Farbpräferenzen der Verbraucher führen zu Fleischverlusten in Supermärkten

Ein Forschungsaufenthalt an der Colorado State University

Vor dem Hintergrund planetarer Grenzen und eines global steigenden Nahrungsmittelbedarfs wird die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung immer wichtiger. Dabei kann eine effizientere Nutzung von Ressourcen wie Wasser, Land, Arbeit und Energie nur erreicht werden, wenn die Verschwendung von Lebensmitteln entlang der gesamten Wertschöpfungskette vermindert wird. Da insbesondere die Erzeugung von Rindfleisch mit hohen Treibhausgasemissionen pro Produktionseinheit assoziiert wird, kann die Reduktion oder Vermeidung von verschwendeten Fleischprodukten einen wichtigen Beitrag hinsichtlich der Verringerung des CO2-Fußabdrucks der Wertschöpfungskette Fleisch leisten.

In diesem Zusammenhang sind Fleischverluste in Supermärkten als Resultat von Verbraucherpräferenzen eine Herausforderung, die erst kürzlich in die Nachhaltigkeitsdiskussion eingebracht wurde. Viele Konsumenten assoziieren Rindfleischfarbe zum Zeitpunkt des Kaufs mit Fleischqualität und bevorzugen eine leuchtend kirschrote Rindfleischfarbe. Eine dunkelrot bis bräunliche Verfärbung, die während der Auslage im Einzelhandel entsteht, kann zu einer Ablehnung durch den Verbraucher führen. Weniger präferierte Rindfleischprodukte werden von Einzelhändlern daher in der Regel zunächst zu einem reduzierten Preis vermarktet oder sogar entsorgt, obwohl sie aus lebensmittelhygienischer Sicht unbedenklich sind.

Mit meinem aktuellen Projekt im Anschluss an meine Promotion möchte ich, Annika Thies (Thünen-Institut für Marktanalyse, Braunschweig), dazu beitragen, Fleischverluste auf Grund von Verbraucherentscheidungen zu reduzieren. Im Zuge eines einjährigen Forschungsaufenthaltes an der Colorado State University (CSU) untersuche ich gemeinsam mit einem interdisziplinären Team von Wissenschaftlern die Zusammenhänge zwischen sensorischen Eigenschaften, Produktattraktivität und Verbraucherakzeptanz für Rindfleisch in Nordamerika.

Dabei unterstützt mich die DLG im Zuge der Auszeichnung mit dem Internationalen DLG-Preis in einer wichtigen Phase meines Forschungsprojektes. Das Forschungsumfeld der CSU stellt für mich mit dem Center for Meat Safety and Quality und dem Department of Agricultural and Resource Economics ein optimales und stimulierendes Forschungsumfeld dar. Ich habe die Möglichkeit, mit renommierten Wissenschaftlern im Bereich Fleischqualität eng zusammenzuarbeiten, erhalte Einblicke in ein neues akademisches System und kann darüber hinaus weitere praktische Erfahrungen von der Erzeugung bis zur Fleischverarbeitung sammeln.

Die Colorado State University ist eine staatliche Universität, die 1870 als “Colorado Agricultural College“ gegründet wurde. Sie liegt am Fuße der südlichen Rocky Mountains und ist etwa 100 km nördlich von Denver entfernt. Rund 2.000 Dozenten unterrichten aktuell in acht Colleges und 55 akademischen Abteilungen rund 33.000 Studenten. Fast 2.500 ausländische Studenten und Wissenschaftler aus mehr als 110 Ländern arbeiten und forschen auf dem Campus in Fort Collins. Das internationale Flair, die Offenheit sowie eine gastfreundliche Atmosphäre haben mir den Einstieg am Center for Meat Quality und Safety sehr leicht gemacht. Von Beginn an ist mir dabei die Verbundenheit und Identifizierung der Dozenten und Studierenden mit der Universität aufgefallen, die mir in meiner bisherigen akademischen Ausbildung so noch nicht begegnet ist.

Unter der Leitung von Prof. Mahesh Nair arbeiten am Center for Meat Quality and Safety sieben Masterstudentinnen und Doktoranden eigenständig an Forschungsprojekten, deren Ergebnisse insbesondere für die regional ansässigen Unternehmen von großem Interesse sind. Vor allem die direkte Einbindung der Studierenden in Forschungsprojekte sowie die Teamarbeit und enge Abstimmung untereinander nehme ich als sehr positiv wahr. Auf diese Weise habe ich die Möglichkeit, neben meiner eigenen Projektarbeit auch in anderen laufenden Projekten direkt zu unterstützen und Einblicke in ganz neue Forschungsbereiche wie beispielsweise in Sensorik Panels oder in Laborarbeit zu erhalten und Erfahrungen zu sammeln.

Die CSU bietet mit dem Agricultural Research and Education Center darüber hinaus auch die Möglichkeit der praktischen Weiterbildung und der angewandten Forschung im Agrarbereich. Und nicht zuletzt machen auch die Nähe zu den Rocky Mountains und die damit verbundenen vielfältigen Möglichkeiten für Outdoor-Aktivitäten (Skifahren, Bergsteigen oder Mountainbiken) die CSU in Fort Collins zu einer aus meiner Sicht attraktiven Universität für einen Forschungsaustausch, der sicherlich eine Erweiterung des eigenen Horizontes in vielerlei Hinsicht ermöglicht.

Ziel meines einjährigen Forschungsaufenthaltes an der CSU ist es, basierend auf den Forschungsergebnissen dazu beizutragen, gezieltere Marketingstrategien für Rindfleischprodukte entsprechend einzelner Konsumentengruppen zu entwickeln. Dabei sind vor allem die Verbrauchersegmente von Interesse, die in unseren Erhebungen eine Präferenzsensibilität für Rindfleischfarbe zeigen. Durch gezieltes Ansprechen können Wahrnehmung und Verbraucherpräferenzen langfristig verändert werden und damit Fleischverluste auf Ebene des Lebensmitteleinzelhandels reduziert werden.

Dr. sc. agr. Annika Johanna Thies

Fortbildungspreis 2023

Im Zuge eines Forschungsaufenthaltes an der Colorado State University (CSU) untersuche Dr. Annika Johanna Thies, Preisträgerin des Internationalen DLG-Preises die Zusammenhänge zwischen sensorischen Eigenschaften, Produktattraktivität und Verbraucherakzeptanz für Rindfleisch in Nordamerika.

Internationaler DLG-Preis

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