Raus aus dem Dokumentations-Dschungel Düngung

Fragen und Antworten zur digitalen Datenerfassung bei der Düngung. Diskussion auf den DLG-Unternehmertagen: “Bürokratie managen - Freiraum schaffen”

Die Dokumentationen zur Düngung sind für Landwirte mit viel Zeit und aufwendiger Suche nach Eintragungen verbunden. Was nicht sein muss, denn mit Hilfe von Check-Listen zur Düngung oder von Ackerschlagkarteien lässt sich dank der regelmäßigen elektronischen Eingabe von Daten viel Zeit sparen. Um das Für und Wider der Aufzeichnungen geht es in der Podiumsdiskussion auf den DLG-Unternehmertagen „Dokumentations-Dschungel Düngung: Notwendiges Übel oder pure Zeitverschwendung?“ am 11. September 2024. Zusammen mit Dr. Stephan Jung von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und Landwirt und Dienstleister Henning Schäfer aus Grünberg/Hessen haben wir alles Wissenswerte in einem Frage-Antwort-Format zusammengestellt. 

Disziplin bei der Aufzeichnung bringt dem Betrieb pflanzenbauliche und finanzielle Vorteile. 

Warum ist die Bürokratie so frustrierend?

Was den Bürokratieaufwand betrifft, sind gut organisierte Büros im Vorteil.  „Eine aktuell geführte Schlagkartei hilft enorm“, um die Daten zur Düngung regelmäßig einzutragen“, berichtet Henning Schäfer aus der landwirtschaftlichen Praxis. Berufskollegen, die nicht über diese elektronischen Hilfsmittel verfügen, sind mit der handschriftlichen Dokumentation oft überfordert. Zettel mit Aufzeichnungen gehen verloren oder sind nicht mehr nachvollziehbar. Wenn Kontrollen anstehen, sind die Unterlagen unvollständig und der Ärger mit den Behörden ist vorprogrammiert.
 

Haben Aufzeichnungen einen Mehrwert?

Am Nutzen der Düngebedarfsermittlung, wie sie die  Düngeverordnung vor jeder Maßnahme und für jeden einzelnen Schlag vorschreibt, gibt es in Beratung und Landwirtschaft wenig Zweifel. Der Landwirt kann anhand der Werte seinen Düngereinsatz wirtschaftlich bewerten und eine Überdüngung vermeiden. Die Disziplin bei der Aufzeichnung, wie sie die Düngeverordnung vorschreibt, bringt dem Betrieb pflanzenbauliche und finanzielle Vorteile gegenüber einer früheren pauschalen Düngung. Und schont obendrein die Umwelt. Die Düngebedarfsermittlung gibt Nährstoffmengen vor, um die Kulturen nach dem individuellen Nährstoffbedarf zu düngen, einschließlich einer dritten N-Qualitätsgabe. 

Es gibt immer mehr Systeme, um die Datenerfassung so einfach wie möglich zu gestalten

Wie erfolgt eine bedarfsgerechte Düngung in roten Gebieten?

Hier müssen Landwirte die ermittelten Nährstoffmengen von Stickstoff um 20 Prozent kürzen. In den roten Gebieten können die Betriebe die N-Gesamtmengen auf die einzelnen Kulturen verteilen. Benötigt der Weizen eine N-Qualitätsgabe, könnte gegebenenfalls in Zuckerrüben und Mais die N-Gabe angepasst werden. Gerade solche Feinheiten lassen sich über Düngeplanungen auf das Kilogramm genau ausrechnen. 
 

Was bringt eine Düngeplanung?

Die Planung garantiert, dass die Obergrenzen eingehalten werden. Überdies weiß der Landwirt schon lange vor der Düngemaßnahme, welche Nährstoffmengen er benötig. Rechtzeitig und teilweise kostengünstig können beim Agrarhandel Kontrakte vereinbart werden. Auch der Schweinehalter in der Nachbarschaft erhält frühzeitig die Information darüber, wie viel Kubikmeter Gülle der Ackerbauer benötigt. Anpassungen in Zeitpunkt und Menge sind dann je nach Witterung und Bestandsentwicklung innerhalb der Obergrenzen immer noch jederzeit möglich.
 

Welche Vorteile hat eine Ackerschlagkartei?

Selbst für kleine Betriebe rechnet sich der Einsatz von Ackerschlagkarteien. Es kommen immer mehr bedienerfreundliche Systeme auf den Markt, um die Datenerfassung so einfach wie möglich zu gestalten. Schon beim Kauf von Mineraldüngern beim Agrarhandel kann der Landwirt auf dem Smartphone die Onlinefassung der Düngebedarfsermittlung aufrufen und die Nährstoffangaben übertragen. Genauso funktioniert es bei den tatsächlich ausgebrachten Mengen. Die Dokumentation von Mineraldüngern ist relativ einfach, weil die Nährstoffangaben auf dem Etikett und neu auf dem QR-Code hinterlegt sind. 

Welchen Service bietet die Beratung? 

Neben der Ackerschlagkartei gibt es auch Angebote der Offizialberatung. Über gute Erfahrungen mit dem Düngeportal berichtet Jung von der Landwirtschaftskammer NRW. Auf der Homepage gibt es eine Checkliste für die Düngung, die alle Schritte zur Dokumentation erklärt. Im Düngeportal muss der Landwirt nach dem Import seines Flächenverzeichnisses einmal seine aktuellen Kulturen eingeben. Im Anschluss daran erscheint eine Düngebedarfsermittlung. Hat man schon im Vorjahr mit dem Programm gearbeitet, muss nur noch der Nmin-Wert der eigenen Probe eingetragen werden und das auch nur, wenn nicht auf einen voreingestellten Richtwert zurückgegriffen werden soll. Nach der Düngung muss die Düngemaßnahme eingetragen werden. Jung fordert Landwirte auch dazu auf, sich mit der elektronischen Erfassung der Daten vertraut zu machen. „Wenn man sich einmal an die Eingaben gewöhnt hat, reduziert sich der Bürokratieaufwand bei der Düngung erheblich.“ Viele Landwirte verfügen über automatische Lenksysteme. Da sei bei den Überfahrten Zeit, die Daten zur Düngung in der App auf dem Handy einzutragen.
 

Wieso ist die Stoffstrombilanz so umstritten?

Die Bewertungen über die Stoffstrombilanz oder die von der Bundesregierung geplante Nährstoffbilanz fallen unterschiedlich aus. Seit 2023 müssen alle landwirtschaftlichen Betriebe die Stoffstrombilanz nach Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahres erstellen. Für Tierhalter ist diese Berechnung seit 2018 Pflicht. „Aus unserer Sicht kann die Stoffstrombilanz eine gute fachliche Ebene sein, um den Nährstoffeinsatz im Betrieb zu optimieren“, sagt Berater Jung.  

Im Ordnungsrecht ist die Stoffstrombilanz hingegen verzichtbar. „Wir brauchen sie nicht für das geplante Wirkungsmonitoring oder für die Gewährung von einzelbetrieblichen Ausnahmen in roten Gebieten. Hierzu reichen die ohnehin umfangreichen Aufzeichnungspflichten nach DüV aus – wenn diese wie in Niedersachsen auch gemeldet werden müssen." Auf eine Besonderheit weist Landwirt Schäfer hin: „Nicht jede kann für alle Bundesländer die Stoffstrombilanz berechnen.“ Deshalb sollte der Landwirt bei der Auswahl einer Ackerschlagkartei darauf achten, dass diese für sein Bundesland gültig ist. 
 

Lohnen sich jährliche Bodenproben?

Um einen aktuellen Überblick über den Gehalt von Stickstoff und Phosphat im Boden zu erhalten, helfen Bodenproben auf jedem Schlag. Die Werte können sich von Jahr zu Jahr ändern. Um effektiv nur nach Bedarf zu düngen, ist eine jährliche Bodenuntersuchung sinnvoll. Mit dem Kauf eines Starterkits, das auch einen Bohrstock enthält, kann jeder Landwirt auf seinen Schlägen selbst ziehen und die gewonnenen Proben in ein Labor einsenden. Wem das zu aufwendig ist, der kann auch die Richtwerte zu N-min in der Düngebedarfsermittlung eintragen. In jedem Frühjahr veröffentlichen die Landesämter für Landwirtschaft für Referenzflächen in der Region des Betriebes N-min-Durchschnittswerte im Internet.

Wie groß ist das Interesse an Bodenuntersuchungen?

Die Nachfrage nach der N-min-Bodenprobenentnahme hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, berichtet Schäfer, der selbst Bodenproben als Dienstleister zieht. Neben den landwirtschaftlichen Betrieben sind es überwiegend Beratungsbüros im Bereich Grundwasserschutz, die den Unternehmer mit Bodenuntersuchungen beauftragen. Dabei handelt sich es sich überwiegend um N-min-Bodenproben, die im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie gezogen werden.
 

Wie lassen sich Doppelanträge vermeiden?

Sind Daten wie die der Düngebedarfsermittlung einmal in Ackerschlagkarteien erfasst, lassen sie sich für verschiedene Zwecke einsetzen – ohne sie erneut erfassen zu müssen. Sie lassen sich jederzeit an die Behörden übermitteln, für eine tiefergehende fachliche Düngeplanung oder auch für eine ökonomische Auswertung und Optimierung nutzen.  

Henning Schäfer ist Landwirt und Geschäftsführer der Schäfer Bodenproben in Grünberg/Hessen. Fotos: privat
Dr. Stephan Jung ist Referent Düngefachrecht bei der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Mit einer verstärkten unternehmerischen Aktivität verschaffen sich Landwirte mehr Unabhängigkeit.

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