DLG-Expertenwissen 04/2026

Zuchtpilze: unterschätzte Alleskönner

Nachhaltig, vielseitig und voller Geschmackspotenzial 

DLG-Expertenwissen 04/2026
1. Auflage, Stand 1/2026

Autoren:

  • Dr.in Eva Derndorfer, Ernährungswissenschaftlerin und Sensorikexpertin, 
    Fachbuchautorin, Beraterin und Lehrbeauftragte an mehreren Hochschulen, Wien/Österreich 
    eva@derndorfer.at , www.evaderndorfer.at 
  • Bianca Schneider-Häder, Projektleiterin, DLG e.V., Fachzentrum Landwirtschaft und Lebensmittel, Frankfurt/M., b.schneider@DLG.org 
       

Kontakt:

DLG-Ausschuss Lebensmittelqualität und Sensorik
Dr. Désirée Schneider (Vorsitzende)
Bianca Schneider-Häder (Projektleiterin), 
sensorik@dlg.org  

Das kulinarische Potenzial von Zuchtpilzen wird häufig unterschätzt. Dabei sprechen sehr viele Faktoren für die Pilzzucht: neben ihrem sensorischen Potenzial sind dies auch gesundheitliche Aspekte, die Verarbeitungseigenschaften von Pilzen und nicht zuletzt die ökologischen Vorteile. Denn die meisten Zuchtpilze verwerten als sogenannte Saprobionten totes organisches Material. In der freien Natur haben sie dadurch eine wichtige ökologische Rolle, weil sie Lignin, die Gerüstsubstanz im Holz, abbauen können. In der Pilzzucht kann man ihnen auch andere verwertbare organische Nebenprodukte – beispielsweise Kaffeesatz oder andere biogene Reststoffe – zur Verfügung stellen. Bei der Pilzzucht selbst fallen allerdings auch wieder Abfälle, etwa Stämme oder deformierte Fruchtkörper an. Diese können wiederum einem kulinarischen Upcyling unterzogen werden, indem sie Fleischprodukten zugesetzt werden. Damit sind Zuchtpilze ein prädestiniertes Lebensmittel für die Kreislaufwirtschaft, wo Abfälle minimiert, gleichzeitig Wertschöpfung generiert und die Umwelt entlastet wird. Zuchtpilze gelten damit als einer von mehreren Hebeln, um eine nachhaltige Lebensmittelverarbeitung und eine globale  Ernährungssicherheit langfristig zu gewährleisten. Aber inwiefern überzeugen Zuchtpilze durch ihre sensorischen, gesundheitlichen und ökologischen Vorteile? Und welche Sorten von Zuchtpilzen sind für die Lebensmittelverarbeitung bedeutend?

Zielsetzung

In diesem Expertenwissen soll zunächst auf das sensorische Potenzial von Zuchtpilzen eingegangen werden. Dies betrifft den umami-Geschmack, fleischähnliche Aromen mancher Pilze, sowie spezielle Texturen. Zudem werden gesundheitliche Aspekte aufgezeigt und ihr Potenzial zur Verwertung von Nebenströmen dargelegt. Portraits für die Lebensmittelverarbeitung und pflanzenbasierte Ernährung runden die Darstellung ab.

Aufgrund ihrer Verarbeitungseigenschaften eignen sich Zuchtpilze quasi als „Fleischersatzprodukte“. Sie können auch als Zutat zu verarbeiteten sogenannten „hybriden“ Fleischprodukten, bei denen der Fleischanteil mengenmäßig reduziert wird, fungieren. Das verändert nicht nur sensorische Eigenschaften, sondern auch die Nährstoffzusammensetzung des Produktes. Meist werden Austernpilze, Champignons oder Enokipilze für Fleischersatzprodukte herangezogen. Diese, aber auch andere, zum Teil weniger bekannte Zuchtpilze werden in diesem Expertenwissen kurz charakterisiert.

Aus Sicht der Endverbraucher ist es nötig zu wissen, wie man mit Zuchtpilzen umgeht. Wie, wo und wie lange kann man sie lagern? Wie erkenne ich, ob sie noch frisch genug und genusstauglich sind? 

1. Das sensorische Potenzial von Zuchtpilzen

Während es mittlerweile für viele Lebens- und Genussmittel ausgearbeitete Begriffslisten oder Aromaräder gibt, ist die Literatur zur sensorischen Beschreibung von Zuchtpilzen eher dünn. Doch gerade bei dem leicht verderblichen Lebensmittel „Pilz“ sind die  Sinnesorgane ein wichtiges Instrument zur Qualitätsprüfung und zur Einstufung der Frische und Genusstauglichkeit.

Aussehen:
Bei Zuchtpilzen dient die Optik vordergründig der Frischeeinschätzung – und damit der Genusstauglichkeit. Denn Pilze sind besonders empfindliche und leicht verderbliche Lebensmittel.  Eingedrückte oder schmierige Hüte sowie Farbveränderungen sind klare Zeichen von Verderb. 

Geruch: 
Während manche Waldpilze ein waldig-holzig-harziges Aroma aufweisen, ist das bei Zuchtpilzen nicht der Fall. Dennoch sind Zuchtpilze im Aroma äußerst vielschichtig, ihr Geruch geht weit über „mild“ und „pilzartig“ hinaus: so werden Austernpilze als kalbfleischartig wahrgenommen, Rosenseitlinge als speckig, Enoki als fruchtig, Pioppino als pfeffrig, braune Champignons und Portobellopilze als kohlartig, und dem Igelstachelbart wird ein Meeresfrüchtearoma zugeschrieben. Da Pilze durchaus animalische Aromen aufweisen, liegt ihr kulinarisches Potenzial als Fleischersatz auf der Hand.

Geschmack:
Beim Geschmack von Zuchtpilzen dominiert umami, manchmal aber auch leicht süß. Die gleichen Geschmacksrichtungen kommen auch in Fleisch vor. 
Umami, die fünfte Grundgeschmacksart, entsteht durch die Salze der Aminosäuren Glutaminsäure (Glutamat) und Asparaginsäure (Aspartat). Freies Glutamat ist in Pilzen in hoher Konzentration vorhanden. Das Trocknen von Pilzen, eine der häufigsten Formen der Haltbarmachung,  konzentriert den Umami-Geschmack. 
Besonders umami schmecken Speisen, wenn man Pilze mit anderen umamireichen Lebensmitteln kombiniert – etwa in der mediterranen Küche mit Tomaten und Parmesan oder in der asiatischen Küche mit Sojasauce und Miso, zwei Produkte, die es ohne Pilze auch nicht gäbe.

Textur:
Die Textur von Zuchtpilzen variiert deutlich. Manche Pilze sind fest und kompakt (z. B. Kräuterseitling), andere fleischig filigran (z. B. Zitronenseitling).

© M.Dörr & M.Frommherz – stock.adobe.com

2. Pilze – kein Proteinwunder, aber genussvoller Fleischersatz

Zuchtpilze als Fleischersatz
Pilze sind aufgrund ihrer sensorischen Eigenschaften neben Hülsenfrüchten für Fleischersatzprodukte prädestiniert. Eine ganze Reihe an Pilzen wurde mittlerweile als Fleischalternative versucht, darunter Kulturchampignons, Shiitake, Austernpilze und Enokipilze. Dabei geht es nicht nur um den kompletten, sondern auch um einen partiellen Fleischersatz, um die Menge an Fleisch zu reduzieren. Pilze haben den Vorteil, dass sie bei Konsumenten im Gegensatz zu Insekten keine Neophobie auslösen. Lebensmittel-Neophobie ist die Scheu, unbekannte Lebensmittel zu kosten (Derndorfer, 2024).

Folgende Eigenschaften, die ein ernährungsphysiologisch günstiges Nährstoffprofil mit Genuss verbinden, zeichnen Pilze für den partiellen Ersatz in verarbeiteten Fleischprodukten aus (Auszug aus Panda et al 2025):

  • Kalorienarm 
  • Natriumarm
  • Erhöhter Ballaststoffgehalt 
  • Verbesserte Textureigenschaften
  • Mehr Geschmack
  • Antioxidativ wirksam – damit wird die Fettoxidation gebremst und die Haltbarkeit des Fleischproduktes erhöht

Boylu et al (2023) führten eine Versuchsreihe mit „hybriden“ Würsten durch, bei denen Austernpilze das Schweinefleisch in unterschiedlichem Ausmaß ersetzten. Insgesamt wurden elf Wurstrezepturen – mit 0, 10, 20, 30, 40, 50, 60, 70, 80, 90 und 100% Fleischersatz durch Pilze – produziert, in Wursthüllen gefüllt und gegart. Der Feuchtigkeitsgehalt der Würste stieg mit zunehmendem Pilzanteil, während der aw-Wert unbeeinflusst blieb. Die mittels Texture Analyser gemessene Textur zeigte, dass Austernpilzzugabe zu weicherer Textur führte. Farbmessungen mittels Colorimeter ergaben, dass die Würste mit zunehmendem Austernpilzgehalt eine dunklere (niedrigerer L-Wert), weniger rote (niedrigerer a-Wert) und gelbere (höherer b-Wert) Farbe aufwiesen.

In einer weiteren Studie (If`all et al 2025) wurden Austernpilze als partieller Fleischersatz in „hybriden“ Fleischbällchen probiert. Dafür wurden fünf Rezepturen mit variablem Rindfleischanteil (300 / 275 / 250 / 225 / 200 g)  und Austernpilzanteil (0 / 25 / 50 / 75 / 100 g) getestet, alle weiteren Zutaten waren gleich. Mit höherem Austernpilzanteil verringerten sich der Protein- und Fettgehalt der Fleischbällchen, während der Wasseranteil, das Wasserhaltevermögen, Ballaststoffe und Kohlenhydratanteil stiegen. Die Fleischbällchen wurden durch die Pilze weicher und saftiger. 20 halbtrainierte Testpersonen bewerteten die Proben sensorisch. Farbe, Aroma, Geschmack und Textur schnitten beim Ersatz von 25 und 50 g Fleisch durch Austernpilze am besten ab, auch besser als die Fleischbällchen ohne Pilze. Höhere Pilzanteile veränderten das Produkt stärker, die Bällchen waren zu weich und die Farbe blass, sodass Produkte mit 75 und 100 g Pilzen  schlechter bewertet wurden. Es sei an dieser Stelle jedoch betont, dass 20 semitrainierte Tester keine geeignete Testergruppe für hedonische Fragestellungen darstellt.

Patinho et al (2021) untersuchten das Potenzial von Kulturchampignons als Fettersatz in Rindfleischburgerpatties. Dafür wurden die Originalrezeptur (70% Rindfleisch, 20% Schweinefett, 0% Pilze,) mit drei alternativen Formulierungen (70% Rindfleisch, 5% Pilze, 15% Schweinefett / 70% Rindfleisch, 10% Pilze, 10% Schweinefett / 70% Rindfleisch, 15% Pize, 5% Schweinefett) verglichen. Der Rindfleischanteil blieb somit konstant. Mehr als 200 brasilianische Konsumenten bewerteten die Burgerpatties sowohl hedonisch an einer 9-Punkte-Skala als auch in sensorischen Merkmalen anhand der CATA-Methode (Check-all-that-apply). Darüber hinaus wurden die Farbe und Textur instrumentell gemessen und Kochverluste quantifiziert. Die Ergebnisse waren äußerst vielversprechend: Konsumenten bevorzugten die drei pilzhaltigen, fettreduzierten Rezepturen im Vergleich zur Standardrezeptur und bewerteten diese u.a. als saftiger. 

Getrocknete, geräucherte Shiitake Pilze
Abbildung 1: Getrocknete, geräucherte Shiitake Pilze

Die Kochverluste sanken durch den Pilzzusatz ab. Die Pilze machten folglich die Burgerpatties weicher und elastischer. Kulturchampignons stellen damit eine sensorische, technologische und gesundheitliche Strategie zur Reduktion tierischer Fette in Rindfleischburgerpatties dar.

Pilze können aber auch eingesetzt werden, um den Salzgehalt von verarbeiteten Fleischprodukten zu reduzieren. Die Salzreduktion ist seit Jahren ein deklariertes Gesundheitsziel der WHO und zugleich eine rezeptorische Herausforderung in der Produktentwicklung. Denn gerade bei verarbeiteten Fleischprodukten hat Salz zahlreiche Funktionen: technologische (z. B. das Wasserhaltevermögen), antimikrobielle und sensorische. In einem Review fassen Fernández-López et al (2025) zusammen, dass mit Hilfe von Pilzen bis zu 50% Salz in unterschiedlichen Fleischprodukten eingespart werden kann, mit nur minimalem Veränderungen am  Endprodukt. 

Während der partielle Austausch von Fleisch oder tierischem Fett in verarbeiteten Fleischprodukten vergleichsweise einfach erscheint, ist der komplette Ersatz etwas aufwendiger. Eine aktuelle Publikation gibt es zur Herstellung einer pilzbasierten Fischfilet-Imitation aus Austernpilzen. Dafür ist laut Silva et al (2024) eine enzymatische Behandlung der Masse nötig. 

Nicht nur in der Lebensmittelindustrie, auch in der Gemeinschaftsverpflegung oder auf Haushaltsebene können Pilze als Fleischersatz verwendet werden. So können z. B. geräucherte, getrocknete Shiitakepilze den Speck tierischen Ursprungs in manchen Gerichten ersetzen (vgl. Abbildung 1). 

Pilze keine optimale „alternative Proteinquelle“

Während Pilze insgesamt eine gute Nährstoffquelle darstellen, wird ihr Eiweißgehalt oft überschätzt. Dieser liegt bei 1,6g Protein pro 100 g rohem Shiitake oder bei 4,2 g Eiweiß pro 100 g rohem Champignon (Nutritional Software). Die wahre Verdaulichkeit des Pilzproteins variiert zudem von Pilz zu Pilz (Ionescu et al 2025). Den Proteinbedarf mit Pilzen zu decken funktioniert daher nicht. 

3. Zuchtpilze als Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft

Verwertung von „biologischen Abfällen“ aus Nebenströmen
Wie eingangs beschrieben, werden Pilze und damit auch Zuchtpilze „ernährt“, indem man ihnen ein Substrat zur Verfügung stellt, das sie als Energie- und Nährstoffquelle nutzen können. Pilze sind Saprobionten, das heißt, sie zersetzen organisches Material, um daraus Kohlenhydrate, Stickstoff und Mineralstoffe aufzunehmen.
So eignen sich insbesondere die folgenden biologischen Substrate, insbesondere auch aus Nebenströmen, für einen Einsatz in der Pilzzucht:

  • Holzreste (Sägemehl, Hackschnitzel, Stroh)
  • landwirtschaftliche Nebenprodukte (Getreidespelzen, Maiskolben)
  • organische Reststoffe aus der Lebensmittelproduktion wie: 
    • Kaffeesatz
    • Bier- oder Brauereitreber
    • Obst- und Gemüseabfälle
    • Schalen und Pressrückstände

Eine wichtige Voraussetzung diesbezüglich ist jedoch, dass sie hygienisch unbedenklich sind und die richtige Struktur haben, denn Pilze benötigen zum optimalen Wachstum auch Luftporen und Feuchtigkeit. Daher werden diese Materialien meistens vor dem Einsatz aufbereitet (z. B. pasteurisiert), um Konkurrenzorganismen zu vermeiden.
So zeigen Ben Mansour et al. (2025), wie Kaffeeersatz als energie- und stickstoffreicher Zusatzstoff für Austernseitlinge (Pleurotus spp.) verwendet werden und sowohl den Ernteertrag  als auch den Nährstoffgehalt dieser Zuchtpilze steigern kann. 

Gemäß der Forschergruppe um Ganuza, M. (2024) fördert auch die Nutzung von Bier- bzw. Brauereitreber das Pilzwachstum, sofern es mit Holzsubstraten versetzt wurde. Anschließend wurden die finalen Reste zu Biogas weiterverwertet. 

Auch Peelings, Schalen und Pressrückstände, also Obst- und Gemüseabfälle, können Mann und Sooch (2022) zufolge als lignocellulosereiche Substrate – besonders für Pleurotus-Arten (Austernseitlinge) dienen. Darüber hinaus sind Sägemehle und Holzreste, nach Anreicherung mit zusätzlichen Nährstoffen, bewährte Basissubstrate sowohl für den Holz-abbauenden Austernseitling, aber auch für Shiitake-Pilze. 

Weitere Studien belegen gute Wachstumsergebnisse von Zuchtpilzen beim Einsatz von Maiskolben bzw. Maissstängeln oder auch Altpapier- und Zellstoffresten. In Australien wurden Baumwollreste als innovativer Rohstoff erprobt, wobei sich zeigte, dass gerade Pilzarten wie der Austernseitling hohe Erträge erzielen. Pleurotus- und Agaricus- Pilzarten wachsen gemäß verschiedener Studien aus Italien auch gut mit Erdnussschalen als Substratkomponente. 

Dies sind nur einige der möglichen Substrate bzw. Substratkomponenten aus Nebenströmen, die belegen, dass sich die Produktion von Zuchtpilzen erfolgreich in zirkuläre Ökonomien integrieren lässt und zukünftig noch stärker bewähren wird, denn die Forschungen diesbezüglich stehen noch am Anfang.

Verwertung von biologischen „Resten“ aus der Pilzzucht selbst

Einige Studien aus den letzten Jahren zeigten, dass auch Reste von Zuchtpilzstämmen, die bei der Ernte weggeschnitten werden und folglich als biologischer Abfall anfallen, als partieller Fleischersatz verwertet werden können. Damit werden Nebenströme aus der Pilzproduktion verwertet und gleichzeitig der Fleischverbrauch gedrosselt. Banerjee et al (2020) setzten beispielsweise Pilzpulver aus den getrockneten Resten von Enoki-Pilzstämmen zu Ziegenfleisch-Nuggets zu, wodurch die Pilz-angereicherten Nuggets eine weichere Textur bekamen.

Pilzstämme können auch verwertet werden, indem gewünschte Inhaltsstoffe, etwa Polysaccharide, Ergosterol, u. a., extrahiert werden. Werden Inhaltsstoffe aus Pilzen extrahiert, bleiben wiederum Überreste übrig. Neben Pilzstämmen fallen auch deformierte Pilze als Beiprodukte zur potenziellen Nebenstromverwertung an (Guo et al, 2022). Anfallende Nebenprodukte aus der Zucht von Speisepilzen können als wertvolle Zutat nicht nur bei Fleischwaren, sondern auch bei Backwaren eingesetzt werden (Guo et al, 2022).

4. Biotechnologisch hergestelltes Pilzmycel als zukünftiges Nahrungsmittel?

Auch biotechnologisch hergestelltes Pilzmyzel kann als Fleischalternative interessant sein, weil es von Natur aus fasrige Texturen aufweist. Pilzfruchtkörper und Pilzmyzel sind lebensmittelrechtlich allerdings unterschiedlich einzustufen, auch wenn sie vom gleichen Pilz stammen. Während Pilzfruchtkörper als Lebensmittel gelten, fällt das Myzel als neuartiges Lebensmittel unter die Novel-Food-Verordnung. Bergmann et al (2025) geben einen Überblick über die aktuelle Marktlage zu diesem Thema. 

© Vagner Castro – stock.adobe.com
 Braune Kulturchampignons
Abbildung 2: Braune Kulturchampignons © E. Derndorfer
Shiitakepilze
Abbildung 3: Shiitakepilze © E. Derndorfer

5. Kurzportraits ausgewählter Zuchtpilze

Zucht-Champignon (Agaricus Bisporus)
Kulturchampignons gibt es in verschiedenen Farben (weiß, braun) und verschiedenen Größen. Im frischen Zustand sind die Pilzhüte fest und die Lamellen hellrosa, bereits nach drei Tagen werden die Lamellen etwas gräulich, die Pilze sind aber noch verzehrstauglich. Sind die Lamellen einmal schwarzbraun, sind die Pilze überlagert und nicht mehr genießbar (Müller 2024a).

Portobellopilze, braune Riesenchampignons, eignen sich aufgrund ihrer Form und Größe sowohl zum Befüllen als auch als veganes Burger-Pattie. Braune Champignons und Portobellopilze schmecken intensiver nach Pilz, erdig, fleischig, holzig, aber auch kohlartig und haben einen ausgeprägteren bitteren und umami-Geschmack als die weißen (Du et al 2021).

Shiitake (Lentinula edodes)
Der Shiitake ist nach dem Champignon weltweit der zweitwichtigste Zuchtpilz. Er ist, einmal geerntet, besonders kurz haltbar, weil Shiitakepilze stärker als andere Pilzarten atmen und das Reifegas Ethylen produzieren (Subramaniam et al 2021). Seine kurze Haltbarkeit erklärt, warum der Pilz verbreitet als Trockenpilz im Handel ist.  Besonders duftend ist er, wenn er geräuchert und getrocknet ist.

Austernseitling (Pleurotus ostreatus)
Austernpilze zählen weltweit zu den wichtigsten Zuchtpilzen. Der Name des Pilzes ist Programm, denn die Form der Pilze ist muschelartig, und die Bezeichnung Seitling rührt daher, dass die Pilze seitlich aus ihrem Substrat wachsen. Austernpilze wachsen schnell, was sie für Züchter attraktiv macht. Für Konsumenten ist der kalbfleischartige Geschmack interessant. Der Pilz hat eine matte, samtig-filzige Oberfläche.  Frische Austernpilze haben ein festes, trockenes Fruchtfleisch und helle Lamellen. Nach einigen Tagen kühler Lagerung werden die Lamellen zwar etwas brüchig, der Pilz ist in diesem Stadium aber noch verzehrbar. Sind die Lamellen bereits eingerissen und ist das Pilzfleisch wässrig, ist der Pilz nicht mehr genusstauglich (Müller 2024b).

Brauner Kräuterseitling (Pleurotus eryngii)
Sein festes Fleisch, seine gute Haltbarkeit (im Kühlschrank bis zu einer Woche), sowie seine vielseitigen  Einsatzmöglichkeiten in der Küche machen ihn seit einigen Jahren zu einem beliebten Zuchtpilz.  Dank seines festen Fruchtfleisches sieht er in jeder Zubereitung ansprechend aus und ist formstabil beim Braten oder Grillen. Man kann den Pilz auch anstelle von Hackfleisch für Lasagne verwenden.

Rosenseitling (Pleurotus djamor)
Rosenseitlinge gehören wie Austernseitlinge und Kräuterseitlinge zur Familie der Seitlingsverwandten. Der Geruch und Geschmack der rosafarbenen Fruchtkörper ist kräftig und unterscheidet sich deutlich von Austernpilzen. Vielfach wird ihr Aroma als speckig und schinkenartig bezeichnet. Frische Rosenseitlinge sind im Kühlschrank im Gemüsefach ca. fünf Tage haltbar. 

Pioppino (Agrocybe aegerita)
Der Pioppino, auch Südlicher Ackerling genannt, ist einer der ältesten Zuchtpilze, bereits die alten Römer sollen ihn auf Pappelholz gezüchtet haben (N.N. Wikipdia). Seine Textur bleibt beim Kochen stabil, daher kann man Pioppino für viele Gerichte, von Suppen bis Pfannengerichte, Nudel- und Reisgerichte verwenden. Der Pilz kann einige Tage im Kühlschrank gelagert werden. 

Enoki, Enokitake (Flammulina velutipes)
In Japan werden Enoki schon seit Langem kultiviert. Ohne Licht angebaut, entstehen lange, weiße Pilze mit sehr kleinen schneeweißen Köpfchen (Gruber und Derndorfer 2017). Das Aroma des Pilzes ist mild, süßlich und fruchtig, im Umamigeschmack ist er eher schwach ausgeprägt. Das Fleisch ist bissfest und bleibt auch beim Kochen stabil. 

Abbildung 4: Austernpilzzucht © E. Derndorfer
Abbildung 5: Kräuterseitlinge © E. Derndorfer
Abbildung 6: Rosenseitling © E. Derndorfer
© E. Derndorfer © E. Derndorfer
Abbildung 8: Enoki © E. Derndorfer

6. Fazit

Die zuvor gemachten Ausführungen haben gezeigt, dass gerade Zuchtpilze ein bis dato noch unterschätztes Potenzial sowohl in der landwirtschaftlichen Urproduktion als auch in der Lebensmittelverarbeitung aufweisen. Neben dem ernährungsphysiologisch wertvollen Nährstoffprofil sind es insbesondere die sensorischen Eigenschaften der Zuchtpilze, also ihr Geschmackspotenzial, die einen Einsatz als Ersatz für Fleischerzeugnisse begünstigen und die vielfältigen Ernährungsstile bereichern. Zudem ist die Pilzzucht prädestiniert für zirkuläre Wertschöpfungssysteme und wird damit den Nachhaltigkeitszielen der Lebensmittelbranche gerecht. Aber nicht nur die industrielle Verarbeitung von Zuchtpilzen sollte intensiviert werden, sondern auch der Einsatz von Gerichten aus frischen Pilzen bietet Köchen, Gastronomen und Verbrauchern vielfältige Potenziale für innovative Geschmackserlebnisse auf den zunehmend bunteren Tellern und im Zuge der Unterstützung gesunder Ernährungsweisen, so dass abschließend gerade auch dazu wichtige warenkundliche Tipps gegeben werden.

Tipps für den Umgang mit Frischpilzen zuhause und in Großküchen
1. Im Kühlschrank lagern.
2. Zuchtpilze nach dem Einkauf aus der Verpackung nehmen, weil sich unter der Plastikfolie Kondensationswasser bildet, was den Verderb beschleunigt. 
3. Bereits vorgeschnittene Pilze, etwa Kulturchampignons als frisches Convenienceprodukt, sind besonders rasch zu verbrauchen.

Literatur

  • Banerjee, D.K. et al (2020). Application of enoki mushroom (Flammulina Velutipes) stem wastes as functional ingredients in goat meat nuggets. Foods, 9(4), 432.
  • Ben Mansour, A., Ababsa, N. & Berkani, C. (2025) Waste-based substrates for edible mushroom production: a sustainable approach to food and waste management. Euro-Mediterr J Environ Integr 10, 2473–2485
  • Bergmann, P. et al (2025). Pilzmyzel als Nahrungsmittel. Wann kommt die Novel-Food-Zulassung? Ernährungs Umschau international 9.
  • Boylu, M., Hitka, G., & Kenesei, G. (2023). Investigation of the use of fresh oyster mushroom as a meat substitute in sausages. Journal of Hygienic Engineering & Design, 45.
  • Derndorfer, E. (2014). Lebensmittel-Neophobie. DLG-Expertenwissen 1/2024..
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  • Du, X .et al (2021). Aroma and flavor profile of raw and roasted Agaricus bisporus mushrooms using a panel trained with aroma chemicals. LWT 138: 110596.
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  • Ganuza, M., Jaramillo Mejia, S. & Albertó, E. (2024) Reutilization of Brewer’s Spent Grain as Spent Mushroom Substrate for the Generation of Biogas in a Semi-Continuous Digester. Waste Biomass Valor 15, 2961–2971
  • Grimm, A., Eilertsen, L., Chen, F. et al. (2021) Cultivation of Pleurotus ostreatus Mushroom on Substrates Made of Cellulose Fibre Rejects: Product Quality and Spent Substrate Fuel Properties. Waste Biomass Valor 12, 4331–4340 
  • Gruber, M., Derndorfer, E. (2017). Heimische Waldpilze und Kulturpilze. Ernährung heute, Heft 3.
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  • Mann, M.K., Sooch, B.S. (2022). Utilization of Fruit and Vegetable Wastes for the Cultivation of Edible Mushrooms. In: Ray, R.C. (eds) Fruits and Vegetable Wastes . Springer, Singapore 
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  • https://de.wikipedia.org/wiki/Südlicher_Ackerling
  • https://www.nutritional-software.at/