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Hitzestress bei Milchvieh

DLG-Merkblatt 450

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DLG-Merkblatt 450

2. Auflage, komplett überarbeitet, Stand: 06/2021

Autoren:

DLG-Ausschuss Technik in der Tierhaltung

  • Prof. Dr. Wolfgang Büscher, Universität Bonn
  • Dr. Bernhard Haidn, LfL Bayern, Grub
  • Christiane Hansen, LFA Mecklenburg-Vorpommern
  • Sven Häuser, DLG e.V., Frankfurt a. M.
  • Dr. Hans Joachim Herrmann, LLH Wetzlar
  • Jörn Menning, LLG-LSA Iden Sachsen-Anhalt
  • Dieter Mirbach (†), DLG e.V., Frankfurt a. M. 
  • Jakob Neumayer, Vet.SMART GmbH, Graz
  • Andreas Pelzer, LWK Nordrhein-Westfalen, Haus Düsse
  • Boris Perovic, DeLaval, Gallin
  • Olaf Tober, LFA Mecklenburg-Vorpommern
  • Peter Stötzel, LfL Bayern, Grub
  • Johannes Zahner, LfL Bayern, Grub

1. Einführung

Milchkühe haben in den Sommermonaten oft das Problem, dass sie aufgrund ihrer hohen Milchleistung die damit verbundene Körperwärme nicht ausreichend an ihre Umgebung abführen können. Damit es nicht zu Stresssituationen bei hohen Umgebungstemperaturen kommt, sollten alle vorbeugenden baulichen und technischen Möglichkeiten genutzt werden, die im vorhandenen Stall mit vertretbarem Umbauaufwand möglich sind. Hierzu zählen alle Maßnahmen, die den natürlichen Luftwechsel steigern, die Luftgeschwindigkeit am Tier auf ein erträgliches Maß erhöhen und für einen verminderten Wärmeeintrag in den Stall sorgen. 

Die Installation von zusätzlichen Ventilatoren, Luftverteilungssystemen oder der Einsatz von Befeuchtungsanlagen kann als nachträgliche Maßnahme in Betracht kommen, wenn alle baulichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Die Frage der Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Unterstützungslüftung kann letztlich nur auf einzelbetrieblicher Ebene beantwortet werden. Verbesserungen der Tiergesundheit und positive Einflüsse auf das Reproduktionsgeschehen sind hierbei ebenfalls zu berücksichtigen. 

Ziel dieses Merkblattes ist es daher, vorbeugende Maßnahmen sowie weitergehende Techniken zur Vermeidung von Hitzestress in bestehenden Stallsystemen zu beschreiben und Entscheidungshilfen zu geben.

2. Wärmetechnische Grundlagen

Folgende Parameter werden üblicherweise berücksichtigt, um das Stallklima für die Tiere optimal zu gestalten:

  • Lufttemperatur
  • Luftwechsel
  • Strahlungswärme
  • Luftfeuchtigkeit
  • Luftgeschwindigkeit
  • Temperatur der Liegeflächen
  • Luftqualität (Gehalt an Staub und Schadgasen).

Rinder sind Warmblüter, die ihre Körpertemperatur selbstregulierend in einem großen Temperaturbereich auf einem konstanten Niveau halten. Zwischen Körperkern-, Oberflächen- und Umgebungstemperatur besteht üblicherweise ein Temperaturgefälle, welches einen Wärmetransport verursacht. Die Wärmeabgabe bei Rindern basiert hauptsächlich auf folgenden Mechanismen:

  • Strahlung (Radiation)
  • Leitung (Konduktion)
  • Übergang an die vorbeiströmende Luft (Konvektion)
  • Verdunstung über die Atmung (Respiration) und die Haut (Evaporation).

Die jeweiligen relativen Anteile an der Gesamtwärmeabgabe sind unterschiedlich und hängen vom Tier und den Umgebungsbedingungen ab.

Die Wärmeabgabe durch Strahlung (Radiation) hängt von der Temperatur der Oberflächen, der geometrischen Größe der strahlenden Flächen, von ihrer jeweiligen Lage zueinander und ihrer Eigenschaft als „Strahler“ ab. Der Wärmetransport findet dabei immer vom stärkeren zum schwächeren „Strahler“ statt. Um Behaglichkeit sicherzustellen, sollte die Wärmeabgabe durch Strahlung ein bestimmtes Maß nicht überschreiten. Die Oberflächentemperaturen der raumumschließenden Bauteile sind so zu gestalten, dass die biologisch notwendige Wärmeabgabe weder gehemmt (Wärmestau) noch beschleunigt (zu starke Abkühlung) wird. Deshalb sollten überhitzte Dachflächen unbedingt vermieden werden (siehe auch 3.2).

Die Wärmeabgabe durch Leitung (Konduktion) erfolgt durch direkten Kontakt zwischen der Haut­ober­fläche des Tierkörpers und anderen Oberflächen, wie z. B. den Liegeflächen. Milchkühe legen sich deshalb gerne auf kühle Flächen, die eine Wärmeabgabe in den Boden ermöglichen, meiden aber bei hohen Außentemperaturen Festmistflächen mit hoher mikrobieller Aktivität.

Eine Wärmeabgabe durch Mitführung (Konvektion) ist ein Wärmetransport durch Bewegung von flüssigen oder gasförmigen Teilchen, die ihre Energie mitführen. Durch Luftbewegung an der Haut­ober­fläche wird die „Warmluft-Schicht“ abgeführt, die sich nahe am Körper befindet. Im Sommer kann deshalb bei Milchkühen eine hohe Luftbewegung in Tiernähe die Wärmeabgabe begünstigen und den negativen Einfluss der hohen Umgebungstemperaturen mindern. 
Die Bewegung der Luft in Offenställen kann sowohl durch Wind, Thermik und Ventilation als auch durch die Anordnung von Bauteilen wie Windbrechnetze, Stützpfeiler, Trennwände o. ä. beeinflusst werden.

Die Wärmeabgabe durch Verdunstung beruht auf folgendem Prinzip: Bei der Verdunstung von flüssigem Wasser zu Wasserdampf wird der Umgebung Energie entzogen. Dieser physikalische Effekt wird von Tier und Mensch im Sommer in der Lunge zur Wärmeabgabe genutzt. Das Tier atmet die umgebende Stallluft ein, erwärmt diese und sättigt sie beim Ausatmen mit Wasserdampf. Da diese Energie aus der Lunge kommt, wird dem Körperkern Wärme entzogen. Die Ausatemluft (Exspirationsluft) kann daher beim Tier konstant mit einer relativen Luftfeuchtigkeit von 95 % angenommen werden. Um größere Wassermengen zu verdunsten, müssen die Tiere schneller atmen, bis es bei Hitzestress zum Hecheln kommt. Im Gegensatz zum Menschen können Rinder nur geringere Wärmemengen durch Schwitzen abgeben.

Auch die Wärmeabgabe über Futter, Wasser und Exkremente ist Bestandteil der Thermoregulation. Das Tier überträgt solange Körperwärme auf das aufgenommene Futter und Wasser bis dieses die Körpertemperatur (38 °C) erreicht hat. Die pro Tag hierfür benötigte Wärmemenge ist relativ gering. Wenig Bedeutung haben die Ausscheidungen, in denen ebenfalls Wärme gebunden ist.

Physiologisch liegt der optimale Bereich der Umgebungstemperatur von laktierenden Milchkühen mit einer Leistung von etwa 25 kg Milch pro Tag zwischen 4 °C und 16 °C. In diesem Temperaturbereich erfolgt die beste Verwertung des Futters. Darüber verschlechtert sich zwar zunächst die Futterverwertung, aber mit erheblichen Leistungsdepressionen ist noch nicht zu rechnen. Erst wenn diese Temperaturen deutlich und über einen längeren Zeitraum überschritten werden, vermindern sich die Futteraufnahme und die Leistungsfähigkeit signifikant. Dabei ist zu beachten, dass zwischen den einzelnen Kühen in Abhängigkeit von Leistung, Laktations- und Trächtigkeitsstadium sowie Akklimatisation und Fitness erhebliche tierindividuelle Unterschiede auftreten können.

Grundsätzlich gilt, dass mit steigenden Umgebungstemperaturen die direkte (sensible) Wärmeabgabe aufgrund des geringer werdenden Temperaturgefälles zwischen Tier und Umgebung immer stärker abnimmt. Die Kühe versuchen dies teilweise durch eine physiologische Steigerung der Körpertemperatur um bis zu zwei Kelvin zu kompensieren. Darüber hinaus ist eine weitere Regulation nur über die indirekte (latente) Wärmeabgabe durch Wasserdampf möglich. Das uneingeschränkte Angebot an frischem, kühlem Wasser ist daher eine wichtige Voraussetzung für die Vermeidung von unnötigen Wärmebelastungen der Milchkühe.

Allerdings kann die Abgabe von Wasserdampf beim Schwitzen und in der Lunge kaum gesteigert werden. Einerseits gibt es tierphysiologische Grenzen. Andererseits führt eine hohe relative Luftfeuchtigkeit unter unseren Wetterbedingungen häufig dazu, dass die Abgabe von Wasserdampf thermodynamisch nur begrenzt möglich ist. 

Die Angaben in der Literatur über den Zeitpunkt, ab dem Milchkühe Hitze als Stress empfinden, sind nicht einheitlich. Die ausschließliche Angabe der Temperatur zur Definition von Hitzestressbedingungen (> 20 °C bis > 25 °C) greift sicherlich zu kurz. Mit einer Kombination aus Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit kann die mutmaßliche Auswirkung auf Mensch und Tier verlässlicher eingeschätzt werden. Die empirisch untermauerten Ergebnisse für Milchkühe sind Abbildung 1 zu entnehmen. Für die in Mitteleuropa übliche Luftfeuchtigkeit um 70 % beginnt milder Hitzestress schon ab 22 °C, ab 24 °C ist bereits mit Leistungseinbußen zu rechnen. 

Ein wichtiger physiologischer Wert ist in diesem Zusammenhang der Wärmeinhalt der Luft, die sog. „Enthalpie“, für dessen Wert Temperatur und Wasserdampfgehalt der Luft entscheidend sind. Bei Rindern/Milchkühen dient deshalb der „Temperature-Humidity-Index“ (THI) als Indikator für Hitzestress. Dieser Index wird aus der Temperatur und dem Wasserdampfgehalt der Luft berechnet. Bei Werten über 67 beginnt milder Hitzestress für die Tiere. Die Zahlen in den Tabellenfeldern der Abbildung 1 zeigen die berechneten Indexwerte bei den jeweiligen Temperaturen und relativen Luftfeuchten. Für die Tiere ist eine mittlere Milchleistung unterstellt.

Auch durch aufmerksames Beobachten der Tiere sind Hinweise auf eine Wärmebelastung gut wahrnehmbar: 

Erkennbare Belastungen liegen bei den Tieren vor, wenn

  • sie eine deutlich erhöhte Atemfrequenz haben 
  • sie beim Liegen „pumpen“
  • sie seltener liegen und lange auf den Gängen stehen
  • sie sich bevorzugt an offenen Toren und Tränken aufhalten
  • ihre Körpertemperatur ansteigt

Erhebliche Belastungen liegen bei den Tieren vor, wenn

  • sie mit langem Hals und offenem Maul hecheln sowie starken Speichelfluss zeigen
  • die Futteraufnahme sinkt (10 bis 25 %)
  • nach etwa drei Tagen die Milchleistung sinkt
  • sich das Brunstgeschehen vermindert

3. Lüftungs- und gebäudetechnische Aspekte

Die vorrangige Aufgabe der Lüftung im Sommer ist der Abtransport von Wärme, Luftfeuchtigkeit und Schadgasen aus dem Stall, um den Tieren angenehme Umgebungstemperaturen zu bieten. Genau wie im Winter stellt sich auch im Sommer eine dynamische Gleichgewichtstemperatur im Stall ein, die sich aus den „Wärmeverlusten“ und den „Wärmeeinträgen“ ergibt. Wärme wird aber nicht nur von den Tieren erzeugt, es können auch direkte Energieeinträge durch die Sonne über Fassadenöffnungen und indirekte Einträge über erwärmte Dachflächen erhebliche Wärmeeinträge verursachen. 

Generell sollten vorrangig die Möglichkeiten der freien Lüftung genutzt werden, die der Standort und das Gebäude zur Verfügung stellen. Reicht das nicht aus, müssen zusätzliche Um-, Zu- und/oder Abluftsysteme zum Einsatz kommen.

3.1 Was ist bei frei belüfteten Ställen zu beachten?

Je höher der Luftwechsel ist, desto mehr gleichen sich Innen- und Außentemperatur an. Die abzuführende Wärme stammt nicht nur von den Tieren, sondern im Sommer sehr häufig auch von transparenten und aufgeheizten Dachflächen. Deshalb sollten im Sommer die Fassadenöffnungen so groß wie möglich sein. Simulationen haben gezeigt, dass die Öffnungen in der Summe nicht kleiner als 2,5 m²/Kuh sein sollten. Das entspricht einer Öffnung an den Fassaden von 1,25 m²/Kuh und Seite bei idealerweise gegenüberliegenden, geöffneten Fassadenflächen. Fassadenöffnungen über dieses Maß hinaus bewirken nur noch leichte Verbesserungen.

Tabelle 1: Erfahrungswerte zu den Zu- und Abluftflächen für Milchviehställe mit Querlüftung (Funktionsprinzip rechts)

Empfehlungen für die Fassadenöffnung eines querbelüfteten Außen­klimastalls bei zwei gegenüberliegenden Öffnungsflächen
alleinstehend, QueranströmungVon anderen Gebäuden beeinflusst 
bzw. ungünstige Lage
1,25 m²/Tier und Seite1,5 m²/Tier und Seite

Der Luftwechsel wird durch eine Orientierung des Baukörpers quer zur Hauptwindrichtung begünstigt. Dabei sollte allerdings sorgfältig geprüft werden, ob an heißen Tagen und bei hohen Außentemperaturen auch hohe Windgeschwindigkeiten zu erwarten sind. Kann das nicht gewährleistet werden, sollte bereits in der Stallplanung über ein adäquates zusätzliches Lüftungs- und/oder Kühlungssystem nachgedacht werden. Die üblichen Windkarten geben in der Regel nur Durchschnittswindstärken pro Monat in großer Höhe an und sind somit für diese Fragestellung wenig hilfreich.

Die Durchströmung des Stalles wird ebenfalls durch die Gebäude-Geometrie beeinflusst. Lange und schmale Baukörper haben in der Regel im Verhältnis zur Grundfläche einen größeren Fassadenflächenanteil als breitere Baukörper. Direkte Anbauten am Stallgebäude, wie z. B. Melkhäuser, die den Luftwechsel einschränken, sollten vermieden werden.

Ein Unterschreiten der Außentemperaturen im Stallinneren ohne technische Maßnahmen ist nur mit einer hohen zusätzlichen Puffermasse durch schwere Innen- und Hüllbauteile in Verbindung mit einem hohen nächtlichen Luftwechsel möglich. Auch hierfür sind möglichst großzügige Fassadenöffnungen notwendig.

3.2 Vermeidung von solarem Wärmeeintrag

3.2.1 Dachaufbauten

Der Einfluss unterschiedlicher Dachaufbauten und Dachfarben auf den Wärmeeintrag in einen Stall ist groß. Je wärmer die Dachinnenseite und je dunkler die Dachfarbe, desto höher ist der Wärmeeintrag durch Strahlung in den Innenraum. In der Luft breitet sich Wärmestrahlung weitgehend ungehindert aus, wodurch die Distanz zwischen erwärmter Dachfläche und Stallboden und damit die Gebäudehöhe nur eine geringe Rolle spielt.

Die Orientierung der Dachfläche zur Sonne und der Absorptionsgrad sind entscheidend für die im Dachaufbau aufgenommene Energiemenge. Der Absorptionsgrad ist umso höher, je dunkler und rauer eine Oberfläche ist. Die bauphysikalischen Eigenschaften der einzelnen Dachschichten beeinflussen die Höhe der Temperaturspitzen an der Dachinnenseite und deren Phasenverschiebung zum Einstrahlungsmaximum der Sonne.

Im Vergleich zeigen leichte, einschalige und ungedämmte Dachaufbauten aus Ziegeln, Faser­zement oder Blech die höchsten Temperaturspitzen. Temperaturen von bis zu 80 °C (gemessen an den Innenseiten von Blechdächern) sind je nach Ausrichtung und Absorptionsgrad der Dachfläche möglich und sollten unbedingt vermieden werden. Die Temperaturspitzen treten nahezu zeitgleich mit dem Einstrahlungs- und damit dem Lufttemperaturmaximum im Außenbereich auf.

Zweischalige, hinterlüftete Dachaufbauten mit Holzschalung (24 mm) oder Sandwichelemente mit Wärmedämmung (40 mm) bleiben kühler und verhalten sich dabei annähernd gleich. Leichte Phasenverschiebungen sind hier bereits feststellbar. Bei der Wahl von Verbundwerkstoffen wie Sandwichelementen sollten erhöhte Entsorgungs- bzw. Recyclingkosten aufgrund erschwerter sortenreiner Trennung berücksichtigt werden.

Mehrschalige, schwere Dachaufbauten mit Brettstapeldecken (100 mm) und Gründächer zeigen die niedrigsten Temperaturspitzen und die größten Phasenverschiebungen.

Eine Besonderheit hinsichtlich der Verringerung von Wärmespitzen stellen Gründächer dar. Diese bestehen in der Regel aus einer Dichtungsbahn mit Schutzschicht und darüber einer Drän, Filter- und Vegetationsschicht. Bei Niederschlägen oder einer Bewässerung nehmen die Drän- und Vegetationsschichten Wasser auf, welches durch Verdunstung über Pflanzen und Substrat wieder an die Atmosphäre abgegeben wird. Dadurch werden die verschiedenen Schichten im Dachaufbau durch Verdunstung gekühlt, ohne die Luftfeuchtigkeit im Inneren des Stalls zu beeinflussen. Bei Rinderställen ist in der Regel im Dach keine zusätzliche Wärmedämmung mehr notwendig, wodurch dieser Kühleffekt für den Innenraum nutzbar ist. Gleichzeitig beeinflusst die Vegetationsschicht in Abhängigkeit von Deckung und Pflanzenart den Absorptionsgrad des Dachs erheblich. Je nach Aufbau kann ein Gründach auch einen Beitrag zur zugänglichen Puffermasse des Innenraums leisten und somit in Verbindung mit einer Nachtauskühlung einen zusätzlichen positiven Einfluss auf die Temperaturspitzen im Stallinneren haben. Damit die hohe Masse des Gründachs möglichst wirkungsvoll an den Innenraum gekoppelt wird, sollte das Material der Dachschalung eine möglichst hohe thermische Leitfähigkeit haben und nicht zu dick sein. Übliche Holzschalungen haben sich hier bewährt. Dickere Holzschalungen (> 40 mm) oder Brettstapeldecken sind unter einem Gründachaufbau deshalb nicht empfehlenswert. Weiterhin besteht bei Brettstapeldecken unter einem Gründach die Gefahr, dass Feuchte, die während der Bauzeit in den Holzquerschnitt gelangt, auf Grund des großen Querschnitts nicht schnell genug wieder Austrocknen kann.

3.2.2 Sonnenschutz

Ein direkter und großflächiger Sonneneintrag über Fassaden, Dachfirste oder Oberlichte in den Stall sollte vermieden werden. Andernfalls können Temperaturerhöhungen von vier bis fünf Kelvin am bestrahlten Körper auftreten, also auch auf dem Fell der Kühe. Tritt das Sonnenlicht direkt durch Lichtwellplatten in den Stall, sind sogar mehr als zehn Kelvin möglich.

Ausreichende Dachüberstände an den Fassaden reduzieren den solaren Energieeintrag erheblich, ohne den Luftwechsel zu beeinträchtigen. Dabei ist vor allem bei Ost- und Westfassadenflächen aufgrund der tief stehenden Sonne am Vor- bzw. Nachmittag bei hoher Strahlungsleistung eine sorgfältige Planung des Sonnenschutzes bzw. Dachüberstands notwendig.

Großflächige Lichtfirste sind konstruktiv schwieriger zu verschatten als Fassadenflächen. Wird ein Lichtfirst eingesetzt, so sollte in jedem Fall darauf geachtet werden, dass direkte Sonneneinstrahlung auf die Tiere vermieden wird, etwa durch lichtbrechendes Material. Bei langen, schmalen Baukörpern mit geringen Gebäudetiefen, großzügigen Fassadenflächen und ohne störende Anbauten sind großflächige Dachoberlichte in der Regel nicht notwendig, weil die natürliche Belichtung über die Fassadenflächen ausreichend ist.

Je nach Ausführung können auch auf den Dachflächen montierte Photovoltaik- oder Solarthermiepaneele einen positiven Effekt auf den Wärmeeintrag über Dachflächen in das Stallinnere haben, weil sie ähnlich wirken wie ein mehrschaliger Dachaufbau. Je niedriger die Oberflächentemperatur auf der Innenseite der Paneele und je höher die Luftmenge, die zwischen Panel und Dachfläche hindurch strömt, desto niedriger ist der Wärmeeintrag auf die Dachfläche. 

Bei Windstille hat ein Lüftungsfirst im Sommer aufgrund der tagsüber annährend gleichen Lufttemperaturen zwischen innen und außen einen nur geringen Einfluss auf den Luftwechsel. Dennoch werden die meisten Ställe mit geöffnetem First gebaut, um im Winter, bei großen Lufttemperaturdifferenzen zwischen innen und außen, den Abtransport von Schadgasen und Luftfeuchtigkeit zu begünstigen.

Bauliche Empfehlungen zur Reduzierung von Hitzestress

  • Lage des Stalls quer zur Hauptwindrichtung
  • nicht zu breite Ställe
  • möglichst große, gegenüberliegende Lüftungsöffnungen
  • einstellbare Windbrechgitter/Curtain zur Optimierung der Zu- und Abluftflächen im Sommer
  • Vermeidung lüftungshemmender Anbauten
  • freie Anströmung des Stalls im Gelände
  • Vermeidung von direkter Sonneneinstrahlung durch ungeschützte Fassaden- und Dachflächen oder Lichtplatten in den Aufenthaltsbereich der Tiere
  • Einsatz heller Farben bei der Dacheindeckung
  • keine einschaligen, leichten Dachaufbauten

4. Wie kann Hitzestress bei Milchkühen vermieden werden?

Durch die Erzeugung einer gerichteten Luftströmung in den Aufenthaltsbereichen der Kühe kann das „Warmluftpolster“ der Luft im Fell und um den Körper der Kuh aufgelöst und dadurch die konvektive Wärme- und Wasserdampfabgabe der Tiere gesteigert werden. Dadurch reduziert sich die gefühlte Temperatur (Abbildung 2). Die gefühlte Temperatur ergibt sich aus den Faktoren Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit und Luftgeschwindigkeit. In Abhängigkeit der beiden zuletzt genannten Faktoren können von den Tieren unterschiedlich große Mengen an Wasser über die Haut abgegeben werden. Dadurch entsteht eine Verdunstungskälte, die eine Kühlwirkung an der Haut der Tiere schon ab 1,0 m/s Luftgeschwindigkeit erzeugt. 

In der DIN 18910 werden Mindestluftraten für den Rinderbereich angegeben. Diese beziehen sich jedoch auf geschlossene und wärmegedämmte Gebäudehüllen und gelten nicht für Ställe, deren konstruktiver Wärmeschutz so gering ist, dass damit keine wesentliche Beeinflussung der Stalllufttemperatur erreicht werden kann. In Ställen, die über eine Kühlungsmöglichkeit verfügen, kann bei der Planung der Sommerluftvolumenstrom entsprechend vermindert werden. Für eine funktionierende Zwangslüftung müssen die Zuluft- und Abluftführung gleichermaßen gewährleistet sein. Bei hohem Gegendruck (z. B. durch Wind an der Abluftöffnung) kann ansonsten der Luftwechsel zum Erliegen kommen.

In der Konsequenz sind bei Ställen, ohne ausreichenden sommerlichen Wärmeschutz, weit höhere Luftwechselraten als in der DIN 18910 anzusetzen. Diese müssen am konkreten Stall unter Berücksichtigung der jeweiligen Belegung individuell ermittelt werden.

5. Luftgeschwindigkeit und Luftwechsel

5.1 Einsatz von Ventilatoren

Die Verwendung von Ventilatoren dient in erster Linie dem Abtransport der warmen Luftschicht um den Tierkörper (also der konvektiven Wärmeabgabe). Hierbei wird im Tierbereich eine hohe Luftgeschwindigkeit angestrebt. Diese kann durch wenige große Vertikalventilatoren an der Decke, sog. Deckenventilatoren, erreicht werden. Axialventilatoren, werden hingegen horizontal hintereinander ausgerichtet und erzeugen eine entsprechende Strömung durch den Stall. 
Ventilatoren werden in Liegeboxenlaufställen eingesetzt, um bei nicht ausreichender Windgeschwindigkeit und hohen Umgebungstemperaturen Luftbewegungen im Tierbereich zu erzeugen. Die gesamte zu installierende Luftleistung der Ventilatoren ist abhängig von der Stalllänge, dem Leistungsniveau der jeweiligen Kuhgruppe und von der Dachgestaltung. Die Empfehlungen zu den „installierten Lüfterleistungen“ schwanken zwischen 500 und 1.200 m³ je Kuh und Stunde, ohne Berücksichtigung der Ventilatoren für den Melkstand und den Wartehof. Messberichte zu geeigneten Ventilatoren für den Einsatz im Milchviehstall können von der Internetseite der Bayerischen Landesanstalt sowie der HBLFA Raumberg-Gumpenstein unter folgenden LINKS heruntergeladen werden: 

Unabhängig von der gewählten Technik sollte auf eine automatisch temperaturgesteuerte Schaltung der Ventilatoren nicht verzichtet werden, da bei einer manuellen Steuerung die subjektive Wahrnehmung des Stallklimas durch das Betreuungspersonal und das tatsächliche Empfinden der Tiere nie konform gehen.

 

5.1.1 Worauf sollte man beim Einsatz von Axialventilatoren achten?

Als optimale Positionierung der Ventilatoren wird die Anordnung über den Liegeboxenreihen angesehen (Abbildung 4). Der wohl wichtigste Vorteil hierbei ist, dass Maßnahmen zur Verringerung der Wärmelast dort unterstützt werden, wo sich die Tiere am längsten aufhalten sollen. Des Weiteren wird verhindert, dass die Abtrocknung der Laufflächen durch den Ventilator zu schnell erfolgt. Derzeit sind verschiedene Ventilatoren auf dem Markt verfügbar, die zeitgesteuert arbeiten, eine geringe Wurfweite aufweisen und dadurch ihre Wirkung auf den Liegebereich oder andere Bereiche konzentrieren können. 

Der Abstand der Ventilatoren zueinander ist stark abhängig von der Wurfweite des Ventilators, der Einbauhöhe und dem Neigungswinkel. Die Grunddaten können dem Messbericht der LfL entnommen werden. Wenn der Ventilator mit der Unterkante seines Rahmens auf 2,70 m über den Liegeflächen angebracht wird, kann aus Sicht der Berufsgenossenschaft auf ein Schutzgitter verzichtet werden. Dadurch werden die notwendigen Reinigungs- und Wartungsarbeiten deutlich vereinfacht. Der erste Ventilator sollte direkt in die Giebelwand oder 1,50 m (mind. Größe des Ventilatordurchmessers) von der Giebelwand entfernt eingebaut werden. Dadurch wird der Gegendruck („Ansaugwiderstand“) gering gehalten. Wenn die Möglichkeit besteht, die erste Ventilatorenreihe bereits in die Giebelwand einzubauen, kann zusätzlich von außen Frischluft in den Stall eingebracht werden. In diesem Fall muss der Ventilator dann allerdings gegen Niederschlag und direkten Wind geschützt werden. 

Als Einbauwinkel haben sich 15 – 25 ° bewährt. Der Winkel ist von der Einbauhöhe und der Wurf­weite abhängig. Der Winkel sollte unbedingt individuell für jeden Stall unter Zuhilfenahme einer Rauchkanone angepasst werden, damit der Luftstrom die Tiere trifft und nicht über sie hinwegstreicht (Abbildung 3).

Anordnung der Ventilatoren zur Erzeugung einer „Kreis-Strömung“
Axialventilatoren können auch so angeordnet werden, dass eine horizontale Kreisbewegung der Luft im Stall entsteht (Abbildung 5). Hierbei soll sich die Raumluft bei Windstille im Kreis bewegen. Ein effektiver Abtransport von Wärme, Luftfeuchtigkeit und Schadgasen ist mit diesem System allerdings eingeschränkt.

Anordnung der Ventilatoren zur Erzeugung einer Querströmung
Eine dritte Möglichkeit, Axialventilatoren im Stall zu platzieren, ist die Queranordnung (Abbildung 6). Durch diese Anordnung kann bei geringer Windgeschwindigkeit eine Unterstützung der Querlüftung erreicht werden. Hier sind im Vergleich zur Längsausrichtung mehr Ventilatoren nötig, um eine möglichst gleichmäßige Durchströmung des Gebäudes zu erreichen. Ein weiterer Nachteil ist, dass die Laufflächen stark überströmt werden. 

Werden Zu- oder Abluftventilatoren in einem frei belüfteten Stall nur zeitweise, also bei Bedarf zugeschaltet und erzeugen dann eine von der Querlüftung deutlich unterschiedliche Raumströmung, spricht man von einer „Kombinations- oder Hybridlüftung“.

Empfehlungen zum Einsatz von Axialventilatoren (mit horizontaler Wurfrichtung)

  • vorrangige Anordnung der Ventilatoren in Bereichen, wo die Tiere eng zusammenstehen
  • zu installierende stündliche Luftleistung 800 – 1.200 m³/Kuh
  • spezifische Leistungsaufnahme (gemessen, nicht Nennleistung) < 40 W/1.000 m³ Luftvolumenstrom (kleinere Ventilatoren mit höherer Luftstrahlgeschwindigkeit sind in der Regel weniger effizient) 
  • Anordnung der Ventilatoren möglichst über den Liegeboxen 
  • wenn möglich, Verzicht auf Schutzgitter; Anbauhöhe Unterkante Ventilator ≥ 2,70 m
  • Abstand der Ventilatoren in Blasrichtung abhängig von den Ventilatorkennzahlen
  • Steuerung der Ventilatoren mit Thermostaten (Gruppenschaltung, Drehzahlregelung)
  • bei nahe liegender Wohnbebauung Drehzahl reduzieren bzw. Ventilatoren nachts ausschalten
  • Schalldruckpegel (db(A)) beachten, siehe Empfehlungen HBLFA Gumpenstein

5.1.2 Worauf sollte man beim Einsatz von Vertikalventilatoren achten?

Deckenventilatoren (Abbildung 7) überzeugen durch eine niedrige spezifische Leistungsaufnahme (0,3 – 1,5 kW) und durch einen geringen Lärmpegel von unter 60 dB(A) aufgrund einer niedrigen Drehzahl von 75 – 140 U/min. Die Variabilität hinsichtlich des Einbauortes ist hingegen begrenzt. Entsprechend der baulichen Gegebenheiten und des hohen Platzbedarfes der Ventilatoren werden diese häufig zentral über dem Futtergang installiert, was allerdings negative Begleiterscheinungen, wie z. B. das Abtrocknen des Futters, mit sich bringt. 

Ihre Durchmesser können vier bis sieben Meter betragen und je nach Ausführung Luftumwälzungen von bis zu 700.000 m3/h (Herstellerangaben) erreichen. Zur Einbauhöhe wird oft der Ventilatordurchmesser empfohlen. 

Deckenventilatoren leiten den Luftstrom senkrecht nach unten. Dabei stehen die Luftumwälzung und das Erreichen einer Wärmeabgabe der Tiere durch Konvektion im Vordergrund. Unterhalb der Ventilatoren werden Luftgeschwindigkeiten > 2 m/s erreicht. Richtung Stallwand nimmt diese aufgrund der Stalleinbauten und der Tiere (Windschatten) merklich ab und liegt < 1 m/s. Durch offene Seitenwände und Tore kann es unter ungünstigen Bedingungen, bei hohen Außenwindgeschwindigkeiten, zu einem „Gegeneinanderarbeiten“ der vom Ventilator erzeugten Strömung und der einströmenden Außenluft kommen. Insbesondere in den außenluftnahen Randbereichen des Stalles kann das Strömungsverhalten deutlich beeinflusst werden. Bei Ställen mit geschlossenen Wänden entsteht eine höhere Luftgeschwindigkeit als bei Ställen mit offenen Wänden, da die Luft im Stall besser zirkuliert.

Empfehlungen zum Einsatz von Vertikalventilatoren

  • keine Anordnung von großen Vertikalventilatoren über dem mittig im Stall gelegenen Futtergang (Abtrocknungseffekt des Futters)
  • Anschalten der Ventilatoren bereits ab einer Stalltemperatur von 16 °C empfehlenswert
  • geringer Lärmpegel ermöglicht auch den Einsatz in der Nähe von Wohnbebauungen
  • Windbewegungen außerhalb des Stalles können bei geöffneten Seitenwänden das Strömungsverhalten in den Randbereichen des Stalles stark beeinflussen
  • kein Einsatz in Ställen, bei denen die Gefahr besteht, dass erwärmte Luft aus der Hinterlüftungsebene des Daches oder, bei einschaligen Dachaufbauten, Warmluft aus dem Dachraum in den Tierbereich gedrückt wird.

5.2 Einsatz von Schlauchbelüftungssystemen

5.2.1 Grundsätzliche Systembeschreibung

Der Einsatz von Schlauchbelüftungssystemen stellt eine weitere Art der Zuluftführung in Milchviehställen dar. Das System funktioniert nach einem Überdruck-Prinzip, welches in Abbildung 8 dargestellt ist.

Frische Außenluft wird dabei mittels eines dem gewünschten Luftwechsel im Bereich der Tiere ausgewählten Ventilators in einen luftdichten Textilschlauch (meist aus Polyestergewebe) gedrückt. Durch kleinere Luftaustrittslöcher im Textilschlauch wird die frische Luft den Anforderungen des Stalls entsprechend über den Tieren verteilt. Hierzu ist eine spezielle Berechnung der Geometrie und der Spezifikationen der einzelnen Belüftungsschläuche notwendig. Je genauer der zugrundeliegende Berechnungsprozess, umso besser können die Anforderungen im Stall erfüllt werden. 

Schlauchbelüftungssysteme arbeiten zu hundert Prozent mit Frischluft und ermöglichen die gezielte Kühlung der tierspezifisch wichtigsten Bereiche, wie Liegeboxen, Fressplätze, etc. Hierzu werden pro Kuh bzw. Tierplatz einzelne Luftkegel hoher Geschwindigkeit generiert, welche genau in diese wichtigsten Bereiche frische Luft transportieren und die sich dort befindlichen Schadgase verdrängen.

Auch mit Schlauchbelüftungssystemen lassen sich am Tierrücken Luftgeschwindigkeiten von bis zu 4 m/s generieren, wodurch es primär zu einer Vermeidung von Hitzestress kommt. Ein weiteres Ziel ist – wie bei anderen Belüftungssystemen auch – die Verbesserung der Luftqualität durch kontinuierlichen Luftaustausch. In Bezug auf die Vermeidung von Hitzestress dienen diese Systeme somit auch dem Abtransport der warmen und meist feuchten, sauerstoffarmen Stallluft. Dadurch verringert sich die Stalltemperatur und/oder die Luftfeuchtigkeit im Stall. Im Wartebereich und am Futtertisch kann durch das System frische Luft von oben zwischen die Tiere gebracht werden.

Abbildung 9 zeigt schematisch die Positionierung der Luftkegel bei der Kühlung zweier Liegeboxenreihen. Man erkennt die Intention, die direkte Frischluftzufuhr ausschließlich auf den Bereich der Einzelreihen zu fokussieren. 

Durch die in Abbildung 10 skizzierte Verteilung der Frischluftkegel mit genau einem Kegel pro Liegebox wird in allen tierspezifisch identischen Bereichen ein gleichmäßiger Kühlungseffekt generiert, welcher zu einer idealen Verteilung der Tiere auf all diese Bereiche führen soll. Dadurch sollen etwa die im Hochsommer häufig beobachtbaren Ansammlungen der Tiere an klimatisch ausgezeichneten Stellen im Stall (etwa der seitlichen Öffnung in Richtung der Hauptwindrichtung) verhindert werden.

Gerade bei niedrigen Gebäuden mit wenig natürlichen Zu- oder Abluftflächen sowie in Gebieten mit geringer natürlicher Luftbewegung können Schlauchbelüftungssysteme durch höhere Luftwechselraten für eine deutliche Verringerung von Hitzestress sorgen. Anders als bei der natürlichen Lüftung werden Schlauchbelüftungssysteme auf lokale Luftwechselraten ausgelegt. Lokal bedeutet in diesem Fall, dass nur Luftvolumina berücksichtigt werden, welche von den Tieren auch tatsächlich genutzt werden. Luftströmungen drei Meter über den Tieren etwa haben nur geringfügig Einfluss auf die klimatischen Bedingungen im Nahbereich der Tiere. Ähnlich verhält es sich mit breiten Futtertischen, Strohlagern, etc. Nach Herstellerangaben wird ein 10- bis 20-facher Luftwechsel pro Stunde bei Schlauchbelüftungssystemen für Milchkühe angestrebt.

Abbildung 11 zeigt beispielhaft die Anordnung der Schläuche im Raum (nach Herstellerangaben), um eine gleichmäßige Zuluftverteilung in den Liegeboxen der Kühe zu gewährleisten.

Die korrekte Berechnung eines Schlauchbelüftungssystems ist sehr komplex und erfordert einschlägige Erfahrung. In der Konsequenz wird von selbstgefertigten Zuluftschläuchen abgeraten.

Empfehlungen zum Einsatz von Schlauchbelüftungssystemen

  • Einsatz v. a. bei geringen Gebäudehöhen (z. B. schlecht belüftete Altgebäude) und/oder Gebieten mit geringer natürlicher Luftbewegung. Auch für den Wartebereich geeignet
  • Systeme arbeiten zu hundert Prozent mit Frischluft und erzielen gleichmäßige Frischluftzufuhr in allen Tierbereichen
  • Reduktion der Luftfeuchtigkeit und Schadgase im Stall
  • Luftgeschwindigkeiten können an Tiergewicht angepasst werden
  • Regelung der Schlauchbelüftungssysteme nur in eingeschränktem Leistungsbereich des Ventilators möglich
  • individuelle Auslegung und auf den Stall ausgelegte Berechnungen notwendig
  • Abluftflächen müssen immer vorhanden sein und in der Berechnung berücksichtigt werden 
  • Systeme sind stallspezifisch und können bei Änderungen des Stalles nicht ohne weiteres angepasst werden
  • starker äußerer Windeinfluss kann die Funktionsweise des Systems negativ beeinflussen

6. Kühlung durch Verdunstung von Wasser

Beim Einsatz von Wasser zur Hitzestressbewältigung von Milchkühen kann zwischen zwei Verfahren unterschieden werden:

  • Niederdrucksystem: Direktes „Beregnen“ bzw. „Bewässern“ des Tierkörpers (z. B. am Fressplatz)
  • Hochdrucksystem: „Versprühen“ bzw. „Vernebeln“ von Wasser zur Verdampfung (z. B. am Vorwartehof).

Beim ersten Verfahren werden die Tiere – wie beim „kalt-Abduschen“ – direkt mit Wasser benässt, so dass mit dem abfließenden Wasser auch Körperwärme abgeführt wird, was gleichzeitig die Haut abkühlt. Beim Verdunsten des Wassers am Haarkleid wird ebenfalls Körperwärme entzogen. Der zusätzliche Einsatz von Ventilatoren kann diesen Prozess unterstützen.

Beim zweiten Verfahren wird die Lufttemperatur durch Wasserverdunstung abgesenkt. Bei dieser „adiabatischen Kühlung“ steigt der Wasserdampfgehalt der Luft an, wobei sich die Lufttemperatur absenkt. Da aber der Wärmeinhalt der Luft gleichbleibt, führt das bei einer hohen relativen Luftfeuchtigkeit (> 80 %) physiologisch für die Tiere zu keiner wirklichen Entlastung (wie in Kapitel 2 erläutert). 

Die kombinierte Anwendung von Wasser und Ventliatoren ist bei niedriger bis mittlerer Luftfeuchtigkeit die effizienteste Art, die Kühe zu kühlen.

6.1 Hinweise zu Sprinkleranlagen (Niederdrucksystem)

Sprinkleranlagen (Abbildung 12) können an unterschiedlichen Stellen im Stall angebracht werden, z. B. im Auslauf, im Wartehof, am Fressplatz oder über den Laufgängen. Die Anbringung im Auslauf hat den positiven Nebeneffekt, dass dieser für die Tiere attraktiver gestaltet wird. 

Falls keine Freiflächen zur Verfügung stehen, sollten Sprinkleranlagen an einer Stelle im Stall installiert werden, an der sich die Tiere seitlich in den Beregnungsbereich bewegen können. Die Tiere vermeiden das Nasswerden ihrer Ohren. Bei einer schlechten Standortwahl kann es durchaus vorkommen, dass z. B. Durchgänge komplett blockiert werden und dadurch der Tierverkehr eingeschränkt wird. Neben der richtigen Wahl des Standorts spielt auch die Wassertropfengröße und -geschwindigkeit einen wesentlichen Einfluss auf die Akzeptanz von Sprinkleranlagen. 

Für den Betrieb haben sich 15-Minuten-Intervalle bewährt, wobei über eine Zeitschaltuhr gesteuert, ungefähr drei Minuten lang Wasser versprüht wird und zwölf Minuten Verdunstungszeit angeschlossen werden. Dabei können ungefähr ein Liter Wasser pro Quadratmeter Fläche verregnet werden. 

6.2 Hinweise zur Wasservernebelung (Hochdrucksystem)

Bei Hochdrucksystemen wird das Wasser sehr fein vernebelt (Abbildung 13). Die Wassertröpfchen sollen bereits in der Luft verdunsten, damit die Lauf- und Liegeflächen nicht unnötig benässt werden (Trittsicherheit). Die Anforderungen an die Technik sind sehr hoch, um die feintropfige Verneblung sicherzustellen.

Durch die sehr feinen Wasserdüsen (vorgefiltertes und gereinigtes Wasser, Verkalkung!) und den hohen Wasserdruck ist ein höherer Wartungs- und Energieaufwand erforderlich. Der Wasserverbrauch ist hingegen geringer als bei Niederdrucksystemen. Die Überwachung der Luftfeuchtigkeit und die Unterbrechung der Laufzeiten des Kühlungssystems sind ein Muss beim Einsatz von Hochdruck-Kühlsystemen.
 

7. Fazit

Die heißen Sommer in den vergangenen Jahren haben uns wachgerüttelt. Hitzestress im Milchviehstall stellt eine konkrete Gefahr mit hohen ökonomischen Auswirkungen dar. Neben den heißen Wetterphasen gibt es aber weitere zu berücksichtigende und prädisponierende Faktoren wie Stallbau, Stallgestaltung und Management, die die Gefahr von Hitzestress bei Milchkühen begünstigen oder gar hervorrufen können. Andererseits sind hier mit den richtigen Entscheidungen und Maßnahmen die Wärme- und Hitzebelastungen aber auch zu reduzieren.

Darüber hinaus sollten wir uns auch mit den biologischen Veränderungen in Bezug auf Stoffwechsel und Milchleistung sowie die gestiegene Futteraufnahme und Wärmeentwicklung unserer Milchkühe intensiv auseinandersetzen. Milchviehhalter sollten sich über konkrete Lösungsansätze fachlich informieren, sich auf die nächsten Sommer und möglicherweise auf die wieder hohen Temperaturen entsprechend vorzubereiten.

8. Quellen

  • Collier et al. (2012): Quantifying Heat Stress and Its Impact on Metabolism and Performance; Department of Animal Sciences, University of Arizona.
  • DIN 18910: Wärmeschutz geschlossener Ställe – Wärmedämmung und Lüftung – Planungs- und Berechnungsgrundlagen für geschlossene zwangsbelüftete Ställe; Ausgabedatum 2017-08.
  • HBLFA Raumberg-Gumpenstein (2019): 13 Ventilatoren zur Kühlung von Rinderställen; Messbericht HBLFA Raumberg-Gumpenstein.
  • LfL-Information (2020): Ventilatoren für den Einsatz im Milchviehstall; 2. Auflage Oktober 2020.
  • Nordlund, K. V. (2008): Practical considerations for ventilating calf barns in winter. Veterinary Clinics of North America: Food Animal Practice, 24:41 – 54.

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