DLG kompakt 08/2021

Haltung von Spezialgeflügel: Stockenten

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DLG kompakt 08/2021
1. Auflage, Stand 08/2021

Autoren:

  • Dr. Klaus Damme, Versuchs- und Bildungszentrum für Geflügel, Staatsgut Kitzingen
  • Dr. Manfred Golze, Leisnig, ehem. LfULG
  • Dr. Ruben Schreiter, Zentrum für angewandte Forschung und Technologie e.V., HTW Dresden

mit Unterstützung des DLG-Ausschusses Geflügel

Stockenten in  landwirtschaftlicher Haltung
Stockenten in landwirtschaftlicher Haltung © Schreiter

Vorkommen und Bedeutung

Stockenten sind heute die häufigste und am weitesten verbreitete Entenart in freier Natur. Sie sind auf der gesamten Nordhalbkugel, also Europa, Asien, Nordamerika und im nordwestlichen Afrika, an allen Arten von Binnengewässern zu finden. Vereinzelt sind sie aber auch in Südamerika, Australien, Neuseeland, Ozeanien und vielen Inseln heimisch. Auf der Welt soll es 18 bis 20 Millionen wilde Stockenten geben. In Deutschland liegt der Bestand bei weniger als einer Million Tiere. Wie die traditionellen Entenjagden verschiedener Regionen im Herbst zeigen, ist der Bestand aber durch das starke Aufkommen verschiedener Beutegreifer (z. B. Waschbär) teils stark rückläufig.

Von den sechs Unterarten ist eine als Stammform unserer Hausenten anzusprechen. Auf Grund ihrer weiten Verbreitung hat die Domestikation neben Südchina auch in anderen Regionen stattgefunden.

Als Nachfahren der Stockente sind heute im Standard des Bundes Deutscher Rassegeflügelzüchter 24 Entenrassen anerkannt.

Ihren Namen verdankt die Stockente ihrer Vorliebe auf Kopfweiden zu brüten, also auf Weiden, die auf den Stock gesetzt, d.h. zurückgeschnitten wurden. 

Heute werden Stockentenküken, im Alter von 1-3 Tagen, meist aus Brütereien bestimmter Zuchtfarmen bezogen, z. T. auch aus Frankreich oder Dänemark importiert. Manchmal findet die Stockenten­erzeugung aber auch im geschlossenen System statt, d. h. es werden Elterntiere (Geschlechterverhältnis: 1:4), Kunstbrut, Aufzucht und Schlachtung mit Vermarktung in einem Betrieb durchgeführt. 

Farbenfroher Stockentenerpel
Farbenfroher Stockentenerpel © Schreiter

Haltung

Für Stockenten gibt es in Deutschland keine rechtsverbindliche Haltungsnorm. Man kann sich aber an den freiwilligen Vereinbarungen verschiedener Bundesländer für Pekingenten und der Europaratsempfehlung für die Haltung von Wassergeflügel orientieren.

Die Mast von Stockenten ist relativ einfach. Es ist kein Impfprogramm notwendig, Behandlungen gegen Erkrankungen sind die Ausnahme. Nach ca. 8-wöchiger Aufzucht in Bodenhaltung mit Einstreu ist das Jugendgefieder voll ausgebildet und der richtige Schlachtzeitpunkt erreicht. Manche Mäster bevorzugen als Schlachttermin die erste adulte Federreife ca. 4-6 Wochen später. Der Brustmuskel ist dann etwas besser ausgeprägt und fester. Der Schlachtkörper wirkt optisch dann ansprechender. Die Futterverwertung ist zu diesem Zeitpunkt aber deutlich schlechter.

In den ersten zwei Lebenswochen werden die Küken in Kükenringen (20 Tiere/m²) und ab der 3. LW im gut mit Häckselstroh eingestreuten Stall (10-12 Tiere/m² in 3.-5. LW, danach 6-8 Tiere/m²) gehalten. In der ersten LW sollten unter der Wärmequelle im Tierbereich 33-35°C, in der zweiten LW 30-32°C gegeben sein. Die Temperatur kann in der 3.-5. LW auf >18° C reduziert werden. 

Bei der Wildente beobachtet man einen raschen Wechsel des Daunen- zum Jugendgefieder, sodass die Tiere ab der sechsten LW mit normalen Außentemperaturen im Frühling und Sommer gut zurechtkommen.

Bei Vorhandensein einer nach oben geschlossenen Voliere halten sich die Tiere, gleich welcher Jahreszeit, oft im Freien auf.

In der ersten LW genügt eine 5 Liter Stülptränke/50 Tiere, möglichst auf Drahtrost mit darunterliegender Wasserauffangwanne. Ab der zweiten LW werden höhenverstellbare Automatiktränken (1/100 Tiere), empfohlen. In der ersten LW erfolgt die Fütterung auf Futterteller oder Eierhöcker, ab der zweiten LW mittels Rund­trögen, die möglichst mit breitem Rand versehen sind und in einer Entfernung von ca. 1,5 m von der Tränke aufgehängt sein sollten. In der ersten LW sollte Häckselstroh als Einstreu benutzt werden, danach ist eine Umstellung auf Langstroh möglich. Vorhandene Altgebäude sind für die Stock­entenmast gut nutzbar.  

Stockentenküken © Klemm
Stockentenküken © Klemm

Tab. 1: Futterverbrauch und Futterverwertung von Stockenten von der 1.-8. Lebenswoche

(Damme 1993)
Woche Futterverbrauch/Woche (g) Futterverwertung/Woche kumuliert  
1 163 1,873 1,873
2 276 1,747 1,792
3 395 2,112 1,931
4 597 2,665 2,181
5 589 2,859 2,343
6 590 3,907 2,576
7 608 6,756 2,917
8 531 9,316 3,232

Fütterung

Stockenten sind Allesfresser, es wird viel pflanzliche Nahrung, aber auch Kleinlebewesen in der Natur aufgenommen. 

Bei der Haltung von Stockenten zum Zweck der Schlachtkörpergewinnung erfolgt die Fütterung analog der Haus­enten. Besonders in kleinen Beständen hat sich für die Aufzucht und Mast die ad-libitum-Fütterung von pelletiertem Entenalleinfutter mit 19 % Rohproteingehalt und 11,8 MJ ME, aber ohne Kokzidiostatika bewährt. In den ersten beiden Lebenswochen kann aber auch ein Starterfutter für Wassergeflügel und danach ein Entenaufzuchtfutter gefüttert werden. Ab der fünften LW ist ebenfalls die Zufütterung von Getreide möglich, was aber i.d.R. den Schlachtzeitpunkt um eine Woche verzögert.  

Die Trinkwasseraufnahme ist beim Wassergeflügel schwierig zu ermitteln, da das angebotene Tränkewasser auch zum Spielen, für das Badeverhalten und zur Gefiederpflege verwendet wird. Untersuchungen zeigen, dass der Tränkewasserbedarf eng mit dem Trockenfutterverbrauch gekoppelt ist. Eine Pekingente verbraucht je kg Trockenfutter 3,0-3,6 Liter Wasser. Dieser Wert kann auch für die Stockente als Basis dienen.

Stockentenküken in Kükenringen
Stockentenküken in Kükenringen © Klemm

Leistung

Das Angebot an frischem Wassergeflügel beschränkt sich in Deutschland auf Pekingenten, Flugenten, Gänse und Mularden (Kreuzungen von Flugenten mit Pekingenten). Die Grillgewichte dieser Tiere sind für den Single- oder Zwei-Personenhaushalt zu groß. Frische Teilstücke von Enten und Gänsen werden aber nur selten angeboten. Die Stockente mit einem Schlachtgewicht von ca. 1 kg (Erpel sind 100-200 g schwerer als Enten) ist eine zarte Delikatesse für zwei Personen und schließt somit eine Lücke im Wassergeflügelangebot. Für Betriebe, die Flugenten für Ostern und Gänse für Martini und Weihnachten aufziehen, kann die Stockentenmast eine gute Ergänzung in der Produktpalette sein.

Untersuchungen zeigten, dass die Tiere einen sehr hohen Schlachtkörperwert und eine herausragende Fleischqualität aufweisen. Bei der Stockente beträgt der Brustanteil am Schlachtkörper über 30 %. Das Fleisch, im Brustmuskel gemessen, hat einen Eiweißgehalt von 21,4 % und nur 1,7 % Fett. Es zeigt einen geringen Grillverlust und eine sehr gute Sensorik. Folgende Werte wurden ermittelt: 4,5 Pkt. in der Saftigkeit (Skala 1 sehr trocken bis 6 sehr saftig); 5,1 Pkt. Zartheit (Skala 1 sehr zäh bis 6 sehr zart); 4,7 Pkt. Aroma und 4,8 Pkt. im Gesamteindruck (Skala jeweils 1 mangelhaft bis 6 ausgezeichnet).

Tab. 2: Kennzahlen der Stockentenmast

Kosten/Leistung Einheit
Produktionsumfang 4 x 500 St./Jahr
Erlös/Stockente 8,20 €/kg
Lebendgewicht 1.200 g
Schlachtgewicht 900 g
Mastdauer (1. Gefiedereife) 8 Wo.
Futterverbrauch: 0,5 kg Entenstarter, 2,5 kg Entenmastkorn, 1,0 kg Weizen 4,0 kg
Futterkosten 30 €/dt
Verluste 5%
Besatz: 1.-4. LW 12T/qm danach 6 T/qm 6 T./qm
Flugvoliere 4 qm/Tier
Pacht Altgebäude ca. 100 qm 500 €
Schlachtkosten/St. 2,0 €/Tier
Einrichtung: Gasstrahler, Kükenring, Tränke, Futtersilo 1.000 €
Stockentenhaltung im Stall
Stockentenhaltung im Stall © Schreiter
Stockentenhaltung im Stall und im perforiertem Außenklimabereich
Stockentenhaltung im Stall und im perforiertem Außenklimabereich © LVFZ Kitzingen
Stockenten im perforiertem Außenklimabereich

Ökonomik

Für die Musterkalkulation wurde davon ausgegangen, dass ein Landwirt viermal im Jahr (im April beginnend) jeweils 500 Stockenten mästet. Die folgenden Kennzahlen wurden in Aufzuchtversuchen am LVFZ in Kitzingen ermittelt.  

Der Erlös für das kg frische Wildente betrug 8,20 €/kg. Dies entspricht bei Ø 0,9 kg Schlachtgewicht 7,38 €/Tier. Bei den variablen Kosten schlagen vor allem die Futter- und Kükenkosten zu Buche. Nicht zu vernachlässigen ist der hohe Zeitaufwand für das Schlachten, Rupfen, Ausnehmen und Herrichten der Schlachtkörper. 2 € für diese Arbeit ist eher knapp kalkuliert, vor allem wenn Schlacht- und Zerlegeräume eingerichtet werden müssen, die nur der Stockentenvermarktung dienen. 

Die Direktkosten freien Leistungen (DB I) liegen dann bei 2,41 € je Wildente. Abzüglich der Festkosten, wobei die Pacht eines Altgebäudes unterstellt wurde, bleibt ein Betriebseinkommen von 2,09 €. Bei einem Betreuungsaufwand von 1 Std. für 500 Stockenten täglich, 4 Durchgänge à  56 Tage und jeweils 2 Tage Arbeit in der Serviceperiode für Entmistung, Reinigung und Desinfektion des Maststalles fallen insgesamt 288 AKh für 2.000 Stockenten im Jahr an. Die daraus berechnete Stundenentlohnung bewegt sich bei befriedigenden 14,5 €/AKh. Mit diesem betriebswirtschaftlichen Ergebnis ist die Stockentenaufzucht und Totvermarktung ein durchaus interessanter Nebenerwerb.

Tab. 3: Betriebseinkommen Stockentenmast

Erlös (€) bei 8,20 €/kg SG; Ø 0,9 kg SG 7,38
4 x 500 Tiere/Jahr
Futter 1,20
Tiere incl. 5 % Verluste 1,37
Tierarzt/Medikamente/Desinfektion 0,05
Heizung/Strom/Wasser 0,15
Stroh, Sonstiges 0,20
Schlachtung 2,00
Variable Kosten (€/Tier) 4,97
DB (€/Tier) 2,41
DB/m² Stall im Jahr 69,84
Pacht Altgebäude/Tier 0,25
Einrichtung: 10 % AfA, Zins: 5 %/2; Unterhalt 1 % 0,07
Festkosten (€/Tier) 0,32
Betriebseinkommen (€/Tier) 2,09

Literatur

  • Damme, K. (2016): Wirtschaftlichkeit der Sondergeflügelhaltung. Lehr-, Versuchs-und Fachzentrum für Geflügelhaltung, Kitzingen.
  • Golze, M. (2012): Nutzung von Stockentenmast hat eine lange Geschichte. Rundschau für Fleischhygiene und Lebensmittelüberwachung. 
  • Golze, M., Wehlitz, R. (2012): Spezialgeflügel – Erzeugung und Produktqualität. Schriftenreihe des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.
  • Pingel, H. (1989): Die Hausenten. Zimsen-Verlag, Lutherstadt-Wittenberg.
  • Pingel, H. (2000) Enten und Gänse. Ulmer-Verlag, Stuttgart-Hohenheim.

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