Trockenheit

Agrarmeteorologische Aspekte beim Anbau von Sommerungen

Klimatische Veränderungen bringen es mit sich, dass der Anbau von Sommerungen immer wieder überdacht und an das „neue Normal“ angepasst werden muss. In der aktuellen Fachzeitschrift “Getreidemagazin”, Ausgabe 1/2025, erschienen im DLG-Verlag, geht es im folgenden Beitrag um die Herausforderungen beim Anbau von Sommergetreide. 
 

Ist die Wärmesumme für die Sommergerste erreicht, schaut das Keimblatt aus dem Boden. Foto: agrarfoto

Zu den ersten Arbeiten auf den Feldern zählt die Vorbereitung der Flächen für die Aussaat der Sommergetreide und der Leguminosen (hier insbesondere Ackerbohnen und Erbsen). Dazu sollten die Flächen aber möglichst so befahrbar sein, dass keine Bodenverdichtungen ausgelöst werden. Das ist im Tiefland je nach Bodenart normalerweise zwischen Mitte Februar und Mitte März gegeben. An diesem mittleren Termin haben auch die klimatischen Verschiebungen der letzten Jahrzehnte kaum etwas geändert. 

Welche Bedingungen  brauchen Sommerungen?

Die Bestellung der Sommergetreide und Leguminosen soll möglichst frühzeitig erfolgen, um eine optimale Entwicklung zu gewährleisten. Ein zu großer zeitlicher Bestellverzug vermindert die Standfestigkeit, da zu späteren Zeitpunkten Langtagbedingungen ein stärkeres Längenwachstum fördern. Bei den Leguminosen sind es die Bodentemperaturen – je nach Art von 1 bis 4 °C –, die für eine zügige Keimung und Jugendentwicklung benötigt werden. Dabei ist das Spätfrostrisiko zwar beachtenswert, aber eine Schädigung von Ackerbohne und Erbse tritt erst ab dem Unterschreiten der Grenze von -5 °C auf. Die benötigte Wärmesumme zwischen Bestellung und Auflaufen sind etwa 200 K. Bei einer sehr frühen Saat können dafür auch schon mal bis zu vier Wochen vergehen. Auf ein zu feuchtes Saatbett reagieren die Leguminosen empfindlich. Es lohnt abzuwarten, bis die Bodenfeuchte in der Krume bei etwa 80 % nFK angekommen ist.

Beim Sommergetreide liegen die optimalen Keimtemperaturen ähnlich, es läuft aber in der Regel etwas schneller auf. Das Keimblatt schaut bei einer Wärmesumme von 70 bis 80 K ab dem Aussaattermin aus dem Boden. Für die Vernalisation vergehen bis zu zwei Wochen bei Tagesmitteltemperaturen unter 8 °C. Das Vierblattstadium und die Bestockung setzen bei einer Wärmesumme von 200 K ein. Während die Frühentwicklung sowohl des Sommergetreides als auch der Leguminosen bei zumeist ausreichender Bodenwasserversorgung der dann durchwurzelten Bodenzone hauptsächlich über die Temperatur von Luft und Boden gesteuert wird, ist für die weitere Entwicklung zusätzlich der Bodenwasservorrat bedeutsam. Das Optimum liegt zwischen dem Schossen und dem Ährenschieben im Bereich von 50 bis 70 % nFK. Dieser Wertebereich ist im Mittel bis etwa Anfang Juni im Tiefland gegeben. Bei den Leguminosen kann sogar davon ausgegangen werden, dass der Wasserbedarf noch etwas geringer ist, aber auch bei ihnen sollte es keine Bodenfeuchtewerte unter 30 % nFK geben, um Ertragsdepressionen zu vermeiden.

Tendenz zur Frühjahrstrockenheit

Gerade in den letzten Jahren zeigt sich eine Tendenz zu geringen Bodenfeuchten in den ertragsrelevanten Entwicklungsabschnitten nach der Blüte. Unter anderem aus diesem Grund gibt es seit mehreren Jahren Bestrebungen, Sommergerste schon im Spätherbst auszusäen. Als Aussaattermin wird dabei in etwa der Zeitpunkt einer späten Winterweizenaussaat gewählt. Dies gewährleistet, dass die Etablierung bei meteorologischen Bedingungen erfolgt, die ertragsfördernd sind. Ebenso wird vermieden, im Frühjahr wegen zu hoher Bodenfeuchte ungünstige Aussaatbedingungen akzeptieren zu müssen. Allerdings ist das Auswinterungsrisiko dieser Wechselgerste trotz durchschnittlich wärmerer Winter zu beachten. Zweijährige Untersuchungen, in denen die Wechselgerste gut über den Winter kam, ergaben, dass die höheren Erträge mit etwa der gleichen Bodenwassermenge realisiert werden können. Damit ist also die Wassernutzungseffizienz der Wechselgerste deutlich besser als bei der klassischen Frühjahrsaussaat.
 

Abb. 1: Abweichung der mittleren Bodenfeuchte Bodenart: lokaler Boden | Tiefe: 0 bis 60 cm Vergleichsperiode: 1961–1990 | Zeitraum: April–Juni | Gebiet: Deutschland

Temperatur und Reifeprozesse

Die Lufttemperatur kann den Reifeprozess zeitlich stark beeinflussen. In erster Linie ist die Tiefsttemperatur wichtig: So dauert die Teigreife nur etwa zehn Tage, wenn die Tiefstwerte kaum unter 15 °C sinken.

Erreichen die Tiefsttemperaturen in dieser Phase jedoch Werte um 12 °C, dann kann bei günstiger Bodenwasserversorgung die Teigreife 15 bis 20 Tage andauern. Diese zusätzliche Zeit ist ertraglich relevant. Auch hier zeigt sich ein Vorteil der spätherbstlichen Aussaat, denn in mehrjährigen Versuchen verschiedener Versuchsansteller konnten signifikant höhere Erträge als bei der klassischen Frühjahrs-aussaat nachgewiesen werden. 

Zu hohe Temperaturwerte sind dem Erreichen des Ertragsoptimums auch abträglich, denn sie sorgen für eine erhöhte Verdunstung. Kann die Pflanze den Verdunstungsanspruch nicht mehr erfüllen, weil die Bodenwasservorräte zu gering sind, dann tritt Notreife ein. Hohe Lufttemperaturen von 35 °C und mehr können Getreide schädigen. Die Blattoberflächentemperatur kann dann, je nach Wasserversorgung, bei 40 °C oder mehr liegen. Während der Blüte reicht bereits eine kurze Phase von 30 bis 35 Minuten mit Temperaturen von 35 °C aus, um die Blütenmortalität bzw. Sterilität deutlich zu erhöhen. 
 

Abb. 2: Temperaturanomalie Deutschland Jahr 1881–2024; Referenzzeitraum 1961–1990

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Spätfrostrisiko bei frostempfindlichen Kulturen

Bei den frostempfindlichen Sommerungen wie Zuckerrüben und Mais sind die agrarmeteorologischen Bedingungen im Frühjahr auch beachtenswert, denn das Spätfrostrisiko ist in vielen Regionen nicht geringer geworden. Manchmal – wenn die Aussaat zu früh erfolgt – können Spätfröste sogar noch verheerender wirken, wenn die Pflanzen schon Entwicklungsstadien erreicht haben, in denen es keinen pflanzenimmanenten Frostschutz mehr gibt.

Der Start der Zuckerrübenaussaat braucht Bodentemperaturwerte im Saat-horizont, die möglichst über vier bis sechs Tage im Mittel 5 °C erreichen oder überschreiten. Je höher die Werte, umso schneller laufen die Zuckerrüben auf. Bei Bodentemperaturen unter 8 °C kann es drei bis vier Wochen dauern, bis die ersten Blätter gesichtet werden, während es bei 8 °C und mehr wesentlich schneller geht.

In den letzten Jahrzehnten werden diese Temperaturwerte früher erreicht, denn im Winter ist es nicht mehr so kalt, die Böden kommen wärmer ins Frühjahr und erwärmen sich dann auch schneller. Das hängt auch von der Bodenbearbeitung ab: Gepflügter Boden ist im Frühjahr zwar etwa 2 K kälter als pfluglos bearbeiteter, er erwärmt sich aber zügiger. Im Mittel ist in der ersten Aprildekade der Wärmevorsprung des konservierend bearbeiteten Bodens aufgebraucht, sodass bei beiden Bodenbearbeitungsvarianten eine optimale Aussaat vor dem 15. April unter vergleichbaren Bodentemperaturbedingungen erfolgen kann. Die Empfehlung lautet deshalb: Keine wesentliche Verfrühung der Aussaat, denn die notwendige Wärmesumme von 2.400 bis 2.800 K zwischen Auflaufen und Ernte wird erreicht, weil auch die übrigen Jahreszeiten wärmer geworden sind und sich das Ende der Vegetationszeit seit einigen Jahren nach hinten verlagert. So verschob sich das manifeste Unterschreiten der Schwelle von 5 °C von etwa Mitte Oktober auf Anfang November. Das sind etwa zwei Wochen mehr potenzieller Wachstumszeit für die Zuckerrübe.

Bei den Aussaatüberlegungen spielt natürlich auch das Vorhandensein von genügend Bodenfeuchte zum Keimen eine wesentliche Rolle – hier zeigen die letzten Jahre einen signifikanten Rückgang der Niederschläge im April bei gleichzeitig höherer Verdunstung. Gleichwohl sehen wir aber in den Auswertungen, dass – wenn die unmittelbare Zeit des Keimens und Auflaufens gut überstanden ist – im Normalfall genügend Bodenwasservorrat vorhanden ist, um gut über die erste Hälfte der Vegetationszeit bis Ende Juni zu kommen. Für die Saatbettbereitung und Aussaat sollten die Bodenfeuchtegehalte in den oberen 10 cm des Bodens zwischen 70 und 80 % nFK liegen.
 

Für die Jugendentwicklung sind die Lufttemperaturen von entscheidender Bedeutung. 
 

Der Maisanbau unterliegt verschiedenen agrarmeteorologischen Herausforderungen, deren Berücksichtigung beim Ausschöpfen des standörtlichen Ertragspotenzials hilft. Mais sollte erst ausgesät werden, wenn die Keimtemperatur von 8 °C in Bodentiefen zwischen 5 und 10 cm erreicht worden ist. Bei zu früher Aussaat kommt es zu Entwicklungsverzögerungen, während bei einem optimalen Saatzeitpunkt ein rascher Feldaufgang und eine sehr gute Jugendentwicklung gewährleistet sind. Steigende Lufttemperaturen verändern auch hier die Bodentemperaturverhältnisse, auch hier gelten die Aussagen zur Zuckerrübenaussaat. Die geringere Erwärmung konservierend bearbeiteter Flächen kann z. B. durch die Maisaussaat im Strip-Till-Verfahren ausgeglichen werden.

Für die Jugendentwicklung sind die Lufttemperaturen von entscheidender Bedeutung. Es sollten Tagesmittelwerte der Lufttemperatur von ≥ 10 °C herrschen. Bei mehreren Tagen mit Mittelwerten < 10 °C treten chlorotische Blattverfärbungen auf, denen eine verminderte Assimilationsfähigkeit und reduzierte Nährstoffaufnahme folgen. Tritt während der Jugendentwicklung gar Frost an den Pflanzen auf, reagiert der Mais sehr empfindlich. Schon bei Werten unter -3 °C frieren Blätter ab. Ist vom Frost sogar der Vegetationskegel betroffen, bleibt nur eine Neuaussaat.

Eine weitere Herausforderung in der Jugendphase ist die Windempfindlichkeit des Maises besonders bei großen Schlägen. Sie resultiert einerseits aus einer Art „Sandstrahleffekt“, wenn bei lebhaftem Wind feinste Bodenteilchen bodennah transportiert werden und die Pflanzen mechanisch beschädigen. Andererseits aus der noch nicht so kräftig ausgeprägten Pflanzenstruktur. Beide Effekte können minimiert werden, wenn die Rauigkeit der Boden-oberfläche erhöht wird. Dies ist besonders bei konservierender Bodenbearbeitung durch die Pflanzenreste der Fall. Dies minimiert auch die Erosionsgefahr durch Wasser, wenn in April und Mai kräftige Schauer auftreten sollten. Besonders erosionsgefährdet sind geneigte Anbauflächen bei intensiven Niederschlägen ab der Bodenvorbereitung zur Maisbestellung bis zu etwa 50 cm Wuchshöhe. 

In der Jugendentwicklung ist auch die Wasserkonkurrenz zu diversen Unkräutern beachtenswert. Zwar ist in dieser Entwicklungsphase der Wasserbedarf des Maises allgemein gering und das Bodenwasserangebot meist im optimalen Bereich, aber der Wasserverbrauch durch die Unkräuter verringert doch den Bodenwassergehalt – und dieses Wasser fehlt dann unter Umständen in späteren Entwicklungsphasen.

Die Beachtung der sich ändernden agrarmeteorologischen Rahmenbedingungen kann in Ergänzung zu züchterischen und agronomischen Weiterentwicklungen einen wesentlichen Beitrag leisten, den Herausforderungen der Klimaveränderungen auch in den kommenden Jahren zu begegnen.

Falk Böttcher
Deutscher Wetterdienst
Agrarmeteorologische Beratungsstelle Leipzig
falk.boettcher@dwd.de 

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