Präsident Hubertus Paetow zu den Leitlinien der Zukunftskommission
ZKL: Wichtiger Impuls für neue Kultur der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik
Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) hat geschafft, was in den aktuell von ideologischen Kontroversen geprägten Zeiten für sich genommen schon eine Leistung ist: Sie hat allen inhaltlichen Auseinandersetzungen zum Trotz eine Einigung erzielt.
Am Dienstag dieser Woche hat die ZKL ihren zweiten Bericht „Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in schwierigen Zeiten“ vorgestellt.
Schon allein die Anzahl der darin aufgeführten zehn Handlungsfelder - Weiterentwicklung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP), Regulationsabbau, Tierhaltung, Biodiversität, Pflanzenbau, Digitalisierung und Technik, Resilienz, steuerliche Maßnahmen und Absicherung des Sektors - zeigt, wie groß die Aufgabe ist, die vor unserer Branche und der gesamten Gesellschaft liegt: Das Agrar- und Ernährungssystem zukunftsfest und krisensicher zu gestalten. Das hart erarbeitete Papier bezeugt, dass wir uns dieser enormen Verantwortung bewusst sind.
Seit die ZKL vor mehr als vier Jahren auf dem vorläufigen Höhepunkt der Bauernproteste ins Leben gerufen wurde, gab es bei einigen Beteiligten durchaus Momente der Frustration: Von den Empfehlungen aus dem ersten Bericht der ZKL wurde kaum etwas in konkrete Politik umgesetzt.
Diskursprägender Einfluss
Dennoch möchte ich betonen, dass die Arbeit der Kommission einen zwar subtilen, aber deshalb nicht weniger wichtigen Erfolg vorzuweisen hat: Die im öffentlichen Diskurs geführte Auseinandersetzung darüber, wie Landwirtschaft betrieben werden sollte, läuft heute deutlich konsensorientierter und sachlicher ab, als dies vor Gründung der ZKL der Fall war. Diese Diskussionskultur hat – neben den vielfältigen geopolitischen und weiteren globalen Krisen der letzten Jahre – ihren Teil dazu beigetragen, dass es in der Agrarpolitik einen Paradigmenwechsel weg vom Primat der Extensivierung um jeden Preis hin zu einer Rückbesinnung auf Produktivität, Ernährungssicherung und Wirtschaftlichkeit gegeben hat.
Dass Nachhaltigkeitsziele wie Biodiversitätserhalt und -förderung, Klimaschutz und Tierwohl weiterhin ihre Gültigkeit behalten, zeigen die im neuen ZKL-Bericht abgesteckten Themenfelder. Allerdings hat die Kommission als Brückenbauerin zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft Impulse dafür gesetzt, dass dies in Zukunft effizienter und zielgerichteter geschehen muss. So empfiehlt die ZKL ausdrücklich eine neue Kultur der Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft, um Zielsetzungen in Tierwohl, Umweltschutz und Biodiversitätserhalt voranzutreiben. Negativbeispiele wie die staatliche Tierwohlkennzeichnung, die unabhängig von bereits bestehenden privatwirtschaftlichen Initiativen oder von NGO unterstützten Labels entwickelt wurde, gehören somit hoffentlich der Vergangenheit an.
Die ZKL empfiehlt - wie auch wir in der DLG - eine Agrarpolitik, die sich an Ergebnissen statt an bisweilen praxisfernem Mikromanagement orientiert.
Gemeinwohlleistungen müssen wirtschaftlich attraktiv sein
Die ZKL hält auch in ihrem zweiten Bericht an der Empfehlung fest, in der EU-Agrarpolitik (GAP) die flächengebundenen Zahlungen in der 1. Säule perspektivisch zugunsten der Agrarumweltprogramme in der 2. Säule vollständig abzubauen. Gleichzeitig muss aber klar sein, dass Gemeinwohlleistungen wie eben mehr Tierwohl oder noch mehr Nachhaltigkeit in der landwirtschaftlichen Produktion nur dann bereitgestellt werden, wenn diese betriebswirtschaftlich attraktiv sind, also als Geschäftsmodell auch zum wirtschaftlichen Erfolg der Betriebe beitragen. Darüber wollen wir auch am kommenden Dienstag, den 3.Dezember, in Berlin bei unserem -DLG-Kolloquium 2024 zum Thema “Business Case Nachhaltigkeit” sprechen.
Für Regulatorik im Bereich der Nachhaltigkeit gilt, dass diese bürokratiearm und ergebnisorientiert ausgestaltet werden muss, flankiert durch idealerweise EU-weit einheitliche Kriterien und Standards sowie ein transparentes Benchmarking-System. Generell empfiehlt die ZKL – wie auch wir in der DLG – eine Agrarpolitik, die sich an Leitplanken statt detailverliebter Feinsteuerung, an Ergebnissen statt an bisweilen praxisfernem Mikromanagement orientiert.
Nachwuchskräfte für Landwirtschaft begeistern
All das gilt es umso mehr zu berücksichtigen, um Nachwuchskräfte zu ermutigen und dafür zu begeistern, landwirtschaftliche Betriebe fortzuführen, durch Investitionen weiterzuentwickeln oder gar neu in die Branche einzusteigen.
Denn – auch das hält die ZKL in ihrem neuen Bericht unmissverständlich fest – die Landwirtschaft ist systemrelevant. Damit sie ihrem Auftrag auch gerecht werden kann, braucht sie ein politisches und gesellschaftliches Umfeld, dass diesen unumstößlichen Fakt in vollem Maße anerkennt und unsere Landwirtinnen und Landwirte nicht länger daran hindert, ihre unternehmerische Kreativität und ihre fachliche Kompetenz im Sinne der nachhaltigen Entwicklung zu entfalten.
Ihr DLG-Präsident Hubertus Paetow