Präsident Hubertus Paetow zum Jahreswechsel 2024-25

Mehr Innovation und Fortschritt wagen! 

Die politischen Krisen, die auf die Agrar- und Ernährungswirtschaft einwirken, ziehen sich wie ein roter Faden durch das Jahr 2024. Sie haben einen Paradigmenwechsel in der Landwirtschaftspolitik eingeläutet. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die anschließende Haushaltskrise waren Auslöser der Implosion der Ampel-Koalition. Weitere Vorboten waren die massiven Bauernproteste zum Jahreswechsel 2023/24. Der eigentliche Erfolg dieser politischen Auseinandersetzung lag weniger in der Rücknahme der unpopulären Agrardiesel-Entscheidung, sondern vielmehr in der Debatte zur Agrarpolitik, die durch sie in Deutschland und in der EU ausgelöst wurde.

Porträt von DLG-Präsident Hubertus Paetow.
DLG-Präsident Hubertus Paetow: "In der Agrarpolitik hat es einen Paradigmenwechsel gegeben." Foto:DLG

Für diese Debatte haben wir in der DLG über das Jahr 2024 mit unseren Fachveranstaltungen und Messen konstruktive und fachlich fundierte Impulse gegeben. Den Auftakt setzte die DLG-Wintertagung 2024 im Februar in Leipzig unter dem Leitthema „Ziele statt Zügel – Unternehmen machen lassen.“ Das Motto zeigt, wo wir als DLG hin wollen: Zielsetzungen zu Ernährungssicherheit, Klimaschutz, Artenvielfalt, Boden- und Gewässerschutz müssen erstens fachlich und wissenschaftlich untermauert sein und zweitens durch eine Kombination aus Zielvorgaben und unternehmerischer Freiheit erreicht werden. Keineswegs jedoch durch kleinteiliges Mikromanagement und praxisferne Regulation.
 

Zeitenwende zum Anfassen

Die Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter wissen selbst am allerbesten, auf welchem Wege sie auf ihrem Standort diese gesamtgesellschaftlich bedeutsamen Ziele am effizientesten und sachdienlichsten erreichen können. Und sie sind auch bereit, sich an Zielen messen zu lassen und bei deren Verfehlung die Konsequenzen zu tragen - solange sie mit ihrer Expertise Gehör finden und angemessen honoriert werden. Der Gedanke, nachhaltigen Fortschritt zum Wohle aller in der Landwirtschaft zu entfesseln, wurde auf den Unternehmertagen im September in Oldenburg unter dem Titel „Bürokratie managen – Freiräume schaffen“ aufgegriffen und durch konkrete Empfehlungen für die Ausgestaltung von Management- und Produktionsprozessen unterfüttert. Auf unseren Leitmessen des Jahres 2024 waren dann konkrete Vorschläge, innovative Verfahren und Produkte zu sehen – Zeitenwende zum Anfassen! 

Ob Wintertagung oder Unternehmertage, DLG-Feldtage, DLG-Waldtage, EuroTier oder AGRITECHNICA – ein Gedanke zieht sich heute und auch in Zukunft wie ein roter Faden durch die Facharbeit als tragender Säule der DLG: Es ist an der Zeit, dass wir uns in den Unternehmen und auch in der Politik wieder auf die relevanten Entscheidungsgrundlagen unternehmerischen Handelns besinnen – globale Nachfrage, nachhaltigen Fortschritt und Produktinnovation. Wir brauchen eine Zeitenwende, auch im Agrarbereich. Und anders als die scheidende Ampelkoalition im Bund dürfen wir es nicht dabei belassen, die Zeitenwende bloß auszurufen, sondern müssen diese konsequent mit Leben füllen. 
 

Der Erfolg dieser Auseinandersetzung lag weniger in der Rücknahme der unpopulären Agrardiesel-Entscheidung, sondern vielmehr in der Debatte zur Agrarpolitik, die durch sie ausgelöst wurde. 

Denn – und das ist in unseren von politischen Umbrüchen und globalen Krisen bewegten Zeiten zentral: Der Agrarsektor ist ein wichtiger Stabilitätsanker einer funktionierenden Demokratie. Nachhaltiger Fortschritt, der Produktivität sowie Klima- und Umweltschutz und resiliente Wertschöpfungsketten miteinander vereint, ist dafür das zentrale Zielbild. Dieses müssen wir auf eine gesellschaftlich tragfähige und konsensuale Weise konsequent schärfen und weiterentwickeln. 
 

  

Die Anzahl der Handlungsfelder zeigt, wie wie groß die Aufgabe ist, die vor unserer Branche und der Gesellschaft liegt: Das Agrar- und Ernährungssystem zukunftsfest und krisensicher zu gestalten. 

 

 

Einladung zur DLG-Wintertagung am 18. und 19. Februar 2025 in Münster

Auch in der Hinsicht hat das zurückliegende Jahr Fortschritte gebracht: Vor wenigen Wochen hat die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) ihren zweiten Bericht mit Empfehlungen und Leitlinien für die künftige Ausrichtung der Agrarpolitik veröffentlicht. Schon allein die Anzahl der darin aufgeführten zehn Handlungsfelder - Weiterentwicklung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) Regulationsabbau, Tierhaltung, Biodiversität, Pflanzenbau, Digitalisierung und Technik, Resilienz, steuerliche Maßnahmen und Absicherung des Sektors - zeigt, wie groß die Aufgabe ist, die vor unserer Branche und der gesamten Gesellschaft liegt: Das Agrar- und Ernährungssystem zukunftsfest und krisensicher zu gestalten. 

Lassen Sie uns mit Vorfreude und voller Tatendrang auf das neue Jahr blicken. Die Herausforderungen, die vor einer fortschrittsbejahenden, innovativen und unternehmerischen Landwirtschaft liegen, sind beachtlich. 

Auf der DLG-Wintertagung 2025 am 18. und 19. Februar in der Westfalenhalle in Münster können wir den Gesprächsfaden gemeinsam aufnehmen. Unter dem Leitthema „Produktivität reloaded - Erträge wieder im Angebot?“ werden wir auf der Mitgliederversammlung, im Plenum sowie in 17 Impulsforen aller Fachrichtungen diskutieren, in welcher Weise konkret unsere Branche Verantwortung trägt für Fortschritt und Nachhaltigkeit – und wie wir diese Chance auf Basis durchdachter Strategien und konsequenter fachlicher Arbeit nutzen können. 

An dieser Stelle möchte ich mich besonders bei allen ehrenamtlich Tätigen in der DLG bedanken. Es ist Ihr Engagement, welches die Stärke und Zukunftsfähigkeit der DLG ausmacht. 

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien besinnliche Weihnachtstage und einen guten Start in das neue Jahr – und lade Sie ein, gemeinsam mit uns 2025 mehr Innovation zu wagen!

Ihr Hubertus Paetow 

 

Zum DLG-Jahresrückblick 2024

 

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