Was nach orientalischer Märchenwelt schmeckt, wirft eine rechtlich hochinteressante Frage auf, denn viele dieser Schokoladen werden in Deutschland oder anderen europäischen Ländern produziert – ohne jeglichen Bezug zu Dubai. Darf man sie trotzdem „Dubai-Schokolade“ nennen? Oder liegt hierin eine unzulässige Irreführung über die geografische Herkunft?
Der Ursprung des Hypes – und der juristischen Auseinandersetzung
Die Popularität der Dubai-Schokolade geht auf ein virales TikTok-Video der Influencerin Sarah Hamouda im Herbst 2023 zurück. Influencerin Sarah Hamouda präsentierte die Praline im Herbst 2023 in einem TikTok-Video – mit Pistazienfüllung, Engelshaar und 24-karätigem Blattgold. Das Video wurde millionenfach geteilt, das Interesse stieg explosionsartig. Was folgte, war eine regelrechte Welle von Nachahmern und Produktvarianten – angefangen bei der Discount-Schokolade bis zur Praline im Delikatesshandel. Auch in anderen Bereichen folgten an die Schokolade angelehnte Produkte.
Der Erfolgsfaktor des Hypes ist neben dem Einfluss von Social Media auch das luxuriöse Image, welches Dubai in sich trägt. Ein Verkaufsargument, von dem auch die Branchenteilnehmer profitieren wollten. Doch nicht alle dieser Produkte stammen tatsächlich aus Dubai. Viele wurden in Deutschland oder anderen EU-Ländern hergestellt, meist (nur) auf Basis der orientalisch inspirierten Rezepturen. Daraus entfachte sich die Kernfrage: Handelt es sich bei der Bezeichnung „Dubai-Schokolade“ um eine geografische Herkunftsangabe, die nur dann verwendet werden darf, wenn das Produkt tatsächlich aus Dubai stammt? Oder ist der Begriff eher eine Gattungsbezeichnung – vergleichbar mit dem „Wiener Würstchen“ oder einem „Hamburger“?
Was sagt das Recht? Eine Frage des Verbraucherverständnisses
Herkunftsangaben sind im europäischen und deutschen Kennzeichnungsrecht streng reguliert. Nach § 127 Abs. 1 MarkenG dürfen geografische Angaben nicht verwendet werden, wenn sie zur Täuschung über die Herkunft führen. Art. 7 Abs. 1 lit. a LMIV (und allgemein § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG) schützt die Verbraucher hier zusätzlich vor irreführenden Informationen. Entscheidend ist dabei nicht die Absicht des Herstellers, sondern die Verkehrsauffassung – also die Erwartung des hierbei relevanten durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers. Versteht dieser „Dubai-Schokolade“ als Hinweis auf den Produktionsort, liegt eine Irreführung nahe, wenn das Produkt nicht dort hergestellt wurde. Wird die Angabe dagegen eher als Hinweis auf eine bestimmte Rezeptur verstanden, könnte der Begriff zulässig sein. Die Frage ist also: Was erwartet ein solcher Verbraucher, wenn er „Dubai-Schokolade“ liest? Ist die Antwort: „Diese Schokolade stammt aus Dubai“, dann wäre eine gegenteilige Tatsachenlage – etwa eine Produktion in Deutschland – irreführend. Versteht der Verbraucher „Dubai“ jedoch als reine Geschmacksrichtung oder besonderen Flair, könnte der Begriff zulässig sein.
Genau hier gingen zu Beginn der Debatte die Meinungen auseinander. Das Landgericht Köln untersagte zunächst in zwei Beschlüssen vom Dezember 2024 und Januar 2025 (Az. 33 O 513/24, 33 O 525/24) die Kennzeichnung von „Dubai-Schokolade“, wenn diese nicht in Dubai hergestellt wurde und keinen Bezug zum Emirat hatte. Entscheidend war die Verpackungsgestaltung, die einen Herkunftseindruck vermittelte. Kurze Zeit später entschied eine andere Kammer des Gerichts anders: Am 26. Februar 2025 hielt sie die Bezeichnung für zulässig, da keine direkte Herkunftshinweise vorhanden waren. Auch bspw. das Landgericht Frankfurt (Az. 2-06 O 18/25) stellte fest, dass sich „Dubai-Schokolade“ als beschreibende Produktbezeichnung – und damit als Gattungsbezeichnung – etabliert habe.
Gattungsbezeichnung oder Herkunftsangabe?
Das Lebensmittelrecht kennt solche Gattungsbezeichnungen, also (auch) geografisch klingende Begriffe, die sich im allgemeinen Sprachgebrauch von der tatsächlichen Herkunft gelöst haben. Beispiele wie „Wiener Würstchen“, „Berliner“ oder „Hamburger“ zeigen das eindrücklich. In solchen Fällen verweist die Bezeichnung weniger auf eine geografische Herkunft als auf eine typische Zubereitungsart oder Stilrichtung. Ob dies auf „Dubai-Schokolade“ zutrifft, ist Kern der rechtlichen Debatte. Das Produkt ist jung. Eine verfestigte Verkehrsauffassung, die eine Entkopplung von der geografischen Bedeutung rechtfertigen würde, dürfte daher noch nicht bestehen. Geografische Herkunftsangaben sind rechtlich keine individuellen Schutzrechte wie Marken, sondern Hinweise auf die regionale Herkunft. Sie dienen der Information und Orientierung – nicht der bloßen Vermarktung. Der bekannte Slogan „Made in Germany“ ist das Paradebeispiel für eine solche Herkunftsangabe mit hohem Imagewert. Die §§ 126 ff. MarkenG schützen diese Angaben, sie haben jedoch für den Unternehmer im Einzelnen zugleich eine immense wirtschaftliche Bedeutung.
Was ist erlaubt? Gestaltungsspielräume in der Praxis
Nicht jede Nennung von „Dubai“ auf einem Schokoladenprodukt ist automatisch unzulässig. Hersteller haben durchaus Spielräume, die sich rechtssicher nutzen lassen. Zulässig sind in jedem Fall Hinweise wie „inspiriert von einem Rezept aus Dubai“ oder „nach orientalischer Art“ – insbesondere dann, wenn sie mit einer klaren Herkunftsangabe wie „Hergestellt in Deutschland“ kombiniert werden. Auch die visuelle Gestaltung prägt das Verständnis entscheidend: Symbole wie die Skyline von Dubai, arabische Schriftzeichen oder Landesflaggen verstärken hingegen den Eindruck einer tatsächlichen Herkunft und erhöhen damit das Irreführungspotenzial.
Herkunftsangaben sind mehr als bloße Werbemittel – sie sind rechtlich geschützte Informationen mit hoher Verbraucherrelevanz. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, bei der Produktentwicklung frühzeitig juristischen Rat einzuholen, um Abmahnungen, Rückrufen oder Imageschäden vorzubeugen. Gerade bei neuen Trendprodukten ist es wichtig, den Verbraucher nicht auf eine falsche Fährte zu führen.
Autor und Kontakt: Rechtsanwalt Dr. Christoph Matras
Kanzlei FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG,
Frankfurt am Main
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Was steckt wirtschaftlich hinter Hypes wie der Dubai-Schokolade?
„Künstliche Verknappung ist das Stichwort. Die Leute mussten sich bemühen und in die Schlange stellen, um die Schokolade zu bekommen“, sagt Alexander Bleier, Associate Professor für Marketing an der Frankfurt School of Finance & Management, der Zeitschrift Capital am 19. Januar 2025. Das fördere das Kundeninteresse. „Wer Teil eines Hypes sein will, zahlt also einen hohen oder zumindest höheren Preis als üblich. Im Fall der Dubai-Schokolade erhält der Käufer mit dem Kauf eine Art von Status. Das führt dann zu einer wahrgenommenen Zugehörigkeit, wie zu einem elitären Klub“, so Bleier. Nicht jeder könne sich schließlich ein teures Auto leisten.