Landwirte müssen immer größeres Risiko schultern

Ernte 2025 überrascht mit guten Qualitäten 

Die jahrelange Durststrecke bei der Weizenqualität scheint in diesem Jahr durchbrochen. Mit einem durchschnittlichen Rohproteingehalt aller untersuchten Proben von 12,2 Prozent erfüllt der Winterweichweizen in diesem Jahr für Landwirte und Verarbeiter gleichermaßen erfreulich die Anforderungen der Mühlen sowie Exporteure. Es ist das erste Mal seit drei Jahren, dass die erforderliche Marke von 12 Prozent überschritten wurde, sagte Dr. Alexandra Hüsken vom Max-Rubner-Institut (MRI) am Dienstag, dem 9: September 2025, beim Erntegespräch in Detmold. 

Doch bei aller Freude über die guten Qualitäten in diesem Jahr, weist die Leiterin der Getreideanalytik am MRI auf einen Qualitätsrückgang bei Weizen seit 2011 hin. Seit 1995 seien negative Abweichungen beim Proteingehalt zu beobachten. Die Proteinschwankungen im sechsjährigen Mittel betragen minus 3,7 Prozent. Damit steigt das Risiko für Landwirte, nicht mehr sicher sein zu können, ob sie die erforderlichen Proteinwerte erreichen. 

Hüsken nennt multiple Faktoren wie Klimawandel, Niederschlagsverteilung, Düngung und Standorte, die sich auf die Qualitätsparameter auswirken. Allein die Düngeverordnung und die in roten Gebieten vorgeschriebene Reduktion der Stickstoffdüngung um 20 Prozent für geringere Proteinwerte verantwortlich zu machen, sei zu kurz gedacht. Darin waren sich die Teilnehmer des Detmolder Erntegesprächs einig. Dies zeigen auch die Auswertungen der Besonderen Ernte- und Qualitätsermittlung (BEE), die nun seit 60 Jahren zuverlässig Daten liefert. Das Jubiläum wurde in Detmold gebührend gefeiert und gewürdigt. 

 Allein die Düngeverordnung und die in roten Gebieten vorgeschriebene Reduktion der Stickstoffdüngung um 20 Prozent für geringere Proteinwerte verantwortlich zu machen, ist zu kurz gedacht.

Extreme Witterungsereignisse nehmen zu und können die Weizenqualität beeinflussen. Foto: KWS

Die durchschnittlichen Fallzahlen liegen in diesem Jahr bei 302 Sekunden (sec.) Auch hier steige, so Hüsken, das Qualitätsrisiko in der Landwirtschaft. Die Wetteraufzeichnungen zeigen, dass extreme Niederschlagsereignisse kurz vor und während der Ernte seit dem Jahr 2000 zunehmen. Je nachdem, ob Starkregen die Bestände ins Lager legt oder lange Feuchtigkeit den Pilzbefall fördert, entscheidet damit der Klimawandel über Menge und Qualität der Ernte. Mehr Niederschläge im Winter und weniger Sommer ist eine weitere Änderung, die sich auf das Pflanzenwachstum auswirkt.
 

NRW bildet das Schlusslicht

Wie unterschiedlich die Witterung regional ausfällt und die Parameter beeinflusst, zeigen die Daten des MRI. So wurden hohe Rohproteingehalte von 13 Prozent und mehr in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen ermittelt. Das Schlusslicht bildet Nordrhein-Westfalen mit 10,4 Prozent. Dort ist der Anfall von Futtergetreide besonders hoch. 

Auch der Sedimentationswert, der als indirektes Maß zur Bestimmung der Proteinqualität dient, liegt mit 43 ml über dem Wert des Vorjahres von 38 ml. Die Klebergüte des diesjährigen Weichweizen stuft das MRI als dehnbar und elastisch ein. Wie in jedem Jahr konnten sich die Branchenvertreter beim Erntegespräch in Detmold nicht darüber einig werden, bei der Abrechnung an der Gosse nicht nur den Proteingehalt heranzuziehen, sondern auch andere Faktoren, wie beispielsweise den Sedimentationswert, heranzuziehen. Doch zeigt sich, dass immer mehr Mühlen weitere Kriterien hinzuziehen, um die angelieferten Partien abzurechnen. Auch die KI hält längst bei der Beprobung der Weizenfuhren Einzug, wenn es um die Sortenreinheit geht. Zwar verlangt diese Vorgehensweise auf der einen Seite die Bereitstellung von vielen Silos, um die Partien separat zu lagern. Doch auf der anderen Seite verlangen die Großbäckereien spezielle Mehlmischungen für Toastbrote, Croissants oder Sandwiches, die aus den getrennt gelagerten passenden Weizenpartien zusammengestellt werden. 
 

Regionale Unterschiede

Wie problematisch die Witterungsbedingungen im Juli und August waren, und damit der Klimawandel das Anbaurisiko erhöht, kann indirekt aus dem Qualitätsmerkmal Fallzahl abgeleitet werden. Im Durchschnitt liegen die Fallzahlen in diesem Jahr beim Weizen mit 302 Sekunden (sec.) weit unter dem Vorjahr von 356 sec. 

Und es gibt große regionale Unterschiede. Gut 20 Prozent der diesjährigen Weizen-Ernte erbringt nicht die vom Handel geforderte Mindestfallzahl von 220 sec. Insbesondere in Bayern, Brandenburg und Schleswig-Holstein hat der Regen erhebliche Schäden in den geernteten Weizenbeständen hinterlassen, hier haben mehr als 40 Prozent aller Proben Fallzahlen von unter 220 sec. 

Auch ist das durchschnittliche Vorkommen von Auswuchs gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht. Das Hektolitergewicht hingegen zeigt sich in diesem Jahr etwas verbessert mit fast 77 kg gegenüber 75,4 kg im Vorjahr. 

Der Zwischenbericht des Max-Rubner-Instituts (MRI) zur Besonderen Ernte- und Qualitätsuntersuchung (BBE) kann hier abgerufen werden.

 

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