Die Biogasbranche ist über das Ende der Ampelkoalition wenig erfreut. Dass der aktuell vorliegende Entwurf zum Biomassepaket vor den Neuwahlen noch in Kraft tritt, ist unwahrscheinlich. Der Fachverband Biogas (FvB) fordert deshalb eine Übergangslösung im Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) für mehrere Hundert Bioenergieanlagen, deren EEG-Vergütung zum Jahresende ausläuft und die jetzt von einer Stilllegung bedroht sind.
Die gescheiterte Ampelregierung hatte ihre Ablehnung gegenüber Biogas seit dem vergangenen Sommer abgelegt. „Wir hatten einen etwas positiveren Trend im Bundeswirtschaftsministerium gegenüber Biogas verspürt“, sagte Markus Bäuml vom FvB vor Kurzem bei der Jahrestagung des Deutschen Maiskomitees in Mannheim. Wir hatten Hinweise bekommen, dass Biogas erwünscht sei und bei der Stromerzeugung künftig eine größere Rolle spielen sollte. Die dazu notwendigen Anreize sollten im Biomassepaket im Herbst umgesetzt werden.
In Deutschland gibt es rund 10.000 Biogasanlagen mit einer arbeitsrelevanten Leistung von knapp 4 GW und knapp 6 GW installierte Leistung. Seit 2023 ist ein leichter Rückgang der Leistung zu beobachten. So hätten viele Biogasanlagen in den vergangenen Ausschreibungen keinen Zuschlag mehr erhalten. Deshalb denken viele Betreiber über einen Ausstieg aus der Produktion nach. Eine Vergütung von Biogasstrom über die Strombörse ist nicht wirtschaftlich. Wie teuer fehlende Backup-Leistung in den Dunkelflauten sein kann, zeigte sich Anfang November, als der Börsen-Strompreis auf 80 Cent/kWh gestiegen ist. In den ersten 18 Tagen im November war Biogas nach der Windenergie mit 1.769 Gigawattstunden eingespeistem Strom die mit Abstand leistungsstärkste erneuerbare Energiequelle.
Flexibilität der Anlagen
Die geltende Anschlussregelung sieht grundsätzlich vor, dass die Vergütung von Bestandsanlagen auf 19,83 Cent/Kilowatt erhöht werden solle als Höchstgebotswert. Aber aufgrund des zu knappen Ausschreibungsvolumens unterboten sich die an der Ausschreibung teilnehmenden Biogasanlagen, so dass schlussendlich der höchste Zuschlag im Süden nur bei 18,48 Cent/Kilowatt lag und der höchste bezuschlagte Wert im Norden bei lediglich 17,30 Cent/Kilowatt. Allein beim Einsatz von Mais in einer Nawaro-Anlage würden 9 bis 10 Cent/Kilowatt benötigt, um das Substrat zu bezahlen. Da bleibe nicht mehr viel übrig, rechnet der Experte vor. Die Biogasanlagen müssten, um in eine Anschlussvergütung zu kommen, ihre Anlage flexibilisieren, das heißt, mindestens eine doppelt so hohe Leistung installieren, wie tatsächlich genutzt wird. Dazu erhält die Biogasanlage einen Flex-Zuschlag, um die erforderlichen Investitionen umsetzen und finanziell schultern zu können. Dieser beträgt aktuell 65 €/Kilowatt und Jahr. Steigende die Kosten für den Bau und Betrieb der Überbauung, also für die Flexibilisierung der Anlage, machen auch hier eine Anpassung erforderlich. Daher fordert der Verband die Erhöhung des Flex-Zuschlages auf 120 €/kW und Jahr.
Viele Betreiber gehen leer aus
Das Ausschreibungsvolumen war mit 500 MW im Jahr 2024 zu gering, führte Bäuml aus. Viele Biogasanlagen gingen leer aus. Vielmehr kam es zu einer gewissen Kannibalisierung im Sinne einer Unterbietung der Gebote. Für 2025 sind regulär 400 MW sowie 348 MW als Übertrag des „ungenutzten Biomethanvolumens aus 2024“, also insgesamt 748 MW vorgesehen, verteilt auf zwei Gebotstermine. Der Verband fordert, das Ausschreibungsvolumen auf 1.800 MW/Jahr anzuheben, um die bestehenden Anlagen zu erhalten. Dies sollte die Bundesregierung mit den Stimmen der Union noch in diesem Jahr beschließen, lautet die Forderung des Branchenverbandes.
Politikwechsel mit neuer Ausrichtung
So haben in den vergangenen Ausschreibungen rund Zwei Drittel der Biogasanalgen-Betreiber keinen Zuschlag erhalten. Und dass, obwohl viele Unternehmen ihre Anlagen überbaut hätten, bestätigten Teilnehmer der DMK-Jahrestagung. Deshalb wäre es so wichtig gewesen, hätte die Ampelkoalition noch die Ausschreibungsmenge vergrößert.
„Wir stehen mit den Unionsparteien in Kontakt“, antwortete Bäuml auf die Frage eines Betreibers, wie die Chancen für Biogas bei einer Regierungsmehrheit von CDU/CSU stehen. Die Perspektiven einer unionsgeführten Regierung schätzt er „pro“ Biogas ein. Allerdings dürfte auch die Union nur mit einem Koalitionspartner regieren können. Hier bleibe es offen, wie dieser gegenüber Biogas eingestellt sei. In Anbetracht der aktuellen politischen Lage mit wenig Spielraum zu inhaltlichen Diskussionen forderte der Präsident, als Übergangslösung 1.800 MW Ausschreibungsvolumen für 2025 unverzüglich auf den Weg zu bringen - um mit der so gewonnenen Zeit unter einer neuen Regierung geeignete und umfangreichere Maßnahmen zu beschließen. Die Union würde sicher nicht die geplanten Maßnahmen übernehmen, sondern die Biogasregelungen auf neue Füße stellen. Im Rahmen des Solarpaketes 1 kam es zu ersten „biogasfreundlichen“ Regelungen, so wurde die Pflicht einer 150 tägigen Verweilzeit in gasdichten Systemen für fast alle Biogasanlagen aufgehoben. Auch die Südquote wurde abgeschafft. Der Wechsel von Bestandsbiogasanlagen in die Güllekleinanlagenklasse mit bis zu 150 KW wurde für die Produktion von Eigenstrom ermöglicht.
“Lass es zu Berlin”
Viele Anlagen laufen nach der 1. Förderperiode am 31. Dezember 2024 aus. Die Branche ist daher sehr pessimistisch. Einige Betreiber haben schon aufgegeben. Ein solches Verhalten sei gefährlich. „Wir brauchen eine positive Stimmung. Sprechen Sie den Landwirten Mut zu“, ruft Bäuml den Zuhörern im Saal zu. Viel Zustimmung erfährt die von vier Biogasanlagenbetreibern ins Leben gerufene Kampagne„Biogas ist Zukunft. Schon heute“, die unter dem Motto: „Lass es zu Berlin“ Öffentlichkeit und Politik über die Vorzüge von Biogas informieren soll, wie beispielsweise darüber, dass Strom aus Biogas günstiger ist als der aus Wasserstoff. Der FvB ist Schirmherr und finanzieller Unterstützer. „Biogas ist aktiver Klimaschutz“, so Bäuml. „Wir brauchen einen Mix aus erneuerbaren Energien. Atomkraftwerke sind der Tod der Biogaswerke. Atomstrom ist für uns keine Lösung.“ Er bezieht sich dabei auf einen möglichen Bau neuer Kraftwerke, der sehr viel Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Biogas sei bereits vorhanden und sofort verfügbar, günstiger als Strom aus Wasserstoff und Atomstrom sowieso, außerdem klimaneutral mit den besten Kosten-Nutzen-Effekten und schließt darüber hinaus regionale Wirtschaftskreisläufe, verweist Bäuml auf eine Studie.
Mais um alternative Energiepflanzen ergänzt
Abschließend widmete sich Bäuml den Zukunftsperspektiven von Mais. Im EEG 2004 hatte der Mais in Biogasanlagen seinen Siegeszug begonnen. Fast 20 Jahre später, im Jahr 2023, sollte der Mais in der Biogasanlage eingeschränkt werden. Ein großer Teil sollte stattdessen aus landwirtschaftlichen Reststoffen wie Gülle, Zweitnutzungskulturen, Alternativen Energiepflanzen, Blühflächen und Grünland sowie aus Zwischenfrüchten kommen. So sieht es der im EEG vorgeschriebene Maisdeckel vor. Dennoch ist Bäuml zuversichtlich, dass der aktuelle Anbauumfang von Mais in etwa erhalten bleibe. Die Chancen für den Mais sind positiv, da er als C4-Pflanze am besten mit dem Klimawandel zurechtkomme. Der Maisanbau wird zukünftig mit steigender Tendenz durch alternative Energiepflanzen ergänzt werden. Von daher könnten wir in den kommenden Jahren eine andere Diskussion darüber führen. Mais bleibe aber die Energiepflanze Nummer 1. Dies zeigten auch die Diskussionen auf der vor Kurzem in Hannover stattgefundenen Messe Energy-Decentral (parallel zur EuroTier).