„Wir brauchen mehr Innovationen"

Dr. Jürgen Metzner, Geschäftsführer Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL), 
zur Nachhaltigen Produktivitätssteigerung auf dem DLG-Kolloquium im Dezember in Berlin

Die DLG lädt am Dienstag, 2. Dezember 2025, zum diesjährigen DLG-Kolloquium nach Berlin ein. Unter dem Titel „Nachhaltige Produktivitätssteigerung – Innovationen, Modelle, Pioniere“ diskutieren Expertinnen und Experten aus Landwirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verbänden, wie sich Produktivitätszuwächse, internationale Wettbewerbsfähigkeit und ökologische Ziele in Einklang bringen lassen. Im DLG-Interview spricht Dr. Jürgen Metzner, Geschäftsführer Deutscher Verband für Landschaftspflege (DVL) in seinem Referat auf dem DLG-Kolloquium über Modelle, wie sich der neue DLG-Fortschrittsbegriff  "Nachhaltige Produktivitätssteigerung" unter besonderen Berücksichtigung des Ressourcenschutzes umsetzen lässt. 
 

DLG: Ist der EU-Kommission mit Ihren im Juli vorgestellten Vorschlägen zur Gemeinsamen Agrarpolitik, kurz GAP, ab 2028 ein echter Systemwechsel gelungen?

Jürgen Metzner: Ja, aber leider in die falsche Richtung. Statt die Transformation der Landwirtschaft im Sinne der Zukunftskommission Landwirtschaft weiterzuführen, kommt die Kehrtwende. Im Kern brauchen wir eine Landwirtschaft, die für die Produktion von öffentlichen Gütern wie sauberes Wasser oder Biodiversität Anreize erhält. Leider wird im KOM-Vorschlag die Produktion von öffentlichen Gütern als „Landwirtschaftliche Tätigkeit“ nicht mehr erwähnt. Alles fokussiert sich auf die Produktion landwirtschaftlicher Produkte im klassischen Sinne. Das hilft uns bei der Entwicklung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft nicht weiter!  

Der DVL hat vor Jahren mit der Gemeinwohlprämie zur geeigneten Honorierung der Umweltleistungen geworben. Hat dieses System noch Gültigkeit oder haben Sie es angepasst?

Die Gemeinwohlprämie ist ein Modell, das landwirtschaftliches Selbstverständnis und unternehmerische Aspekte anspricht: freiwillige Entscheidungen treffen, wirtschaftlich kalkulieren, Einkommen erwirtschaften. Das machen Landwirte täglich. Neu war, dass Klimaschutz, Gewässerschutz und Biodiversitätsschutz über ein Punktesystem als messbare Größe vom Betrieb kalkuliert werden können. Wir haben dieses System mit vielen Betrieben zusammen entwickelt und auch im Hinblick auf das Maßnahmenangebot oder Punkteverteilung neu justiert. Wir sind jetzt wieder in die Testphase. Ob ein solches Punktesystem umgesetzt wird, liegt wohl künftig in der Hand des Bundes und der Länder. Leider sind die Beharrungskräfte sehr groß, an Altem festzuhalten. 

Welche Ihrer Vorschläge lassen sich mit dem Fortschrittsbegriff der DLG, der nachhaltigen Produktivitätssteigerung, vereinbaren?

Hier habe ich zwei Punkte im Blick. Erstens: Wir brauchen mehr Innovationen, auch in Richtung Ressourcenschutz! Leider ist der Schutz der Biodiversität wenig marktfähig, so dass sich die Entwicklung von technischen Innovationen in diesem Bereich wenig lohnen.

Zweitens - die Bewertung und Inwertsetzung von ökologischen Leistungen: Das ist nicht trivial und kann sehr aufwändig sein. Der DVL hat mit der unterschiedlich hohen Bepunktung von Gemeinwohlleistungen einen praxistauglichen Weg vorgeschlagen, um Ergebnisse zu messen – mit den „Gemeinwohlpunkten“:

Welchen marktbasierten Artenschutz schlagen Sie vor, der die Basis für Wettbewerbsfähigkeit und den Erhalt der Artenvielfalt in der Landwirtschaft bilden kann

Die landwirtschaftliche Leistung „Artenschutz“ spiegelt sich leider nicht in Form von marktfähigen Produkten wider. Es gibt zwar immer wieder Versuche, Feldlerchenbrot oder Rebhuhnbier zu verkaufen, es bleibt aber immer bei Nischen. Um in die Fläche zu kommen, brauchen wir konkurrenzfähige „Maßnahmenprodukte für Gemeinwohlleistungen“, die aus öffentlichen Geldern finanziert werden müssen.

Dr. Jürgen Metzner. Foto: DVL

Zum Verband

Der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) wurde 1993 als gemeinnütziger Dachverband der Landschaftspflegeorganisationen gegründet. Einfluss nehmen will der Verband auf die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP), die Naturschutzförderprogramme einschließlich der kooperativen Umsetzung von Natura 2000, die Biodiversitätsstrategien des Bundes sowie die Europäische Wasserrahmenrichtlinie. Der DVL führt hierzu Modellprojekte zusammen mit örtlichen Landschaftspflegeverbänden durch. Dr. Jürgen Metzner ist seit 2009 Bundesgeschäftsführer beim DVL und leitet Projekte, die sich auf die Schnittstelle von Landwirtschaft, Naturschutz und Klimaschutz konzentrieren. Dazu gehört die Förderung von biodiversitätsfreundlichen Strukturen in Agrarlandschaften sowie die Begleitung der aktuellen GAP-Strategiepläne und Vorbereitung auf die Reform ab 2028.  Zusammen mit Landwirten und Kommunen arbeitet der DVL an der Entwicklung praxisnaher Konzepte für Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM). 

Wer viel im Sinne des Gemeinwohls macht, bekommt zurecht mehr öffentliches Geld. 

 Große Betriebe haben hier unglaubliches Potenzial und ich bin immer wieder überrascht, wie offen und ideenreich diese Betriebsleiter denken. Insofern hoffe ich, dass diese Betriebe unsere Partner bleiben.

Großbetriebe denken darüber nach, aus der GAP wegen der Obergrenzen und Kappung auszusteigen. Welche Auswirkungen hätte dies auf die Umwelt, wenn diese Betriebe die Konditionalität nicht mehr erfüllen müssen?

Wenn ich mir den aktuellen Rückbau der Konditionalitäten anschaue, wird aus meiner Sicht nicht viel passieren. Beim Blick auf das Nicht-Erreichen unserer Umweltziele wäre es eher logisch, wegfallende Konditionalitäten durch hoheitliche Vorgaben ersetzen werden. 

Wir als DVL waren immer für Freiwilligkeit, für Anreize und gegen eine Kappung, solange die Zahlungen auch an Umweltleistungen gebunden werden. Wer viel im Sinne des Gemeinwohls macht, bekommt zurecht mehr öffentliches Geld. Große Betriebe haben hier unglaubliches Potenzial und ich bin immer wieder überrascht, wie offen und ideenreich diese Betriebsleiter denken. Insofern hoffe ich, dass diese Betriebe unsere Partner bleiben.