Das Soester Pflanzenbaukonzept wurde an der FH Südwestfalen für Ackerbaubetriebe entwickelt. Oberste Ziele sind es, für den Raum Soester Börde die passenden Kulturen zu finden, mit denen Landwirte Geld verdienen, die Umwelt schonen und den Boden verbessen. Wichtige Elemente sind dabei Mulchsaat und eine achtgliedrige Fruchtfolge. Dadurch sollen Betriebsmittel gespart und arbeitswirtschaftliche Vorteile geschaffen werden.
Soester Pflanzenbaukonzept: Das steckt dahinter
Pflanzenbau kann man „out of the box“, also über den Ackerrand hinausdenken. Ein unkonventioneller Ansatz ist das Soester Pflanzenbaukonzept. An dessen Anfang steht das Ziel jedes Landwirts: Der Deckungsbeitrag des Anbausystems soll gesteigert oder zumindest erhalten werden. Doch zwei wichtige Faktoren ergänzen es. Stoffausträge aus dem Boden und sonstige Umweltbelastungen müssen minimiert sowie die natürliche Ertragsfähigkeit des Bodens bewahrt und verbessert werden. Um diese Ziele zu erreichen, wendet das Soester Pflanzenbaukonzept vier Arten von Maßnahmen an:
- Möglichst ganzjährige Bodenbedeckung und minimale Brachezeiten
- Bodenbearbeitung so gering wie möglich halten
- Pflanzen durch Nutzung der Bodenreserven aus der Fruchtfolge bedarfsgerecht mit Nährstoffen versorgen (bei ausgeglichener Nährstoffbilanz)
- Alle Optionen zur Senkung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes ausnutzen;
Wo wird das Soester Pflanzenbaukonzept umgesetzt?
Das Soester Pflanzenbaukonzept wurde über die vergangen 30 Jahre auf dem Versuchsgut Merklingsen bei Soest in Nordrhein-Westfalen entwickelt. Seit dieser Zeit wird dort bodenschonend ohne Pflug gewirtschaftet. Gesät wird per Mulchsaat, Pflanzenreste von Vor- und Zwischenfrucht bleiben also im oberen Bodenhorizont. Anders als bei der Direktsaat, die komplett auf Bodenbearbeitung verzichtet, kommen Scheibeneggen oder Grubber zum Einsatz – nur in Ausnahmefällen wird der Boden tiefer als 12 cm bearbeitet.
Welche Fruchtfolge setzt das Soester Pflanzenbaukonzept ein?
Das Soester Pflanzenbaukonzept setzt auf eine achtgliedrige Fruchtfolge. Prof. Dr. Tanja Schäfer von der FH Südwestfalen, die die Versuchsflächen pflanzenbaulich betreut, beschreibt die Fruchtfolge so: „Die Fruchtfolge im Soester Pflanzenbaukonzept ist so gestaltet, dass der Landwirt damit Geld verdienen kann. Wenn es nicht wirtschaftlich ist, würde es kein Landwirt machen“.
Nach der jüngsten Anpassung im Jahr 2023 besteht die Fruchtfolge aus:
• Raps (Winterung)
• Mais (Sommerung)
• Weizen (Winterung)
• Rüben (Sommerung)
• Hafer (Sommerung)
• Weizen (Winterung)
• Ackerbohnen
• Gerste (Winterung)
Vor einer Sommerung werden nach Möglichkeit Zwischenfrüchte über Winter ausgesät. Die verschiedenen Kulturen sollen den Boden in unterschiedlichen Tiefen lockern, Nährstoffe verfügbar machen und die Wasserverfügbarkeit verbessern. Durch den Kulturwechsel wird der Krankheitsdruck reduziert und der Pflanzenschutzmitteleinsatz verringert. Über den Gesamtbetrieb hinweg senkt die Kulturvielfalt das Risiko eines klimabedingten Ertragsausfalls. Der Anbau von Leguminosen – auch als Zwischenfrucht – spart Stickstoffdünger ein. Raps und Ackerbohne dienen als zusätzliche Nahrungsquelle für Insekten. Schließlich bremst der Wechsel von Winterung und Sommerung die Vermehrung kulturspezifischer Ungräser.
Wofür ist Humusaufbau im Boden wichtig?
Im Mulchsaatverfahren bleibt das Stroh der Vorfrucht auf dem Feld und der Boden wird nur minimal bearbeitet. Dadurch wird Humus im Boden aufgebaut, was gut für die Bodenstruktur ist. In einem humusreichen Boden ist das Bodenleben intensiver und Nährstoffe stehen den Ackerfrüchten schneller zur Verfügung. „Humus hält besser Wasser im Boden, das bringt vor allem in trockenen Jahren Vorteile für die Landwirte. Außerdem findet in einem humusreichen Boden Verschlämmung nicht so stark statt, da sich Schluffpartikel besser mit Humus vermischen“, beschreibt Prof. Schäfer.
Welche Erfahrungen gibt es zum Soester Pflanzenbaukonzept?
Auf dem Versuchsgut Merklingsen wird das Soester Pflanzenbaukonzept auf einem Gunststandort mit 70 bis 75 Bodenpunkten und einem durchschnittlichen Humusgehalt von 4 % eingesetzt. Die ackerbaulichen Voraussetzungen sind also bereits gut. Dennoch ließen sich durch die Anwendung des Konzepts wichtige Erkenntnisse sammeln. Unter anderem zeigte ein Sortenversuch zur Gerste, dass eine kluge Sortenwahl den Fungizideinsatz merklich reduzieren könne. So lag der Ertragsverlust durch Verzicht auf Fungizide im Mittel sechs trockener Jahre bei rund 14 %, die Ertragsunterschiede je nach Sorte zwischen extensivem und intensivem Anbau betrugen jedoch bis zu 24 %. Neben der Sortenwahl könne auch durch teilflächenspezifische Anwendung, Unkrautunterdrückung durch Mulchsaat, Hacke bzw. Striegel sowie durch konsequentes Vorgehen gegen Schadinsekten (durch Beisaaten als „Ablenkfütterung“ oder Förderung von Nützlingen) der Pflanzenschutzmitteleinsatz deutlich reduziert werden.
Pflanzenbau out of the box bei den DLG-Feldtagen
Die DLG-Feldtage zeigen verschiedene Formen des Ansatzes „Pflanzenbau out of the box“ als Beispiele und Anregungen für die Besucher. Beispielsweise stellt die DLG auf den Feldtagen mit ihrem Projekt „alternative Anbaukulturen“ acht bisher noch vergleichsweise seltene Kulturen in Demoparzellen am DLG-Stand „DLG Plaza“ (VG 15) vor. Dabei werden Fragen zu Themenkomplexen wie Wirkstoffwegfall, Anbaudiversifizierung und Einkommensalternativen beantwortet. Zu den Feldtagen startet die DLG zudem die Plattform FarmRobotix für den Know-how-Transfer zu innovativen Technologien wie Robotik, Automation und KI. Darüber hinaus präsentieren die mehr als 370 Aussteller ihre „Out of the box“-Konzepte für den Pflanzenbau, die von Smart-Farming-Tools bis hin zu Variationen im Ackerbau, etwa durch weite Reihen im Getreide oder Begleitkulturen, reichen.
Wie hat sich der Pflanzenschutzeinsatz verändert?
Eine wichtige Motivation für das Soester Pflanzenbaukonzept war von Anfang an laut Prof. Schäfer, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Weite Fruchtfolgen würden dies unterstützen. In Versuchen habe sich gezeigt, dass im Durchschnitt der Jahre auf Schlägen mit enger Fruchtfolge der Krankheitsdruck höher sei, was hier zu einer zusätzlichen Fungizidmaßnahme führte im Vergleich zur weiten Fruchtfolge. Auch andere Anbaumethoden würden untersucht werden, die dazu beitragen, dass weniger Chemie verwendet wird. So gebe es beispielsweise Versuche, z.B. die Ackerbohne oder den Raps in größerem Reihenabstand auszusähen, um mit der Hacke bei der Unkrautbekämpfung arbeiten zu können.
Anbauversuch: Was bringen Biologicals für die Landwirtschaft?
Teil der Arbeit des Versuchsguts Merklingsen ist es, neue Instrumente des Pflanzenschutzes hinsichtlich ihrer Integrationsmöglichkeit in das Soester Pflanzenbaukonzept zu testen. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz von Biologicals im Ackerbau. Dabei kam unter anderem heraus, dass die Bildung grüner Blattmasse bei Wintergerste gesteigert werden konnte, bei Winterweizen hingegen nicht. Bei Wintergerste wurde außerdem der Befall mit Zwergrost, Rhynchosporium, Netzflecken und Mehltau signifikant reduziert. Beim Winterweizen wurde gegenüber DTR und Septoria die Befallshäufigkeit, nicht aber -stärke reduziert. Im Falle von Gelbrost wurden sowohl die Befallshäufigkeit als auch -stärke gesenkt.
Für wen eignet sich das Soester Pflanzenbaukonzept?
Das Soester Pflanzenbaukonzept ist eine nachhaltige Anbaumethode für Landwirte in der Soester Börde. Es eignet sich prinzipiell auch für andere Regionen, dann jedoch mit einer anderen Fruchtfolge, die auf die jeweilige Region abgestimmt ist. Es richtet sich in erster Linie an Ackerbaubetriebe, die Herausforderungen für tierhaltende Betriebe sind anders, weil dort mehr organische Masse anfällt.
Das Interesse der Landwirte an einer breiten Fruchtfolge ist laut Prof. Schäfer prinzipiell vorhanden. „Hier ist nicht der Punkt, dass die Landwirte das nicht wollen, sie müssen die Früchte auch vermarkten können“, so die Wissenschaftlerin. Insgesamt geht sie davon aus, dass eine Kulturartenvielfalt in der Landwirtschaft zunimmt, „wenn der Absatz gesichert ist“.
Welche ähnlichen Konzepte gibt es?
Neben dem Soester Pflanzenbaukonzept gibt es weitere innovative Formen der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Zu Modellen des Ansatzes der regenerativen Landwirtschaft gehören beispielsweise Agroforstsysteme, die konservierende Landwirtschaft und Weidehaltung. Der wesentliche Unterschied dieser Anbauformen liegt darin, dass sie Tierhaltung z.T. einbeziehen. Das Soester Pflanzenbaukonzept hingegen ist rein ackerbaulich und basiert auf den Ideen des integrierten Pflanzenschutzes.
Text: Agnes Michel-Berger, freie Autorin