
Damit die Generationenübergabe auf dem Hof gelingt, ist vor allen fachlichen und betriebsstrategischen Fragen eine tiefe Auseinandersetzung mit der jeweiligen Familienkonstellation und den ihr zugrunde liegenden Bedürfnissen, Wünschen und Erwartungen aller Beteiligten erforderlich. Welche Besonderheiten dieser emotional und betriebswirtschaftlich anspruchsvolle Prozess aufweist, wenn nicht der Sohn, sondern die Tochter den Hof übernimmt – das rückt in den Fokus beim Female Agri Fellows Summit 2025 – powered by DLG, der erstmalig am 13. und 14. Mai dieses Jahres in Münster stattfindet. Im Workshop „Starke Frauen, starke Höfe: mit Leidenschaft und Wissen zur erfolgreichen Hofübernahme!“ werden Unternehmrinnen und Beraterinnen Impulse und Wissen für einen gelungenen Generationenwechsel vermitteln.
Metta Steenken stammt von einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Mastschweinen und Ackerbau in Niedersachsen. Auf dem Female Agri Fellows Summit am Mittwoch, dem 14. Mai, wird sie den Workshop „Starke Frauen, starke Höfe: mit Leidenschaft und Wissen zur erfolgreichen Hofübernahme!“ leiten. Den elterlichen Hof hat nicht sie übernommen, sondern ihre jüngere Schwester.
Mein Vater hatte ältester Sohn und in seiner Generation quasi keine andere Wahl, als den elterlichen Betrieb zu übernehmen.
Metta Stenken, Beraterin
Laut Steenken haben die eigenen Eltern den Übergabeprozess „offen gestaltet“. Das bedeutet: Sie wollten ihre drei Töchter nicht dem Erwartungsdruck aussetzen, die Hofnachfolge antreten zu müssen, erinnert sich Steenken: „Mein Vater hatte als ältester Sohn und in seiner Generation quasi keine andere Wahl, als den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Diesen Druck wollte er nicht an uns drei Schwestern weitergeben.“
Steenkens Familie steht mit ihrer Hofübernahme-Konstellation für eine Minderheit der Höfe in Deutschland: Im Jahr 2020 planten rund18 Prozent der Betriebe hierzulande eine weibliche, 82 Prozent eine männliche Nachfolge. Soweit die Zahlen, wie sie das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft aufschreibt.
Heimischer Hof versus internationales Unternehmen
Für Metta Steenken selbst war die Hofübergabe zu dem Zeitpunkt, als sie Ende der 1990er Jahre Abitur gemacht hat, gar nicht in Betracht gekommen, erinnert sie sich heute: „Ich wollte in die große weite Welt hinaus und habe International Business studiert. Danach war ich lange Jahre in der Schifffahrtsbranche beschäftigt, bei einem global tätigen Unternehmen.“
Dass ihre Eltern sie beim Thema Generationenwechsel nicht unter Druck setzen wollten, sei zwar gut gemeint gewesen – aber rückblickend sagt die Beraterin: „Dadurch, dass wir die Hofübergabe nicht offen thematisiert haben, haben meine Eltern auch keine positiven Anreize für uns gesetzt, den Betrieb zu übernehmen.“
Seit 12 Jahren ist Steenken Beraterin im Team von entra beratung Hof Schlamann und begleitet dort Betriebe, Unternehmen und Organisationen in der Organisationsentwicklung. Da das Beratungsunternehmen die Begleitung von Hofübergabe-Prozessen als einen Schwerpunkt hat, hat sie auch beruflich wieder vermehrt mit der Landwirtschaft zu tun.

Female Agri Fellows Summit 2025
Beim Female Agri Fellows Summit 2025 am 13. und 14. Mai in Münster triffst Du auf Frauen aus der gesamten Agrarbranche. Du lernst spannende Persönlichkeiten kennen, die Deine Leidenschaft für Landwirtschaft und Agribusiness teilen. Die zweitägige Veranstaltung bietet Dir einen Raum, um Dich mit Gleichgesinnten über Herausforderungen und Chancen auszutauschen, die speziell Frauen in der Landwirtschaft und im Agribusiness begegnen. Dazu erwartet Dich ein abwechslungsreiches Programm mit Workshops und Betriebsbesichtigungen sowie vielfältigen Networking-Gelegenheiten.
Proaktiv, offen und frühzeitig kommunizieren
Generell empfiehlt Steenken landwirtschaftlichen Familien, den Generationenwechsel proaktiv und frühzeitig zu gestalten und darüber offen zu kommunizieren – damit alle Beteiligten sich über ihre wahren Wünsche und Erwartungen austauschen können. Auch sollte der Nachfolger oder die Nachfolgerin gezielt über ihre Rolle auf dem Hof reflektieren: Was passt zu mir? Will ich den Betrieb genauso weiterführen, wie ich ihn vorfinde – oder, mit Respekt für die weichende Generation, – Veränderungen vornehmen? Diese Fragen helfen nach Erfahrung der Beraterin dabei, den Generationenwechsel erfolgreich zu gestalten.
Übernimmt in heute noch eher seltenen Fällen die Tochter den Betrieb, treten im Vergleich zur Hofübernahme durch Söhne Besonderheiten zutage. Wie in vielen anderen Wirtschaftsbereichen auch, ist auf landwirtschaftlichen Betrieben die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Thema, das sich häufig Frauen drängender stellt als Männern. Oft ergebe sich für Frauen die größte Herausforderung, sobald Kinder da sind, beobachtet Steenken: „Zuvor ist es häufig so, dass Mann und Frau auf dem Hof zu einer guten Arbeitsteilung gefunden haben und das Unternehmen gemeinsam strategisch entwickeln“, sagt sie. Kämen Kinder dazu, sei oft die Erwartungshaltung, „dass einzig die Frau beruflich zurücksteckt und sich schwerpunktmäßig um die Kinder kümmert.“
Der Mann ist überfordert mit alleiniger Betriebsleitung
Für das Paar häufig keine glückliche Lösung: „Ich habe schon Situationen erlebt, in denen die Männer damit überfordert waren, auf einmal die alleinige Betriebsleitung leisten zu müssen, während die Frauen in die Rolle rutschen, dass sie in allen Bereichen irgendwie mit anpacken, aber keinen richtigen Platz mehr für sich finden.“
Dabei böten gerade landwirtschaftliche Betriebe viele Chancen, um das Verhältnis von Familie und Arbeit flexibel auszutarieren– „sowohl für den Mann, als auch für die Frau“, unterstreicht Steenken. Und: Care-Arbeit könne auch eine Aufgabe sein, bei der die Großeltern unterstützen - also eine Aufgabe für die weichende Generation.
Aufgabenstellung entwickeln – und regelmäßig reflektieren
Um zu einer Arbeitsteilung zu kommen, die allen Beteiligten so gut wie eben möglich gerecht wird, empfiehlt Steenken folgendes: Jeder auf dem Betrieb solle für sich konkret aufschreiben, welche Aufgaben er oder sie aktuell erledigt, wie viel Freude die jeweiligen Aufgabe bereiten – und welche Tätigkeiten jeder und jede gerne und gut abgeben könne.
Auch sollten die Familienmitglieder sammeln, welche Aufgaben von allen gemeinsam erledigt werden müssen. „Wichtig dabei ist: Alle Aufgaben müssen erfasst werden – auch Haushaltsaufgaben“, betont die Beraterin. Diese Sammlung der „To-Dos“ sollte dann in einem nächsten Schritt analysiert - und davon ausgehend eine Aufgabenverteilung mit konkreten Verantwortlichkeiten entwickelt werden. Diese Aufgabenteilung sollte dann regelmäßig reflektiert werden.
Ohne offene Kommunikationskultur kann auch Kommunikationsstille die Folge sein.
Metta Steenken, Beraterin
Egal, ob die Tochter oder der Sohn den Betrieb übernimmt: Unter dem Strich ist eine klare Kommunikation über die eigenen Wünsche, Bedürfnisse sowie die Vorstellung der Betriebsführung das A und O, damit Generationenübergabe und Betriebsführung auf Augenhöhe gelingen. Ansonsten, so Steenken, seien Konflikte programmiert: „Es gibt Situationen, in denen die Nachfolge-Generation beispielsweise einen anderen Führungsstil gegenüber den Mitarbeitenden pflegt oder das Geschäftsmodell neu ausrichten möchte – und wenn es dann keine offene Kommunikationskultur in der Familie gibt, kann auch Kommunikationsstille die Folge sein“, rekapituliert Steenken aus ihrer Praxis als Beraterin.
Aber es gibt auch Fälle, „in denen alle eine gute Rolle für sich gefunden haben, inklusive der älteren Generation.“
Text: Stefanie Pionke, DLG-Newsroom

Fokus auf Mütter und Töchter
Die Diskussion um den Generationenwechsel auf landwirtschaftlichen Betrieben wird viel zu sehr durch Vater-Sohn-Konflikte geprägt. Das stellt Agrarunternehmerin und DLG-Vorständin Dr. Anna Catharina Voges fest. Sie fordert eine stärkere Fokussierung auf die Rolle von Müttern als Vorbild in diesem Prozess. Dr. Anna Catharina Voges ist Patin des Workshops Starke Frauen, starke Höfe: mit Leidenschaft und Wissen zur erfolgreichen Hofübernahme! auf dem Female Agri Fellows Summit am 13. und 14. Mai 2025 in Münster. Im Interview hier im Magazin auf dlg.org teilt sie ihre persönliche Sicht auf das Thema.