„Bürokratieabbau ohne roll back: wie geht das?“. Unter dem Titel suchte der Verein AgrarBündnis Anfang Dezember in Berlin nach Lösungen, um Überforderung durch als zu komplex empfundene Regularien in der Landwirtschaftspolitik zu vermeiden. Neben einer „Kultur des Wohlwollens“ seitens der zuständigen Behörden sind Kohärenz verschiedener Regelwerke sowie die Befähigung der Betriebe zu einer effizienten Verwaltung gefordert, lauten zentrale Ergebnisse der Diskussion.
Wolfgang Reimer, Vorsitzender der Agrarsozialen Gesellschaft, sprach sich dafür aus, bei der Ausbildung der Mitarbeitenden in den Behörden anzusetzen, um einer Überforderung durch Bürokratie entgegenzuwirken: Die Sachbearbeiter in den Behörden bräuchten mehr Ermessensspielräume und müssten auch das Vertrauen haben, diese nutzen und Verantwortung übernehmen zu können. Dazu müssten die Führungskräfte allerdings bereit sein, „ihre Leute nicht hängen zu lassen“, wenn es zu Konflikten komme.
Carolin Pagel vom AgrarBündnis sprach sich derweil für eine Kultur des Wohlwollens aus, insbesondere bei Kontrollen von Vorschriften. In der Diskussion stützten viele Teilnehmer diese Position. Sie betrachteten es als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, den „Verwalteten“, konkret im Bereich der Agrarpolitik bei Kontrollen, nicht mit einem „Vorschuss-Misstrauen“ und Fehlersuche zu begegnen. Im Gegenteil sollten Kontrolleure zunächst davon ausgehen, dass die Kontrollierten grundsätzlich bemüht seien, Gesetze und Regeln einzuhalten.
Gegen Unstimmigkeiten zwischen Fach- und Förderrecht
Silvia Bender, parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) betonte während der Diskussion, dass das Thema Bürokratieabbau das Ministerium sehr stark beschäftige, insbesondere seit den Bauernprotesten im Winter 2023/24. Bürokratieabbau sei ein „kleinteiliger Prozess“, so Bender. Eine Anhörung von Ländern und Verbändern zu dem Thema habe rund 400 Vorschläge erbracht, verdeutlichte die Staatssekretärin. Eine Erkenntnis aus den bisherigen Anstrengungen: Regeln müssten kohärent sein – das sei in der Praxis nicht immer der Fall. „Zwischen Fach- und Förderrecht gibt es manchmal Unstimmigkeiten“, so Bender weiter, diese gelte es, zu beheben.
Silvia Bender, parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) betonte während der Diskussion, dass das Thema Bürokratieabbau das Ministerium sehr stark beschäftige, insbesondere seit den Bauernprotesten im Winter 2023/24. Bürokratieabbau sei ein „kleinteiliger Prozess“, so Bender. Eine Anhörung von Ländern und Verbändern zu dem Thema habe rund 400 Vorschläge erbracht, verdeutlichte die Staatssekretärin. Eine Erkenntnis aus den bisherigen Anstrengungen: Regeln müssten kohärent sein – das sei in der Praxis nicht immer der Fall. „Zwischen Fach- und Förderrecht gibt es manchmal Unstimmigkeiten“, so Bender weiter, diese gelte es, zu beheben.
Der Staat muss sich seiner Verantwortung gegenüber den ‘Verwalteten’ bewusst sein.
DLG-Präsident Hubertus Paetow
DLG-Präsident Hubertus Paetow gab indessen zu bedenken, dass „Bürokratie-Bashing“ nicht zielführend sei. Regeln seien in demokratischen Gesellschaften unverzichtbar, müssten aber beherrschbar bleiben. „Der Staat muss sich seiner Verantwortung gegenüber den Landwirten und generell den Bürgern, also den ‚Verwalteten‘, bewusst sein und Regularien so ausgestalten, dass diese nicht zur Überforderung führen“, sagte Paetow. Der DLG-Präsident hält es darüber hinaus aber auch für notwendig, dass Landwirte sich auf ihren Betrieben mit Bürokratie-Management beschäftigten. Mit Blick auf die heterogene Betriebsgrößenstruktur in Deutschland nahm Paetow den Staat in die Pflicht, kleineren Betrieben, denen dazu eigene Kapazitäten in der Verwaltung fehlten, passende Beratungsangebote zur Verfügung zu stellen.
Schaffung fairer Wettbewerbsverhältnisse
Jan Plagge, Präsident des Bioland-Verbandes, führte mit Blick auf die stringent regulierte Produktion von ökologischer Verbandsware aus, dass Regeln und somit Bürokratie dabei helfen würden, faire Wettbewerbsverhältnisse auf Märkten zu schaffen. Das werde am Beispiel des EU-Biosiegels deutlich, das über die Mitgliedstaaten hinweg einheitliche Standards setze. Auch im Biobereich gebe es widersprüchliche und zu viele Regeln, so Plagge weiter, daher würden die Vorgaben kontinuierlich hinterfragt. Regularien würden vor allem dann als negativ erlebt, wenn die von ihnen Betroffenen den Eindruck gewönnen, sie könnten keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung nehmen. Dann entstünde ein Gefühl der Ohnmacht, verdeutlichte der Bioland-Präsident – und das gelte es zu vermeiden.
Standards erhalten
Bürokratieabbau darf nicht mit dem Abbau von Standards verwechselt werden.
Xenia Brand, Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft
Xenia Brand, Bundesgeschäftsführung Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft, wies in ihrem Vortrag darauf hin, dass es wichtig sei, Bürokratieabbau nicht mit dem Abbau von Standards zu verwechseln. Als Beispiel dafür nannte sie das ad hoc Aussetzen von GLÖZ 8. BMEL-Staatssekretärin Silvia Bender machte indessen am Beispiel der Regulierung von Gewässerschutzstreifen in der Landwirtschaft darauf aufmerksam, dass hier zwischen den unterschiedlichen Ebenen der Verwaltung ein zu unübersichtliches Regelwerk entstanden sei, das vereinfacht werden müsse – ohne das Schutzniveau zu senken.
Das Benchmarking-System bei Nachhaltigkeitsindikatoren, das die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) in ihrem jüngst vorgestellten, zweiten Bericht zur einheitlichen Bewertung von nachhaltigen Praktiken in der Agrarbranche empfiehlt, werteten mehrere Diskussionsteilnehmer als vielversprechenden Ansatz einer transparenten Standardsetzung. Da dieses Konzept an entsprechende Empfehlungen für ein EU-weites Nachhaltigkeits-Scoring des Strategischen Dialogs zur Zukunft der Landwirtschaft in der EU anknüpft, wäre eine EU-weite Harmonisierung des Nachhaltigkeits-Benchmarking in der Landwirtschaft ein wünschenswertes Ergebnis.
Text: Stefanie Pionke, DLG-Newsroom
Das AgrarBündnis e.V. ist ein unabhängiger und überparteilicher Zusammenschluss von derzeit 26 Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie Verbraucher- und Entwicklungspolitik. Seit 1993 veröffentlicht das AgrarBündnis jährlich zur Grünen Woche in Berlin das agrarpolitische Jahrbuch “Der kritische Agrarbericht”. Der Verein setzt sich für eine nachhaltige und umweltgerechte Landwirtschaft ein und fördert den Erhalt ländlicher Strukturen.