Im eigenen Büro googlen
Landwirte stellen individuelles Büromanagement vor - DLG-Unternehmertage 2024
Eine große Mehrheit der Teilnehmer auf den DLG-Unternehmertagen in Oldenburg spricht sich in einer Slido-Umfrage für die Einführung digitaler Prozesse aus, wenn es darum geht, die Bürokratie im eigenen Büro zu managen. 14 Prozent der Besucher könnten sich vorstellen, die Dokumentation an einen Dienstleister abzugeben. Wie die Umstellung auf eine digitale Büroorganisation gelingt, darüber berichteten im Plenum im Vormittagsprogramm die Landwirtin Anna Sophie Claus sowie die drei Landwirte Lutz Scheibler, Nils Ehlers und Christoph Döbelt in kurzen Unternehmer-Pitches.
Dienstleister übernimmt Büroarbeit
Die konzeptionelle Führung seines 5.000 ha großen Ackerbaubetriebes ist Lutz Scheibler, Landwirt in Poppendorf bei Rostock, wichtiger, als seine Zeit mit Büroarbeit zu verbringen. „Ich will den Kopf frei haben, um Entscheidungen in meiner Kernkompetenz im Pflanzenbau zu treffen", sagt der Landwirt. Anträge zur Agrarförderung, Lohnabrechnung, Stoffstrombilanz oder für Zertifizierungen lässt er von einem Dienstleister seines Vertrauens erledigen. Das Outsourcing verschafft ihm ein gutes Lebensgefühl und persönlichen Freiraum. Die Kosten von rund 20.000 € im Jahr seien gut investiert, so Scheibler.
Mitarbeiter haben das Tablet immer mit dabei
Landwirtin Anna Sophie Claus von der Meine & Claus GbR im Sülzetal/Sachsen-Anhalt hat mit Rücksicht auf die Gewohnheiten der älteren Generation das elterliche Büro mit prall gefüllten Aktenschränken behutsam digitalisiert. Zusammen mit einem Dienstleister hat sie in einem ersten Schritt die vorhandenen Papierakten eingescannt. Alle eingehenden Dokumente werden fortan konsequent eingescannt und in einer standardisierten Ordnerstruktur abgelegt und können zusätzlich über eine 100%ige Volltextsuche gefunden werden. Damit kann die studierte Agrarwissenschaftlerin in ihrem Büro in allen Dokumenten und Ordnern nach dem gewünschten Schlagwort „googlen“.
Die Mitarbeiter auf dem landwirtschaftlichen Betrieb in der Magdeburger Börde sind mit einem Tablet ausgestattet und können über eine Farmmanagementsoftware sofort und von überall für jeden Arbeitsprozess die Daten eingeben. „Damit erhalten wir einen guten Gesamtüberblick über die vier Betriebsstandorte und haben unsere Produktionskosten genau im Blick“, erklärt die Unternehmerin. Bei einigen Schnittstellen hapert es noch. Beispielsweise müssen Daten bei der Düngebedarfsermittlung wegen der fehlenden Software händisch an die Behörden übertragen werden. Claus weist offen auf technische Probleme hin, die immer wieder auftreten. „Hier sind wir bei der Fehlerbehebung auf IT- Dienstleister angewiesen“, erläutert die Mutter zweier Kinder.
Ich will den Kopf frei haben und mich auf meine Kompetenzen im Ackerbau konzentrieren.
Lutz Scheibler, Landwirt in Poppendorf, Mecklenburg-Vorpommern
Papierloses Arbeiten
Landwirt Nils Ehlers von der Gebrüder Ehlers Arbste KG in Bruchhausen-Vilsen/Niedersachsen hat zusammen mit seinem Bruder vor vier Jahren einheitliche Standards in den Betriebsprozessen für Ackerbau und Schweinehaltung entwickelt. Heute arbeiten die Geschäftsführer nahezu papierlos. „Innerhalb von 15 Minuten kann ich auf die erforderlichen Daten beispielsweise für den Agrardieselantrag zurückgreifen, weil alle Dokumente in einer Cloud liegen“, erklärt Ehlers. Die Umstellung ist arbeitsintensiv, weiß Ehlers. In vielen Stunden nach Feierabend und am Wochenende habe er die Vorarbeit für das System geleistet.
Ehlers setzt auf niedrigschwellige Software. In den kostenlosen Browsern und Betriebssystemen stecke unglaublich viel Potenzial wie in einem Rolls Royce, und wir nutzen nur den Passat, sagt der junge Landwirt. So kann er beispielsweise die Antibiotika-Datenbank direkt mit seiner Tierbestandsbelegung verknüpfen. „Wir warten nicht auf eine kostenpflichtige Software, sondern etablieren im Betrieb einheitliche Standards, die wir nutzen können.“ Eine Offenheit gegenüber dem Neuen sei jedoch Voraussetzung. Die Umstellung sei für manche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen durchaus eine Hürde. Oft gebe es Vorbehalte, nach dem Motto: „Das war schon immer so und soll auch so bleiben.“
Einsatz von KI
Christoph Döbelt, Geschäftsführer der Hofmolkerei Landgut Nemt in der Nähe von Leipzig hat eine eigene App für die Herstellungsprozesse in seiner Molkerei entwickelt. Die Milch aus dem eigenen Betrieb wird zu Joghurt, Quark und Schnittkäse verarbeitet. „Die Mitarbeiter geben die Daten zur Produktion vor Ort ein“, erklärt Döbelt. Früher erfolgte die Eingabe oft verspätet und war fehlerhaft. Außerdem werden die Bestellungen der Supermärkte per künstlicher Intelligenz ausgelesen und automatisiert in das Warenwirtschaftssystem eingetragen. Mit diesem Automatisierungsschritt konnten nach den Worten von Döbelt mehr als 10 Stunden Arbeitszeit in der Woche eingespart werden.