DLG-MERKBLATT 391

Glyphosat – Verantwortungsvoller Umgang mit einem Wirkstoff

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DLG-Merkblatt 391
5. Auflage, Stand: 12/2017

Autoren:

  • DLG-Ausschuss für Pflanzenschutz
  • Dr. Carolin von Kröcher (Vorsitz), Leiterin Pflanzenschutzamt, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
  • Dr. Doris Ahlers, DLG Mitteilungen
  • Dr. Alexander von Chappuis, DLG e. V., Frankfurt am Main
  • Dr. Klaus Erdle, DLG e. V., Frankfurt am Main
Ein Traktor auf einem Weizenfeld

1. Vorwort

Der Wirkstoff Glyphosat kam in Deutschland erstmals Mitte der 1970er Jahre in dem Pflanzenschutzmittel Round up auf den Markt. Zurzeit sind im Ackerbau 69 Glyphosat-haltige Pflanzenschutzmittel zugelassen. Die Anwendungsgebiete reichen von Einzelpflanzenbehandlungen, über die Bekämpfung von Ausfallgetreide, der Unkraut- und Ungrasbekämpfung, bis hin zur Sikkation in lagerndem Getreide oder Raps.

Neben diesen landwirtschaftlichen Einsatzmöglichkeiten findet sich der Wirkstoff auch im Haus- und Kleingartenbereich, bei der Behandlung von Nichtkulturland und außerhalb Deutschlands in gentechnisch veränderten Kulturen.

Auf Grund dieses breiten Anwendungsspektrums ist Glyphosat mittlerweile der weltweit am meisten eingesetzte herbizide Wirkstoff.

Ende November 2017 wurde nach mehreren Entscheidungsanläufen auf EU-Ebene die Zulassung von Glyphosat auch unter Zustimmung Deutschlands um 5 Jahre verlängert. Unabhängig davon schwindet die Akzeptanz der Politik und Öffentlichkeit gegenüber dem Wirkstoff.

Auf der anderen Seite ist der Nutzen von Glyphosat im Rahmen der pflanzlichen Produktion unbestritten. Um die zunehmende gesellschaftliche Diskussion bei diesem Wirkstoff zu entschärfen, ist ein verantwortungsvoller Umgang mit ihm notwendig. Auch sind Einsparungen in manchen Einsatzgebieten möglich.

Zweck dieses Merkblattes ist es, die Relevanz und teilweise Unverzichtbarkeit von Glyphosat aufzuzeigen und Landwirte im Umgang und Einsatz des Wirkstoffs zu unterstützen. Damit einher geht eine Darstellung wichtiger Einsatzgebiete in der Landwirtschaft, deren Bewertung und das Aufzeigen möglicher ackerbaulicher Alternativen zum Glyphosateinsatz.

Eine Beurteilung der Auswirkungen von Glyphosat auf die Gesundheit von Mensch, Tier und Naturhaushalt soll in diesem Merkblatt nicht erfolgen. Hierzu wird auf die Arbeit der verschiedenen an der Zulassung beteiligten Behörden wie Umweltbundesamt (www.uba.de) und Bundesamt für Risikobewertung (www.bfr.bund.de), sowie auf die Zulassungsbehörde Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (www.bvl.bund.de) verwiesen.

2. Nutzungsschwerpunkte im Ackerbau

Glyphosat-haltige Pflanzenschutzmittel werden in Deutschland breitflächig im Ackerbau eingesetzt. Untersuchungen der Universität Göttingen zeigen eine Gewichtung sowie einzelne Schwerpunkte in Bezug auf ihre Anwendungshäufigkeit (M. Dickeduisberg et al., 2012). Insgesamt finden danach auf 39 % der Ackerfläche Glyphosatanwendungen statt. Winterraps wird auf ca. 80 % der Fläche mit Glyphosat behandelt, Körnerleguminosen auf ca. 70 %. Aufgrund der Anbauhäufigkeit spielen Winterraps, Wintergerste und Winterweizen flächenmäßig die größte Rolle.

Es gibt drei wichtige Einsatzverfahren:

  • Vorsaatverfahren (Einsatz kurz vor der Aussaat bzw. kurz nach der Aussaat im Vorauflauf)
  • Vorernteverfahren (Einsatz im Bestand kurz vor der Ernte)
  • Nachernteverfahren (Einsatz nach der Ernte)

2.1 Ungras- und Unkrautbekämpfung

2.2 Ackerhygiene

Abbildung 3a und 3b: Resistenter Ackerfuchsschwanz lässt sich nur schwer bekämpfen (© landpixel)

2.3 Resistenzmanagement

2.4 Sikkation und Unkrautbekämpfung im Vorernteverfahrent

2.5 Wiederinkulturnahme von Flächen

Anforderungen der Agrarpolitik, aber auch betriebliche Gegebenheiten können die Wiederinkulturnahme stillgelegter Flächen notwendig machen. Hier findet man sehr häufig ausdauernde und tief wurzelnde Unkräuter vor. Für deren Bekämpfung ist Glyphosat ein ökonomisch sinnvolles und bodenschonendes Betriebsmittel.

3. Glyphosat und Wasser

Bedingt durch seine Wirkstoffeigenschaften besteht bei Glyphosat ein geringes Versickerungsrisiko ins Grundwasser. Gleiches gilt für seinen als nicht relevant eingestuften Metaboliten (Abbauprodukt des Wirkstoffs) AMPA. Weder besitzt AMPA die Eigenschaften eines Pflanzenschutzwirkstoffes noch andere toxikologische oder ökotoxikologische grundwassergefährdende Charaktere.

Der Metabolit AMPA kann auch aus anderen industriellen Anwendungen wie z. B. Waschmitteln stammen.

Entsprechend des Abbau- und Versickerungsverhaltens wird sowohl Glyphosat als auch AMPA nur vereinzelt im Grundwasser gefunden. Anders sieht es mit Einträgen in Oberflächengewässer aus. Als Eintragspfade werden hier vor allem Oberflächenabfluss und Drainagen gesehen.

Ein nicht zu unterschätzender Anteil dieser Einträge in Oberflächengewässer stammt aus der landwirtschaftlichen Anwendung. Deshalb besitzen mittlerweile die meisten Glyphosat-haltigen Pflanzenschutzmittel Anwendungsbestimmungen zum Schutz von Oberflächengewässern. Darin sind zwei Anwendungsbestimmungen zur Anwendung auf Flächen mit Hangneigung enthalten. Sie unterscheiden sich in der Anforderung an die Breite eines bewachsenen Randstreifens (NG 402 = 10 m; NG 412 = 5 m).

Die genaue Ausführung dieser Anwendungsbestimmung zu Glyphosat lautet:

„Zwischen behandelten Flächen mit einer Hangneigung von über 2 % und Oberflächengewässern – ausgenommen nur gelegentlich wasserführender, aber einschließlich periodisch wasserführender – muss ein mit einer geschlossenen Pflanzendecke bewachsener Randstreifen vorhanden sein. Dessen Schutzfunktion darf durch den Einsatz von Arbeitsgeräten nicht beeinträchtigt werden. Er muss eine Mindestbreite von 10 m (NG 402) (NG 412 = 5 m) haben.

Dieser Randstreifen ist nicht erforderlich, wenn:

  • ausreichende Auffangsysteme für das abgeschwemmte Wasser bzw. den abgeschwemmten Boden vorhanden sind, die nicht in ein Oberflächengewässer münden, bzw. mit der Kanalisation verbunden sind oder
  • die Anwendung im Mulch- oder Direktsaatverfahren erfolgt“.

4. Ackerbauliche Maßnahmen gut kombinieren

Der Effekt einiger Glyphosatanwendungen kann auch durch andere ackerbauliche Maßnahmen erreicht werden. Im Folgenden geben wir einige Beispiele dazu:

Viele Glyphosatanwendungen, besonders auf der Stoppel, dienen als Ersatz für eine Bodenbearbeitung. Eine deutliche Verringerung der Aufwandmengen von Glyphosat, speziell zur Raps-Mulchsaat, kann mit einer sinnvollen Kombination mit anderen Vorauflaufherbiziden erreicht werden. Der Wirkstoffeinsatz kann vor allem durch eine Wiedereinführung von Bodenbearbeitungsgängen deutlich eingeschränkt werden. Sekundäre Effekte einer Stoppelbearbeitung werden auf diese Weise viel stärker genutzt. Dazu zählen unter anderem das Brechen der Kapillarität, die Stroheinmischung und die Schnecken- und Mäusebekämpfung. Solche Effekte sind ackerbaulich wertvoller als die reinen Kostenvorteile durch die Nutzung von Glyphosat.

Bei der Unkrautkontrolle ist die gute ackerbauliche Praxis wieder stärker gefragt, die Stoppel- und die Grundbodenbearbeitung muss intensiviert werden.

Spezialfall Gemeine Quecke
Die Bekämpfung der Quecke ist auf die Zeit zwischen den Kulturen zu verlegen. Voraussetzung dafür ist ein ausreichendes Zeitfenster zwischen Ernte der Vorfrucht und Aussaat der Folgefrucht. Hier dürften bei Verzicht auf Glyphosat die größten Probleme auftreten, und für eine sichere und nachhaltige Bekämpfung der Quecke gibt es kaum geeignete Alternativen.

Nachernte- und Stoppelbearbeitung
Zwischen Ernte und Aussaat können Ausfall-Raps und -Getreide in mehreren Wellen zum Auflaufen gebracht werden. Raps keimt, sobald er ausreichend Licht bekommt. Für eine nachhaltige Bekämpfung des Ausfallraps ist eine flache Bodenbearbeitung in der Regel sinnvoller als das reine Abtöten der ersten Auflaufwelle mit Herbiziden. Nach dem Abtöten der ersten Welle keimen verbleibende Samen, sobald diese wieder ausreichend Licht erhalten. Die wechselnden Temperaturen und Feuchten zwischen Tag und Nacht reichen dann in der Regel aus, um die Körner zum Quellen und Keimen zu bringen.

Beim Stoppelmanagement können Sie eine Kombination aus mechanischer und chemischer Behandlung wählen.

Bei Ausfallgetreide, speziell in Trockenphasen, reicht das bloße Abtöten der ersten Auflaufwelle nicht aus, um erneut einen guten Aufgang der Ausfallkörner zu erreichen. Bei Getreide nach Getreide oder Raps nach Getreide ist die Stoppelbearbeitung u. U. mehrmals zu wiederholen. Damit sind die größten Bekämpfungserfolge der Ausfallkulturen und von Ungräsern, wie Ackerfuchsschwanz, Trespen und Weidelgräser zu erzielen.

In jedem Fall sollte darauf geachtet werden, dass Ausfallpflanzen nicht zu groß werden. Ein optimaler Bekämpfungserfolg wird erreicht, je kleiner die Pflanzen sind und je geringer die Gefahr des erneuten Anwachsens ist.

Mäuse und Schnecken lassen sich durch Glyphosatanwendungen nicht aushungern. Gegen Mäuse muss eine ausreichend tiefe Bodenbearbeitung stattfinden, um die Gänge zu erreichen und zu zerstören. Um die rasche Wiederbesiedlung zu verhindern, muss dies eventuell zehn bis vierzehn Tage später wiederholt werden.

Gegen Schnecken reicht eine flache Bearbeitung aus, im Idealfall vor einer Trockenphase. Die Bodenbearbeitung nimmt den Schnecken die Rückzugswege und die folgende Trockenheit führt zu einer hohen Mortalität in der Population.

Abbildung 7: Neben der Quecke macht auch insbesondere die Trespe große Probleme (© landpixel)

In der folgenden Tabelle sind die gebräuchlichsten Anwendungsverfahren von Glyphosat noch einmal zusammengefasst und ihre Alternativen bewertet.

KulturVerfahrenAnwendungszweckEinsatz bei/zurAlternativen und ihre Bewertung 
alle KulturenVorsaat-
verfahren*
Unkrautbekämpfung, Aussaatvorbereitung...Mulch- /Direktsaat-verfahren auf erosionsgefährdeten Hangflächenkeine Alternative aufgrund rechtlicher und pflanzenbaulicher Anforderungen 







Getreide
Vorsaat*- und Nachernte-verfahrenUnkrautbekämpfung & Ackerhygiene durch Bekämpfung der Ausfallkultur...Verhinderung der grünen Brücke z. B. virusübertragende Blattläuse
... Bekämpfung von resistentem Ackerfuchsschwanz
keine Alternative bei Auftreten von resistentem Ackerfuchsschwanz
 
 
für sonstige Ackerhygiene zusätzlicher Bodenbearbeitungsgang 

 
Vorernte-
verfahren
Sikkation,
Unkrautbekämpfung
…Lager in Verbindung mit Zwiewuchs aufgrund von Frost, Mäusefraß etc. oder Unkrautdurchwuchs, der eine Beerntbarkeit unmöglich machtBeschränkung auf Teilfläche

 
 
Sorgfalt bei der Bestandesführung durch Optimierung pflanzenbaulicher Maßnahmen, deshalb trotz Zulassung keine Empfehlung für einen Einsatz in stehendem Getreide zur Unkrautbekämpfung 






Raps
Vorernte-
verfahren
Sikkation,
Unkrautbekämpfung
…ungleichmäßiger Abreife oder Unkrautdurchwuchs aufgrund von Schäden durch Frost, Mäusefraß, extremen Rapsglanzkäfer-befall usw.Beschränkung auf Teilfläche

 
 
alternativen Wirkstoff entsprechend der Zulassung wählen 
 Nachernte-
verfahren
Ackerhygiene durch Ausfallrapsbekämpfung...Vermeidung von Kohlhernie und zum Nematodenmanagement bei Fruchtfolgen mit Zuckerrübenzusätzlicher Bodenbearbeitungsgang 





Mais
Vorsaat-
verfahren*
Unkrautbekämpfung...Auftreten von Problemunkräutern wie z. B. Storchschnabel, Reiherschnabel, Ackerfuchsschwanz etc.sofern Pflanzenschutzwirkstoffpalette es hergibt, Unkrautbekämpfung in andere Kulturen der Rotation verlegen 
Aussaatvorbereitung... Mulch-/DirektsaatEinbau einer Pflugfurche gute
Alternative, aber aufgrund von Bodenschutzstrategien in wind-/wassererosionsgefährdeten Gebieten nicht überall möglich
 
ZuckerrübenVorsaat-
verfahren*
Unkrautbekämpfung, Aussaatvorbereitung….Mulch-/DirektsaatEinbau einer Pflugfurche gute Alternative, aber aufgrund von Bodenschutzstrategien in wind-/wassererosionsgefährdeten Gebieten nicht überall möglich 

* Vorsaatverfahren schließt ggfs. Anwendung in frühem Vorauflauf mit ein
Rot: keine Alternative möglich
Grün: empfehlenswerte Alternative
Gelb: betriebsindividuelle Entscheidung

5. Ausblick

Der gute Ackerbauer vertraut nicht nur auf die Chemie, sondern kombiniert alle ackerbaulichen Maßnahmen, um die nachhaltige Leistungsfähigkeit der Flächen zu erhalten.

Optimierungspotenzial ist bei der Anwendung von Glyphosat vorhanden. Die wesentlichen Stellschrauben sind dabei die Fruchtfolge und das Maß der Bodenbearbeitung. Gegen beides werden jedoch oft wirtschaftliche Zwänge ins Feld geführt, die nicht in allen Fällen ihre Berechtigung haben.

Über das Ausschöpfen von Fruchtfolgeeffekten, Sortenwahl, Aussaatzeitpunkten, mechanischer Bodenbearbeitung und gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln kann oft mehr erreicht werden als über den Dauereinsatz von Glyphosat. Hierbei werden hohe Ansprüche an den Betriebsleiter gestellt, da die Möglichkeiten zur Korrektur eingeschränkt sind. Das Ziel besteht darin, die Unkrautkonkurrenz rechtzeitig auszuschalten und mit Nebeneffekten von mechanischen Maßnahmen (z. B. Unterbrechung der Kapillarität, Schneckenbekämpfung) zu kombinieren.

Die Entscheidung, auf die eine oder andere Glyphosatmaßnahme zu verzichten, muss situationsbezogen erfolgen. Die Kombination verschiedener Verfahren bietet letztendlich bei reduziertem Pflanzenschutzmitteleinsatz mehr ackerbauliche Sicherheit.

Abbildung 8: Nach erfolgreicher Behandlung sollte der Bestand möglichst zeitnah umgebrochen werden (© landpixel)

Bei der Anwendung Glyphosat-haltiger Pflanzenschutzmittel sind die Zulassungsbedingungen zu beachten!

6. Literatur

M. Dickeduisberg, H.-H. Steinmann und L. Theuvsen (2012):
Erhebungen zum Einsatz von Glyphosat im deutschen Ackerbau; Julius-Kühn-Archiv 434, S. 459 – 462

H.-H. Steinmann, M. Dickeduisberg, L.Theuvsen (2012):
5.000 t – wofür eigentlich? DLG-Mitteilungen 2/2012, S. 18 – 19

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