DLG-MERKBLATT 493

Verlängerung der Haltungsdauer bei Legehennen

Teil 2: Tiergesundheit, Tierverhalten, Leistung und Ökonomie

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DLG-Merkblatt 493
1. Auflage, Stand: 09/2023

Autoren:

  • Dr. Klaus Damme, Bayerische Staatsgüter Kitzingen
  • Dr. Michael Grashorn, Vorsitzender DLG-Ausschuss Geflügel
  • Dr. Philipp Hofmann, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
  • Robert Pottgüter, ehemals Lohmann Breeders
  • Dr. Matthias Schmutz, Lohmann Breeders
  • Dr. Ruben Schreiter, HenControl
  • Dr. Birgit Spindler, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

unter Mitarbeit des DLG-Ausschusses Geflügel

 Titelbild Legehennen: © R. Schreiter
Titelbild: © R. Schreiter

1. Einleitung

Infolge des steigenden genetischen Leistungspotentials moderner Legehybriden, der hohen Jung­hennenkosten als Folge des Verzichts auf das Töten männlicher Eintagsküken sowie Zielstellungen des Ressourcen- und Tierschutzes werden Legehennen zunehmend länger gehalten. Für eine erfolgreiche Führung der Herden bis in ein Alter von 80 bis 100 Lebenswochen (LW) sind Optimierungen im Umgang mit Legeherden notwendig, die im zweiteiligen Merkblatt zur Verlängerung der Haltungsdauer von Legehennen dargestellt werden.

Während im ersten Teil die Zucht sowie die Optimierung von Management und Fütterung thema­tisiert werden, widmet sich der vorliegende zweite Teil des Merkblatts der Gesunderhaltung, dem Tierverhalten, der Option zur Durchführung einer Legepause und ökonomischen Kalkulationen bei ver­längerter Haltungsdauer.

2. Tiergesundheit und Tierverhalten

2.1 Unterbringung, Versorgung und Beschäftigung

Eine wesentliche Voraussetzung für eine möglichst lange Haltung von Legehennen ist eine verhaltensgerechte Unterbringung und Versorgung der Tiere, die dem Bedarf und den Bedürfnissen der Tiere gerecht wird. Nur Jung- und Leghennen, die unter optimalen Bedingungen aufgezogen und gehalten werden, verfügen über eine stabile Tiergesundheit mit langer Lebenserwartung und guter Repro­duk­tions­leistung. Dementsprechend sind, wie in vorangegangenen Kapiteln dargestellt, Körpergewichte nach Vorgaben des Zuchtunternehmens auch nach Einstallung in den Legestall von hoher Bedeutung. Kommt es in dieser Phase zu Nährstoffdefiziten und Stress, steigt zudem das Risiko des Auftretens von Verhaltensstörungen, wie Federpicken und Kannibalismus. 

Beschäftigungsmaterialien für Legehennen
Abbildung 1: Die Prävention von Verhaltensstörungen ist ein Grundstein für den Erhalt einer stabilen Befiederung bis ins hohe Hennenalter – eine attraktive, scharrfähige Einstreu und zusätzliche Beschäftigungsmaterialien (hier: Pickstein) sind dabei von hoher Bedeutung (© Schreiter)

Weitere Haltungs- und Managementfaktoren, die dem Normalverhalten, insbesondere im Hinblick auf die Ausübung des Auslebens des arteigenen Nahrungssuch- und Erkundungsverhaltens, gerecht werden, müssen außerdem Berücksichtigung finden, um Verhaltensstörungen vorzubeugen. Ein intaktes Gefieder und die Vermeidung von Pickverletzungen trägt neben weiteren Tierwohlaspekten ganz entscheidend zur Gesunderhaltung der Herde bei. Schlecht befiederte Hennen verlieren vermehrt Wärme und nehmen infolgedessen mehr Futter auf, um ihren Wärmebedarf zu decken. Hinzukommt eine Schwächung des Immunsystems mit einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit. Steigende Mortalitätsraten, bedingt durch Infektionskrankheiten (z. B. E. coli-Infektionen) aber auch durch vermehrt auftretenden tödlich verlaufenden Pickverletzungen, sind mögliche Folgen. Auch kann es in betroffenen Herden zum Rückgang der Legeleistung kommen. Gerade im letzten Drittel der Lege­periode, wenn bei unzureichender Versorgung der Hennen diese an Körpergewicht verlieren, steigt das Risiko des Auftretens von Verhaltensstörungen aber auch von infektiösen Erkrankungen mit steigenden Mortalitätsraten, nochmals an. In diesem Zeitraum werden Coliinfektionen häufiger beobachtet.

Besonders dann, wenn Stressfaktoren, wie unzureichendes Stallklima mit hohen Schadgaskonzentrationen und andere suboptimale Umweltbedingungen die Widerstandskraft der Hennen verringern. Um das Risiko von Federpicken und Kannibalismus, zu reduzieren gilt es hier weitere Stressoren auszuschließen. Neben einer optimalen, dem Bedarf der Tiere angepassten Fütterung, muss die Haltung dem Nahrungssuch- und Futteraufnahmeverhalten ebenso wie dem Erkundungsverhalten gerecht werden. Dazu gehört auch in der späteren Phase der Produktion eine lockere, scharrfähige Einstreu, die zum Picken und Scharren geeignet ist, ebenso wie das Angebot von weiterem Beschäftigungsmaterial, wie beispielsweise Pickblöcke (Abbildung 1), Luzerne oder auch die Gabe von Getreidekörnern in die Einstreu. 

2.2 Gesundheitsprophylaxe

Um die Tiergesundheit zu stärken, sind, neben einer optimalen Haltung und Versorgung der Herden, zudem Prophylaxemaßnahmen, wie Impfungen und antiparasitäre Behandlungen, von besonderer Bedeutung. Bewährt haben sich hier besondere, betriebsindividuelle Impfstrategien, die bereits in der Junghennenaufzucht ansetzen. Neben gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtimpfungen, wie die regelmäßige Impfung gegen die New­castle-Krankheit (ND) und Salmonellen (u. a. Salmonella Enteritidis ab einer Bestandsgröße von 350 Tieren), sind weitere Impfungen praxisüblich, um die allgemeine Herdengesundheit aufrecht zu erhalten (Tabelle 1). Zu beachten ist, dass eine Herdenimpfung keinen 100 %igen Schutz liefert. Gerade bei hohem Infektionsdruck kann es zu einem Impfdurchbruch bei einem Teil der Tiere einer Herde kommen. Es gibt zudem immer auch Tiere, die auf eine Impfung nicht reagieren. Um den Impfschutz zu optimieren, werden durchaus Mehrfachimpfungen bzw. Wiederholungsimpfungen durchgeführt. Auch ist bekannt, dass die Immunität mit längerer Haltungsdauer nachlässt. Das trifft z. B. bei Impfungen gegen Salmonella Enteritidis (S. enteritidis) oder E. coli zu. Aber auch der Impfschutz anderer praxisüblicher Impfungen, wie z. B. gegen Infektiöse Bronchitis, Egg-Drop-Syndrom oder auch Aviärer Rhinotracheitis lässt bekannter Weise nach. Das hat zur Folge, dass bei älteren Herden vermehrt Probleme mit diesen Erkrankungen auftreten können. Hier ist ein Nachimpfen während der längeren Legeperiode durchaus angezeigt. Wichtig ist hier darauf zu achten, dass der Impfstoff für die Impfung in der Legeperiode zugelassen ist, was nur bei einzelnen Impfungen der Fall ist. Ein neu zugelassener Impfstoff gegen S. enteritidis mit null Tagen Wartezeit auf Eier ist hier mittlerweile verfügbar. Ansonsten muss darauf geachtet werden, dass die Wartezeit auf Eier (und ggfs. auf Fleisch) einzuhalten ist. Das bedeutet, dass manche Impfstoffe (z. B. gegen Salmonellen) optimaler Weise dann nur während der induzierten Legepause eingesetzt werden. Hier sollte vorab immer mit der bestandsbetreuenden Tierarztpraxis das individuelle Impfkonzept abgesprochen werden.

Tabelle 1: Beispiel eines Impfprogramms in der Junghennenaufzucht und der Legephase

PhaseErkrankungZeitpunkt der Impfung und ApplikationsformAnmerkungen
JunghennenaufzuchtMarekTag 0 (Nadel, Brüterei) 
Salmonelleninfektion Salmonella Enteritidis und Salmonella TyphimuriumTag 7, 49, 106 (TW)
Tag 84 (Nadel)
Junghennen: Die Impfung sollte drei Wo- chen vor Legebeginn abgeschlossen sein; Impfstoffe idR nicht während der Lege- periode einsetzbar (Wartezeit auf Eier) Neu: Impfstoff für die Impfung in der Legeperiode zugelassen
Infektiöse Bronchitis (IB)Versch. IB-Varianten (z. B. Primer, MA5, QX, 4/91).
Tag 0 (Spray, Brüterei)
Tag 14 (TW/Spray)
Tag 49 (TW/Spray)
Tag 98 (TW/Spray)
 
CoccidioseTag 0 (Spray, Brüterei) oder
Tag 1 – 8 (TW/Spray)
 
Gumboro (IBD)Tag 0 (Nadel, Brüterei) oder
Tag 21 – 28 (TW)
 
Newcastle Disease (ND)Tag 14 (Spray/TW)
Tag 49 (Spray/TW)
Tag 84 (Nadel)
Bei 2x Grundimmunisierung mit Lebend- impfstoff (TW) und anschließender Inakti- vatimpfung (Nadel) einjähriger Impfschutz; alternativ Lebendimpfstoff (TW) im 6-Wo- chen-Turnus
Egg-Drop-Syndrom (EDS)Tag 84 (Nadel) 
Infektiöse Laryngotracheitis (ILT)Tag 84 (Augentropfen) oder
Tag 35 und 70 (TW/Spray)
 
Aviäre RhinotracheitisTag 84 (Nadel)Notwendigkeit abhängig von Bestand, Haltungsform und Region
Aviäre Encephalomyelitis (AE)Tag 91 (TW) 
E. ColiTag 42 (Spray/TW) und/oder
Tag 105 (Nadel)
Notwendigkeit abhängig von Bestand, Haltungsform und Region; kommerzielle und bestandsspez. Vakzine verfügbar
CoryzaTag 46 (Nadel)
Tag 84 (Nadel)
Notwendigkeit abhängig von Bestand, Haltungsform und Region
PockenTag 84 (Nadel/Flügelhaut)Notwendigkeit abhängig von Bestand, Haltungsform und Region
Umstallung
LegephaseInfektiöse Bronchitis (IB)Versch. IB-Varianten (z. B. Primer, MA5, QX, 4/91). Auffrischung alle 6–10 Wochen (TW) 
Newcastle Disease (ND)Auffrischung alle 6 Wochen (TW)Notwendigkeit in Abhängigkeit des Impf- schemas in der Aufzucht (s. o.)
E. ColiAuffrischung nach 50./60. LW bei sehr langer Haltungsdauer (Spray, TW, Nadel)Notwendigkeit abhängig von Herdenstatus und Region; Zulassung bei legenden Hen- nen und Wartezeit Eier genau überprüfen
Salmonelleninfektion Salmonella Enteritidis und Salmonella TyphimuriumAuffrischung nach 50./60. LW bei sehr langer Haltungsdauer (TW) (Während Legepause; 3 Wochen vor Legebeginn (TW))Notwendigkeit abhängig von Herdenstatus und Region; Zulassung bei legenden Hen- nen und Wartezeit Eier genau überprüfen; in Phase ohne Legetätigkeit ggf. auch Vak- zine mit Wartezeit auf Eiern einsetzbar
Aviäre RhinotracheitisAuffrischung (TW)Notwendigkeit abhängig von Bestand, Haltungsform und Region

TW: Trinkwasser; Nadel: intramuskuläre bzw. subkutane Nadelimpfung 

Auch sollte immer auch auf ein gutes Parasitenmonitoring Wert gelegt werden, da sich der Infek­tions­druck sowohl von Endoparasiten (verschiedene Magen-Darm-Würmer, wie Capillaria, Ascariden, Heterakis und Bandwürmer) als auch von Ektoparasiten (Rote Vogelmilbe) mit zunehmendem Alter der Herden im Bestand aufbaut. Neben Leistungseinbußen bedeutet eine hohe Parasitenbelastung immer auch Stress für die Tiere. Gerade ältere Herden (> 60 LW) fallen dann oftmals bei starker Endo­para­sitenbelastung durch Abgeschlagenheit und blasse Kämme klinisch auf. Bei einem stärkeren Befall mit der Roten Vogelmilbe fällt zudem eine vermehrte Unruhe der gesamten Herde auf. Regelmäßige Kontrol­len der Parasitenbelastung (Endo- und Ektoparasiten) sind dabei unabdingbar, um rechtzeitig Gegen­maß­nahmen und antiparasitäre Behandlungen einzuleiten. Dabei ist zu beachten, dass mit Inkrafttreten der seit 2022 gültigen EU-Öko-Verordnung bei einer praxisüblichen Entwurmung mit chemisch-synthetischen Mitteln (z. B. mit Flubendazol) eine Wartezeit auf Eier von 48 Stunden nach Verabreichung für ökologisch gehaltene Legehennen ergibt. D. h. während der Behandlungsdauer und den anschließenden 48 Stunden dürfen die Eier nicht als Ökoeier vermarktet werden.

3. Verlängerung der Nutzungsdauer durch eine induzierte Legepause

Unter natürlichen Bedingungen findet bei Hühnern im Herbst, bei kürzer werdenden Tagen, eine Legepause statt, in der sich der Legeapparat regeneriert und das Federkleid erneuert wird. Der Wechsel des Federkleides erfolgt dabei beginnend mit dem Kleingefieder (Daunenfedern) der Halsregion und des Rumpfes gefolgt vom Großgefieder (Schwungfedern) der Flügel und des Schwanzes. Diese hormonell ausgelöste Ruhepause mit Mauser, in der die Hennen üblicherweise auch weniger Futter aufnehmen, dauert zwischen drei und zwölf Wochen an. In dieser Zeit weist die Schilddrüse eine besonders hohe hormonelle Aktivität auf, wo hingegen die Bildung der Geschlechtshormone im Eierstock zurückgeht (Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse), so dass sich der Legeapparat und die sekun­dären Geschlechtsmerkmale zurückbilden. Auch physiologische Stoffwechselvorgänge werden zurückgefahren und die Calciumreserve in den Röhrenknochen wieder aufgefüllt. Nach dieser Ruhepause starten die neu befiederten Hennen wieder in eine neue Legeperiode. 

Damit kann die natürliche Legepause auch genutzt werden, um Legehennen mit einer zweiten Lege­periode länger zu halten, in der die Hennen mit wieder ansteigender Legeleistung Eier mit guter Schalenqualität über einen Zeitraum von weiteren sechs bis acht Monaten legen (bis 110./115. LW). Dazu ist es notwendig, die Legepause künstlich einzuleiten und zu steuern, um alle Hennen einer Herde in die Mauser zu bringen und so eine genaue Planung der weiteren Produktion zu gewährleisten. Ziel ist es, dass bei einer induzierten Legepause die Legetätigkeit der Herde vollständig eingestellt wird, mindestens jedoch unter 5 % Legeleistung fällt. 

3.1 Grundlagen und Anforderungen

Eine künstlich induzierte Legepause, die unabhängig von der Jahreszeit erfolgt, wird ganz wesentlich über eine Reduktion der Lichttaglänge gesteuert. Auch geht diese immer mit einer quantitativen und qualitativen Futterrestriktion einher. Damit bedeutet eine Legepause immer auch Stress für die Tiere und bedarf einer speziellen Sachkunde und Erfahrung des Tierhalters, um über Haltungs- und Manage­ment­strate­gien den Stress auf ein Minimum zu reduzieren. 

In der Praxis sind unterschiedliche Mauserprogramme im Einsatz, die grundsätzlich den tierschutzrechtlichen Vorgaben (u. a. Tierschutzgesetzt § 2, Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung § 4 und § 14 sowie gesamter Abschnitt 3) entsprechen müssen. Keinesfalls darf den Tieren der Zugang zu Futter- und oder Wasser verwehrt werden. So muss der Zugang zu geeignetem Tränkwasser jederzeit für jede Henne möglich sein.

Grundsätzlich sollten nur gesunde Herden, die sich in guter Kondition mit zufriedenstellenden Leistungsparametern befinden, in die Legepause gehen. Auch sollten in der Herde keine Anzeichen von Federpicken und Kannibalismus vorhanden sein. Nur so kann zusätzlicher Stress für die Hennen in der sowieso schon belastenden Zeit reduziert werden. Auch ist vorab, bei einem Befall von Ekto- und Endo­para­siten (Rote Vogelmilbe bzw. Würmer des Magen-Darm-Traktes), eine entsprechende Behandlung angezeigt. 

Eine Herde, die vor der induzierten Legepause in einem schlechten Allgemeinzustand ist, wird durch die Legepause nicht zu einer „guten“ Herde! 

 Braun befiederte Legehennen
Abbildung 3: Braun befiederte Legehennen mit gutem Gefiederzustand vor Einleitung der Legepause (© Spindler)

So ist eine Legepause infolge der reduzierten Futteraufnahme, dem mit dem Gefiederwechsel verbundenen erhöhten Energiebedarf, den die Hennen über eine Mobilisation der körpereigenen Reserven ­decken, aber auch der Rückbildung des Lege­apparates mit einem nicht unerheblichen Gewichtsverlust von 20 bis 25 % verbunden. Berichte aus der Praxis zeigen, dass Herden, die bereits untergewichtig sind oder über eine schlechte Uniformität verfügen, in der Legepause höhere Mortalitätsraten aufweisen. Gleiches gilt für Herden mit schlechtem Gesundheitszustand und/oder Herden mit massivem Federpicken bzw. Kannibalismus. Damit sollte eine induzierte Legepause nur bei Herden mit einem guten Gesundheitszustand ohne Anzeichen von massivem Federpicken oder Kannibalismus (Abbildung 3) durchgeführt werden. 

Grundsätzlich ist die Krankheitsanfälligkeit in der Zeit der induzierten Legepause erhöht. Auch sollten die Herden nicht zu alt sein, wenn sie in die Legepause gehen. Empfohlen wird den Beginn bereits vor der 70. LW (Nds. Empfehlungen: 63. – 65. LW) einzuleiten, um zu verhindern, dass sich bereits Hennen in der Legepause befinden und so nicht alle Hennen einer Herde synchron mausern. 

3.2 Einleitung und Durchführung der Legepause

Eine komplette induzierte Legepause, d. h. von Mauserinduktion bis abgeschlossenem Federwechsel und Peak der sich anschließenden zweiten Legespitze dauert etwa zehn bis zwölf Wochen. Die Legepause wird durch eine Reduktion (abrupt oder schrittweise) der Tageslichtlänge auf etwa 4 – 8 Stunden eingeleitet. Hierfür ist eine Abdunkelung des Stalls unabdingbar und das Lichtprogramm muss über Kunstlicht steuerbar sein. Bei Herden, die Zugang zu einem Kaltscharraum oder zu Freiland haben, ist eine induzierte, effektive Legepause demnach durch eine Reduktion der Tageslichtlänge nur schwer möglich. Der Zugang zu einem Auslauf ist während der künstlichen Legepause nicht möglich. Auch muss beim Zugang zu einem Kaltscharrraum dieser vollständig zu verdunkeln sein. Kann keine vollständige künstliche Steuerung des Lichttages ermöglicht werden (u. a. auch in Mobilställen), ist es hilfreich hier den Winter mit kurzen Tagen als Start der Legepause zu wählen, um dann die länger werden Tage im Januar/Februar für einen neuen Legebeginn zu nutzen. Dadurch wird sich die Legepause entsprechend verlängern und nicht alle Hennen eine Legepause mit einer Mauser durchführen. 

Zeitgleich zum Wechsel des Lichtprogramms erfolgt eine Umstellung der Fütterung auf eine Ration mit stark reduziertem Energie- und Proteingehalt (z. B. Hafer oder/und Kleie) mit der Ergänzung von Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen. Auch der permanente Zugang zu Muschelschalen oder Futterkalk zur zusätzlichen Bereitstellung von Calcium ist entscheidend, um die Calciumspeicher der Röhrenknochen wieder aufzufüllen. Magensteine (salzsäureunlöslicher Grit, 2 – 4 mm Körnung) sollte zur freien Aufnahme bereitstehen, speziell bei Fütterung ganzer Haferkörner!

Sobald die Legeleistung unter 5 % sinkt, wird die Tageslichtlänge schrittweise wieder erhöht, so dass ca. 50 bis 60 Tage nach Beginn der Einleitung der Legepause ein zweites Legeleistungsplateau mit 80 – 90 % Legeleistung erreicht werden kann. Die Eigewichte befinden sich bereits 2 – 3 Wochen nach Beginn der zweiten Legephase wieder auf dem Niveau wie zum Ende der ersten Legeperiode.

Während der induzierten Legepause ist eine gewissenhafte Herdenkontrolle angezeigt. Dazu gehört neben der Erfassung von typischen Leistungsdaten, wie der tägliche Futter- und Wasserverbrauch, eine regelmäßige Kontrolle der Tiergewichte, um eine Gewichtsreduktion von 20 – 25 % zum Ausgangsgewicht der Legehennen nicht zu überschreiten, ebenso wie eine genaue Herdenbeobachtung, um erste Anzeichen von auftretenden Verhaltensstörungen rechtzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können. Der besonders kritische Zeitraum ist hier die Reduktionsphase, in der die Hennen ­einem Nährstoffdefizit ausgesetzt sind. Sollten die wöchentlichen Tierverluste während der Legepause 0,2 % überschreiten, sind die Ursachen tierärztlich abzuklären. 

Auch können in dem Zeitraum Behandlungen der Hennen durchgeführt werden, die ansonsten mit einer Wartezeit für Eier verbunden wären (siehe Tabelle 1). Dazu gehört z. B., abhängig vom Impfstoff die Salmonellenimpfung, aber auch die Behandlung gegen Endoparasiten im Biobereich. 

weiß befiederten Legehenne (© Spindler)
Abbildung 4: Nach induzierter Legepause gewechseltes Gefieder einer weiß befiederten Legehenne (© Spindler)

Zeitpunkt und Dauer der Legepause sind abhängig von der Intensität und Dauer des Mauserprogramms. Nach induzierter Legepause haben die Hennen gemausert und zeigen ein geschlossenes, intaktes neues Gefieder (Abbildung 4).

Tabelle 2: Programm zur induzierten Legepause in einer größeren, stationären Legehennenherde (Schättler et al., 2021)

 TagLicht (Uhrzeit)FutterAnmerkungen
Reduktionsphase1.Schrittweise von 15 h Lichttaglänge auf 8 h reduzieren1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g MuschelschalenWurmkur
2.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
3.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
4.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
5.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
6.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
7.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
8.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
9.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
10.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
11.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
12.1 Futterzeit 30 g Hafer + 30 g Muschelschalen2 – 4 Lux
Aufbauphase 113.Schrittweise von 8 h Lichttaglänge auf 15/16 h steigern20 g Hafer + 20 g Muschelschrot + 30 g LAFImpfen SE/ST
14.20 g Hafer + 20 g Muschelschrot + 30 g LAF 
15.20 g Hafer + 20 g Muschelschrot + 30 g LAF 
16.20 g Hafer + 20 g Muschelschrot + 30 g LAF 
17.20 g Hafer + 20 g Muschelschrot + 30 g LAF 
18.20 g Hafer + 10 g Muschelschrot + 40 g LAFVit. A, D, E, B-Komplex
19.20 g Hafer + 10 g Muschelschrot + 40 g LAFVit. A, D, E, B-Komplex
20.20 g Hafer + 10 g Muschelschrot + 40 g LAFVit. A, D, E, B-Komplex
21.20 g Hafer + 10 g Muschelschrot + 40 g LAFLeitungen spülen (Chlor)
22.20 g Hafer + 10 g Muschelschrot + 40 g LAFImpfen IB/ND
Aufbauphase 223.20 g Hafer + 80 g LAF 
24.20 g Hafer + 80 g LAF 
25.20 g Hafer + 80 g LAF 
26.20 g Hafer + 80 g LAF 
27.20 g Hafer + 80 g LAF 
28.100 g LAFVitamin-B-Komplex
29.100 g LAFVitamin-B-Komplex
30.100 g LAFVitamin-B-Komplex
31.100 g LAF 
32.100 g LAF 

LAF = Legehennenalleinfutter 

Tabelle 3: Mauserprogramm im Mobilstall – im Beispiel ab Lebenswoche 56 mit natürlichem Lichttag und Start im Januar (Garrelfs, 2020)

 MausertagFutterZusatzstoffe/ Nahrungs- ergänzungAnmerkungen
Vor der Mauser eine Wurmkur durchführen, dann alles misten und ggf. Nester reinigen
Reduktionsphase, Tag 0 – 16Tag 0Legehennenalleinfutter II
leerfressen lassen
Muschelschrot und
Magensteinchen zur freien Aufnahme
für gesamte Mauser
Tag 0: 50 Tiere gewogen,
im Durchschnitt 2.209 g,
80 % Uniformität
Tag 1gequetschter Hafer
ad libitum
 Licht ausschalten, Wintergarten weiter
zugänglich, kein Zugang zum Auslauf
Tag 2gequetschter Hafer
ad libitum
Mineralien über TränkeFederpicken kontrollieren,
evtl. verdunkeln
Tag 3gequetschter Hafer
ad libitum
Vitamine über TränkeFederpicken kontrollieren,
evtl. verdunkeln
Tag 4 – 8gequetschter Hafer
ad libitum
Mineralien über TränkeFederpicken kontrollieren, geht die Lege-
leistung merklich zurück!
Tag 9 – 16Hafer ganzes Korn
ad libitum
Mineralien über TränkeTag 16: 26 Tiere gewogen, im Durch-
schnitt 1.853 g, 69 % Uniformität, ca.
350 g weniger Körpergewicht seit Beginn
der Mauser. Es lagen etwas mehr Federn
im Nest als sonst.
Aufbauphase, Tag 17 – 40Tag 17 – 23Mischung 50/50 ge-
schroteter Hafer mit Lege-
hennenalleinfutter
ad libitum
Aminosäuren und
Vitamine über Tränke
Tag 17: Salmonellen Impfung, Tiere
verloren seit einer Woche kein Körper-
gewicht mehr, unter 20 Eier
Tag 24 – 40Legehennenalleinfutter
ad libitum
Aminosäuren und
Vitamine über Tränke
Tag 24: Die Tiere erhielten wieder Zugang
zum Auslauf.
Tag 31: 25 Tiere gewogen, im Durch-
schnitt 2.016 g, 60 % Uniformität,
Tag 38: 50 Tiere gewogen, im Durch-
schnitt 2.049 g, 59 % Uniformität, 70 Tage
nach Beginn der Mauser wurden 40 Tiere
gewogen, 2.168 g, 80 % Uniformität
 
Salmonellen Impfung: ggf. Wartezeit Impfung = 21 Tage; bei stabilisierten Körpergewichten sollte eine ND und IB
Impfung erfolgen. Nach einer Impfung Vitamine geben.

4. Vermarktung, Leistung und Ökonomie

4.1 Einsparungspotential des Tierzukaufs

Die Preise für Junghennen sind in 2022 durch den Anstieg der Energie und Futtermittelkosten stark angestiegen. Das Verbot der Tötung männlicher Küken ab 2022, hat die Junghennenpreise in Deutschland durch die Hahnenaufzucht bzw. die Geschlechtsbestimmung im Brutei, noch zusätzlich deutlich erhöht. Während in anderen europäischen Ländern weiter Eier „mit Küken töten“ (MKT) produziert und vermarktet werden, müssen in Deutschland KAT-Betriebe „ohne Küken töten“ (OKT) arbeiten. Eine längere Haltung der Legehennen, deren Preis sich in einem Jahr fast verdoppelt hat, ist daher nicht nur ethisch wünschenswert, sondern auch aus ökonomischer Sicht zu überprüfen.

Die Verlängerung des Produktionszyklus senkt die Kosten für den Tierzukauf je Jahr. In Abbildung 5 wird das Einsparpotential im Vergleich zu einer Haltung über ein Legejahr bis zur 72. LW in Abhängigkeit von der Nutzungsdauer und dem Einkaufspreis dargestellt. Dabei zeigt sich ein linearer Zusammenhang. Bei 280 vermarktungsfähigen Eier je AH und Jahr ­errechnet sich ein Ein­spa­rungs­potential von 0,3 – 2,5 Cent/Ei. Der wirtschaftliche ­Anreiz Legehennen länger zu nutzen ist für Ökobetriebe mit Hahnenaufzucht und Jung­hennenpreisen zwischen 16 € und über 20 € höher als für konventionelle Direktvermarkter mit Bezug von MKT-
Junghennen aus dem Ausland für ca. 6 €/Henne (Stand 2023).

Abbildung 5: Einsparpotential (€) für Junghennenkosten je Tierplatz und Jahr bei unterschiedlicher Nutzungsdauer und Einkaufspreisen im Vergleich zu einer Haltung bis zur 72. Lebenswoche

4.2 Ökonomische Vor- und Nachteile der Verlängerung der Nutzung von Legehennen

Für eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung stellt sich die Frage inwieweit das Einsparpotential für den Tierzukauf pro Jahr die finanziellen Nachteile der Nutzungsverlängerung kompensiert. Die dafür notwendige Performance, Tiergesundheit, Verhalten und Eiqualität einer Herde in 72 LW sind in Kapitel 3.1 des Merkblatts Teil 1 dargestellt. 

Mögliche Vor- und Nachteile einer verlängerten Haltung (siehe Tabelle 4) müssen einzelbetrieblich und herdenspezifisch bewertet werden. Dabei spielen der Vermarktungsweg und jahreszeitliche Schwankungen in der Nachfrage und im Eierpreis eine große Rolle. Bei Direktvermarktern wirkt sich der höhere Anteil in den Gewichtsklassen L und XL stärker aus, wohingegen zugleich aufgrund des insgesamt höheren Preisniveaus die geringere Anzahl an verkaufsfähigen Eiern je Tierplatz und Jahr hier stärker wiegt als bei niedrigeren Eierpreisen. Großbetriebe, aber auch Ökobetriebe bei denen die Gewichtsklassen M und L fast gleich bezahlt werden (siehe Tabelle 5), werden mehr auf die Anzahl vermarktungsfähiger Eier achten.

Tabelle 4: Ökonomische Vor­ und Nachteile der längeren Nutzung von Legehennen

VorteileNachteile
geringere Junghennenkosten pro Eisteigende Fest- und Arbeitskosten pro Ei
kürzere Leerstandszeiten für R+D/Jahrsinkende Eizahl/Hennenplatz und Jahr
➝ geringere Opportunitätsgewinne
höherer Anteil von XL und L-Eierhöherer Anteil an Sekunda-Ware
geringere Futterkosten (Phasenfutter III)schlechtere Futterverwertung
 (geringerer Althennenerlös)

4.3 Modellkalkulationen und ökonomische Bilanzen

4.3.1 Datengrundlage und Vorgehen

Bei den Modellkalkulationen konnte auf aktuelle Daten verschiedener Herden aus der Beratungspraxis zurückgegriffen werden. Dabei wurde in folgende sechs Herdentypen unterschieden: 1. Weißleger, 2. Braunleger, 3. Öko-Herden (Braunleger), 4. Herden mit suboptimaler Leistung, 5. Weißleger mit Lege­pause und 6. Braunleger mit Legepause. Mit Ausnahme des Herdentyps mit suboptimaler Leistung handelte es sich durchweg um Herden mit einem hohen ­Niveau an Leistung und Tiergesundheit, da dies als generelle Voraussetzung für eine lange Haltungsdauer gilt. 

Bei den Feldherden handelte es sich innerhalb der konventionellen Herden um Boden- und Freilandhaltungen verschiedener Hybridherkünfte. Je Herdentyp lagen Datensätze von 2 – 5 Herden vor. In einzelnen Herden wurden Werte für die letzten LW durch Regressionsmodelle generiert. Legeleistung, Eigewicht, Futterverbrauch sowie B-Ware-Anteil stammen aus Herdendaten. Anhand hinterlegter Futterkosten und Ei-Erlöse nach Gewichtsklassen wurden für diese Kostenblöcke (siehe Tabelle 5) und den Futterkostenüberschuss (IOFC = income over feed costs) für jede laufende LW kumulierte Werte errechnet.

Abbildung 6: Legeleistungskurven der sechs kalkulierten Herdentypen mit bei verlängerter Haltung und induzierter Legepause
Abbildung 6: Legeleistungskurven der sechs kalkulierten Herdentypen mit bei verlängerter Haltung und induzierter Legepause

Tabelle 5: Unterstellte Futter­ und Eierpreise (€) für die Modellkalkulationen

KriteriumEinheitVariante 1*Variante 2*Variante 3 – Öko*
Futter€/kg0,42500,46000,7100
S-Eier€/Ei0,12400,12570,2000
M-Eier€/Ei0,15450,17610,3038
L-Eier€/Ei0,16300,19330,3050
XL-Eier€/Ei0,22650,25310,2975
B-Ware (Verarbeitung)€/kg Ei1,8002,4003,500

* Variante 1: Weser-Ems-Notierung, KW 5/23 - Bodenhaltung, weiße Eier; Futterpreis nach Praxisbefragung;
Variante 2: Marktbericht LWK RLP für RLP u Hessen, KW 4/2023 – Bodenhaltung an Erzeugerpackstelle, Futterpreis nach Praxisbefragung;
Variante 3 – Öko: Marktbericht LWK RLP für RLP u Hessen, KW 4/2023 – Öko-Haltung an Erzeugerpackstelle 

4.3.2 Kalkulationsmodus und Bilanzierung

Bei den Kalkulationen wurde nach Herdentyp mit sechs Varianten und Eiernotierung mit drei Varianten unterschieden.

Tabelle 6: Annahmen zu Kostenfaktoren und Haltungsdauer für die ökonomischen Kalkulationen Kriterium Konventionelle Herde Ökologische Herde

KriteriumKonventionelle HerdeÖkologische Herde
Junghennenpreis (€/Henne)1016
Festkosten (€/Tierplatz/Jahr)9,2513,75
Arbeitskosten (€/Tierplatz/Jahr)1,252,50
Opportunitätsgewinne (Cent/vermarktungsfähiges Ei)2 
Nutzungsdauer ohne Legepause
(1 Legeperiode)
Nutzung bis 72. LW = Referenz
Nutzung bis 80. LW = VN 80
Nutzung bis 90. LW = VN 90
Nutzung bis 100. LW = VN 100
Nutzungsdauer mit Legepause
(2 Legeperioden)
Nutzung bis 100. LW = LP 100
Nutzung bis 104. LW = LP 104
Nutzung bis 110. LW = LP 110

Annahmen auf Grundlage von Damme (2022) und Praxisrecherchen 

Bei der Bilanzierung wurde das Einsparpotential für die Junghenne bei verschieden langer Nutzung (siehe Abbildung 5) den Mehrkosten (Arbeits- und Festkosten) bzw. geringerem Erlös (Futterkostenüberschuss: IOFC) und dem entgangenen Nutzen (Opportunitätskosten) gegenübergestellt.
Bezugsbasis und Referenzsystem war der Hennenplatz und das Jahr. 

4.3.3 Verlängerung der Nutzungsdauer ohne Legepause

Tabelle 8 zeigt die Bilanzen bei Verlängerung der Nutzung guter Praxisherden. Die Verlängerung der Nutzung um 8 Wochen (80 LW) ist für die untersuchten Weißleger-, Braunleger und Ökoherden nach beiden Eiernotierungen finanziell interessant. Es können alle Zusatzkosten bzw. Mindererlöse durch die Einsparung beim Junghennenzukauf kompensiert werden. Auch der entgangene Nutzen (2 Ct. Gewinn/Ei) wird realisiert. 

Verlängert man die Haltungsdauer um weitere 10 Wochen (90 LW), so reduziert sich bei Braunleger- und Ökoherden der Saldo aus Einsparungspotential und Zusatzkosten im Vergleich zur Haltung bis zur 80. LW. Das bedeutet, dass das wirtschaftliche Optimum bei Ausstallung der Hennen dieser Herdentypen mit 90 LW überschritten ist. Bei Vermarktung der Eier nach regionaler Notierung, ist die Bilanz mit 16 Cent/Hennenplatz und Jahr zur 90. LW niedriger als unter Weser-Ems Preiskonditionen (25 Cent; geringer Abstand zwischen den Gewichtsklassen M und L). Der Effekt der reduzierten Eizahl je Hennenplatz bei längerer Nutzung wirkt sich bei höherem Preisniveau stärker aus, als bei niedrigeren Eierpreisen.

Eine weitere Verlängerung der Haltungsdauer bis zur 100 LW rechnet sich nur für Herden mit sehr guter Persistenz, Vitalität und Schalenstabilität. In unserer Modellkalkulation war dies nur für die geprüften Weißlegerherden der Fall. Die ökonomische Bilanz je Hennenplatz und Jahr ist dabei bei den 100-wöchigen Weißlegerherden (41 – 46 Cent) aber niedriger als bei Haltung bis zur 90. LW (86 Cent). Die Verlängerung der Nutzung bis 100 LW erbrachte in den Modellkalkulationen mit Braunleger- und Bioherden deutlich rote Zahlen. Gegenüber einer bisher üblichen Haltung über ein Legejahr reduzierte sich der Ertrag um 0,77 – 1,18 €/Hennenplatz/Jahr.

Tabelle 7: Leistungseigenschaften der Herden in unterschiedlicher Nutzungsdauer
(Zyklusdauer: Junghennen Einstallung mit 18 Wochen, Nutzung bis LW entsprechend Spaltenkopf, R+D 2 Wochen) 

Haltungsdauer bis LW728090100
Zyklusdauer als LH (Wo.)56647484
Umrechnungsfaktor (1 Jahr)0,930,810,700,62
Vermarktungsfähige Eier/AH      
Weißleger konv. je Zyklus317359406446
Weißleger konv. je Jahr295291284277
weniger Eier/a als Referenz 41118

Braunleger konv. je Zyklus


302


341


383


415

Braunleger konv. je Jahr281276268257
weniger Eier/a als Referenz 51324

Braunleger öko. je Zyklus


306


346


389


425

Braunleger öko. je Jahr284280272263
weniger Eier/a als Referenz 51221
Futterverbrauch/AH im Zyklus (kg)    
Weißleger konv.44,651,259,267,1
Braunleger konv.44,951,559,667,3
Braunleger öko48,255,464,373,0
kum. Mortalität (%)     
Weißleger konv.4,45,88,112,0
Braunleger konv.5,06,710,616,0
Braunleger öko5,06,28,512,8
IOFC 1 (€/TP/Jahr)     
Weißleger konv.29,9829,5728,8727,94
Braunleger konv.28,0527,5126,5025,16
IOFC 2 (€/TP/Jahr)     
Weißleger konv.35,9235,5334,8333,84
Braunleger konv.33,8733,3232,2530,77
IOFC 3 (€/TP/Jahr)     
Braunleger öko54,6653,6351,8649,56

LW = Lebenswochen; LH = Legehenne; AH = Anfangshenne; IOFC = income over feed costs (Futterkostenüberschuss);
TP = Tierplatz 

Tabelle 8: Ökonomische Bilanz der verlängerten Haltungsdauer im Vergleich zum Referenzsystem (1 Legejahr bis zur 72. Lebenswoche) für Verfahren ohne Legepause (in €/Tierplatz/Jahr)

KriteriumNutzung bis 80. LWNutzung bis 90. LWNutzung bis 100. LW
 Weiß-
­leger
Braun-
leger
Braun-
leger
Weiß-
­leger
Braun-
leger
Braun-
leger
Weiß­-
leger
Braun-
leger
Braun-
leger
 konv.konv.öko.konv.konv.öko.konv.konv.öko.
Einsparungspotential           
Junghenne1,331,332,132,572,574,113,503,505,60
Kosten/Mindererlös*          
IOFC 1 oder0,410,54 1,101,54 2,042,89 
IOFC 2 bzw. 30,390,551,031,101,632,802,093,105,10
Festkosten0,110,170,250,340,430,650,550,801,08
Arbeit0,030,030,040,060,080,110,080,100,18
Opportunität0,090,100,090,210,270,240,370,480,42
Bilanz bei IOFC 10,690,49 0,860,25 0,46-0,77 
Bilanz bei IOFC 2 bzw. 30,710,480,720,860,160,310,41-0,98-1,18

* IOFC = income over feed costs 

Werden bereits im ersten Produktionsjahr suboptimale Leistungen erzielt, so ist von einer deutlich längeren Nutzung der Herden aus ökonomischen Gründen, unabhängig vom Eiererlös und dem Vermarktungsweg, dringend abzuraten. Die höheren Festkosten/Ei, Arbeitskosten/Ei und der entgangene Nutzen ergeben Defizite von 0,44 bis 1,85 €/Hennenplatz/Jahr bei Nutzung der Herden bis 90 oder 100 LW gegenüber der einjährigen Haltung. Lediglich bei der Verlängerung bis zur 80. LW ist eine leicht positive Bilanz gegeben, die aber gerade angesichts der starken Varianzen (Mortalität, Persistenz) schwächer leistender Herden nicht eintreten muss. 

Neben den Kalkulationen mit den dargestellten hohen Eier- und Futterpreisen auf Basis der aktuellen Marktsituation wurde auch eine Kalkulation auf Preisbasis von 2020 durchgeführt, welche jedoch nicht in den Tabellen dargestellt wird. Insgesamt wird aufgrund der deutlich niedrigeren Futterpreise die lange Haltung dann noch lukrativer. Dabei steigen die Differenzen zwischen Direkt- und LEH-Vermarktung in den ökonomischen Bilanzen. Eine Vermarktung in ein hochpreisiges Segment mit oft deutlichem Preisabstand zwischen M- und L-Eiern animiert dann die Eiererzeuger zwar oft zur Verlängerung der Haltungsdauer, aber gerade unter dieser Vermarktungssituation wiegt die sinkende Eizahl je Hennenplatz und Jahr (Summe aus entgangenen Eierlös erheblich höher als bei niedrigerem Eierpreis) besonders nachteilig.

4.3.4 Verlängerung der Nutzungsdauer mit Legepause

Die induzierte Legepause (Mauser) mit anschließender Nutzung der Legehennen in einer 2. Legeperiode ist eine weitere Möglichkeit die Haltungsdauer der Legehennen zu verlängern und Kosten für die Tierbeschaffung zu reduzieren. 

Im Gegensatz zur verlängerten Haltung der 1. Legeperiode, wird bei der induzierten Legepause eine hormonelle Umstellung mit Erneuerung des Federkleides angestrebt. Während dieser 6 – 10-wöchigen Phase werden so gut wie keine Eier gelegt (siehe Abbildung 6). Im günstigen Fall wird anschließend das Leistungsniveau wie am Ende der 1. Legeperiode erreicht und es werden große Eier mit guter Schalenstabilität produziert.
Im Gegensatz zur verlängerten Haltung in einer Legeperiode, fallen bei der Mauser zusätzliche ­Arbeits-, Futter- und Impfkosten an, die in der vorliegenden Modellkalkulation nur z.T. berücksichtigt wurden.

Die Gesamtnutzungsdauer reichte bei unseren kalkulierten Herden bis zur 100., 104. und 110. LW. Das Referenzsystem war wieder das klassische Legejahr mit 52 Produktionswochen und Ausstallung der Hennen mit 72 LW.

Tabelle 9: Leistungseigenschaften der Herden mit Legepause in unterschiedlicher Nutzungsdauer (Referenzsystem mit Haltung bis 72 Lebenswochen ohne Legepause: Junghennen-Einstallung mit 18 Wochen, Nutzung Periode 1 (44 Wochen) dann Mauser und Periode 2 bis 100, 104, 110 LW, R+D (2 Wochen)) 

Haltungsdauer bis LW72100104110
Zyklusdauer als LH (Wo.)56848894
Umrechnungsfaktor (1 Jahr)0,930,620,590,55
Vermarktungsfähige Eier/AH      
Weißleger konv. je Zyklus317434453479
Weißleger konv. je Jahr295269267263
weniger Eier/a als Referenz 262832
Braunleger konv. je Zyklus302410427450
Braunleger konv. je Jahr281254252247
weniger Eier/a als Referenz 272934
Futterverbrauch/AH im Zyklus (kg)    
Weißleger44,666,169,474,2
Braunleger44,965,869,073,8
kum. Mortalität (%)     
Weißleger4,49,610,612,8
Braunleger5,011,012,214,4
IOFC 1 (€/TP/Jahr)    
Weißleger29,9826,7526,6226,25
Braunleger28,0524,7424,5324,04
IOFC 2 (€/TP/Jahr)     
Weißleger35,9232,4232,2931,91
Braunleger33,8730,2029,9729,44

LW = Lebenswochen; LH = Legehenne; AH = Anfangshenne; IOFC = income over feed costs (Futterkostenüberschuss); TP = Tierplatz 

Tabelle 10 zeigt eindeutig, dass bei den untersuchten Herden mit induzierter Legepause mit dem beobachteten Leistungsabfall, Anstieg der Mortalität und Sekundaware und schlechterer Futterverwertung die ökonomische Bilanz einer längeren Nutzung unabhängig vom Vermarktungsweg und der Notierung immer negativ war, obwohl Impfkosten oder zusätzliche Arbeiten bei der Mauser noch nicht inkludiert waren.

Der Unterschied zwischen Weißleger und Braunlegerherden war gering, zugunsten der Weißleger. Bei den hohen Futterpreisen in 2022 und zu Beginn von 2023, Energie- und Transportkosten reicht das Einsparungspotential für die längere Nutzung der Junghenne nicht aus um die ökonomischen Defizite aufzufangen. Bei beispielhafter Annahme der Eier- und Futterpreise von 2020 konnte unter Weser-Ems-Bedingungen eine positive Bilanz erzielt werden, nicht aber bei regionaler Vermarktung. 

Möglicherweise kann bei der Direktvermarktung mit noch größeren Preisdifferenzen der XL und L zum M-Ei die Bilanz etwas günstiger ausfallen. Eine induzierte Legepause kann aber auch zur Überbrückung des „Sommerlochs“ mit niedriger Nachfrage und Eierpreisen genutzt werden. Damit können deutliche ökonomische Effekte erzielt werden. Hierzu sind weitere Kalkulationen notwendig.

Tabelle 10: Ökonomische Bilanz der verlängerten Nutzungsdauer mit Legepause in €/Tierplatz/Jahr im Vergleich zum Referenzsystem (1 Legejahr ohne Legepause bis zur 72. Lebenswoche) 

KriteriumNutzung bis 100. LWNutzung bis 104. LWNutzung bis 110. LW
 WeißlegerBraunlegerWeißlegerBraunlegerWeißlegerBraunleger
 konv.konv.konv.konv.konv.konv.
Einsparungspotential      
Junghenne3,503,503,813,814,224,22
Kosten/Mindererlös*      
IOFC 1 oder3,233,303,363,523,724,00
IOFC 23,513,683,633,914,014,43
Festkosten0,810,890,850,961,001,07
Arbeit0,110,120,110,130,140,14
Opportunität0,520,540,560,580,640,66
Bilanz bei IOFC 1-1,17-1,35-1,07-1,38-1,28-1,65
Bilanz bei IOFC 2 bzw. 3-1,45-1,73-1,34-1,77-1,57-2,08

5. Fazit

Die langjährige Zucht auf Legepersistenz, Vitalität und Schalenstabilität ermöglicht inzwischen eine gleichmäßig hohe Produktionsleistung der Legehennen über 365 Tage hinaus, auch ohne induzierte Legepause. Daher ist es aus Tierschutz- und aus Umweltschutzgründen sowie aus ökonomischen Überlegungen sinnvoll, die Haltungsdauer der Legehennen zu verlängern. Voraussetzung hierfür ist eine balancierte Herde mit hohem Leistungsniveau und guter Tiergesundheit, geringer Mortalität, stabilem Verhalten, guter Befiederung und geringem Anteil an Sekunda-Eiern. Dies wird in der Regel nur erreicht, wenn optimale Aufzuchtbedingungen und eine enge Abstimmung zwischen dem Aufzüchter und dem Legehennenhalter gegeben sind. Die Transitphase ist ein wesentlicher Schlüssel für eine erfolgreiche Verlängerung der Haltungsdauer. Prinzipiell ist eine verlängerte Haltungsdauer auch in Kombination mit einer induzierten Legepause möglich, allerdings sind einerseits die Verfahren zur Induktion der Legepause umstritten und andererseits bedeutet eine Legepause rund sechs Wochen entgangene Einnahmen durch das Ausbleiben der Eiproduktion. Die Entscheidung für oder gegen die Durchführung einer Legepause ist aber wesentlich von den Vermarktungsstrukturen des Betriebs abhängig. 

Auch ohne die Induktion einer Legepause kann die Verlängerung der Haltung der Legehennen auf 90 bis 100 Wochen wirtschaftlich sein. Die Modellrechnungen haben gezeigt, dass die Einsparungen durch den geringeren Junghennenbedarf bei einer Haltungsdauer brauner Legehybriden von bis zu 90 LW und weißer Legehybriden von bis zu 100 Lebenswochen die Mehrkosten bzw. Mindererlöse übersteigen. Die verlängerte Haltungsdauer ohne Legepause war derjenigen mit induzierter Legepause dabei immer überlegen. Es erscheint daher angebracht, die Haltungsdauer der Legehennen generell auf 80 bis 90 LW, d. h. 60 bis 70 Produktionswochen, zu verlängern. Die Voraussetzungen hierzu müssen in der Aufzucht-, der Transit- und der Legephase geschaffen werden.

6. Literatur

  • Damme, K. (2022): Faustzahlen zur Betriebswirtschaft. In: Damme, K., A. Mayer: Geflügeljahrbuch 2023. ­Eugen Ulmer KG, Stuttgart, ISBN 978-3-8186-1815-5, 50-69
  • Garrelfs, I. (2020): Legehennen mausern im Mobilstall. DGS-Magazin 49, 20-23 
  • Schättler, J., Hiller, P., Spindler, B., Riedel, A., Stiller, A., Sagkob, S., Dieckmann, L., Kemper, N. (2021): Legehennenhaltung und Tierwohl im Fokus, Spezielle Aspekte – kompakt und praxisorientiert. Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover – Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
  • Tierschutzgesetz (TierSchG) (2021): TSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 20 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2752) geändert worden ist. www.gesetze-im-internet.de/tierschg/BJNR012770972.html
  • Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) (2021): TierSchNutztV in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043), die zuletzt durch Artikel 1a der Verordnung vom 29. Januar 2021 (BGBl. I S. 146) geändert worden ist.https://www.gesetze-im-internet.de/tierschnutztv/
  • Facharbeitsgruppe Legehennen des Tierschutzplans Niedersachsen: Tierschutzfachliche Rahmenbedin­gungen für die Durchführung einer künstlich induzierten Legepause („Mauser“) bei Legehennen (Herausgeber: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) 2017: 
  • www.ml.niedersachsen.de/startseite/themen/tiergesundheit_tierschutz/tierschutzplan_niedersachsen_2011_2018/legehennen/legehennen-110604.html

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