„Griechenland ist an Know-how zur nachhaltigen Landwirtschaft interessiert“ 

Jens Kremer, Geschäftsführer DLG International GmbH, zur jüngsten Delegationsreise nach Thessaloniki

Porträt von Jens Kremer, Geschäftsführer DLG International GmbH.
Deutschland kann von dem Know-how griechischer Landwirte bei der Anpassung an Extremwetter profitieren, ist Jens Kremer, Geschäftsführer DLG International GmbH, überzeugt. Foto: DLG

Griechenland und Deutschland wollen in verschiedenen Wirtschafts- und Forschungsbereichen ihre Zusammenarbeit intensivieren, darunter die Sektoren Landwirtschaft und erneuerbare Energien. Passend dazu war Deutschland Partnerland der Handelsmesse Thessaloniki International Fair, die im September 2024 stattgefunden hat. Aus diesem Anlass fand in der ersten Septemberhälfte eine Delegationsreise nach Thessaloniki mit den Bundesministern für Wirtschaft, Robert Habeck (Grüne), und Landwirtschaft, Cem Özdemir (Grüne), statt. Die DLG war Teil der Delegation: Mitgereist ist Jens Kremer, Geschäftsführer der DLG International GmbH. Im Interview spricht er über die Landwirtschaft in Griechenland und Deutschland, Felder der Zusammenarbeit und seine Erfahrungen auf der Delegationsreise. 


DLG-Newsroom: Warum war die Expertise der DLG auf der Delegationsreise nach Thessaloniki gefragt?

Jens Kremer: Die DLG als internationale Plattform für Agrar- und Ernährungswirtschaft bringt umfassende Expertise in der Vernetzung globaler Agrarmärkte mit. Im Rahmen der Reise mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özedemir nach Thessaloniki wurden unter anderem mehrere Gespräche mit Akteuren der griechischen Land- und Lebensmittelwirtschaft geführt. Bilateral wie auch organisiert nach diversen Themen zum Beispiel in Bereichen wie nachhaltige Landwirtschaft, Digitalisierung in der Landwirtschaft und Agri-Photovoltaik. Die DLG konnte hier ihre Erfahrung mit entsprechenden Lösungsansätzen wie auch Marktplätzen und Märkten insgesamt mit einbringen.


Inwiefern hat die Delegationsreise konkrete Ergebnisse oder nächste Schritte zur Zusammenarbeit herbeigeführt?

Insbesondere in den Gesprächen mit griechischen Akteuren aus dem Agrifood-Business, also Landwirten, Erzeugern, Veredlern und Herstellern von Lebensmitteln wurde deutlich, dass es einen großen Informations- und auch Klärungsbedarf im Bereich des Imports von Produkten nach Deutschland gibt. Insbesondere die zum Teil strengen regulatorischen Hürden, wie unter anderem notwendige Zertifizierungen oder Kennzeichnungen waren hier ein Thema. Aber auch die trotz gemeinsamem EU-Binnenmarkt noch bestehenden Prozesse hinsichtlich der Einfuhr und Verzollung der Produkte wurden hier als wirtschaftliche Hürden genannt. Dies wurde von Cem Özedemir wie auch der DLG aufgenommen und es wurden anschließende Gespräche zu diesen wie auch anderen Themen vereinbart.

Es wurde zudem besprochen, wie deutsche und griechische Unternehmen enger zusammenarbeiten können, insbesondere in Bereichen wie Smart-Farming und Bewässerungstechnologien. Weitere Kooperationsprojekte könnten in der Entwicklung gemeinsamer Plattformen für den Wissensaustausch liegen.

Zwei Männer im Gespräch: Jens Kremer, DLG, und Bundesagrarminister Cem Özdemir.
Jens Kremer, Geschäftsführer DLG International GmbH, im Austausch mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) während der Delegationsreise nach Thessaloniki im September. Foto: DLG

Welche Angebote konnte die DLG den griechischen Gesprächspartnern zum Know-how-Transfer machen?

Konkret konnte die DLG insbesondere den Vertretern der landwirtschaftlichen Produktionsbetriebe das Angebot machen, sich im Rahmen der EuroTier 2024, die vom 12. bis 15. November in Hannover stattfindet, zu innovativen Produktionsmethoden und neuester Technik in der Tierhaltung zu informieren. Schließlich ist die EuroTier ja die Leitmesse für internationale Tierhaltungsprofis.
 

Inwiefern bestehen bereits Verbindungen zwischen der Landwirtschaft und Landwirtschaftspolitik in Griechenland sowie der DLG?

Es bestehen bereits Verbindungen in Form von Wissensaustausch und Teilnahme griechischer Unternehmen an DLG-Messen. Zukünftige Kooperationen könnten in der Verbesserung von Bewässerungssystemen oder im Management von Wasserknappheit und Bodendegradation liegen.
 

Was sind die größten Unterschiede zwischen den griechischen Strukturen in Landwirtschaft und Agribusiness und den deutschen?

In Griechenland ist die Landwirtschaft oft kleinteiliger organisiert und stärker von traditionellen Anbaumethoden geprägt, insbesondere im Olivenanbau und der Weinproduktion. Die Agribusiness-Strukturen sind weniger industrialisiert als in Deutschland, wo größere Betriebe, Technologisierung und Effizienzsteigerung im Fokus stehen. Griechenland ist zudem stark von klimatischen Herausforderungen wie Dürre betroffen.

Bühne auf der Messe Thessaloniki International Fair.
Eindrücke von der Messe Thessaloniki International Fair. Foto: DLG / Jens Kremer

In welchen Bereichen der Landwirtschaft kann Deutschland vom Know-how und den Erfahrungen der Griechen profitieren?

Griechenland hat umfangreiche Erfahrung mit Anpassungsstrategien an Trockenheit und extreme Wetterbedingungen. Die Expertise bei Bewässerungstechnologien und im Anbau von trockenresistenten Kulturpflanzen könnte Deutschland helfen, eigene Strategien zur Klimaanpassung weiterzuentwickeln.
 

In welchen Bereichen kann umgekehrt Griechenland vom Know-how aus der deutschen Landwirtschaft profitieren?

Griechenland kann von Deutschlands Fortschritten in den Bereichen Digitalisierung, Präzisionslandwirtschaft und nachhaltige Agrartechnik profitieren. Auch in der Lebensmittelverarbeitung und -vermarktung, besonders im Hinblick auf die Exportmärkte, könnte deutsches Know-how wertvolle Impulse geben. So könnten griechische Produzenten besonders in den Bereichen Qualitätsstandards und internationaler Zertifizierungen von den Erfahrungen aus Deutschland profitieren, um ihre Produkte besser für den Export zu qualifizieren. 
Zudem sehe ich großes Potenzial, durch Kooperationen zwischen griechischen und deutschen Produzenten, zum Beispiel in Vertriebsnetzwerken,  gezielt neue Exportmärkte zu erschließen, wie zum Beispiel die Region Südostasien.
 

Wie war das persönliche Erlebnis der Delegationsreise?

Die Reise war eine wertvolle Gelegenheit, die griechische Agrarlandschaft und die Herausforderungen vor Ort besser kennenzulernen. Es war beeindruckend zu sehen, wie engagiert griechische Unternehmen und Politiker beider Seiten an einer Modernisierung der Agrarwirtschaft arbeiten. Dadurch ergaben sich zahlreiche spannende Gespräche und Networking-Möglichkeiten. Zu sehen, mit welchem diplomatischen Feingefühl und Respekt Minister und Stab der Ministerien hier die Gespräche geführt haben, war darüber hinaus sehr eindrucksvoll. 
Die Reise hat mir zudem gezeigt, wie wichtig der Dialog und die Vernetzung für die Entwicklung zukunftsfähiger Agrarlösungen sind.

Interview: Stefanie Pionke, DLG-Newsroom
 

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