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Prüfbericht 6416
Das Prüfzeichen
Infolge der heute immer weiter steigenden Energiepreise spielt die Kraftstoffeffizienz eine zunehmend wichtigere Rolle beim Kauf von landwirtschaftlichen Fahrzeugen.
Vor allem der Kraftstoffverbrauch beim Einsatz jenseits des Ackers rückt mit steigender Betriebsgröße und zunehmenden Hof-Feld Entfernungen immer mehr in den Fokus. Bei der Entscheidung, für eine Aufteilung von Fahrten auf der Straße und dem Feld, also z.B. bei der Gülleausbringung den Transport vom Hof bis zum Feldrand von der Ausbringung zu trennen, können durchaus auch emotionale Kriterien und Verfügbarkeit der Technik eine Rolle spielen. Für eine rein betriebswirtschaftliche Betrachtung, ab welcher Entfernung Transportarbeiten mit dem Lkw wirtschaftlicher durchgeführt werden können, ist aber das Ladevolumen sowie der Kraftstoffverbrauch und damit die Energieeffizienz ein wichtiges Kriterium.
Im Rahmen dieses Tests wurde daher der für den landwirtschaftlichen Einsatz modifizierte Lkw Mercedes-Benz Arocs 2051 bezüglich seiner Kraftstoffeffizienz bei Straßenfahrten geprüft. Grundlage hierfür ist der DLG-PowerMix-Test. Mit diesem Test werden seit 2005 Traktoren hinsichtlich ihrer Effizienz unter praxisüblichen Arbeitsprofilen getestet. Er umfasst sowohl Arbeiten auf dem Feld als auch Transportarbeiten.
Der zu testende Mercedes-Benz Arocs 2051 basiert auf einer für den Geländeeinsatz ausgelegten Zugmaschine mit Allradantrieb. Durch Anpassungen der Bereifung, Ausstattung mit einer Heckzapfwelle sowie mit Hydrauliksteuergeräten usw. wird dieses Einsatzspektrum ausgeweitet, jedoch kann er selbstverständlich nicht die gleiche Flexibilität erreichen wie ein Traktor. Dementsprechend sind die Feldarbeitszyklen des DLG-PowerMix wie z.B. Pflügen und Grubbern nicht Bestandteil dieses Tests. Mit diesem Fahrzeug wurde ausschließlich die Effizienz auf der Straße während schweren und leichten Transportarbeiten erfasst. Hierzu wird der Kraftstoffverbrauch in Relation zur gelieferten Zugleistung gesetzt und somit der spezifische Kraftstoffverbrauch bestimmt. Der spezifische Kraftstoffverbrauch hat den großen Vorteil, dass basierend auf dessen Angabe die Energieeffizienz über alle Leistungsklassen hinweg vergleichbar angegeben werden kann.
Zur Einordnung der Messergebnisse wird als Vergleich der Mittelwert aller bisher gemessenen Fahrzeuge im DLG-PowerMix-Transporttest verwendet.
Beurteilung – kurz gefasst
Der für den landwirtschaftlichen Einsatz modifizierte Lkw Mercedes-Benz Arocs 2051 zeigte im Rahmen des DLG-PowerMix-Transporttest seine ganze Stärke. Dabei ist sein Ursprung als Lkw-Sattelzugmaschine nicht zu leugnen. Dies zeigt sich auch anhand der effizienten Kraftstoffverbrauchsergebnissen während den gemessenen Transportzyklen. Der daraus resultierende spezifische Kraftstoffverbrauch, also die Energieeffizienz, liegt deutlich unter dem Mittelwert aller bisher im Rahmen des DLG-PowerMix gemessenen Fahrzeuge.
Das Produkt
Beschreibung und Technische Daten
Der für den Test bereitgestellte Lkw Mercedes-Benz Arocs 2051 ist grundsätzlich eine 4x4-Sattelzugmaschine mit der Abgasstufe Euro VI und wurde für den landwirtschaftlichen Gebrauch modifiziert sowie erweitert. Dabei wurde das Fahrzeug mit einer 1.000-er Heckzapfwelle ausgerüstet. Diese wird über ein Zapfwellengetriebe mit einem Übersetzungsverhältnis von 1,578 direkt vom Motor angetrieben. Außerdem sind zusätzlich vier hydraulische Steuergeräte sowie verschiedene Anhängevorrichtungen an die Zugmaschine gebaut worden. Des Weiteren wurden Breitreifen der Firma Alliance Tire Group verwendet. An der Vorderachse sind Reifen der Größe 560/60 R22,5 und an der Hinterachse Reifen der Größe 750/45 R22,5 montiert. Zusätzlich wurden eine ISOBUS-Steckdose, eine Rückfahrkamera sowie weitere Arbeitsscheinwerfer am Heck verbaut.
Motor:
- wassergekühlter Reihen-Dieselmotor OM471LA mit elektronischem Motormanagement, Abgasturboaufladung mit Ladeluftkühlung, Abgasstufe EuroVI mit SCR-System, Abgasschalldämpfer mit Katalysator, AdBlue-Eindüsung mit Versorgungs- und Dosiereinheit, Dieselpartikelfilter
- 12.809 cm³ Hubraum
- 375 kW Nennleistung bei 1.800 min-1 nach 80/1269/EWG
- 2.500 Nm max. Drehmoment bei 1.100 min-1
- 290 l Kraftstoff-/60 l AdBluetank
Getriebe:
- vollautomatisiertes 2-fach-Schnellganggetriebe Mercedes PowerShift 3, G 280-16/11,7-0,69
- 16 Vorwärtsgänge (4 Gang Grundgetriebe mit Vor- und Nachschaltgruppe)
- 4 Rückwärtsgänge
- Spreizung: 11,72-0,69
Bremsen:
- 2-Kreis-Druckluftbremsanlage mit 12,5 bar Vorratsdruck im Druckluftbehälter und 10 bar Konstantdruck am Radbremszylinder
- integriertes ABS (abschaltbar) und ASR-Funktion
- Trommelbremse an der Vorder- und Hinterachse
- Feststellbremse an der Hinterachse mit Federspeicherbremszylinder
- Feststellbremse an der Vorderachse mit Kombi-Bremszylinder
Elektronik:
- 2 x 12 V/220 Ah Batterie
- verstärkter 28 V/150 A Kompakt-Generator mit 4.200 Watt Leistung sowie automatischer Anpassung der Generatorspannung durch Multifunktionsspannungsregler
- 24 V/12 V, 10 A Spannungswandler
Achsen und Fahrwerk:
- Vorderachse: gelenkte 9,0 t Starrachse mit geschmiedetem Achskörper, Faustspur 1.800 mm, Radköpfe in wartungsfreien Kompaktlagern, gerade Ausführung für höhere Bodenfreiheit, Differenzialsperre, Stabilisator
- Vorderfeder: 10,5 t 3-Blatt-Parabelfeder mit sehr harter Federkennlinie und geringem Federweg
- Hinterachse: 13 t Stahlguss-Hinterachse mit Ausgleichs- und Planetengetriebe, Tellerrad 300, Stabilisator
- Hinterfeder: 16 t Blatt-Parabelfedern mit harter Federkennlinie
- Lenkung: 1-Kreis-System mit variabler Lenkgetriebeübersetzung, Servo-Unterstützung mit bis zu 150 bar
Tabelle 2: Achslasten
Achslasten | vorne | hinten | gesamt |
---|---|---|---|
Zulässig | 9.000 kg | 9.000 kg | 18.000 kg |
Leergewicht * | 6.357 kg | 2.595 kg | 8.952 kg |
Test setup | 6.710 kg | 6.570 kg | 13.280 kg |
Tabelle 3: Bereifung
Reifen | vorne | hinten |
---|---|---|
Hersteller | Alliance Tire Group Flotation Radial 380 | Alliance Tire Group Flotation Radial 380 |
Reifengröße | 560/60 R22.5 | 750/45 R22.5 |
Zapfwellengetriebe:
- Zapfwellengetriebe mit innenliegender Heavy Duty Kupplung und elektronischem Softstart
- elektronisch geregelte Temperaturüberwachung mit Ölkühler und 24V-Gebläse
- max. Dauerlast: 290 kW/5.000 Nm
- Gesamtübersetzung: 1,89
- Zapfwellenstummel: 1 ¾ Zoll, 20 Zähne, wechselbar
Hinweis zur Maximalmotordrehzahl von 1.600 min-1 bei Einsatz der Zapfwelle:
Ausgangsdrehzahl Heckzapfwelle = 1.015 min-1
1.600 min-1 Motor x 1,2 NMV 1 = 1.920 min-1/1,89 ZW-Getriebe = 1.015 min-1
Hydraulik:
- Load Sensing Pumpe 190 Liter/min bei 200 bar angeflanscht auf Motornebenabtrieb N2E, Öltank 200 Liter, Ölkühler mit thermostatisch geregeltem Kühlgebläse
- 4 St. DW Steuergeräte (proportional über Joystick bedienbar) davon 3 St. mit 80 Liter/min Durchlass, 1 St. mit 120 Liter/min
- 8 Anschlüsse im Heck plus drucklosem Rücklauf, Load-Sensing-Anschluss mit Druck im Heck, Rücklauf- und Steuerleitung jeweils vor der Sattelplatte und im Heck montiert Weitere technische Hinweise und Details zur originalen Sattelzugmaschine sind auf der Herstellerhomepage einsehbar (www.mercedes-benz.de).
1 NMV: Motorabhängiger Nebenantrieb
Die Methode
Eine DLG-PowerMix-Prüfung beginnt immer mit der Überprüfung der technischen Daten der Maschine.
Im Anschluss findet die Eingangskontrollmessung am Zapfwellenleistungsprüfstand statt. Hierbei werden neben der Kontrolle der Abgasemissionen auch die Zapfwellenleistung und der dazugehörige Kraftstoff- und AdBlue-Verbrauch gemessen. Die maximal gemessene Zapfwellenleistung liefert die Grundlage zur Ballastierung des Transportanhängers. Dieser wird entsprechend seiner zugeordneten Leistungsklasse ballastiert. Das Ziel dieser Vorgehensweise ist es, ein konstantes Transportleistungsgewicht von ca. 70 kg/kW über alle zu prüfenden Fahrzeuge hinweg zu gewährleisten. Des Weiteren wird beim Beladen des dreiachsigen Testanhängers auf eine korrekte Achslastverteilung geachtet. Bedingt durch die Bauart des Anhängers wird das Gewicht zu 1/3 auf die Vorderachse und zu 2/3 auf die hintere Tandemachse verteilt.
Neben der Ballastierung wird das Fahrzeug mit Messtechnik zur Erfassung von Temperaturen, Drehzahlen, Kraftstoff- und AdBlue-Verbräuchen aufgerüstet. Dies ist Grundlage aller Prüfungen und Ergebnisse, die wir publizieren. Im Umkehrschluss verlassen wir uns nicht auf mögliche vom Fahrzeug gelieferte Anzeigewerte.
Speziell für den Test mit unserem standardmäßigen Drehschemelanhänger, der keinerlei Stützlast liefert, wurde eine Zusatzbox zur Aufnahme von Ballastierung über der hinteren Achse montiert. Die Box wurde mit einem Gewicht von 2.500 kg befüllt. Der Prüfling hat inklusive dem zusätzlichen Heckgewicht ein Gesamtgewicht von 13,28 t. Am Arocs 2051 waren Reifen der Firma Alliance Tire Group namens „Flotation Radial 380“ verbaut, welche an der Vorderachse eine Größe von 560/60 R22.5 und an der Hinterachse von 750/45 R22.5 haben. Diese ermöglichen es dem Arocs sich auch abseits von asphaltierten Straßen zu bewegen. Der Reifendruck wurde an allen Reifen auf 3 bar eingestellt.
Der DLG-PowerMix-Transporttest beinhaltet Fahrten im Volllastbereich bei Steigungen (Bergfahrtzyklus), Fahrten aus dem Teillastbereich (Ebenenzyklus) sowie außerdem auch Leerlaufphasen (Ampelstopps).
Begonnen wird mit der sogenannten Bergfahrt, welche sich in sechs Testabschnitte mit erhöhtem Zugkraftbedarf unterteilt. Dabei wird die gelieferte Zugleistung, also die Leistung die notwendig ist, um den Anhänger zu ziehen, sowie der dafür notwendige Kraftstoffverbrauch ermittelt.
Bei der Bergfahrt wird versucht mit der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit zu fahren. Durch die unterschiedlichen Steigungsanteile an den Testabschnitten stellt sich, basierend auf der Effizienz der Gesamtmaschine, eine resultierende Geschwindigkeit ein.
Im zweiten Teil des Transporttests erfolgt die Effizienzmessung auf einer nahezu ebenen Strecke bei Geschwindigkeiten von 40, 50 und 60 km/h. Hierbei ist die durchschnittliche Steigung nur ca. 1 %. Zusätzlich zu den genannten Zyklen gibt es auch Leerlaufphasen (Ampelstopp), welche auch in die Messung mitaufgenommen werden. In der Auswertung wird dann, anhand der gemessenen Werte, der spezifische Kraftstoffverbrauch der Zugmaschine berechnet. Zur statistischen Absicherung werden die Tests drei Mal gefahren. Insgesamt werden rund 150 km zurückgelegt. Das Gesamtergebnis setzt sich aus einer Gewichtung dieser drei Komponenten zusammen. Dabei fließen 50 % schwere Transportarbeit, 40 % leichte Transportarbeit und 10 % des Verbrauchs im Leerlauf in das Gesamtergebnis ein. Eine betriebsspezifische prozentuale Gewichtung ist über die PowerMix-App möglich (https://www.dlg.org/powermix).
Die Testergebnisse im Detail
Zapfwellenleistungsprüfstand
Die bei jedem DLG-PowerMix-Test anfangs durchgeführte Leistungsmessung am Zapfwellenprüfstand ergab für den Mercedes-Benz Arocs 2051 die in Bild 4 dargestellte Leistungs- und Drehmomentkurve mit entsprechendem Kraftstoffverbrauch. Bezogen auf eine maximale Motorleistung von 375 kW und eine maximal gemessene Zapfwellenleistung von 337 kW ergibt sich ein Wirkungsgrad für das Zapfwellengetriebe von 90 %. Gleiches gilt für das maximal an der Zapfwelle gemessene Moment von 2.323 Nm.
DLG-PowerMix-Transporttest
Auf der Straße kann der Lkw auf ganzer Linie überzeugen. Im Vergleich zu den bisher geprüften Zugmaschinen im DLG-PowerMix-Transporttest erzielte der Lkw sehr gute Ergebnisse. Am Ende des Transporttests hat der Prüfling als Gesamtergebnis bei den Geschwindigkeiten von 40, 50 und 60 km/h jeweils einen gemittelten spezifischen Verbrauch von 351 g/kWh Diesel-Kraftstoff sowie 10 g/kWh AdBlue. Das ist bei der Geschwindigkeit von 60 km/h im Vergleich zum Mittel aller bisher getesteten Fahrzeuge 23 % weniger und damit absoluter Bestwert.
Der Arocs verbrauchte während der Teilstrecke mit hohem Zugkraftbedarf (Bergfahrt) im Mittel nur 331 g/kWh sowie 9 g/kWh AdBlue. Hier liegt der Durchschnitt der bisher getesteten Fahrzeuge bei 487 g/kWh Diesel und 30 g/kWh AdBlue. Bei Fahrten mit geringem Zugkraftbedarf (in der Ebene) hat der Arocs mit 40 km/h gefahren im
Mittel 477 g/kWh, mit 50 km/h im Mittel 465 g/kWh sowie mit 60 km/h im Mittel nur 459 g/kWh verbraucht. Aus Bild 5 geht hervor, dass der Mercedes-Benz Arocs 2051 auch in dieser Disziplin bei seiner im landwirtschaftlichen Bereich zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h 35 % unter dem Mittel aller bisher getesteten Traktoren liegt. Außerdem kann er dabei noch auf einen geringen spezifischen AdBlue-Verbrauch verweisen.
Der getestete Mercedes-Benz Arocs 2051 konnte im DLG-PowerMix-Transporttest überzeugen und zeigt, dass er für Transportarbeiten auf der Straße, trotz der montierten Breitreifen, eine beachtliche Kraftstoffeffizienz gegenüber einem Standardschlepper aufweist. Basierend auf einem Literpreis Diesel von 1,00 € und AdBlue von 0,40 € erledigt er schwere Transportarbeiten mit 0,52 €/kWh um ca. 25 % effizienter und leichte Transportarbeiten, also Fahrten auf der Ebene, absolviert er mit 0,75 €/kWh um rund 35 % effizienter als alle bisher im DLG-PowerMix-Transporttest geprüften Fahrzeuge.
Somit zeigt sich, dass es für zunehmende Hof-Feld Entfernungen eine Überlegung wert sein kann, über die Trennung zwischen Straße und Feld nachzudenken.
Wir zeichnen den für den landwirtschaftlichen Transport modifizierten Mercedes-Benz Arocs 2051 mit Abgasstufe Euro VI als einen von der DLG anerkannten Transportspezialisten aus.
Hersteller
Mercedes-Benz (Basisfahrzeug)
Harald Bruhns GmbH (sämtliche landwirtschaftlichen Umbauten)
Anmelder
Mercedes-Benz Lkw Vertrieb und Services Deutschland, Daimler AG,
D-10243 Berlin
Kontakt
E-Mail: dialog@daimler.com ,
Webseite: www.mercedes-benz.de
Prüfungsdurchführung
DLG e.V.,
Testzentrum Technik und Betriebsmittel,
Max-Eyth-Weg 1,
64823 Groß-Umstadt
DLG-Prüfrahmen
DLG-ANERKANNT „PowerMix-Transporttest“
Fachbereich
Fahrzeugtechnik
Bereichsleiter
Andreas Ai
Prüfingenieur
Niels Conradi *
* Berichterstatter
Kontakt
DLG-Testzentrum Technik und Betriebsmittel
DLG TestService GmbH Standort Groß-Umstadt
Max-Eyth-Weg 1
64823 Groß-Umstadt
E-Mail: Tech@DLG.org
Tel: +49 69 24 788-600
Fax: +49 69 24 788-690