Kartoffel-Schädlinge

Drahtwurm-Control – Ein Verbundprojekt aus Österreich

„Wissenschaft trifft Praxis – Wissenschaft hilft Praxis“, so könnte man das österreichische Projekt „Drahtwurm-Control“ betiteln. Es beurteilt die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit aktuell verfügbarer Maßnahmen, testet den Einsatz alternativer Maßnahmen unter Praxisbedingungen und erarbeitet Handlungsempfehlungen für die Kartoffelanbauer. 
 

Abb. 1: Phosphormangel in Kartoffeln

Drahtwürmer bohren sich in Kartoffelknollen ein. Ziel des österreichischen Projektes „Drahtwurm-Control“ ist es, Handlungsempfehlungen für die Drahtwurmbekämpfung auszuarbeiten. Fotos: Wechselberger

Drahtwürmer sind Larven des Schnellkäfers. Sie stellen eine erhebliche Bedrohung für den Kartoffelanbau dar. Ihre Regulierung wird angesichts steigender Ernteverluste immer wichtiger. Neben der eingeschränkten Verfügbarkeit von bodenwirksamen Insektiziden in der gesamten Fruchtfolge wird die Problematik durch klimatische Veränderungen verschärft. Steigende Durchschnittstemperaturen begünstigen die Populationsentwicklung des Schädlings, während die zunehmende Häufung von Trockenperioden im Spätsommer mit steigenden Drahtwurmschäden bei Kartoffeln in Zusammenhang gebracht werden kann. 

Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt „Drahtwurm-Control: Praxisbasierte und nachhaltige Regulation von Drahtwürmern“ 2021 ins Leben gerufen. Effiziente Regulierungsstrategien müssen die Biologie des Drahtwurms berücksichtigen, in die Praxis der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung integrierbar sein und ihre Wirksamkeit muss ökonomisch sinnvoll sein. Um die genannten Kriterien zu erfüllen, werden im Rahmen des Projektes seit vier Jahren Versuche in enger Zusammenarbeit mit der Praxis durchgeführt. 

Zu den untersuchten Maßnahmen gehören 

  • der Einfluss der Bodenbearbeitung
  • der Einsatz von Lockpflanzen
  • der Einfluss der Vorfrüchte auf die Drahtwurmschäden
  • die Wirksamkeit insektenpathogener Pilze und ihre Einsatzoptimierung
  • der Einfluss von Düngemitteln und Bodenhilfsstoffen
  • die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln unter Praxisbedingungen

Basierend auf den Ergebnissen wird 2026 im letzten Projektjahr in Zusammenarbeit mit PraktikerInnen und BeraterInnen ein Empfehlungskatalog ausgearbeitet.

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Breit angelegtes Projekt mit vielen Mitwirkenden

Unter der Leitung der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES GmbH) arbeiten seit Projektbeginn im Jahr 2021 Forschungsinstitutionen, die Landwirtschaftskammern Niederösterreich und Oberösterreich und Landwirte gemeinsam an Lösungsansätzen. Die Landwirtschaftliche Fachschule Hollabrunn ist für die Gestaltung und Umsetzung der Bodenbearbeitungsversuche im Osten Österreichs verantwortlich. Forschungseinrichtungen wie die AGES GmbH, die Universität Innsbruck und die Universität für Bodenkultur sowie Forschungsinstitutionen wie Meles GmbH und Bioforschung Austria liefern die wissenschaftlichen Grundlagen für die Fragestellungen im Projekt und begleiten die Praxisversuche. 

Die Projektlaufzeit beträgt sechs Jahre, das Fördervolumen beläuft sich auf knapp zwei Millionen Euro. Die Finanzierung erfolgt durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) sowie durch die österreichischen Bundesländer.

Abbildung: Vergleich der Mortalität der Drahtwürmer nach 5- bis 6-wöchiger Exposition mit verschiedenen Präparaten im Vergleich zur jeweiligen Kontrolle

Dargestellt als Wirksamkeit nach Abbot (1925). Jede Farbe steht für einen anderen Experimentdurchgang. Jede Farbe steht für einen Versuchsdurchgang mit unterschiedlichen Prüfmitteln.

Zwischenfrüchte mit Blick auf Feldhygiene anbauen

Neben der Bodenbearbeitung ist auch der Anbauzeitpunkt der landwirtschaftlichen Kulturen in der Fruchtfolge für die Drahtwürmer und den durch sie verursachten Schaden von Bedeutung. So wurden beispielsweise bei einem Anbau der Winterbegrünung zwischen Ende August und Anfang September im Schnitt geringere Drahtwurmschäden in der Folgekultur verzeichnet als bei einem Anbau Ende Juli. Zwischenfrüchte sind aus pflanzenbaulichen Aspekten auf jeden Fall sinnvoll, der Anbauzeitpunkt sollte jedoch so gewählt werden, dass ein ausreichend großes Zeitfenster für die Feldhygiene besteht. 

Es wurde außerdem ein Zusammenhang zwischen Vorfrucht und Drahtwurmzahlen im Folgejahr beobachtet. Bei einem Streifenversuch wiesen die Varianten mit den Vorfrüchten Soja oder Hirse, bei gleicher Bodenbearbeitung, im Folgejahr geringere Drahtwurmzahlen auf als die Varianten mit der Vorfrucht Emmer. Dies lässt vermuten, dass der Aussaatzeitpunkt der Vorfrüchte einen Einfluss auf die Drahtwurmpopulation haben könnte und sich der spätere Anbauzeitpunkt negativ auf die Drahtwürmer auswirkt.

Im Rahmen von Expositionsversuchen im Labor wurde der Einfluss verschiedener Düngemittel und Bodenhilfsstoffe auf Drahtwürmer untersucht. Dazu zählen Huminstoff, Kalkstickstoff, SoilTonic, Granhumix Gold, SteriClean und ekofertile. Nach einer Exposition von fünf bis sechs Wochen konnten keine relevanten Auswirkungen auf die Mortalität und Fraßaktivität der Drahtwürmer festgestellt werden, weder bei der Anwendung in vom Hersteller empfohlener, noch in überhöhter Dosierung.

Pilze reduzieren Drahtwürmer um zehn Prozent

Untersuchungen mit insektenpathogenen Pilzen (Metarhizium brunneum, Stamm Ma43) zeigten in Feldversuchen bei ausreichendem Niederschlag eine Reduktion der Drahtwurmzahlen um durchschnittlich zehn Prozent. Die vorherrschenden Drahtwurmart in den Versuchen war Agriotes ustulatus. Eine Verbesserung der Effektivität durch den Zusatz von Hydrogel zur Ausbringung mit M. brunneum konnte nicht nachgewiesen werden. Die Kombination von Lockpflanzen und insektenpathogenen Pilzen hat sich zunächst als vielversprechend erwiesen, um gegen Drahtwürmer vorzugehen. Es wurde jedoch festgestellt, dass Untersaaten, insbesondere im Osten Österreichs, mit der Hauptkultur um Wasser und Nährstoffe konkurrieren. Es besteht weiterhin Optimierungsbedarf, insbesondere bei der Wahl des Anbauzeitpunkts, der Anbautechnik und der Entfernung der Lockpflanzen aus dem Bestand. Auf Standorten mit hohem Drahtwurmdruck konnte keine der im Projekt untersuchten Maßnahmen für sich alleine den Schädlingsdruck auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß senken. Zur Reduktion der Drahtwurmpopulation ist daher eine standortspezifische und mehrjährige Strategie erforderlich, die eine Kombination verschiedener Maßnahmen umfasst.

Verschiedene Drahtwurmgattungen- und arten. Von links nach rechts: Melanotus brunnipes, Selatosomus aeneus (2x), Agriotes ustulatus, Agriotes brevis, Hemicrepidius hirtus. Foto: Wechselberger

Empfehlungskatalog als Projektziel für 2026

Im letzten Projektjahr wird ein Empfehlungskatalog erstellt werden, der die Ergebnisse zu den untersuchten Maßnahmen zusammenfasst und eine Bewertung nach Wirksamkeit, Nachhaltigkeit und Praktikabilität vornimmt. Dieser Katalog soll Landwirtinnen und Landwirten sowie auch der Beratung als Leitfaden für die Bekämpfung von Drahtwürmern dienen und die Implementierung der erfolgreichsten Maßnahmen in die landwirtschaftliche Praxis unterstützen. Das Projekt „Drahtwurm-Control“ stellt einen wichtigen Schritt in der nachhaltigen Regulierung von Drahtwurm-Populationen dar. Die enge Zusammenarbeit von Forschung und Praxis sorgt dafür, dass die entwickelten Lösungen direkt in die landwirtschaftliche Arbeit integriert werden können. Dies bietet langfristige Perspektiven für eine nachhaltige und effiziente Bekämpfung dieses bedeutenden Schädlings.

Katharina Wechselberger, Österreichische Agentur für Gesundheit  und Ernährungssicherheit GmbH (AGES), Wien, katharina.wechselberger@ages.at 

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