DLG-MERKBLATT 504

Leitfaden zur Proteinbewertung und -versorgung von Milchkühen

nach den Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen (GfE 2023)

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DLG-Merkblatt 504
1. Auflage, Stand: 10/2025

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Autoren:

  • Dr. Georg Terler, HBLFA Raumberg-Gumpenstein, Irdning-Donnersbachtal, Österreich
  • Dr. Christian Böttger, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Bad Sassendorf
  • Dr. Detlef Kampf, Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, Frankfurt am Main

Co-Autoren:

  • Silke Ausmeier, Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, Frankfurt am Main
  • Nina Hübner, For Farmers, Langfördern
  • Dr. Bernd Losand, Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, Sanitz
  • Dr. Michael Lüke, Deutscher Verband Tiernahrung, Bonn
  • Matthias Oskamp, Agravis Raiffeisen, Münster
  • Dr. Katharina Pfeil, Kemin Deutschland, Heimbach
  • Dr. Wolfram Richardt, Landwirtschaftliche Kommunikations- und Servicegesellschaft, Lichtenwalde
  • Dr. Thomas Schmidt, Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie Deutschland, Berlin
  • Prof. Dr. Olaf Steinhöfel, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Köllitsch
  • Prof. Dr. Karl-Heinz Südekum, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
  • Larissa Waltenberg, Deutsche Tiernahrung Cremer, Düsseldorf
  • Dr. Hartwig Wellmann, LUFA Nord-West, Oldenburg
     

Erarbeitet von der Arbeitsgruppe „Sicherung der Proteinversorgung der Milchkuh zur Umsetzung von GfE (2023)“ des DLG-Arbeitskreises Futter und Fütterung
 

Abkürzungsverzeichnis

arasch abbaubare (lösliche) Fraktion des Futter-Rohproteins [in % des CP]
AAAminosäure (amino acid)
ADFomSäure-Detergenzien-Faser nach Veraschung (acid detergent fibre expressed exclusive residual ash)
AfBNAusschuss für Bedarfsnormen der GfE
aNDFomNeutral-Detergenzien-Faser nach Amylasebehandlung und Veraschung (neutral detergent fibre assayed with a heat stable amylase and expressed exclusive residual ash)
bpotenziell abbaubare Fraktion des Futter-Rohproteins [in % des CP]
cAbbaurate (Abbaugeschwindigkeit) der Fraktion b [in %/h]
CARohasche (crude ash)
CLRohfett (crude lipid)
CPRohprotein (crude protein) [N • 6,25]
DOMverdauliche Organische Masse (digestible organic matter) [in g; g/kg]
DLGDeutsche Landwirtschafts-Gesellschaft
EDGeffektiver Abbau (effective degradation) des Futter-Rohproteins
eHFTerweiterter Hohenheimer Futterwerttest
FANFutteraufnahmeniveau
FAN1Futteraufnahmeniveau auf Erhaltungsniveau [50 g TM/kg0,75 KM]
FANirealisiertes Futteraufnahmeniveau [Vielfaches von 50 g TM/kg0,75 KM]
GBGasbildung (24 h im Hohenheimer Futterwerttest)
GEBruttoenergie (gross energy)
GFGrobfutter
GfEGesellschaft für Ernährungsphysiologie
kruminale Passagerate des Verdauungsbreis [in %/h]
KFKonzentratfutter
kg0,75metabolische Körpergröße [in kg0,75 KM]
KMKörpermasse [in kg]
lagVerzögerungszeit des ruminalen CP-Abbaus [in h]
LysLysin
MAAmikrobielle Gesamt-Aminosäuren (microbial total AA)
MCPmikrobielles Rohprotein (microbial crude protein)
MetMethionin
MFMischfuttermittel
MJMegajoule
NStickstoff (nitrogen)
OFNunvermeidlicher Kot-N-Verlust (obligatory faecal nitrogen loss)
OMOrganische Masse (organic matter)
OMDVerdaulichkeit der Organischen Masse (organic matter digestibility) [in %]
OUNunvermeidlicher Harn-N-Verlust (obligatory urinary nitrogen loss)
RDPim Pansen abgebautes Futter-Rohprotein (ruminally degraded crude protein)
RKRationskomponente
RMDruminale mikrobielle Differenz (Differenz aus RDP und MCP) [in g N]
SFSaftfutter
siddünndarmverdaulich (small intestinal digestible)
siDDünndarmverdaulichkeit (small intestinal digestibility)
sidAAdünndarmverdauliche Gesamt-Aminosäuren (small intestinal digestible total AA) [in g]
sidLysdünndarmverdauliches Lysin (small intestinal digestible lysine) [in g]
sidLys aus UDPdünndarmverdauliches, im UDP enthaltenes Lysin [in g]
siDMAADünndarmverdaulichkeit der mikrobiellen Gesamt-Aminosäuren (MAA) [in %]
siDMLysDünndarmverdaulichkeit des in den MAA enthaltenen Lysins [in %]
sidPdünndarmverdauliches Protein (small intestinal digestible protein) [in g]
sidP aus MCPdünndarmverdauliches mikrobielles Protein (= dünndarmverdauliche mikrobielle Gesamt-Aminosäuren, MAA) [in g]
sidP aus UDPdünndarmverdauliches UDP des Futter-Rohproteins [in g]
siDUDAADünndarmverdaulichkeit der im UDP enthaltenen Aminosäuren
siDUDLysDünndarmverdaulichkeit des im UDP enthaltenen Lysins [in %]
siDUDPDünndarmverdaulichkeit des UDP des Futter-Rohproteins [in %]
SNN-Verlust über die Körperoberfläche (surface nitrogen loss)
STStärke
TMTrockenmasse
UDAAim Pansen nicht abgebaute Aminosäuren aus dem Futter (ruminally undegraded amino acids)
UDPim Pansen nicht abgebautes Futter-Rohprotein (ruminally undegraded crude protein)
VDLUFAVerband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten
ZUZucker

 

1. Einleitung

Im Jahr 2023 wurden vom Ausschuss für Bedarfsnormen (AfBN) der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE) neue Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen veröffentlicht (GfE 2023). Diese ersetzen die bisherigen Empfehlungen (GfE 2001). In die neuen Empfehlungen gehen wichtige, neue wissenschaftliche Erkenntnisse ein, welche in den Empfehlungen aus dem Jahr 2001 noch nicht berücksichtigt werden konnten. Insbesondere die Prozesse der N-Umsetzungen im Verdauungstrakt beim Wiederkäuer werden durch die neue Methodik deutlich besser abgebildet. Diese detailliertere Berücksichtigung der Verdauungsvorgänge im Tier erfordert jedoch eine grundlegende Änderung der Proteinbewertung sowie der Rationsberechnung und -kontrolle. Die bislang verwendete Kennzahl „nutzbares Rohprotein am Duodenum“ (nXP) hat ausgedient und wird durch das „dünndarmverdauliche Protein“ (sidP) ersetzt. Zudem enthalten die neuen Empfehlungen auch Anleitungen zur Ermittlung der „dünndarmverdaulichen Aminosäuren“ (sidAA), womit zukünftig Proteinbewertung und Rations­berechnung auch auf der Ebene der Aminosäuren möglich sind. All diese Neuerungen gestatten eine exaktere Beschreibung des Proteinwerts von Futtermitteln. Dieser Leitfaden dient als Ergänzung zu den neuen GfE-Emp­fehlungen und soll eine klare und eindeutige Richtlinie darstellen, wie Futtermittelanalysen sowie Rationsberechnungen und -kontrollen in Zukunft durchzuführen sind.
 

2. Anwendung in der Futtermittelanalytik

Die in GfE (2023) beschriebenen Neuerungen haben wesentliche Auswirkungen auf die Bestimmung und Angabe des Proteinwerts von Einzel- und Mischfuttermitteln. Die Unterschiede zur bisherigen Methodik der Proteinbewertung liegen vor allem in der neuen maßgeblichen Kennzahl des Proteinwerts (sidP) und in der Herangehensweise zur Ermittlung der sidP-Konzentration in Futtermitteln. Zur Sicherstellung der N-Versorgung der Mikroben in den Vormägen wird die ruminale mikrobielle Differenz (RMD) herangezogen. Mit der Anwendung der neuen Empfehlungen wird zur Beschreibung der Menge eines Nährstoffs in einem kg Trockenmasse (g/kg TM) der Begriff „Kon­zentration“, anstatt wie bisher „Gehalt“, verwendet. In der Folge wird im Detail beschrieben, welche Analysen erforderlich sind und wie sidP und sidAA für Einzel- und Mischfuttermittel berechnet werden können.

2.1 Benötigte Analysen für die Proteinbewertung

Die exakte Ermittlung des sidP setzt die Kenntnis einer Reihe von chemischen Analysenwerten voraus, welche in Tabelle 1 zusammengefasst dargestellt werden. Zudem sind in dieser Tabelle auch geeignete Labormethoden zur Ermittlung der Analysenwerte sowie dazugehörige Methodenvorschriften angeführt.
In GfE (2023) sind auch der erweiterte Hohenheimer Futterwerttest (eHFT), die chemische Rohproteinfraktionierung und der enzymatische Abbau des Rohproteins (CP) als Verfahren zur Schätzung des im Pansen nicht ab­gebau­ten Futter-Rohproteins (UDP) angegeben. Im Gegensatz zur in-situ-Methode (GfE 2023) können diese Verfahren nach derzeitigem Stand nicht zur Schätzung der Parameter des CP-Abbaus (a, b, c und lag) verwendet werden, die für die Anwendung der in diesem Leitfaden beschriebenen Methode benötigt werden. Deshalb sind diese Verfahren in Tabelle 1 nicht angeführt. Grundsätzlich wäre es jedoch möglich, wünschenswert und notwendig, die Verfahren weiterzuentwickeln, sodass sie in Zukunft auch zur Schätzung der Parameter des CP-Abbaus anwendbar sind.

Sollte die chemische Analyse bestimmter Kennzahlen nicht möglich sein, kann auf Futterwerttabellen zurück­gegriffen werden. Folgende Tabellenwerke werden empfohlen (Stand: 07/2025):

  • DLG-Futterwerttabellen Wiederkäuer (DLG 2025a, www.dlg.org/landwirtschaft/tierhaltung/futtermittelnet)
  • Rohproteinabbaubarkeit von Futtermitteln (Titze et al. 2024, Online-Tabelle, https://zenodo.org/records/8245758)
  • UDP-Verdaulichkeit von Futtermitteln im Dünndarm (siDUDP = Dünndarmverdaulichkeit des UDP des Futter-Rohproteins, siDUDAA = Dünndarmverdaulichkeit der im UDP enthaltenen Aminosäuren): Empfehlungen zur Energie- und Nährstoff­versorgung von Milchkühen (GfE 2023, S. 274-280)

Für Mischfuttermittel wird empfohlen, möglichst alle in Tabelle 1 genannten Futterwertkennzahlen analytisch zu ermitteln. Wenn das für eine oder mehrere Kennzahlen nicht möglich ist, so sind diese rechnerisch unter An­wendung der Analysen der Einzelfuttermittel oder von Tabellenwerten zu ermitteln. Die Angabe der in Tabelle 1  genannten Futterwertkennzahlen ist in jedem Fall erforderlich, da all diese Kennzahlen für eine vollständige Rationsberechnung notwendig sind. 

Tabelle 1: Für die Proteinbewertung notwendige Analysen und empfohlene Analysemethoden inkl. Methodenvorschriften

Analyse/KennzahlBenötigt zur
Berechnung von
Methodenvorschrift
Rohprotein (CP)GE, UDPVO (EG) 152/2009, Anhang III, C; Durchführungs­verordnung 2024/771
Rohfett (CL)GEVO (EG) 152/2009, Anhang III, H; 2024
Stärke (ST)GEVO (EG) 152/2009, Anhang III, L; 2024
Zucker (ZU)GEVO (EG) 152/2009, Anhang III, J; 2024
Rohasche (CA)GE, MCPVO (EG) 152/2009, Anhang III, M; 2024
Brennwert (GE) – KalorimetrieGEDIN EN ISO 9831: 2004-02
Neutral-Detergenzien-Faser nach Amylase­behandlung und Veraschung (aNDFom)MCPVDLUFA MB Bd. III, 6.5.1, 8. Ergänzung, 2012
Säure-Detergenzien-Faser nach Veraschung (ADFom)MCPVDLUFA MB Bd. III, 6.5.2, 8. Ergänzung, 2012
Enzymlösliche organische SubstanzMCPVDLUFA MB Bd. III, 6.6.1, 2018
Gasbildung (24 h im Hohenheimer Futterwerttest; GB)MCPVDLUFA MB Bd. III, 25.1, 8. Ergänzung, 2012
Verdaulichkeit der Organischen Masse (OMD) – in-vivoMCPGfE (1991)
in-situ-Methodea, b, c, lag, UDPGfE (2022)
Mobile-bag-Technik – in-saccosidP, sidAAHvelplund et al. (1992)
Dreistufiges Verfahren – in-situ/in-vitrosidP, sidAA Calsamiglia und Stern (1995)
Calsamiglia und Stern (1995)sidAAVO (EG) 152/2009, Anhang III, F; 2024

a = rasch abbaubare Fraktion, b = potenziell abbaubare Fraktion, c = Abbaurate der Fraktion b, lag = Verzögerungszeit des Abbaus im Pansen; sidP = dünndarmverdauliches Protein; sidAA = dünndarmverdauliche Aminosäuren

Die rechnerische Ermittlung erfolgt durch Multiplikation der jeweiligen Futterwertkennzahl eines Futtermittels mit dessen Anteil im Mischfuttermittel und anschließender Aufsummierung aller Mischfuttermittelkomponenten, wie in folgendem Beispiel für CP dargestellt: 

Gleichung 1:

CPMF = CPF1 
 • % der TMF1 ÷ 100
 + CPF2
 • % der TMF2 ÷ 100
 + … + CPFn
 • % der TMFn ÷ 100

CP = Rohproteinkonzentration in g/kg Trockenmasse (TM); MF = Mischfuttermittel;
F1, F2 und Fn = Komponenten des Mischfuttermittels; % der TMFn = Anteil der Komponenten Fn im Mischfuttermittel in % der TM

Das Ergebnis dieser Berechnung ist der gewichtete Mittelwert einer Futterwertkennzahl in einem Mischfuttermittel. In diesem Beispiel erfolgte die Gewichtung (%-Wert) der einzelnen Mischungskomponenten nach deren TM-Anteil an der Gesamt-TM der Mischung. Jedoch darf eine Gewichtung nach dem Anteil an der Gesamt-TM nur dann er­folgen, wenn sich die Futterwertkennzahl auf die TM bezieht, das heißt wenn die Einheit z. B. g/kg TM ist. Wird eine Futterwertkennzahl in g/kg Organische Masse (OM) angegeben, so sind die einzelnen Komponenten der Futtermischungen nach dem Anteil der OM der jeweiligen Komponente an der gesamten OM der Mischung zu gewichten. Obwohl bei einzelnen Berechnungen Konzentrationen in g/kg OM benötigt werden, wird empfohlen, bei Futtermitteln (wie gewohnt) ausschließlich die Konzentration in g/kg TM anzugeben. Damit soll vermieden werden, dass bei der Berechnung der Nährstoffkonzentration von Mischfuttermitteln falsche Gewichtungsmethoden angewandt werden. Sollte für eine Berechnung die Konzentration eines Nährstoffs in g/kg OM benötigt werden, so lässt sich diese auf einfache Weise ermitteln (Bsp. Rohprotein: CP [g/kg OM] = CP [g/kg TM] ÷ (OM [g/kg TM] ÷ 1.000), wobei OM = 1.000 − CA; CA = Rohasche). 

Bei den folgenden Futterwertkennzahlen ist eine Gewichtung nach dem TM-Anteil nicht möglich, weshalb hier eine andere Gewichtung anzuwenden ist:

  • Verdaulichkeit der Organischen Masse (OMD): Gewichtung der Einzelkomponenten nach Anteil in der OM (OMDMF = OMDF1 • % der OMF1 ÷ 100 + … + OMDFn • % der OMFn ÷ 100)
  • Parameter des Rohproteinabbaus (a, b, c, lag): Gewichtung der Einzelkomponenten nach Anteil im CP 
    (aF1 • % des CPF1 ÷ 100 + … + aFn • % des CPFn ÷ 100)
  • UDP-Verdaulichkeit im Dünndarm (siDUDP): Gewichtung der Einzelkomponenten nach Anteil im UDP 
    (siDUDPF1 • % des UDPF1 ÷ 100 + … + siDUDPFn • % des UDPFn ÷ 100)
  • UDAA-Verdaulichkeit im Dünndarm (siDUDAA): Gewichtung der Einzelkomponenten nach Anteil in UDAA (siDUDAAF1 • % der UDAAF1 ÷ 100 + … + siDUDAAFn • % der UDAAFn ÷ 100; UDAA = im Pansen nicht abgebaute Aminosäuren aus dem Futter)

2.2 Ermittlung des dünndarmverdaulichen, mikrobiellen Rohproteins

Nach den Empfehlungen der GfE (2023) hängt der Fluss des mikrobiellen Rohproteins (MCP) in den Dünndarm von der Konzentration an verdaulicher organischer Masse (DOM) im Futtermittel ab. Bei Futteraufnahmeniveau 1 (FAN1, für Futtermittelanalytik ausschlaggebend) werden pro kg DOM 150 g MCP gebildet. Der MCP-Fluss in den Dünndarm kann daher mit folgender Gleichung berechnet werden:

Gleichung 2:

MCP [g/kg TM]= 150
 • DOM [g/kg TM]
 ÷ 1.000

MCP = mikrobielles Rohprotein; DOM = verdauliche Organische Masse; TM = Trockenmasse

Die Berechnung der DOM eines Futtermittels erfolgt, indem die Konzentration an OM (berechnet als 1.000 – Konzentration an CA: OM = 1.000 − CA [g/kg TM]) mit der OMD multipliziert wird:

Gleichung 3:

DOM [g/kg TM]= OM [g/kg TM]
 • OMD [%]
 ÷ 100

DOM = verdauliche Organische Masse; OM = Organische Masse; OMD = Verdaulichkeit der Organischen Masse; TM = Trockenmasse

Die Bestimmung der OMD kann im Zuge von in-vivo-Versuchen direkt am Tier (Rind oder Hammel) erfolgen. Da diese Methode jedoch sehr aufwändig ist und einen Tierversuch darstellt, wird die OMD im Regelfall mit Schätz­gleichungen ermittelt, die an in-vivo bestimmten Verdaulichkeiten kalibriert wurden. Zur Berechnung der OMD wurden in GfE (2023) verschiedene Gleichungen für verschiedene Futtermittel empfohlen (siehe S. 30 und 31 in GfE 2023 sowie DLG 2025b). In Tabelle 2 ist angeführt, welche Gleichungen für welche Futtermittel empfohlen werden, eine detailliertere Beschreibung zur Ermittlung der OMD enthält der „Leitfaden zur Berechnung der Energiekonzentration von Einzel- und Mischfuttermitteln für die Schweine- und Wiederkäuerfütterung“ (DLG 2025b).

Tabelle 2: Gleichungen zur Ermittlung der Verdaulichkeit der organischen Masse (OMD) und deren Anwendung bei verschiedenen ­Futtermitteltypen
 

Gleichung – QuelleOMD-Berechnung [%]Verwendung – Futtermittel 
Menke und Steingaß (1987 und 1988) 28,49 + 0,7967 • GB [ml/200 mg TM] + 0,0325 • CP [g/kg TM]Konzentrat-Mischfuttermittel
Menke und Steingaß (1987 und 1988)14,88 + 0,8893 • GB [ml/200 mg TM] + 0,0448 • CP [g/kg TM] 
+ 0,0651 CA [g/kg TM]
Grobfutter- und Konzentratfuttermittel
GfE (2017)81,71 − 0,0711 • ADFom [g/kg OM] + 0,0195 • ELOS [g/kg OM]Grobfutterleguminosen, 
1. Aufwuchs
GfE (2017)95,72 − 0,0859 • ADFom [g/kg OM] + 0,0964 • GB [ml/200 mg OM]Grobfutterleguminosen, 
1. Aufwuchs
GfE (2017)70,77 − 0,0683 • ADFom [g/kg OM] + 0,0302 • ELOS [g/kg OM]Grobfutterleguminosen, 
Folgeaufwüchse
GfE (2017)77,90 − 0,0711 • ADFom [g/kg OM] + 0,2997 • GB [ml/200 mg OM]Grobfutterleguminosen, 
Folgeaufwüchse
GfE (2020)64,45 − 0,03814 • ADFom [g/kg OM] + 0,02677 • ELOS [g/kg OM]Maisprodukte
GfE (2024)12,3 + 0,245 • CL [g/kg OM] + 0,0733 • ELOS [g/kg OM]Grasbetonte Grünlandaufwüchse
GfE (2024)58,3 + 0,0926 • CP [g/kg OM] − 0,0487 • aNDFom [g/kg OM] 
+ 0,502 • GB [ml/200 mg OM]
Grasbetonte Grünlandaufwüchse
GfE (2025)26,9 + 0,0342 • CP [g/kg OM] + 0,0706 • CL [g/kg OM] − 0,0254 
• aNDFom [g/kg OM] + 0,842 • GB [mL/200 mg OM]
Mischfuttermittel

ADFom = Säure-Detergenzien-Faser, aschefrei; OM = Organische Masse; ELOS = Enzymlösliche Organische Substanz; GB = 24 h Gasbildung im Hohenheimer Futterwerttest; CL = Rohfett; CP = Rohprotein; aNDFom = Neutral-Detergenzien-Faser nach Amylase-Behandlung, aschefrei

Unter dünndarmverdaulichem mikrobiellem Protein (sidP aus MCP) versteht man jenen Teil des MCP, der aus Aminosäuren besteht und der tatsächlich dünndarmverdaulich ist (= dünndarmverdauliche mikrobielle Gesamt-Amino­säuren). Der Anteil des Aminosäuren-Stickstoffs im MCP beträgt 78 %, die Dünndarmverdaulichkeit der mikrobiellen Gesamt-Aminosäuren (siDMAA) 85 %. Die Konzentration an sidP aus MCP in einem Futtermittel kann wie folgt berechnet werden:

Gleichung 4:

sidP aus MCP [g/kg TM]= MCP [g/kg TM]
 • 78 [%] ÷ 100
 • 85 [%] ÷ 100

sidP aus MCP = dünndarmverdauliches mikrobielles Protein; MCP = mikrobielles Rohprotein; TM = Trockenmasse

2.3 Ermittlung des dünndarmverdaulichen, im Pansen nicht abgebauten Rohproteins

Für die Ermittlung des UDP benötigt es die Kenntnis der Parameter des Rohproteinabbaus im Pansen:

  • a = rasch abbaubare (lösliche) Fraktion des Futter-Rohproteins [in % des CP]
  • b = potenziell abbaubare Fraktion des Futter-Rohproteins [in % des CP]
  • c = Abbaurate (Abbaugeschwindigkeit) der Fraktion b [in %/h]
  • lag = Verzögerungszeit des ruminalen CP-Abbaus [in h]

Die Analyse dieser Abbauparameter ist nur mit zeit- und kostenaufwändigen Methoden möglich. Daher werden in den meisten Fällen Tabellenwerte aus den in Abschnitt 2.1 genannten Futterwerttabellen heranzuziehen  sein. 

Des Weiteren wird für die Berechnung des UDP die Passagerate (k, in %/h) des Futtermittels durch den Pansen benötigt. Für die Darstellung von UDP auf Basis FAN1 wird empfohlen, folgende Passageraten für die jeweiligen Futtermittelgruppen (DLG 2025c) zu verwenden:

  • Grobfuttermittel:     2,6 %/h bzw. 0,026 h-1
  • Konzentratfuttermittel:     3,5 %/h bzw. 0,035 h-1
  • Saftfuttermittel:     2,9 %/h bzw. 0,029 h-1

Wichtig zu beachten ist, dass bei der Berechnung des effektiven Abbaus des Futter-Rohproteins  (EDG) die Abbaurate c und Passage­rate k in h-1 (z. B. 0,026) eingesetzt werden müssen. Die Verwendung von Abbaurate oder Passagerate in %/h (z. B. 2,6 %/h) führt zu falschen Ergebnissen. Liegt die Abbaurate oder Passagerate in %/h vor, so kann sie durch Division durch 100 in h-1 umgerechnet werden (z. B. c [h-1] = c [%/h] ÷ 100).

Nachdem die Parameter des Rohproteinabbaus (a, b, c, lag) und die Passagerate (k) bekannt sind, ist zunächst der EDG des CP im Pansen zu berechnen: 

Gleichung 5:

EDG [%] = a + ((b • c) ÷ (c + k)) • (e(-k • lag))

EDG = Effektiver Abbau; a = rasch abbaubare CP-Fraktion [in % des CP]; b = potenziell abbaubare CP-Fraktion [in % des CP]; c = Abbaurate der CP-Fraktion b [in h-1]; lag = Verzögerungszeit des ruminalen CP-Abbaus der unlöslichen Fraktion [in h]; k = ruminale Passagerate des Verdauungsbreis [in h-1]

Mithilfe des EDG kann anschließend die Konzentration an im Pansen abgebautem Rohprotein (RDP) eines Futtermittels mit folgender Gleichung berechnet werden:

Gleichung 6:

RDP [g/kg TM]= CP [g/kg TM]
 • EDG [%]
 ÷ 100

RDP = im Pansen abgebautes Rohprotein; CP = Rohprotein; EDG = Effektiver Abbau; TM = Trockenmasse

Aus dieser Gleichung geht auch hervor, dass der EDG gleichzusetzen ist mit dem Anteil des RDP am gesamten Rohprotein (EDG [%] = RDP [%]). Die Menge an CP, die im Pansen nicht abgebaut wird, ist das UDP. Die UDP-Konzentration in einem Futtermittel sowie der Anteil des UDP am gesamten Rohprotein, kann mit folgenden Gleichungen ermittelt werden:

Gleichung 7:

UDP [g/kg TM]= CP [g/kg TM]
 – RDP [g/kg TM]• EDG [%]

UDP = im Pansen nicht abgebautes Futter-Rohprotein; CP = Rohprotein; RDP = im Pansen abgebautes Futter-Rohprotein;
TM = Trockenmasse

Gleichung 8:

UDP [%]= UDP [g/kg TM]
 ÷ CP [g/kg TM]
 • 100

UDP = im Pansen nicht abgebautes Futter-Rohprotein; CP = Rohprotein; TM = Trockenmasse

Wie beim sidP aus MCP ist auch bei der Berechnung des dünndarmverdaulichen, im Pansen nicht abgebauten Proteins (sidP aus UDP) der unverdauliche Teil abzuziehen. Die Verdaulichkeit des UDP (siDUDP) ist variabel, weshalb diese analysiert oder aus Futterwerttabellen (siehe Abschnitt 2.1) entnommen werden muss. Die Konzentration an sidP aus UDP kann wie folgt berechnet werden:

Gleichung 9:

sidP aus UDP [g/kg TM]= UDP [g/kg TM]
 • siDUDP [%]
 ÷ 100

sidP aus UDP = dünndarmverdauliches UDP des Futter-Rohproteins; UDP = im Pansen nicht abgebautes Futter-Rohprotein;
siDUDP = Dünndarmverdaulichkeit des UDP des Futter-Rohproteins; TM = Trockenmasse

Für das UDP wird angenommen, dass es zu 100 % aus Aminosäuren besteht, weshalb eine gesonderte Berücksichtigung
des Anteils an Aminosäuren-Stickstoff (wie bei sidP aus MCP) nicht notwendig ist.

2.4 Ermittlung des dünndarmverdaulichen Proteins

Die Konzentration an dünndarmverdaulichem Protein wird schließlich ermittelt, indem die Konzentrationen an sidP aus MCP und sidP aus UDP aufsummiert werden:

Gleichung 10:

sidP [g/kg TM]= sidP aus MCP [g/kg TM]
 + sidP aus UDP [g/kg TM]

sidP = dünndarmverdauliches Protein; sidP aus MCP = dünndarmverdauliches mikrobielles Protein;
sidP aus UDP = dünndarmverdauliches UDP des Futter-Rohproteins; TM = Trockenmasse

2.5 Aminosäurenbewertung

Die neuen Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen (GfE 2023) enthalten auch Empfehlungen zur Versorgung mit Aminosäuren. Um die Konzentration an dünndarmverdaulichen Aminosäuren (sidAA) berechnen zu können, braucht es Informationen über das Aminosäurenmuster des jeweiligen Futtermittels. Wie bei sidP muss auch bei den sidAA zunächst die Konzentration an MCP und UDP für das jeweilige Futtermittel ermittelt werden (siehe Abschnitt 2.2 und 2.3). Die Zusammensetzung des MCP kann als nahezu konstant betrachtet werden. Aus dem MCP ergibt sich über Multiplikation mit 0,78 die Summe der MAA im mikrobiellen Rohprotein (78 % MAA im MCP). Der Anteil der einzelnen Aminosäuren an den Gesamt-MAA kann Tabelle 3.1 (GfE 2023, S. 71) entnommen werden. Die Konzentration der jeweiligen Aminosäure im MCP und UDP wird wie folgt berechnet (Beispiel für Lysin-Berechnung, gilt analog für alle anderen Aminosäuren):

Gleichung 11:

Lys aus MCP [g/kg TM]= MCP [g/kg TM]
 • 78 [%] ÷ 100
 • Lys in MAA [g/100 g]
 ÷ 100

Lys = Lysin; MCP = mikrobielles Rohprotein; MAA = mikrobielle Gesamt-Aminosäuren; TM = Trockenmasse

Gleichung 12:

Lys aus UDP [g/kg TM]= UDP [g/kg TM]
 • Lys in CP [g/100 g]
 ÷ 100

Lys = Lysin; UDP = im Pansen nicht abgebautes Futter-Rohprotein; CP = Rohprotein; TM = Trockenmasse

Der Anteil der einzelnen Aminosäuren im Futter-CP muss analysiert oder aus Futterwerttabellen (siehe Abschnitt 2.1) entnommen werden. Bei der Berechnung der Konzentration einzelner Aminosäuren im UDP wird angenommen, dass das Aminosäurenmuster des CP und des UDP identisch ist. 

Die Ermittlung der Konzentration an sidAA erfolgt mit denselben Gleichungen wie für sidP. Die Verdaulichkeit der einzelnen Aminosäuren im MCP und UDP kann jedoch variieren, weshalb die Verdaulichkeit der jeweiligen Aminosäure einzusetzen ist (siehe Tabelle A3.2; GfE 2023, S. 274-280):

Gleichung 13:

sidLys aus MCP [g/kg TM]= Lys aus MCP [g/kg TM]
 • siDMLys [%] ÷ 100

Lys = Lysin; sidLys = dünndarmverdauliches Lysin; MCP = mikrobielles Rohprotein; siDMLys = Dünndarmverdaulichkeit des in den MAA enthaltenen Lysins; TM = Trockenmasse

Gleichung 14:

sidLys aus UDP [g/kg TM]= Lys aus UDP [g/kg TM]
 • siDUDLys [%]
 ÷ 100

Lys = Lysin; sidLys = dünndarmverdauliches Lysin; UDP = im Pansen nicht abgebautes Futter-Rohprotein;
siDUDLys = Dünndarmverdaulichkeit des im UDP enthaltenen Lysins; TM = Trockenmasse

Gleichung 15:

sidLys= sidLys aus MCP [g/kg TM]
 + sidLys aus UDP [g/kg TM]

Lys = Lysin; sidLys = dünndarmverdauliches Lysin; MCP = mikrobielles Rohprotein;
UDP = im Pansen nicht abgebautes Futter-Rohprotein; TM = Trockenmasse

3. Anwendung in der Rationsberechnung und -kontrolle

Die grundlegenden Berechnungsschritte sind für die Futtermittelbewertung und die Rationsberechnung identisch. Die wesentlichen Erweiterungen im Vergleich zur Futtermittelbewertung bilden die Berücksichtigung des Futter­aufnahmeniveaus (FAN) sowie die Berechnung der Futteraufnahme und der Futterwertkennzahlen in der Gesamtration. Daher wird in diesem Abschnitt nur noch auf diese Bereiche detailliert eingegangen und ansonsten auf die vorangegangenen Abschnitte verwiesen.

In der Folge wird die Methodik der Rationsberechnung beschrieben. Zunächst wird die sidP-Aufnahme für alle Rationskomponenten getrennt voneinander berechnet. Zum Schluss werden die einzelnen sidP-Aufnahmen der Rationskomponenten zur sidP-Aufnahme der Gesamtration aufsummiert. Es wird darauf hingewiesen, dass abweichende Methoden zu abweichenden Ergebnissen führen können. Um die Vergleichbarkeit von Rationsberechnungen zu gewährleisten, wird daher davon abgeraten, andere als die hier beschriebene Methodik für Rationsberechnungen anzuwenden.

3.1 Festlegung der Rationszusammensetzung und Schätzung der Futteraufnahme

Als erste Schritte sind die verfügbaren Grobfutteranteile und -qualitäten sowie die Art und Menge der Konzentrat­futtergabe abzuklären. Des Weiteren braucht es auch eine Schätzung der Futteraufnahme (TM-Aufnahme) der Milchkühe. Für laktierende Kühe werden die Futteraufnahme-Schätzgleichungen von Gruber et al. (2004) empfohlen, welche in GfE (2023) auf Seite 281 angeführt sind. Für die Schätzung der Futteraufnahme nach Gruber et al. (2004) wird die Menge in kg TM bzw. der Anteil der Konzentratfuttermittel in der Ration (in % der TM) benötigt. Saftfuttermittel sind den Konzentratfuttermitteln zuzurechnen (siehe auch DLG 2006). Für die Ermittlung der Futteraufnahme von Trockenstehern finden sich in GfE (2023) auf Seite 94 die entsprechenden Schätzgleichungen. Bei Fleckvieh sollte die Gleichung für Holstein Verwendung finden (Spiekers 2025). Durch Multiplikation des prozentualen Anteils der Rationskomponenten in der Gesamtration mit der gesamten TM-Aufnahme kann die TM-Aufnahme jeder einzelnen Rationskomponente (RK) ermittelt werden (z. B. TM-AufnahmeRK1 = TM-AnteilRK1 • TM-Aufnahmegesamt). Diese TM-Aufnahmen der einzelnen Rationskomponenten werden bei der Berechnung der Proteinaufnahme benötigt.

3.2 Ermittlung des Futteraufnahmeniveaus

Mithilfe der zuvor ermittelten Futteraufnahme kann das FAN abgeleitet werden. Nach GfE (2023) wurde das FAN1 mit einer (täglichen) TM-Aufnahme von 50 g pro Einheit metabolischer Körpergröße [in kg0,75 KM] definiert, dies entspricht bei einer Körpermasse von 650 kg einer (täglichen) TM-Aufnahme von 6,5 kg. Das FAN bei einer beliebigen TM-Aufnahme lässt sich somit wie folgt berechnen:

Gleichung 16:

FAN= TM-Aufnahme [kg/Tag]
 ÷ (kg0,75 KM • 50 [g] ÷ 1.000)

FAN = Futteraufnahmeniveau; TM = Trockenmasse; KM = Körpermasse; kg0,75 = metabolische Körpergröße

Sollte die Körpermasse der Milchkühe nicht bekannt sein, wird empfohlen, 700 kg als Standardwert anzunehmen.

In der Proteinbewertung (siehe Abschnitt 2) hat das FAN keine Bedeutung, da die Proteinbewertung ausschließlich auf FAN1 erfolgt. Eine Anpassung diverser Futterwertkennzahlen (z. B. MCP, UDP) in der Futtermittelanalytik wäre theoretisch möglich. Um umfangreiche Informationen zu liefern, wäre es notwendig, die Futterwertkennzahlen für verschiedene FAN anzugeben. Das würde zu einer „Überfüllung“ von Analyseergebnissen, Futtermitteldeklarationen und Futterwerttabellen führen. Deshalb und aus Gründen der Einheitlichkeit und Transparenz wird empfohlen, die Futterwertkennzahlen nur für das FAN1 anzugeben. Die Anpassung des FAN erfolgt ausschließlich im Zuge der Rationsberechnung, da es nur hier möglich ist, die Futterwertkennzahlen stufenlos an das FAN anzupassen.

3.3 Anpassung der Konzentration an dünndarmverdaulichem, mikrobiellem Rohprotein an das Futteraufnahmeniveau

Zur Berechnung des MCP-Flusses in den Dünndarm braucht es die Kenntnis der OMD der einzelnen Rationskomponenten. Da die OMD bei Wiederkäuern stark von der Futteraufnahme abhängig ist, bedarf es einer Anpassung der OMD auf das jeweilige FAN (FANi), für das die Rationsberechnung erfolgen soll. Diese Anpassung kann mit folgender Gleichung durchgeführt werden: 

Gleichung 17:

OMDFANi= OMDFAN1
 – (1,5 + 0,05 • (OMDFAN1 − 65))
 • (FANi – 1)

OMDFANi = Verdaulichkeit der Organischen Masse bei realisiertem Futteraufnahmeniveau i;
OMDFAN1 = Verdaulichkeit der Organischen Masse bei Futteraufnahmeniveau 1; FANi = realisiertes Futteraufnahmeniveau

Die OMDFAN1 entspricht dabei der OMD bei FAN1 (auf Analyseergebnissen oder in Futterwerttabellen ersichtlich) und die OMDFANi der OMD bei dem jeweils errechneten FAN. Anschließend kann die DOMFANi-Konzentration mit Gleichung 3 (Abschnitt 2.2) berechnet werden.

Als nächster Schritt ist der MCP-Fluss in den Dünndarm zu berechnen. Der MCP-Fluss in den Dünndarm ist von der DOM-Konzentration im Futtermittel und von der TM-Aufnahme bzw. vom Futteraufnahmeniveau (FAN) abhängig. Bis 22 kg TM-Aufnahme (bei einer Kuh mit 650 kg Körpermasse) bzw. FAN3,4 beträgt der MCP-Fluss konstant 150 g/kg DOM. Mit weiter steigendem FAN erhöht sich der MCP-Fluss pro kg DOM (MCP/DOM). Über FAN3,4 kann der MCP-Fluss pro kg DOM wie folgt berechnet werden:

Gleichung 18:

MCP/DOM [g/kg]= – 11
 + 47,1 • FANi

MCP = mikrobielles Rohprotein; DOM = verdauliche Organische Masse; FANi = realisiertes Futteraufnahmeniveau

Zu beachten ist, dass 180 g MCP/kg DOM als Höchstwert für den MCP-Fluss in den Dünndarm festgelegt wurde. Sollte das Ergebnis aus Gleichung 18 über 180 ansteigen, so ist 180 als Wert für MCP/DOM einzusetzen. Anschließend kann der MCP-Fluss in den Dünndarm (in g/kg TM) wie folgt berechnet werden:

Gleichung 19:

MCP [g/kg TM]= MCP/DOM [g/kg]
 • DOMFANi [g/kg TM]
 ÷ 1.000

MCP = mikrobielles Rohprotein; DOM = verdauliche Organische Masse; DOMFANi = verdauliche Organische Masse bei realisiertem Futteraufnahmeniveau i; TM = Trockenmasse

In weiterer Folge kann die Konzentration an sidP aus MCP in den einzelnen Rationskomponenten mit Gleichung 4 berechnet werden. Ebenso ist auch bei der Berechnung von sidAA aus MCP das an das FAN angepasste MCP einzusetzen (siehe Gleichungen 11 und 13).

3.4 Anpassung der Konzentration an dünndarmverdaulichem, im Pansen nicht abgebautem Rohprotein an das Futteraufnahmeniveau

Die Anpassung der Konzentration an UDP und sidP aus UDP an das FAN erfolgt über die Anpassung der Passagerate. Für die Anpassung der Passagerate wurden Regressionsgleichungen aus den Werten in Tabelle 3.3 (Seite 77) in GfE (2023) abgeleitet, wobei zwischen Grob- (GF), Konzentrat- (KF) und Saftfuttermitteln (SF) unterschieden wird:

Gleichung 20:

kFANi (GF) [h-1]= (1,7286 + 0,8857 * FANi)
 ÷ 100

Gleichung 21:

kFANi (KF) [h-1]= (2,2357 + 1,2429 * FANi)
 ÷ 100

Gleichung 22:

kFANi (SF) [h-1]= (1,9607 + 0,9643 * FANi)
 ÷ 100

kFANi = ruminale Passagerate des Verdauungsbreis bei realisiertem Futteraufnahmeniveau i; FANi = realisiertes Futteraufnahmeniveau i;
GF = Grobfutter; KF = Konzentratfutter; SF = Saftfutter

3.5 Ermittlung der Aufnahme an dünndarmverdaulichem Protein

Die an das FAN angepassten Konzentrationen an sidP aus MCP und sidP aus UDP ergeben wiederum die sidP-Konzentration der einzelnen Rationskomponenten (siehe Gleichung 10). Daran anschließend kann die sidP-Aufnahme für jede einzelne Rationskomponente (RK) berechnet werden, indem man die sidP-Konzentration mit der jeweiligen TM-Aufnahme multipliziert:
 

Gleichung 23:

sidP-AufnahmeRK1 [g/d]= sidPRK1 [g/kg TM]
 • TM-AufnahmeRK1 [kg/d]

sidP = dünndarmverdauliches Protein; RK = Rationskomponente; TM = Trockenmasse

Abschließend kann durch Aufsummierung aller Rationskomponenten die sidP-Aufnahme aus der Gesamtration
berechnet werden:

Gleichung 24:

sidP-Aufnahmegesamt [g/d]= Σ sidP-AufnahmeRKi [g/d]

sidP = dünndarmverdauliches Protein; RK = Rationskomponente

Auf dieselbe Weise kann auch die Aufnahme einzelner dünndarmverdaulicher Aminosäuren (sidAA) sowie die CP-, DOM-, MCP-, RDP- und UDP-Aufnahme ermittelt werden.

3.6 Ermittlung von Rationskennzahlen

Die Konzentrationen an CP, DOM, MCP, RDP, UDP und sidP (sowie weiteren Nährstoffen) in der Gesamtration können durch Division der Aufnahme der jeweiligen Fraktion durch die TM-Aufnahme ermittelt werden (Beispiel CP):

Gleichung 25:

CP [g/kg TM]= CP-Aufnahme [g/d]
 ÷ TM-Aufnahme [kg/d]

CP = Rohprotein; TM = Trockenmasse

Bei jenen Kennzahlen, die in % angegeben sind (OMD, UDP-Anteil, UDPD) kann der Anteil in der Gesamtration
folgendermaßen berechnet werden:

Gleichung 26:

OMD [% der OM]= DOM [g/d]
 ÷ OM [g/d]
 • 100

OMD = Verdaulichkeit der Organischen Masse; OM = Organische Masse; DOM = verdauliche Organische Masse

Gleichung 27:

UDP [% des CP]= UDP [g/d]
 ÷ CP [g/d]
 • 100

UDP = im Pansen nicht abgebautes Futter-Rohprotein; CP = Rohprotein

Gleichung 28:

siDUDP [% des UDP]= sidP aus UDP [g/d]
 ÷ UDP [g/d]
 • 100

siDUDP = Dünndarmverdaulichkeit des UDP des Futter-Rohproteins; sidP aus UDP = dünndarmverdauliches UDP des FutterRohproteins; UDP = im Pansen nicht abgebautes Futter-Rohprotein

3.7 Ermittlung der ruminalen mikrobiellen Differenz

Zur Beurteilung der Versorgung der Pansenmikroben mit Rohprotein bzw. Stickstoff wird die ruminale mikrobielle Differenz (RMD = Differenz aus RDP und MCP) einer Ration als Differenz des im Pansen abgebauten Rohproteins (RDP) und des mikrobiellen Rohproteins (MCP) mit folgender Gleichung berechnet und i. d. R. als N (CP ÷ 6,25) angegeben:

Gleichung 29:

RMD [g N/kg TM]= (RDP [g/kg TM]
 − MCP [g/kg TM])
 ÷ 6,25

RMD = ruminale mikrobielle Differenz; RDP = im Pansen abgebautes Futter-Rohprotein; MCP = mikrobielles Rohprotein; TM = Trockenmasse

3.8 Ermittlung des Proteinbedarfs

Der „Netto“-Proteinbedarf einer Milchkuh setzt sich aus unvermeidlichen Stickstoffverlusten über Kot, Harn und Oberfläche (z. B. Haut, Klauen) sowie aus dem Körperproteinansatz im Zuwachs und während der Trächtigkeit sowie der Milchproteinabgabe zusammen (GfE 2023). 

Die Höhe der unvermeidlichen Verluste an Kot-Stickstoff (OFN) sind von der TM-Aufnahme der Kühe abhängig. Bei der Ermittlung des Bedarfs an sidP für OFN ist zu berücksichtigen, dass zunächst die Stickstoffverluste durch Multiplikation mit 6,25 in Rohprotein umgerechnet werden müssen (dies gilt auch für Verluste über Harn und Körperoberfläche). Des Weiteren ist zu beachten, dass „nur“ 72 % des über den Kot verlorenen Stickstoffs Aminosäuren sind und dass das sidP nur zu 70 % im Stoffwechsel der Kuh verwertet wird. Somit kann der Bedarf an sidP für OFN wie folgt berechnet werden:

Gleichung 30:

sidP-Bedarf für OFN [g/d]= 3,0 • TM-Aufnahme [kg/d]
 • 6,25
 • (72 [%] ÷ 100)
 ÷ (70 [%] ÷ 100)

sidP = dünndarmverdauliches Protein; OFN = unvermeidlicher Kot-N-Verlust; TM = Trockenmasse

Die unvermeidlichen Verluste an Harn-Stickstoff (OUN) hängen von der Körpermasse (KM) der Milchkühe ab. Im Harn macht der Aminosäuren-Stickstoff 78 % des Gesamt-Stickstoffs in Bezug auf OUN aus. Da dieser Harn-Stickstoff aus körpereigenen Stickstoffverbindungen stammt, ist in diesem Fall die Verwertung des Stickstoffs im Stoffwechsel nicht zu berücksichtigen. Die Gleichung für die Ermittlung des sidP-Bedarfs für OUN ist somit:

Gleichung 31:

sidP-Bedarf für OUN [g/d]= 0,05 • KM [kg]
 • 6,25
 • (78 [%] ÷ 100)

sidP = dünndarmverdauliches Protein; OUN = unvermeidlicher Harn-N-Verlust; KM = Körpermasse

Für die Berechnung der Körperoberflächenverluste (SN) ist die metabolische Körpergröße (kg0,75) ausschlaggebend. Die Oberflächenverluste bestehen zu 100 % aus Aminosäuren-N, weshalb hierfür bei der Berechnung des sidP-Bedarfs für SN keine Korrektur nötig ist. Wie schon beim Kot ist auch hier die Verwertung des sidP im Stoffwechsel (70 %) zu berücksichtigen:

Gleichung 32:

sidP-Bedarf für SN [g/d]= 0,02 • kg0,75 KM
 • 6,25
 ÷ (70 [%] ÷ 100)

sidP = dünndarmverdauliches Protein; SN = N-Verlust über die Körperoberfläche; kg0,75 = metabolische Körpergröße

Der Bedarf für die Bildung von Milchprotein hängt von der Milchleistung und von der Milchproteinkonzentration ab. Bei der Berechnung des sidP-Bedarfs wird zunächst das Milchprotein in Milchstickstoff umgerechnet, indem die Milchproteinkonzentration (in g/kg) durch 6,38 dividiert wird. Der Faktor 6,38 ergibt sich daraus, dass Milchprotein im Durchschnitt 15,7 % Stickstoff enthält (100 ÷ 15,7 = 6,38). Weiterhin werden die Nicht-Protein-Stickstoffverbindungen (5 % des Milchproteins, vor allem Harnstoff) von der Milchstickstoffkonzentration abgezogen, indem die Milchstickstoffkonzentration mit dem Anteil des Aminosäuren-Stickstoffs (95 %) multipliziert wird. Abschließend ist der Stickstoffbedarf durch Multiplikation mit 6,25 wieder in den Bedarf an Rohprotein umzurechnen und die Verwertung des sidP im Stoffwechsel (70 %) bei der Berechnung zu berücksichtigen:

Gleichung 33:

sidP-Bedarf für Milchprotein [g/d]= (Milchprotein [%] • 10) ÷ 6,38
 • Milch [kg/d]
 • (95 [%] ÷ 100)
 • 6,25
 ÷ (70 [%] ÷100)

sidP = dünndarmverdauliches Protein
Bei Trockenstehern besteht kein sidP-Bedarf für Milchprotein.

Der Bedarf für die Trächtigkeit ist von der Trächtigkeitsdauer (in Tagen) abhängig. Der tägliche trächtigkeitsbedingte Proteinansatz wird mit Hilfe einer Exponentialfunktion ermittelt. Beim Proteinansatz für Trächtigkeit können nur 30 % des aufgenommenen sidP verwertet werden, was bei der Berechnung des sidP-Bedarfs für Trächtigkeit berücksichtigt werden muss:

Gleichung 34:

sidP-Bedarf für Trächtigkeit [g/d]= 12,1156 • e(0,0108 • Trächtigkeitstag)
 ÷ (30 [%] ÷ 100)

sidP = dünndarmverdauliches Protein
Bei nicht trächtigen Kühen ist kein sidP-Bedarf für die Trächtigkeit anzusetzen

Ein Bedarf für Wachstum besteht vor allem in der ersten Laktation. In den Folgelaktationen nehmen Kühe in den ersten Monaten nach der Kalbung ab, weshalb in diesem Fall kein Proteinbedarf für Wachstum besteht. Der Proteinansatz für Wachstum hängt von der Körpermassezunahme ab. Der Verwertungskoeffizient von sidP für Wachstum beträgt bei laktierenden Kühen 70 % (bei Trockenstehern: 40 %), woraus sich folgende Gleichung für die Berechnung des sidP-Bedarfs für Wachstum bei noch wachsenden, laktierenden Kühen ergibt:

Gleichung 35:

sidP-Bedarf für Wachstum [g/d]= 0,138 • KM-Zuwachs [g/d]
 ÷ (70 [%] ÷ 100)

sidP = dünndarmverdauliches Protein; KM = Körpermasse
Bei Körpermasse-Abnahme (negativer Körpermasse-Zuwachs) ist kein sidP-Bedarf für Wachstum zu kalkulieren.

Abschließend kann der sidP-Gesamtbedarf durch Aufsummierung der Teilbedarfszahlen errechnet werden:

Gleichung 36:

sidP-Bedarfgesamt= sidP-Bedarf für OFN
 + sidP-Bedarf für OUN
 + sidP-Bedarf für SN
 + sidP-Bedarf für Milchprotein
 + sidP-Bedarf für Trächtigkeit
 + sidP-Bedarf für Wachstum

sidP = dünndarmverdauliches Protein; OFN = unvermeidlicher Kot-N-Verlust; OUN = unvermeidlicher Harn-N-Verlust;
SN = N-Verlust über die Körperoberfläche

3.9 Ermittlung des Aminosäurenbedarfs

Die Ermittlung des Bedarfs an einzelnen Aminosäuren erfolgt nach demselben Schema wie für den Proteinbedarf. Der Verwertungskoeffizient der sidAA für OFN, SN und Milchprotein, unterscheidet sich jedoch zwischen den einzelnen Aminosäuren. Die Verwertungskoeffizienten der essenziellen Aminosäuren sind in Tabelle 3.2 (Seite 75) in GfE (2023) angeführt. Bei der Ermittlung des sidAA-Bedarfs für Trächtigkeit und Wachstum sind dieselben Verwertungskoeffizienten wie bei der Berechnung des sidP-Bedarfs zu verwenden (keine Unterscheidung zwischen Aminosäuren).
 

Tabelle 3: Aminosäurenmuster der für die Ableitung des Bedarfs berücksichtigten Proteinfraktionen (nach Tabelle 3.1 auf Seite 71 in GfE 2023)

AminosäureMikrobielles
Protein
Unverm.
Verluste
Kot
Unverm.
Verluste
Harn
Oberflächen-
verluste
LeerkörperMilchproteinUterus und Fötus1

g/100 g Protein

Alanin6,96,11,77,66,73,64,0
Arginin5,45,62,17,88,03,712,3
Asparaginsäure13,27,531,07,18,08,10,0
Cystein1,92,90,42,01,30,91,6
Glutaminsäure14,715,09,012,013,522,611,8
Glycin5,47,840,416,59,92,01,7
Histidin2,13,30,61,42,52,92,3
Isoleucin6,04,90,92,33,26,212,5
Leucin8,57,11,95,77,310,67,6
Lysin8,77,11,84,56,88,88,3
Methionin2,61,70,51,11,93,02,1
Phenylalanin5,94,41,02,93,95,34,5
Prolin4,08,53,216,012,510,36,6
Serin4,96,91,24,94,66,71,3
Threonin5,86,91,03,24,24,64,9
Tryptophan1,71,70,30,61,11,71,2
Tyrosin5,64,70,82,12,85,84,8
Valin6,26,51,23,74,46,912,5

1 Die Aminosäurenmuster für den Ansatz in Uterus und Fötus wurden aus Arbeiten von Chung et al. (1998) und Cao et al. (2021) entnommen. Die in dieser Tabelle dargestellten Werte entsprechen dem Durchschnitt der Werte für uterinen und umbilikalen Ansatz in Cao et al. (2021).

Zudem ist der sidP-Bedarf für die verschiedenen Verluste bzw. Ansätze mit dem Anteil der jeweiligen Aminosäure im Protein zu multiplizieren. Der Anteil der einzelnen Aminosäuren am Protein variiert je nach Art des Verlustes bzw. Ansatzes. Die Anteile der Aminosäuren am Gesamtprotein sind in Tabelle 3 dargestellt.
Beispielhaft wird in der Folge die Gleichung zur Ermittlung des Bedarfs an dünndarmverdaulichem Lysin (sidLys) für die Milchbildung angeführt. Der Anteil von Lysin im Milchprotein beträgt 8,8 % und der Verwertungskoeffizient von Lysin 72 %, weshalb sich für die Berechnung des Lysinbedarfs für die Milchbildung folgende Gleichung ergibt:

Gleichung 37:

sidLys für Milchbildung [g/d]= ((Milchprotein [%] • 10) ÷ 6,38
 • Milch [kg/d]
 • (95 [%] ÷ 100)
 • 6,25
 ÷ (72 [%] ÷ 100))
 • (8,8 [%] ÷ 100)

sidLys = dünndarmverdauliches Lysin

Analog dazu kann auch für alle weiteren Verluste und Ansätze der Bedarf aller essenziellen Aminosäuren berechnet werden. Durch Aufsummierung kann wiederum der Gesamtbedarf für jede Aminosäure ermittelt werden.

3.10 Sicherstellung der N-Versorgung der Pansenmikroben durch Einstellung der RMD

In der Gesamtration kann die N-Bereitstellung (RDP) in den Vormägen problemlos auf 90 % des von den Mikroben eingebauten N (MCP) abgesenkt werden. Hierbei ist die zusätzliche Bereitstellung von N aus dem ruminohepatischen Kreislauf nach GfE (2023) berücksichtigt. 

Derzeit liegen nur wenige Studien zur quantitativen Schätzung des Einbaus von rezykliertem Harnstoff-N in bakte­riell gebundenen N vor, daher ist es erforderlich, die Effekte einer negativen RMD eingehender mit unterschied­lichen Rationen in verschiedenen Laktationsstadien der Tiere zu untersuchen (GfE 2023). Die weitere Forschung kann so zu einer zukünftig besseren Schätzung und zur Festlegung von Zielwerten beitragen. 

4. Berechnungsbeispiel

Ergänzend zu diesem Leitfaden wird auch ein Berechnungsbeispiel zur Verfügung gestellt. Dieses kann unter folgendem Link abgerufen werden: www.dlg.org/landwirtschaft/tierhaltung/futtermittelnet. 

An dieser Stelle soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass in diesem Leitfaden alle Berechnungen auf Basis TM vorgenommen und die Ergebnisse zur Anwendung in der Fütterungspraxis auf Frisch- bzw. Original­masse umgerechnet werden müssen.

5. Abschließende Bemerkungen

Dieser Leitfaden stellt eine Ergänzung zu den „Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Milch­kühen“ (GfE 2023) dar und soll vor allem als Unterstützung für die Etablierung der neuen Futtermittelbewertung sowie der neuen Rationsberechnung und -kontrolle dienen. Der Leitfaden ersetzt jedoch nicht das Studium des Buches, das die wissenschaftlichen Hintergründe für die gewählte Methodik im Detail beschreibt. Unternehmen, Laboren, Beratungsunternehmen sowie Forschungs- und Bildungseinrichtungen wird dringend empfohlen, sich bei der Umsetzung der neuen Empfehlungen im eigenen Bereich an diesen Leitfaden zu halten. Dieser von anerkannten Experten der Tierernährung unter Beteiligung von Wirtschaft, Beratung, Wissenschaft und Analytik erstellte Leitfaden soll sicherstellen, dass eine einheitliche und sachgerechte Umsetzung der Empfehlungen erfolgt. Nur so kann gewährleistet werden, dass Futtermittelanalyseergebnisse oder Rationsberechnungen von verschiedenen Institutionen zum gleichen Ergebnis kommen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine hohe Transparenz und breite Akzeptanz der neuen Methodik in der Praxis und somit für die weitere Verbesserung der Effizienz und Ökonomik in der Milchkuhhaltung. 

6. Quellenverzeichnis

  • Calsamiglia S, Stern MD 1995. A three-step in vitro procedure for estimating intestinal digestion of protein in ruminants. J. Anim. Sci. 73:1459-1465.
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  • Chung M, Teng C, Timmerman M, Meschia G, Battaglia FC 1998. Production and utilization of amino acids by ovine placenta in vivo. Am. J. Physiol. – Endocrinol. Metab. 274:E13-E22.
  • DIN [Deutsches Institut für Normung] 2004. Futtermittel, tierische Produkte und Kot oder Urin – Bestimmung des effektiven Brennwerts – Verfahren mit der kalorimetrischen Bombe. DIN EN ISO 9831:2004-02, Berlin.
  • DLG [Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft] 2006. Schätzung der Futteraufnahme bei der Milchkuh. DLG-Information 1/2006, DLG e.V., Frankfurt am Main. 
  • DLG [Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft] 2025a. DLG-Futterwerttabellen Wiederkäuer, DLG e.V., Frankfurt am Main.
  • DLG [Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft] 2025b. Leitfaden zur Berechnung der Energiekonzentration von Einzel- und Mischfuttermitteln für die Schweine- und Wiederkäuerfütterung. DLG-Merkblatt 503, DLG e.V., Frankfurt am Main.
  • DLG [Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft] 2025c. Rationsoptimierung und Fütterungskontrolle bei Milchkühen. DLG-Information 01|2025, DLG e.V., Frankfurt am Main, in Vorbereitung. 
  • GfE [Gesellschaft für Ernährungsphysiologie] 1991. Leitlinien für die Bestimmung der Verdaulichkeit von Rohnährstoffen an Wiederkäuern. J. Anim. Physiol. Anim. Nutr. 65:229-234.
  • GfE [Gesellschaft für Ernährungsphysiologie] 2001. Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere No. 8. Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Milchkühe und Aufzuchtrinder. DLG-Verlag, Frankfurt am Main.
  • GfE [Gesellschaft für Ernährungsphysiologie] 2017. Gleichungen zur Schätzung der Umsetzbaren Energie und der Verdaulichkeit der ­Organischen Substanz von Grobfutterleguminosen für Wiederkäuer. Proc. Soc. Nutr. Physiol. 26:194-202.
  • GfE [Gesellschaft für Ernährungsphysiologie] 2020. Gleichungen zur Schätzung der Umsetzbaren Energie und der Verdaulichkeit der ­Organischen Masse von Maisprodukten für Wiederkäuer. Proc. Soc. Nutr. Physiol. 29:171-175.
  • GfE [Gesellschaft für Ernährungsphysiologie] 2022. Recommended protocol for the determination of nutrient disappearance in situ for ­estimation of ruminal degradation. Proc. Soc. Nutr. Physiol. 31:177-189.
  • GfE [Gesellschaft für Ernährungsphysiologie] 2023. Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere Nr. 12. Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen, DLG-Verlag, Frankfurt am Main.
  • GfE [Gesellschaft für Ernährungsphysiologie] 2024. Gleichungen zur Schätzung der Verdaulichkeit der Organischen Masse von grasbetonten Grünlandaufwüchsen für Wiederkäuer. Proc. Soc. Nutr. Physiol. 33:155-160.
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  • Gruber L, Schwarz FJ, Erdin D, Fischer B, Spiekers H, Steingaß H, Meyer U, Chassot A, Jilg T, Obermaier A, Guggenberger T 2004. Vorher­sage der Futteraufnahme von Milchkühen – Datenbasis von 10 Forschungs- und Universitätsinstituten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. 116. VDLUFA-Kongress, Rostock, 13.-17.09.2004, Kongressband, 484-504.
  • Hvelplund T, Weisbjerg MR, Andersen LS 1992. Estimation of the true digestibility of rumen undegraded dietary protein in the small intestine of ruminants by the mobile bag technique. Acta Agric. Scand. A Anim. Sci. 42:34-39.
  • Menke K-H, Steingaß H 1987. Schätzung des energetischen Futterwerts aus der in vitro mit Pansensaft bestimmten Gasbildung und der chemischen Analyse. II. Regressionsgleichungen. Übers. Tierernährg. 15:59-94.
  • Menke K-H, Steingaß H 1988. Estimation of the energetic feed value obtained from chemical analysis and in vitro gas production using rumen fluid. Anim. Res. Development, 28:7-55. 
  • Spiekers H 2025. Futteraufnahme für die Rationsplanung abschätzen. Milchpraxis 59(3):30-31.
  • Titze N, Wild K, Gresner N, Südekum K-H, Rodehutscord M 2024. Zusammenstellung von Literaturdaten zum ruminalen Abbau des Roh­proteins. https://zenodo.org/record8245758.
  • VDLUFA [Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten] 2012. Handbuch der landwirtschaftlichen Versuchs- und Untersuchungsmethodik (Methodenbuch des VDLUFA), Bd. III. Die chemische Untersuchung von Futtermitteln. VDLUFA-Verlag, Darmstadt.
  • VO (EG) 152/2009. Verordnung (EG) Nr. 152/2009 der Kommission vom 27. Januar 2009 zur Festlegung der Probenahmeverfahren und Analysemethoden für die amtliche Untersuchung von Futtermitteln (Text von Bedeutung für den EWR). ABl. L 54:1-130.

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