Interview

Bodenverdichtungen beheben

Auf vielen Flächen haben die letzten zwei feuchten Jahre ihre Spuren hinterlassen. Das extrem trockene Frühjahr gab schnell Hinweise für Bodenverdichtungen. Den richtigen Umgang mit diesen Flächen erläutert uns der Bodenexperte Florian Ebertseder von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Freising. Der folgende Beitrag ist im Getreidemagazin # 4 vom Juli 2025, eine Publikation des DLG-Verlages, erschienen.  

Zu Beginn würde mich interessieren, warum Bodenverdichtungen so eine große Auswirkung haben. 

Florian Ebertseder: Bodenverdichtung entsteht durch Druckeinwirkung (Gewicht), wodurch Bodenporen zusammengedrückt werden. Dies verringert den Porenraum, was die Speicherung von Wasser und Nährstoffen sowie das Wurzelwachstum einschränkt. Kleinere Poren erhöhen die Saugspannung, die Pflanzen aufbringen müssen, um Wasser aufzunehmen. Dadurch steigt der Anteil an sogenanntem Totwasser – Wasser, das für Pflanzen nicht verfügbar ist.

Verdichtete Böden wirken zudem wie eine Barriere: Wurzeln können nicht in tiefere, wasserführende Schichten vordringen, besonders problematisch in Trockenzeiten. Der verdichtete Bereich wird auch von Regenwürmern gemieden. Beides reduziert die Bodenfruchtbarkeit und die Ertragsfähigkeit. Massive Verdichtungen gehen mit extremen Ertragsdepressionen einher.

Verdichteter Boden
Bei Überfahrten auf nassen Böden entstehen schnell tief liegende Verdichtungen, die schwer zu beheben sind. Foto: Landpixel

Die häufigen Nassphasen der letzten Jahre hatten zur Folge, dass die Flächen zum Teil unter grenzwertigen Bedingungen befahren wurden. Führt jede dieser Überfahren direkt zu Schäden? 

Ebertseder: Jede Überfahrt mit landwirtschaftlichen Maschinen kann Bodenverdichtungen verursachen. Das Ausmaß hängt von Faktoren wie Häufigkeit der Überfahrten, Gewicht der Maschinen, Lastverteilung und dem aktuellen Bodenzustand ab. Häufig gibt es dadurch im Wendebereich mehr Verdichtungen. Besonders kritisch ist das Befahren bei nassen Bedingungen. Neben der Schwerkraft wirken hier auch Scherkräfte (Reibung), die zusätzlich Verschlämmungen bewirken. Wenn in den eng getakteten Zeitfenstern das Wetter nicht das hergibt, was es soll, wird auch mal zu Bedingungen in Flächen gefahren, die Verdichtungen begünstigen – zu feucht und mit zu schweren Maschinen. Dies führt zu tief liegenden Verdichtungsschäden, die schwer zu beheben sind.

Doch auch unter guten Voraussetzungen können Verdichtungen entstehen – vor allem durch den Trend zu größeren und schwereren Maschinen. Besonders anfällig für Verdichtungen sind sandige Böden. Jedoch lassen sich diese im Vergleich zu Verdichtungen auf tonigen Böden leichter wieder regenerieren.

Langfristig müssen wir zu den alten  landwirtschaftlichen Tugenden zurückkommen,  um die Ertragsfähigkeit der Böden zu erhalten.“

Florian Ebertseder

Wie kann man Verdichtungen vorbeugen bzw. verhindern? 

Ebertseder: In der modernen Landwirtschaft lässt sich Bodenverdichtung kaum vollständig vermeiden. Jedoch können wir das Ausmaß durch pflanzenbauliche und technische Maßnahmen beeinflussen. Eine standortangepasste Bewirtschaftung mit Blick auf Bodenstruktur, Bodenleben und Wasserhaltefähigkeit ist die beste Voraussetzung, die Tragfähigkeit des Bodens zu verbessern. Ein Versuch mit Begrünung von Fahrstreifen und Vorgewende im Kartoffelanbau zeigt deutlich, dass durchwurzelte Böden Belastungen besser abpuffern können. Es gibt Planungstools, die den Landwirt zusätzlich unterstützen, indem sie auf Basis von Bodenart und Wetterbedingungen Empfehlungen geben, wann und wie befahren werden sollte.

Technische Lösungen wie geringere Last, breitere Reifen und Reifendruckregelanlagen können ebenfalls helfen, die Belastung zu verteilen und die Verdichtung zu verringern. Dies wird oft als Druckzwiebel dargestellt. Ziel soll eine eher flache und breite statt schmale und tiefe „Zwiebel“ sein. Ein weiterer Ansatz besteht darin, die Verdichtungen auf einen definierten Bereich zu konzentrieren. Über GPS-gestütztes Fahren auf festen Fahrspuren (Controlled Traffic Farming) können alle Überfahrten auf wenige Fahrspuren mit Verdichtungen reduziert werden. So bleibt der übrige Boden unverdichtet – vergleichbar mit einem Pizzateig, bei dem nur einzelne Stellen mit dem Finger eingedrückt werden, während der Rest fluffig bleibt. Diese Technik erfordert jedoch hohe logistische Planung, technische Ausstattung und Koordination aller Maschinen. Daher ist sie vor allem für größere Betriebe wirtschaftlich umsetzbar. Kleinere Betriebe nutzen oft überbetriebliche Maschinen, was die Umsetzung erschwert.

Florian Ebertseder, Arbeitsgruppenleiter Bodenphysik, Erosionsschutz und Bodenmonitoring beim LfL in Freising.Foto: LfL

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Was kann der Landwirt machen, wenn er auf einer Fläche Verdichtungen vermutet? Wie Erfolg versprechend ist das Verfahren? 

Ebertseder: Die Tiefe und Ausprägung der Bodenverdichtungen sind entscheidend für die Sanierungsdauer und den Erfolg pflanzenbaulicher Maßnahmen. Besonders tief liegende Verdichtungen (50–80 cm) sind problematisch, da sie mit konventioneller Bewirtschaftung kaum zu beheben sind und sich meist erst in Dürreperioden bemerkbar machen.

Die Regenerationsdauer hängt stark von der Bodenart ab: Tonreiche Böden benötigen deutlich länger als sandige. Verdichtungen in der Pflugsohle (0–30 cm) lassen sich vergleichsweise schnell in wenigen Jahren lockern. Tiefer liegende Verdichtungen hingegen benötigen Zeit zur Regeneration, hier sind eher zehn Jahre oder mehr notwendig.

Es gibt technische Hilfsmittel zur Feststellung der Verdichtungstiefe und -intensität. Bald könnten Satellitentechnologien hinzukommen. Doch für die Praxis empfiehlt sich die Spatendiagnose. Hier wird der Bodenzustand, also Struktur, Festigkeit, Farbe und Wurzelanteil, der ersten 35 cm betrachtet. So lernt man seine Flächen besser kennen und nimmt Veränderungen wahr. 

Welche Möglichkeiten gibt es, die Verdichtungen pflanzenbaulich zu beheben? 

Ebertseder: Ein Boden regeneriert sich nicht von selbst – er ist auf die Aktivität von Bodenleben und Pflanzen angewiesen. Um die Bodenstruktur langfristig zu verbessern, ist eine Rückbesinnung auf alte landwirtschaftliche Tugenden notwendig: mehr organische Substanz, das Belassen und Einarbeiten von Stroh, der gezielte Einsatz von Zwischenfrüchten sowie eine organische Düngung fördern den Humusaufbau. Über den Humusaufbau kann das Bodenleben gefördert werden. Die Bodenlebewesen, wie Regenwürmer, bilden neue Poren. Dies verbessert das Bodengefüge und die Bodenfruchtbarkeit. Eine bedarfsgerechte Kalkung ist ebenfalls wichtig. Sie stabilisiert den pH-Wert und verbessert das Wasserhaltevermögen.

Eine weite Fruchtfolge mit Kulturen unterschiedlicher Wurzeltiefen und -strukturen hat ebenfalls einen positiven Effekt. Zwischenfruchtmischungen wie Luzerne (flach wurzelnd), Kleegras (hohe Infiltrationsrate) und Meliorationsrettich (tiefe Pfahlwurzel) sind besonders wirksam – jedoch nur in Kombination. Der Meliorationsrettich allein reicht nicht aus, sondern entfaltet sein Potenzial erst im Zusammenspiel mit fein wurzelnden Arten. Besonders auf tonreichen Böden ist Geduld gefragt: Hier kann es sinnvoll sein, ein Fruchtglied durch Luzerne zu ersetzen, um dem Boden ausreichend Zeit zur Regeneration zu geben.

Kleegras eignet sich besonders im ökologischen Landbau als Sanierungsmaßnahme, da es durch seine hohe Wurzelmasse die Porenbildung und Wasserspeicherung fördert. Planung und gezielte Maßnahmen zur Förderung der Wurzelentwicklung sind essenziell, um Verdichtungen vorzubeugen und die Bodenstruktur nachhaltig zu verbessern.

DLG-Merkblatt 502:  Anpassung des Luftdrucks im Reifen

Das neue DLG-Merkblatt 502 „Anpassung des Luftdrucks im Reifen“ fasst Einflüsse unterschiedlicher Reifenfülldrücke bei der Straßenfahrt und bei der Arbeit auf dem Feld zusammewn – Technische Lösungen für Veränderung des Reifenfülldruckes werden aufgezeigt. Der Reifen ist nach wie vor die dominierende Verbindung zwischen landwirtschaftlichen Maschinen und dem Boden. Der Luftdruck im Reifen ist dabei von entscheidender Bedeutung für die Belastung des Ackerbodens und für die Fahrsicherheit auf der Straße. Das neue Merkblatt der DLG zeigt, wie stark durch einen angepassten Luftdruck im Reifen der Kraftstoffverbrauch gesenkt und die Arbeitsleistung erhöht werden kann. Das Merkblatt führt detailliert die Auswirkungen eines angepassten Reifenfülldrucks auf wichtige Parameter wie die Spurtiefe auf dem Acker und den Kraftstoffverbrauch auf Straße und Feld aus. Die Anforderungen an Reifendruckverstelleinrichtungen werden aufgelistet und es werden verschiedene Bauarten vorgestellt. Das Merkblatt steht auf der DLG-Homepage zum kostenlosen Download bereit. 

Es ist ein übliches Vorgehen, nach der  Ernte auf den Stoppeln die Spuren mittels Tiefenlockerung aufzubrechen. Wie schätzen Sie dieses Vorgehen ein? 

Ebertseder: Die Tiefenlockerung des Bodens – etwa durch Pflug oder Grubber bis zu 1 m Tiefe – wurde früher häufig diskutiert, ist heute jedoch nur unter Bedenken einzusetzen. Zwar lassen sich damit tief sitzende Verdichtungen mechanisch aufbrechen, doch ist der Boden danach besonders anfällig für erneute Verdichtung, da die stabilisierende Wurzelstruktur fehlt.

Damit die Tiefenlockerung nachhaltig wirkt, muss im Anschluss eine mindestens einjährige Regenerationsphase mit beispielsweise Luzerne oder Kleegras eingeplant werden. Diese Pflanzen stabilisieren das gelockerte Bodengefüge. Wird die Fläche hingegen direkt nach der Lockerung wieder befahren, entstehen erneut Verdichtungen, da das Bodengefüge fehlt. 

Zusammenfassend kann man sagen, dass alle technischen und pflanzenbaulichen Möglichkeiten zu nutzen sind, um den Boden so gut es geht zu schonen und Verdichtungen vorzubeugen.

Das Interview führte Franziska Camara für das GetreideMagazin.

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