Basomeat: Pilzmyzel als Zutat der Zukunft
Projekt ist Teil der Vernetzungs- und Transfermaßnahme PIONEER des BMLEH zur Etablierung alternativer Proteine in der Humanernährung
Wie lässt sich aus Pilzmyzel und Lebensmittel-Nebenströmen ein überzeugender Fleischersatz herstellen? Im Innovationsprojekt Basomeat entwickeln das Biotech-Startup Kynda Biotech und das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) ein veganes Fleischanalogprodukt auf Basis von Pilzmyzel. Statt neue Rohstoffe anzubauen, nutzt das Konsortium dabei vorhandene Nebenströme aus der Lebensmittelverarbeitung. Matthias Plank, Projektleiter bei Kynda, gibt Einblick in den aktuellen Stand und den weiteren Fahrplan. Das Projekt Basomeat wird im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) gefördert und ist Teil der Vernetzungs- und Transfermaßnahme (VuT) PIONEER, in der 27 innovative Projekte daran arbeiten, neue Wege und Lösungen für die Nutzung alternativer Proteinquellen zu entwickeln.
Worum geht es bei BASOMEAT – und welches Problem soll es lösen?
Matthias Plank: Wir verwerten Nebenströme aus der Lebensmittelverarbeitung mithilfe von Pilz-Fermentationen und gewinnen daraus die Basis für vegane Fleischalternativen. Dabei nutzen wir nicht die bekannten Fruchtkörper der Pilze mit Hut und Stiel, sondern kultivieren das Pilzmyzel – das feine, fadenförmige Geflecht aus Hyphen, das den eigentlichen Pilzorganismus bildet. So erschließen wir eine zusätzliche, nachhaltige Eiweißquelle – ergänzend zu tierischen und pflanzlichen Proteinen.
Warum Myzel – und was bedeutet das für Zutatenliste und den Nährwert?
Matthias Plank: Pilzmyzel wächst schnell, innerhalb von wenigen Tagen, braucht wenig Wasser und Fläche und ist jahreszeitenunabhängig. Ernährungsphysiologisch bringt es ein vollständiges Profil essentieller Aminosäuren mit, was bei Pflanzenproteinen nicht immer der Fall ist. Gleichzeitig liefert seine natürliche Faserstruktur Eigenschaften, die für Biss, Saftigkeit und Bindung entscheidend sind. Das hilft uns, Zutatenlisten schlank zu halten, weil wir weniger auf Zusatzstoffe für Geschmack, Textur und Bindung angewiesen sind.
Wie läuft der Prozess der Rohstoff-Gewinnung?
Matthias Plank: Wir arbeiten kaskadiert: Aus kleinen Vorkulturen (beispielsweise 1 Liter) skalieren wir schrittweise nach oben – im Projekt bis zu 1.000-Liter-Fermentationen, an unserem neuen Standort stehen bereits 35.000-Liter-Reaktoren bereit. Die dafür genutzten Bioreaktoren sind einfach aufgebaut – mit Drucklufteintrag und Rührwerk – und lassen sich daher gut in größere Maßstäbe überführen. Die Fermentation läuft batchweise, das heißt, wir geben am Anfang die Nebenströme und Wasser hinein, dann wird mit dem Pilz beimpft und es erfolgt keine weitere Nährstoffzugabe im laufenden Prozess. Nach maximal zwei Tagen ernten wir die Pilzbiomasse, in dem wir sie von der Kulturflüssigkeit trennen. Diese Pilzbiomasse ist dann die Basis für Fleischersatzprodukte.
Wie läuft Ihr B2B-Modell mit dezentraler Produktion – und wie justieren Sie den Prozess je nach Nebenstrom vor Ort?
Matthias Plank: Unser B2B-Modell basiert auf der Lieferung unserer gesamten Schlüsseltechnologie an die Partner, von Pilz-Starterkulturen, über die Fermentation bis hin zum Downstream-Processing. Das Verfahren wird in unseren Forschungslaboren kundenspezifisch angepasst – denn Nebenströme unterscheiden sich in ihrer Nährstoffzusammensetzung. Fehlt z. B. Stickstoff (bei sehr kohlenstoffreichen Strömen), ergänzen wir gezielt oder kombinieren zwei Nebenströme. Außerdem integrieren wir die vorhandene Infrastruktur vor Ort. So stimmen wir den Prozess mit jedem Partner auf die vor Ort verfügbaren Rohstoffe und Anlagen ab.
Sie verzichten auf die Vollsterilisation: Wie stellen Sie Hygiene und Produktsicherheit sicher?
Matthias Plank: Klassisch würde man Bioreaktoren vollständig sterilisieren – bei 121 °C unter Überdruck. Das ist jedoch sehr aufwendig und teuer. Wir setzen daher auf Pasteurisation und kombinieren sie mit Fermentationsbedingungen, unter denen unerwünschte Mikroorganismen nicht wachsen. Begleitet wird der Prozess durch stetige mikrobiologische Kontrollen.
Welche Nebenströme nutzen Sie – und wie passt das zur Kreislaufwirtschaft?
Matthias Plank: Im Projekt arbeiten wir mit Okara aus der Sojamilchproduktion. Parallel arbeiten wir aber auch mit Nebenströmen auf Erbsen-, Hafer-, oder Reisbasis, sowie Nebenprodukten aus Molkereien. In diesen Reststoffen stecken Proteine, Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralstoffe – also das, was der Pilz braucht, um zu wachsen. Statt sie als Futtermittel oder in Biogasanlagen ineffizient zu nutzen, oder teuer zu entsorgen, werten wir sie zu Lebensmittelinhaltsstoffen auf. Parallel prüfen wir, Fermentationsflüssigkeit mikrobiologisch und sensorisch kontrolliert im Kreislauf wiederzuverwenden, um den Frischwasserbedarf zu senken.
Wie entsteht die fleischähnliche Textur?
Matthias Plank: Die fleischähnliche Struktur entsteht zu einem guten Teil schon durch das Pilzmyzel selbst: Seine langen, faserigen und vernetzten Strukturen sorgen für Optik und Biss, die an Fleisch erinnern. Wird die Masse anschließend abgepresst und mechanisch geschert, nähert sich die Textur weiter an. Pilze bringen zudem von Natur aus eine gute Wasser- und Fettbindung sowie Umami-Aromen mit – das ergibt ein saftiges, vollmundiges Mundgefühl.
Mit der High-Moisture-Extrusion (HME) lässt sich dieser Effekt gezielt verstärken. Dabei werden pflanzliche Proteine (z. B. Soja oder Erbse) mit Wasser bzw. bei uns mit Pilzkulturbrühe vermischt, unter Druck und Hitze verarbeitet und durch verschiedene Düsen gepresst und gekühlt. Nach dem Formen und Kühlen entstehen faserige, elastische Produkte mit hoher Wasserbindung – ideale Grundlagen für vielseitige Fleischalternativen.
Wo stehen Sie aktuell – und was sind die nächsten Schritte?
Matthias Plank: Wir haben aus zahlreichen Pilzstämmen eine engere Auswahl getroffen und den semi-sterilen Prozess im Pilotmaßstab stabil etabliert. Die 1.000-Liter-Fermenter sind installiert; in den kommenden Wochen starten die ersten Chargen, sodass wir Pilotmengen produzieren können. In der Extrusion sehen wir bereits vielversprechende Texturen. Produktdemos – etwa eine Bratwurst mit Myzelanteil – zeigen klare Vorteile bei Festigkeit, Biss und Geschmack gegenüber rein pflanzlichen Alternativen. Als Nächstes wollen wir die verlässliche 1.000-Liter-Produktion bis Jahresende absichern, das Downstream-Processing (Trennung und Aufbereitung der Biomasse im größeren Maßstab) skalieren und die Produktentwicklung vertiefen.
Was sind die größten Herausforderungen – und wie begegnen Sie ihnen?
Matthias Plank: Der Schlüssel ist die Konstanz. Nebenströme schwanken in Zusammensetzung und Mikrobiologie, zugleich beeinflussen Sauerstoffeintrag, Scherkräfte, Temperatur die Produktqualität. Wir reagieren mit standardisierten Bedingungen, regelmäßiger Analytik und – je nach Nebenstrom – gezielten Ergänzungen oder Kombinationen verschiedener Ströme. Das ist Arbeit an der Prozessstabilität – und genau dort entscheidet sich die Skalierbarkeit.
Über PIONEER
Für die Durchführung der Vernetzungs- und Transfermaßnahme „PIONEER“ wurden die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG e.V.), die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAWH) und die Food-Processing Initiative e.V. (FPI) durch das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH), vertreten durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), beauftragt.
Weitere Infos zu Basomeat: https://www.pioneer-netzwerk.de/fileadmin/redaktion/downloads/projektkarten/Projektkarte_P14_BASOMEAT.pdf
Weitere Infos zu PIONEER: https://www.pioneer-netzwerk.de/de/
Weitere Infos zum Programm der Innovationsförderung des BMLEH: www.innovationsfoerderung-bmel.de
Ansprechpartner PIONEER: Marvin Anker: Telefon: +49 (0)69 24788-333 oder via Mail pioneer(at)dlg.org.
Bildunterschriften: © Kynda Biotech
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PM PIONEER_Basomeat_final.pdf
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