In drei Dimensionen gedrucktes Steak

Redefine Meat schlägt neue Wege für die alternative Fleischindustrie ein

aus: DLG-Lebensmittel 4/2022

Produzenten weltweit sind auf der Suche nach Möglichkeiten, neue Kategorien hochwertiger Fleischprodukte aus pflanzlichen Zutaten zu kreieren. Gefragt sind Lösungen, die über die heutigen hinausgehen. Ein Unternehmen, das so ein Verfahren entwickelt haben will, ist Redefine Meat. Das israelische Start-up nutzt digitale Technologie, um pflanzliche Inhaltsstoffe so anzuordnen, dass sie sich nach dem Kochen und im Mund wie Fleisch verhalten und anfühlen.

„Es steht außer Frage, dass große Fortschritte bei der Entwicklung von Fleischalternativen gemacht worden sind und dass der Aufwärtstrend anhält. Fakt ist aber auch, dass ein Verbrauchertyp dabei zu kurz gekommen ist, nämlich die Fleischliebhaber“

Daniel Dikovsky , Redefine Meat

Pflanzliches Steak
Die pflanzlichen Alt-Steak-Produkte brachte Redefine Meat vor einem Jahr auf den Markt. © Redefine Meat

Wo die Extrusion an ihre Grenzen kommt

Fleisch hat von Natur aus eine hochkomplexe Struktur. Um es präzise nachbilden zu können, muss man verstehen, woraus es im Detail besteht. „Pflanzliche und tierische Proteine haben eine sehr unterschiedliche Wirkung, vor allem in Bezug auf ihr Verhalten beim Kochen, was die größten Schwierigkeiten bei der Optimierung der Textur von Fleischersatzprodukten bereitet“, so Dikovsky. Erbsen-, Weizen- und Sojaproteine sind die wichtigsten pflanzlichen Inhaltsstoffe in der Industrie, weil sie das fleischähnliche Kaugefühl am besten imitieren. „Bei ihrer strukturellen Anordnung treten jedoch Probleme auf. Herkömmliche Extrusionsverfahren, nach denen pflanzliche Fleischersatzprodukte hergestellt wurden, sind an diese Grenze gestoßen. Letztlich waren sie nicht in der Lage, die Muskelfasern homogener Strukturen zu reproduzieren und ihre Verhaltensänderung beim Kochvorgang zu steuern.“ 

Bei Redefine Meat setzt man stattdessen auf den Einsatz einer patentierten 3-D-Drucktechnologie. Durch die Sammlung von Daten zu Parametern wie Zusammensetzung und Verhalten von Tierfleisch und die Umsetzung dieser Daten werden die pflanzlichen Inhaltsstoffe so angeordnet, dass sie sich nach dem Kochen und im Mund wie Fleisch verhalten und anfühlen. „Die wissenschaftlichen Kenntnisse über die Zusammensetzung von Fleisch verschaffen uns bei der Produktentwicklung einen enormen Vorteil, der uns bei der Nachbildung ganzer Steaks zugutekommt“, sagt Dikovsky. Auch sensorische Daten von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die digital erfasst werden, fließen in den Entwicklungsprozess ein. 

Daniel Dikovsky
Daniel Dikovsky, Leiter des Bereichs Innovation und Technologie bei Redefine Meat. © Redefine Meat

Sensorische Daten machen den Unterschied

Ziel ist es, die Meinungen über neue Fleischprodukte zu verstehen und das Feedback bestmöglich in neuen Iterationen von Fleischersatzprodukten umzusetzen. Zu diesem Zweck werden die Daten in den gesamten Prozess integriert. Dikovsky und sein Team nutzen eine digitale Bibliothek von Steak-Qualitätsindizes (SQIs), um jede Iteration beziehungsweise Nachbildung von Fleisch nach Aussehen, Geschmack, Textur und genereller Ähnlichkeit mit Fleisch zu bewerten. Bei schrittweisen Änderungen, wie die Erhöhung des Zähigkeitswerts oder des Fettanteils, verfolgen sie, ob die Bewertung durch die Sensorik-Panels besser oder schlechter wird. „Tatsächlich können verschiedene Fleischstücke zu verschiedenen Meinungen führen“, erklärt Dikovsky. Digitale Technologien, wie KI und maschinelles Lernen, können aus seiner Sicht dazu beitragen, diese Schwierigkeiten durch die Anwendung intelligenter Algorithmen zu umgehen, um sensorische Daten zu mischen und die beliebtesten SQIs bei der Produktentwicklung in weitere Iterationen einfließen zu lassen. „Ein optimierter Prozess für das Feedback von Verbrauchern und die Iteration von Produkten ist ein himmelweiter Unterschied zu dem Versuch, das Feedback von Verbrauchern nach den herkömmlichen Verfahren für die heutige Fleischerzeugung zu implementieren.“ Grundsätzlich soll diese Einbeziehung der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Erzeugung der von ihnen verzehrten Fleischprodukte nicht nur die Produktqualität verbessern, sondern auch den Prozess zu ihrer Erzielung beschleunigen.

Redefine Meat: Ein Burger
Aus der pflanzlichen Produktreihe von Redefine Meat: ein Burger mit 170 Gramm „New-Meat“-Fleisch. © Redefine Meat

Mehr Kooperation und Einsatz von Technologie

Ein weiterer wichtiger Teil der Forschungs- und Entwicklungsarbeit bei Redefine Meat dreht sich um die Auswahl der pflanzlichen Rohstoffe. „Die Auswahl der Inhaltsstoffe in der alternativen Fleischindustrie ist ein strenger Prozess, bei dem festgelegte Parameter in puncto Qualität, Verfügbarkeit, Skalierbarkeit und Nachhaltigkeit unbedingt eingehalten werden müssen“, erläutert Dikovsky. „Wenn ein Inhaltsstoff eines dieser Kriterien nicht erfüllt, kann sich das negativ auf die Produktentwicklung auswirken.“ Auch wenn branchenweit jeden Tag sinnvolle Fortschritte auf Inhaltsstoffebene gemacht werden, steht für den Experten fest: „Das Unterfangen wird keinem Unternehmen allein gelingen. Zur Unterstützung einer größeren Vielfalt bei der Entwicklung pflanzlicher Inhaltsstoffe und Erweiterung des Produktsortiments müssen die Rohstoffhersteller kooperieren.“ Da die Industrie in rasantem Tempo weiterwächst und immer attraktiver wird, geht er fest davon aus, dass weitere namhafte Akteure dem Aufruf zur Zusammenarbeit folgen werden. „Wenn Unternehmen wie uns ein echter Durchbruch in der Branche gelingen soll, um einer der weltweit größten Hersteller von Fleisch­ersatzprodukten zu werden, dann sind eine stärkere Zusammenarbeit im Nahrungsmittel-Ökosystem und ein stärkerer Einsatz von Technologie notwendig“, erklärt der Leiter des Bereichs Innovation und Technologie bei Redefine Meat abschließend. (mb)