Trends zur Verfahrenstechnik der Druschfruchternte
Prof. Dr. agr. Thomas Rademacher, Bingen
Zur Agritechnica 2025 präsentieren die Hersteller von Techniken zur Druschfruchternte vornehmlich Innovationen zur Sicherung der Arbeitsqualität sowie der Druschleistung von Mähdreschern. Dies geschieht einerseits mit verbesserter Hardware und andererseits mit weiterentwickelter Sensorik, immer mehr beginnend beim Erntevorsatz.
Allgemeine Situation
Die Märkte für Druschfrüchte sind seit 2022 durch steigende Erträge und sinkende Preise gekennzeichnet. Dies hat zwangsläufig negative Einflüsse auf das Investitionsverhalten für Mähdrescher mit der Folge abnehmender Stückzahlen. Bei passender Kampagnefläche und Eigenmechanisierung werden bisherige Mähdrescher gegen weniger, aber leistungsstärkere Maschinen ersetzt. Somit reduziert sich in vielen Marktfruchtbaubetrieben die Anzahl der Mähdrescher um ein Drittel oder sogar die Hälfte.
Meistens ist damit insgesamt eine Reduktion der Druschkapazität verbunden. Während der stabilen Gutwetterperioden der vergangenen Jahre konnte die Ernte jedoch innerhalb der gegebenen Zeitfenster eingebracht werden. Dies schien in Deutschland in der Ernte 2025 nicht gegeben zu sein. Nach anfänglich gutem Erntewetter bis Mitte Juli bedingte die Tiefdruckwetterlage bis August vor allem im Norden zunehmende Trocknungskosten bei abnehmenden Qualitäten. Dennoch konnten die Haupt-Druschfrüchte, wie der Weizen und regionsspezifisch auch der Raps, in den meisten Regionen ab der zweiten Augustwoche mit oft wider Erwarten hohen Erträgen und Qualitäten geerntet werden. Die Marktpreise und somit die Investitionsbereitschaft von Landwirten und Lohnunternehmern werden bzw. wird kurz- bis mittelfristig wohl nicht zunehmen.
Die Trendberichte der vergangenen Jahre bestätigen sich: Mähdrescher werden zunehmend mit Assistenz- und Regeltechnik verkauft. Geringere technische Kapazität in Form von schmalerer Dresch- und Abscheidetechnik (Fünf-Schüttler-Kanalbreite) inklusive Regeltechnik für die Maschineneinstellung ersetzt bisherige Mähdrescher mit Sechs-Schüttler-Kanalbreite ohne Regeltechnik. Das ist Effizienzsteigerung und Ressourcenschutz par excellence! Hinzu kommen heterogenere Druschfruchtbestände infolge veränderter Wetterbedingungen und teilflächenspezifischer Bewirtschaftung, die eine stete Anpassung der Maschineneinstellung fordern. Vor diesem Hintergrund waren die Entwicklungen zum intelligenten Mähdrescher seit der Agritechnica 2009 richtungsweisend und die aktuellen Innovationen setzen diesen Trend fort.
Ein weiteres Größenwachstum der leistungsbestimmenden Baugruppen innerhalb des maximal möglichen Bauvolumens für Mähdrescher ist aktuell nicht gegeben. Stattdessen schreitet die Teilautomatisierung bei gleichzeitiger Nutzung der Daten für andere pflanzenbauliche Prozesse wie die Applikation von Betriebsmitteln voran. Dieser Trend der Mehrfachnutzung von Daten, wie z. B. die Kartierung von bei der Ernte erfassten Bestandsdaten und ihre Nutzung für die Erstellung von Applikationskarten, wird zukünftig zunehmen. Daten werden arbeitsprozessübergreifend genutzt. D. h., die dazugehörigen Informationssysteme werden komplexer und der Datenaustausch zwischen den Verfahren erlangt weiter zunehmende Bedeutung.
Effizienz beginnt beim Erntevorsatz
Dass Erntevorsätze bei steigender Kapazität des Mähdreschers immer mehr zum Schlüssel für hohe Mähdrescherleistungen bei geringen Aufnahmeverlusten werden, zeigen die jüngsten Entwicklungen eindeutig. Gleichzeitig wird der Markt für Erntevorsätze unübersichtlicher. Mähdrescher und Erntevorsatz werden oft getrennt gekauft. Für einige Großmähdrescher sind keine herstellereigenen Bandschneidwerke erhältlich, sodass der Mähdrescherhersteller mit einem Erntevorsatzhersteller kooperiert, wie beispielsweise AGCO mit Geringhoff oder New Holland mit MacDon.
Um den Mähdrescher möglichst gleichmäßig bei minimierten Aufnahmeverlusten zu beschicken, sind auch beim Schneidwerk Optimierungen der Einstellwerte erforderlich. Dazu hat Geringhoff eine Kameratechnik entwickelt, die hinter dem Erntevorsatz die auf dem Boden liegenden Aufnahmeverluste, differenziert nach Fruchtständen und Körnern, scannt. Das System erfasst zwar auch die bei der Ernte nicht vermeidbaren Vorernteverluste. Dennoch erhält der Bediener eine Information über die Veränderung der Aufnahmeverluste, wenn er Schneidwerkeinstellungen wie Haspelpositionen und -drehzahlen, oder die Einstellungen des Maispflückers verändert.
Das Erkennungssystem von Geringhoff heißt Yield EyeQ und scannt erstmalig kontinuierlich die hinter dem Schneidwerk auf dem Boden liegenden Korn- und Fruchtstandverluste. Neben dem Feedback per Display für den Bediener – „Wie wirkt sich welche Einstellung am Erntevorsatz auf die Aufnahmeverluste aus?“ –, lassen sich die Daten zu Aufnahme- und Vorernteverlusten auch kartieren und für acker- und pflanzenbauliche Maßnahmen nutzen. Darüber hinaus lässt sich der nicht genutzte, aufgewachsene Ertrag berechnen. Das System schafft somit die Grundlage für weitere, komplexere Folgeprozesse und stellt somit eine wesentliche Verbesserung gegenüber der manuellen Erfassung von Vorernte- und Aufnahmeverlusten dar. Dafür erhält Geringhoff einen „Innovation Award Agritechnica“ in Silber.
Die Einstellungen des neuen, selbst produzierten Maispflückers hat New Holland erstmalig automatisiert: Die Drehzahl der Pflückwalzen, der Abstand der Pflückschienen und die Neigung des Pflückers werden an die jeweiligen Erntebedingungen angepasst. Die Neigung des Pflückers wird so eingestellt, dass die Pflanzen rechtwinklig zu den Pflückaggregaten stehend schonend und mit geringsten Kolbenverlusten gepflückt werden. Den rechten Winkel erkennt eine Lichtschranke. Werden die Kolben zu aggressiv gepflückt, sodass sie entliescht und Körner von der Spindel getrennt und beschleunigt werden, erkennen dies die Verlustsensoren auf den Teilerhauben – Pflückspaltweite und Pflückwalzendrehzahl werden daraufhin angepasst bzw. reduziert. Geraten zu viele einzelne Körner und zerstörte Kolben sowie Pflanzenteile in den Mähdrescher, so erkennt dies die Kamerasensorik im Boden des Einzugskanals. In diesem Fall werden alle Einstellwerte optimiert. Die Optimierung der Pflückereinstellungen ist mit einer Reduktion des Leistungsbedarfes verbunden.
Das System wird beim Einsatz von Großmähdreschern, deren Druschleistung bei der Ernte von trockenem Mais vermehrt vom Maispflücker begrenzt wird, zur Maximierung der Maschinenauslastung und Arbeitsqualität von bedeutendem Nutzen sein. Daher wird es für zwölf- und sechzehnreihige Pflücker angeboten werden. Die Innovation wurde von der Neuheitenkommission der DLG mit einer Silbermedaille honoriert.
John Deere hat sein System für den vorausschauenden Mähdrescher, das zur Agritechnica 2019 eine Silbermedaille erhielt, weiterentwickelt. Verunkrautete Teilflächen werden erkannt und gespeichert. Damit schafft der Mähdrescher die Voraussetzungen für eine präzise Applikation von Herbiziden bei der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung. Darüber hinaus ist das System, bestehend aus zwei Stereokameras und NDVI-Satellitendatenerfassung, die Basis für die bestandsabhängige Einstellung der Haspel. Damit wurde das bisherige System zur Regelung der Erntegeschwindigkeit um wesentliche Teilarbeitsschritte erweitert – ein gutes Beispiel für die zunehmend prozessübergreifende Nutzung von Informations- und Regeltechnik.
EasyCut III heißt die Weiterentwicklung der Schneidtechnik der Schumacher GmbH. Die neue Mähfingergeometrie ist fremdkörperabweisender als bisher und erhöht die Schnittfläche um 10 % bei gleichzeitig um 50 % erhöhter Biegefestigkeit. Darüber hinaus hat Schumacher sich den Ansprüchen zunehmender Arbeitsbreiten an das ProDrive-Getriebe sowie den Messerkopf und an das Messerkopflager gewidmet. Das nun leichtere und weniger Bauvolumen einnehmende Getriebe zeichnet sich durch eine höhere Schnittfrequenz aus. Zusätzlich wurden der Messerkopf sowie das Messerkopflager für höhere Stabilität und längere Lebensdauer überarbeitet.
Erstmalig müssen zum Finger- und Klingenwechsel nicht mehr die Schrauben aus dem Messerbalken entfernt werden. Es werden nur noch die Muttern der Befestigungsschrauben gelöst und Mähfinger sowie Klingen, die nun mit einer speziellen, patentierten Klemmhalterung befestigt sind, können einfach ausgetauscht werden. Die neue Technik spart nicht nur Arbeitszeit für den Finger- und Klingenwechsel. Sie erhöht vielmehr auch die Arbeitssicherheit in hohem Maße, da kein Bauteil seitlich bewegt werden muss, sondern lediglich nach vorne aus- und von vorne eingebaut wird. Da es bei Arbeiten am Messerbalken immer wieder zu Arbeitsunfällen kommt und die neue Befestigungstechnik das Gefahrenrisiko bei gleichzeitig gestiegenem Arbeitskomfort in hohem Maße reduziert, hat die Neuheitenkommission der DLG für dieses neue System eine Silbermedaille vergeben.
Trends bei elektrischen Antrieben und Sicherheit
Der Trend zu elektrischen Antrieben am Mähdrescher wurde bereits zur Agritechnica 2015 mit der Vorstellung eines elektrisch betriebenen Schneidwerkes von John Deere und Zürn eingeleitet. 2023 stellte Claas einen Mähdrescher mit zusätzlichem Elektromotor zur Abdeckung von Belastungsspitzen vor. Die Techniken konnten sich vor allem aus Kostengründen bisher nicht durchsetzen.
Der chinesische Hersteller Zoomlion wird zur diesjährigen Agritechnica einen Mähdrescher mit Hybrid-Dresch- und Abscheidesystem vorstellen, der vollständig dieselelektrisch betrieben wird. Ein 480 PS leistender Dieselmotor und eine 11,5 kWh leistende Batterie treiben die Elektromotoren aller Aggregate an. Dies erlaubt erstmalig die vollständige mechanische Trennung von Antriebseinheit und Aggregaten in einem Mähdrescher, ist jedoch aus technischer Sicht nicht neu. Ob sich diese Technik durchsetzen wird und sich damit weitere Druschleistungspotenziale des Mähdreschers erschließen lassen, bleibt fraglich.
Systeme zur Verbesserung der Sicherheit im Umfeld des Mähdreschers, insbesondere bei Rangierarbeiten und im Straßenverkehr, sind ebenfalls nicht neu. Die vornehmlich im Nutzfahrzeugbereich eingesetzten Kameratechniken helfen an unübersichtlichen Einfahrten oder erstellen eine animierte Rundumsicht bei Fahrten in eng begrenzten Arealen oder verschaffen Einblicke in sonst bei Rückspiegeln unvermeidbare, sogenannte tote Winkel.
New Holland wird ein Sicherheitssystem auf der Basis von vier Kameras (im Kabinendach, in den Seitenverkleidungen und in der Motorverkleidung) vorstellen. Das System bietet nicht nur eine 360-Grad-Direktansicht der Zielbereiche der Kameras, sondern animiert auch mögliche Kollisionen, so beispielsweise bei ein- (Transportmodus) und ausgeklappter Überladeschnecke oder bei ihrer Position in Überlade- und Ruheposition. Die jeweiligen Schwenk- und Gefahrenbereiche werden aus der animierten Vogelperspektive dargestellt. Dies vermeidet gefährliche und teure Kollisionen, insbesondere bei unübersichtlichen Großmähdreschern mit durch Kornbunkerdeckel und lange, klappbare Überladeschnecken in hohem Maße veränderlichen Außenmaßen.
Claas zielt mit seinem Sicherheitssystem in die gleiche Richtung: Vier Weitwinkel-Digitalkameras ersetzen die Rückspiegel. Die Bilder werden auf zwei Monitore übertragen. Damit wird nicht nur das Sichtfeld erweitert und es werden tote Winkel reduziert, sondern weitere Nachteile der üblichen Rückspiegel, wie Verschmutzung oder Positionsveränderung bei der Fahrt durch Baumalleen, werden kompensiert. Insgesamt leisten derartige Techniken, ebenso wie im Nutzfahrzeugbereich, einen deutlichen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr.
Trends bei der Sensorik
Keine Daten ohne Sensorik oder intelligente Verrechnung der Daten vorhandener Sensoren – so lässt sich der Trend zum immer intelligenteren Mähdrescher kurzfassen. Da Sensordaten immer häufiger prozessübergreifend genutzt werden, ist es ein Entwicklungsziel, Messfehler zu minimieren. Dass es bei Nahinfrarotsensoren, die zur Messung der Inhaltsstoffe von Erntegütern und Düngern eingesetzt werden, zu Messfehlern kommen kann, ist allgemein bekannt.
Daher hat Claas einen neuen NIRS-Sensor für Mähdrescher entwickelt, der transmissiv misst. Bei diesem Messverfahren werden die Inhaltsstoffe im Unterschied zu den üblichen Reflexionsverfahren nicht nur an der Oberfläche, sondern in allen Schichten eines Kornes gemessen. Dies erhöht die Genauigkeit der Werte von Eiweißgehalten und ist somit eine präzisere Basis für die Düngeplanung. Diese im Vergleich zu den Techniken nach dem Reflexionsverfahren kostengünstigere NIRS-Technik wird auch stationär vom Getreidehandel genutzt. Die jeweiligen Ergebnisse sind dadurch kompatibler, was die qualitätsorientierte Vermarktung vereinfachen kann.
Trends rund um den Mähdrescher
Mähdrescher werden für den weltweiten Ernteeinsatz konstruiert. Andernfalls wären die Erntekosten in den Regionen mit speziellen Erntebedingungen, die wiederum Spezialmaschinen erfordern würden, viel zu hoch. Da jedoch die Erntebedingungen sowohl innerhalb derselben Pflanzenart als auch zwischen den verschiedenen Region sehr großen Schwankungen unterliegen, nimmt neben den Einstellmöglichkeiten auch die Anzahl der Ausrüstungsoptionen zu.
Daher bieten verschiedenste Hersteller die unterschiedlichsten Varianten von Dresch- und Abscheidekörben, insbesondere für Axialrotor-Mähdrescher an. So auch die Firma Thunderstruck Ag Equipment aus Kanada. Sie stellt spezielle Dresch- und Abscheidekörbe her, die ein breiteres Fruchtspektrum abdecken sollen als die Original-Körbe und weniger Füllplatten (sogenannte Blindkörbe) erfordern, wodurch sich die Druschleistung nicht reduziert. Ob diese Körbe in Europa ähnliche Wirkungen zeigen, wäre zu untersuchen.
Zur Erhöhung der Einsatzsicherheit der Mähdrescher in hügeligem Gelände oder unter schwierigen Bodenbedingungen stellt New Holland einen intelligenten Allradantrieb vor: Abhängig von der Hangneigung und der Gewichtsverteilung (Kornbunkerfüllstand) sowie dem Schlupf der Vorder- und Hinterräder des Mähdreschers wechselt der Ölstrom und somit das Antriebsdrehmoment zwischen den Achsen. Das System verdeutlicht nicht nur die unterschiedlichen technischen Lösungen in den Fahrwerk-Antriebssträngen zwischen den Herstellern, sondern auch das stetige Ziel der Weiterentwicklung von Baugruppen zur Steigerung der Gesamteffizienz eines Mähdreschers.
Zusammenfassung
Die Hersteller von Techniken für die Druschfruchternte stellen auch zur Agritechnica 2025 Innovationen mit unterschiedlichem Kundennutzen vor. Der Trend zu Bandschneidwerken setzt sich bei großen Arbeitsbreiten fort. Die Anpassung der Erntevorsätze an verschiedene Erntebedingungen durch Verlustscanner oder sogar Automatisierung steht zunehmend im Fokus, weil ein Ende des Wachstums der Arbeitsbreite absehbar ist.
Die Effizienz von Druschkapazität und Sensorwerten wird durch vorausschauende Sensorik sowie NIRS-Technik mit reduzierter Fehlerquote weiter verbessert. Parallel wird aber auch an den sogenannten „kleinen Schrauben“ gedreht: Neue Schnittsysteme mit Schnellwechseltechnik für Mähfinger und -klingen reduzieren die Stillstandzeiten und erhöhen insbesondere die Arbeitssicherheit. Die Sicherheit wird auch durch Kamerasysteme anstelle von Rückspiegeln oder zusätzliche Animation von Gefahrenzonen rund um den Mähdrescher sowie durch intelligente Fahrwerk-Antriebstechniken in hügeligem Gelände verbessert.
Nach wie vor ist der Markt für Mähdrescher durch eine geringe Investitionsbereitschaft der Landwirte und Lohnunternehmer infolge der geringen Preise für die Haupt-Druschfrüchte gekennzeichnet. Bei Neuinvestitionen wird zunehmend über die Fähigkeiten sowie den Nutzen der Assistenz- und Regeltechniken eines Mähdreschers diskutiert. Dies bestätigt den eindeutigen Trend der steigenden Nachfrage nach intelligenten Mähdreschern.
Foto: DLG
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