk der Pilze trägt weiterhin zu erhöhter Aggregatstabilität im Oberboden, zur Bildung des Krümelgefüges und zum Erosionsschutz bei.
Die Düngung, besonders die mineralische P-Düngung, reduziert die Mykorrhizierungsneigung der Pflanzen und hierdurch die Mykorrhizierungswirkung auf die Nährstoffversorgung. Organische Düngung bewirkt eine Diversitätsveränderung in der Mykorrhizapilzgemeinschaft des Bodens. Dies hat aber nicht automatisch eine Wirkung auf den Pflanzenbestand. Die unterschiedliche Wirksamkeit der Mykorrhizapilzarten auf die Nährstoffversorgung der Pflanzen ist im Ackerbau zu wenig steuerbar. Daher wird mit dem standorteigenen Besiedlungspotenzial gearbeitet. Eine Kombination von P-Düngung mit Mykorrhizapräparaten kann durch den Assimilatverbrauch für die Symbiose gegebenenfalls sogar zu Ertragsminderung führen.
Auch die Fruchtfolge und der Anbau von Zwischenfrüchten, besonders von Phacelia, Grünroggen, Wicken und Klee kann das bodeneigene Inokulationspotenzial (Potenzial der Symbiosebildung zwischen Pilz und Pflanze) mit Mykorrhizapilzen erheblich fördern. Der Anbau nicht oder gering mykorrhizierungsgeneigter Fruchtarten, wie zum Beispiel Ölrettich und Buchweizen, kann zu einer zeitweisen Verringerung der Besiedlungsdichte von Mykorrhizapilzen führen, jedoch nicht zur Aufhebung des bodeneigenen Inokulationspotenzials. Auch innerhalb mykorrhizierter Fruchtarten bestehen teilweise erhebliche Sortenunterschiede in der Mykorrhizierungsneigung.
Teil zukünftiger Entwicklungen
Aufgrund reduzierter Düngungsmengen und der weltweit begrenzten Verfügbarkeit und sinkenden Qualität der Phosphatlagerstätten für die Düngemittelproduktion wird die Bedeutung von Mykorrhizierung in der landwirtschaftlichen Pflanzenernährung zukünftig steigen. Jedoch kann Mykorrhizierung Düngung nicht ersetzen, da sie im Gegensatz zu den Knöllchenbakterien der Leguminosen keinen zusätzlichen Nährstoff in den Boden einbringt, sondern nur zu einer verbesserten Nutzung aus dem Bodenpool führt.
Der wesentliche Nutzen von Mykorrhizierung in Ackerböden liegt in der erhöhten Ertragssicherung durch die Steigerung der Stresstoleranz der Wirtspflanzen und die Stabilisierung des Krümelgefüges mit reduzierter Verschlämmungsneigung. Eine direkte Ertragssteigerung durch Mykorrhizierung wird überwiegend nur in P-defizienten, also unterversorgten Böden nachgewiesen.
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