Die Gerstenernte hat ihren Höhepunkt in diesem Jahr sehr früh - bereits Anfang Juli - überschritten. Die Erträge fallen mit mehr als 9,5 t/ha besser aus als erwartet. Der Regen nach der langen Frühjahrstrockenheit kam gerade noch rechtzeitig. Inwieweit die Hitzewelle Anfang Juli die Kornausbildung beim Weizen jedoch beeinträchtigt hat, bleibt offen. Trotz der Freude über den gelungenen Start fallen die aktuellen Erzeugerpreise für Getreide enttäuschend aus.
Aufgrund der anhaltenden Frühjahrstrockenheit rechneten viele Landwirte zunächst mit unterdurchschnittlichen Erträgen bei der Gerste. Doch die vergleichsweise kühlen Nachttemperaturen im Frühjahr sowie offenbar ausreichende Niederschläge zur rechten Zeit wirkten sich positiv aus. Die Wintergerste bringt vielerorts bessere Ergebnisse als erwartet. Selbst auf den Sandböden Brandenburgs konnten bis zu 8 t/ha eingefahren werden. In Westfalen sind auf guten Böden sogar 9 t/ha möglich. Das Rheinland und Bayern melden Erträge zwischen 5 und 9,5 t/ha. In Einzelfällen berichten Landwirte sogar von 10 t/ha. Mit einem Hektolitergewicht um 70 kg weist die Ware ein hohes Gewicht auf.
Die Bestände sind in diesem Jahr erstaunlich gesund, der Krankheitsdruck niedrig. Erst kurz vor der Ernte kam es in einigen Regionen zu Ramulariabefall in der Gerste und Rost im Weizen. Mit nur einer Fungizidbehandlung blieben die Pflanzenschutzkosten auf den meisten Betrieben überschaubar.
Grunddüngung eingespart
Gespart wurde auch bei der Düngung. In vielen Betrieben fiel die Grunddüngung aus. Mit rund 120 kg Stickstoff (N)/ha wurde bei der Gerste ein Minimum gefahren, um in der Düngemittelbedarfsbilanz einen Puffer für die dritte Qualitätsgabe im Weizen zu schaffen. Vielerorts blieben die Düngerkörner der ersten Gabe auf den staubtrockenen Böden wirkungslos liegen.
Winterraps und Winterweizen stehen aktuell unter großem Druck: Hitze und Trockenheit haben die Abreife beschleunigt. Inwieweit der Trockenstress Anfang Juli die Kornausbildung beim Weizen beeinträchtigt hat, bleibt offen. In Brandenburg mussten Landwirte unterentwickelte Weizenbestände bereits vor Wochen unterpflügen oder zur Biogasanlage fahren.
Trotz des gelungenen Starts bei der Gerste sind die aktuellen Erzeugerpreise für alle Getreidearten enttäuschend. Die Futtergerste frei Erfasser liegt Anfang Juli bei 165 bis 168 €/t, franko Südoldenburg notiert die neue Ernte bei rund 190 €/t.
Erfolgsmeldungen aus Frankreich
Für Brotweizen mit einer Fallzahl von 220 Sekunden lassen sich durchschnittlich Erzeugerpreise von 180 bis 185 €/t erzielen. A-Weizen kann bis zu 220 €/t bringen. In den Veredelungsregionen zahlen Mischfutterwerke bis zu 180 €/t für Futterweizen. Der Raps liegt im Durchschnitt bei 478 €/t.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) spricht von Tiefstständen bei den Getreidepreisen. Angesichts hoher Kosten für Energie und Pflanzenschutz dürfte die Kalkulation im Ackerbau vielerorts immer knapper ausfallen.
Mit Blick auf den Erntedruck ist kaum mit einer Entspannung auf den Märkten zu rechnen. Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) prognostiziert eine Getreideernte von 41,4 Mio. t (Vorjahr: 39 Mio. t) in Deutschland für das neue Wirtschaftsjahr 2025/26. Beim Raps liegt die Schätzung bei 3,9 Mio. t. Die Flächenausdehnung beim Weizen sorgt für eine erwartete Produktion von 21 Mio. t, das wären 18 Prozent mehr als 2024. Die Wintergerste dürfte wegen des Anbaurückgangs mit 8,4 Mio. t um etwa 6 Prozent unter dem Vorjahreswert von 8,7 Mio. t liegen.
Aus Frankreich kommen ebenfalls Erfolgsmeldungen über hohe Weizenerträge, und auch Russland scheint trotz Trockenheit seinem Ziel, in diesem Sommer 84 Mio. t Weizen zu ernten, näherzukommen.
Einfuhrzölle auf russische Düngemittel
Die aktuell niedrigen Getreidepreise stellen viele Landwirte vor erhebliche wirtschaftliche Herausforderungen. Teilweise ist der Getreideanbau kaum noch kostendeckend. Besonders betroffen sind Betriebe, die stark auf Marktfruchtbau ausgerichtet sind und keine ausgleichenden Einkommensquellen wie Viehhaltung oder Direktvermarktung nutzen können. Gleichzeitig bleiben die Produktionskosten – etwa für Dünger, Pflanzenschutz und Energie – auf hohem Niveau.
Seit Juli hat die EU-Kommission Zölle und Importquoten für Stickstoffdünger eingeführt. Dies könnte den Stickstoffeinkauf im gerade begonnenen Düngejahr 2025/26 erheblich verteuern. Viele Betriebe stehen daher vor der schwierigen Aufgabe, ihre Fruchtfolgen, Investitionspläne und Vermarktungsstrategien neu zu bewerten, um unter den aktuellen Preisbedingungen wirtschaftlich bestehen zu können. Der Deutsche Bauernverband (DBV) ist besorgt um die Liquidität der Betriebe. Angesichts der schwachen Preise sind zufriedenstellende Erntemengen umso wichtiger. Hinzu kommen Extremwetterereignisse, steigende Umweltauflagen und immer höhere Anforderungen – etwa der Mühlen – an die Weizenqualität.
Nachhaltige Produktivitätssteigerung
Die Produktionskosten für Landwirte sind im internationalen Vergleich hoch, was zulasten der wirtschaftlichen Betriebsergebnisse und Wettbewerbsfähigkeit deutscher Betriebe geht. Daher braucht die Landwirtschaft einen neuen Fortschrittsbegriff, einen, der Ertragssteigerung und Wettbewerbsfähigkeit in den Fokus nimmt und Ressourcenschutz ins Kalkül einbezieht.
„Nachhaltige Produktivitätssteigerung – Betrieb. Markt. Umwelt“ ist der Titel der DLG-Unternehmertage 2025, die vom 2. bis 3. September 2025 in Erfurt stattfinden. Diskutieren Sie dort mit Kolleginnen und Kollegen, Vordenkern und Schrittmachern über ein neues Fortschrittsverständnis und einen erweiterten Produktivitätsbegriff.