Trends in der Pflanzenschutztechnik

Harald Kramer, Münster

Der chemische Pflanzenschutz steht in zunehmendem Maße in der öffentlichen Diskussion. Sowohl vonseiten der Bevölkerung als auch der Politik. Dabei sollte man aber nicht aus den Augen verlieren, dass ohne Pflanzenschutz die Ernährungssicherheit nicht mehr gegeben ist. Gerade feuchte Jahre haben gezeigt, dass Pilzkrankheiten wie z. B. die Kraut- und Knollenfäule zu erheblichen Ertragseinbußen führen können. In diesem Spannungsfeld kann die Anwendungstechnik einen großen Beitrag leisten. Geht es doch primär darum, die immer weniger werdenden Pflanzenschutzmittel noch exakter, wirksamer und umweltschonender zu applizieren.

Für viele Praktiker stellt sich aktuell sicherlich die Frage, ob sich der finanzielle Aufwand für eine neue Pflanzenschutzspritze überhaupt noch lohnt. Doch man wird sehr schnell feststellen, dass bei steigender Weltbevölkerung und permanentem Schwund an landwirtschaftlicher Nutzfläche eigentlich die einzige logische Schlussfolgerung sein muss, noch intensiver die verbleibende Fläche zu bewirtschaften, um die Ernährung sicherzustellen. Doch wo befinden sich die Hauptstellschrauben in den Anbausystemen, um die Erträge zu sichern, ohne dabei Aspekte wie Umwelt, Nachhaltigkeit etc. außen vor zu lassen?

Die Politik gibt hier große Herausforderungen wie den Green Deal, Farm to Fork etc. der Praxis vor. Das heißt, es müssen Einsparungen bei den Pflanzenschutzmitteln erzielt werden, und dies bei gleichbleibender biologischer Wirkung und guten Erträgen. Denn bei allen Einsparbestrebungen müssen die Kulturpflanzen gesund erhalten werden, um entsprechende Erträge zu liefern. Vor diesem Hintergrund gewinnen Bereiche wie Hacktechnik, Bandspritzung, Spot Spraying, Künstliche Intelligenz usw. enorm an Bedeutung, um diesen Zielen gerecht zu werden. Aktuell steht die Praxis an der Schwelle, den ohnehin schon sehr exakten Pflanzenschutz noch exakter zu gestalten. Gerade hier bietet die Landtechnikbranche viele neue bzw. verbesserte Ideen, um den bereits hohen Standard in der Ausbringgenauigkeit noch höher zu setzen.

Die Kombination von mechanischer Unkrautbekämpfung und Bandspritztechnik in Reihenkulturen ist schon in der Praxis angekommen. Die logische Weiterentwicklung und ein immenses Potenzial an Einsparung von Pflanzenschutzmitteln wird aktuell in der punktuellen Behandlung, dem Spot Spraying, gesehen. Auch verbesserte Prognosemodelle, eng gekoppelt an die Ausbringtechnik mit verbesserten Sensoren, Applikationskarten, Künstlicher Intelligenz, Programmen und Düsentechniken, können die Landwirtschaft noch besser und nachhaltiger für die Zukunft aufstellen. Auch die bessere oder erweiterte Auslastung der Feldspritze über Elektronik bzw. Flüssigdüngerausbringung bietet dem Praktiker viele neue Möglichkeiten, die es beim Neukauf zu bedenken gilt. Um bei dieser Vielfalt noch einen Überblick zu behalten und auf den aktuellen Stand zu kommen, bietet die Agritechnica 2025 sicherlich eine perfekte Plattform. Denn hier kann man sich vergewissern, ob es sich bei manchen Systemen lediglich um Prototypen handelt oder ob die Technologien schon praxisreif sind.

Optimierung der Schlagkraft

Viele Gerätehersteller erweitern ihr Portfolio mit Fronttanksystemen, Fassvolumina und Selbstfahrern. Hier bleiben eigentlich keine Wünsche offen. Doch neben der eigentlichen Größe der Spritze kommt auch der Befülllogistik der Spritze eine große Bedeutung zu. Dies fängt beim digitalen Label der Pflanzenschutzmittel an, das im nächsten Jahr erwartet wird, geht über geschlossene Befüllsysteme (CTS, Closed Transfer Systems) weiter und endet schnell bei der optimalen Düsentechnik. Gerade die CTS-Systeme gewinnen zunehmend an Bedeutung, da hierbei der Anwenderschutz maximale Beachtung findet und die Dosiergenauigkeit von Pflanzenschutzmitteln stetig zunimmt. Alle Bereiche haben hier eins gemeinsam: eine optimale technische Ausstattung für die jeweilige regionale Betriebsstruktur. Denn einfach nur schneller fahren, funktioniert in den meisten Fällen nicht.

Einsparung von Pflanzenschutzmitteln

Gerade die politischen Forderungen nach der Einsparung von Pflanzenschutzmitteln hatten in der jüngeren Vergangenheit sehr viel Bewegung in die Forschungsschwerpunkte der Branche gebracht. Denn ohne diese Thematik würden sich sicherlich nicht so viele Leute mit der Bandapplikation in Kombination mit unterschiedlichen Hacksystemen, Spot Spraying, Applikationskarten usw. beschäftigen. Gerade bei der Hacke wurde hier ein altbewährtes System durch neue Technik auf ein höheres Niveau gehoben. Neben den unterschiedlichen Hackaggregaten werden durch Kamerasteuerung und Verschieberahmen viele Hacken in die Lage versetzt, noch exakter zu arbeiten. Solche Systeme können in den klassischen Hackfrüchten wie Zuckerrübe, Mais und Kartoffeln für ein beachtliches Einsparpotenzial an Pflanzenschutzmitteln sorgen.

Auch die Bandapplikation ist durch neue Düsen und Feldspritzensysteme für den Anwender bedienerfreundlicher geworden. Hierbei kann der Praktiker von der Kabine aus wählen, ob er eine Flächenbehandlung oder eine Bandspritzung fahren möchte. Allerdings muss die Euphorie ein wenig gebremst werden. Neben der Problematik, dass es die Hacke gern staubig trocken mag und die Spritze lieber feucht hat, ist auch die Heterogenität im Feld manchmal ein Problem. Denn auch die Sätechnik muss in solch ein System integriert werden. Dass der komplette Betrieb mit RTK-Lenksysystemen ausgestattet sein muss, versteht sich quasi von selbst. Auch wenn die Bandapplikation mit einer Feldspritze durchgeführt wird, kommt es aktuell im Vorgewendebereich und im hügeligen Gelände zu nahezu unlösbaren Problemen, sodass hier flächig behandelt werden sollte. Auch das Hacken in der Reihe ist nicht so einfach, wie es sich anhört. Daher ist der Praktiker auf alle Module und technische Lösungen angewiesen, um das Maximum an Einsparung unter den verschiedensten Bedingungen herauszuholen.

Geht man noch einen Schritt weiter zur Spot-Applikation, ist man endgültig in der Hightech-Sparte angelangt. Mit solchen Pflegesystemen kann man wirklich nur noch die Flächen behandeln, die zwingend Pflanzenschutzmittel benötigen. Doch hierbei ist ein Element der Spritze essenziell – das Gestänge. Denn bei aller Genauigkeit, Düsentechnologie und exakter Unkrauterkennung bleibt eins unbestritten: Liegt das Gestänge nicht optimal, dann braucht man nicht über Spotgrößen im Zentimeter-Bereich diskutieren. Hier findet gerade für den Nachrüstbereich das sogenannte Patch Spraying seinen Abnehmer. Hierbei kann fast jede vorhandene ISOBUS-Spritze mit entsprechenden digitalen Freischaltungen verwendet werden.

Der Vorteil hierbei liegt sicherlich in der Verwendung von „Standardtechnik“ mit den normalen Düsen, denn es werden lediglich die Teilbreiten geschaltet. Das bedeutet zwar ein nicht so großes Einsparpotenzial bei den Pflanzenschutzmitteln, aber um in die Thematik der punktuellen Applikation einzusteigen, scheint dieser Ansatz ideal zu sein. Denn es muss nicht sofort eine neue Spritze gekauft werden, sondern mit zuvor erstellten Applikationskarten kann ein guter Bekämpfungserfolg bei gleichzeitiger Einsparung an Pflanzenschutzmitteln erzielt werden.

Auch Alternativen zum chemischen Produkt oder der Hacke finden langsam Beachtung in der Landtechnik. So zeigen sich in diesem Jahr auch Bandbehandlungssysteme, die mittels Lasertechnik den Unkräutern zu Leibe rücken. Hierbei hat man den Vorteil, noch näher an die Kulturpflanze heranzukommen, da berührungslos gearbeitet wird. In solchen Systemen steckt sicherlich sehr viel Potenzial für die Zukunft der Unkrautbekämpfung.

Welche Düse ist die beste?

Unter den heutigen Bedingungen wird man feststellen, dass im Bereich der Abdrift reduzierenden Düsen so gut wie alle Hersteller Düsentypen anbieten, die sowohl im Bereich der kompakten Injektordüsen, wie auch bei den langen Injektordüsen anzusiedeln sind. Dabei kann der Praktiker aus einem breiten Angebot JKI-anerkannter, Abdrift reduzierender Düsen auswählen, um für seinen Betrieb die ideale Düse auszuwählen. Aufpassen sollte man jedoch weiterhin, dass man nicht nur in Sachen Abdriftreduzierung optimiert und die biologische Wirkung dabei vergisst. Dies ist vor allem zu beachten, wenn man an die immer stärker verminderten Wassermengen oder die steigenden Fahrgeschwindigkeiten denkt. Hauptziel sollte sein, die Anwendungsqualität durch eine ausreichende Benetzung und bei Bedarf mit einer ausreichenden Bestandsdurchdringung abzusichern. Des Weiteren bieten Systeme wie Dropleg z. B. im Raps und in Kartoffeln die Möglichkeit, einen bienenschonenden Pflanzenschutz zu betreiben.

Auch im Bereich der pulsweitenmodulierten Düse zeigt sich, dass manchmal die Technik noch ein wenig reifen muss, spricht man über dieses Thema doch schon seit mehreren Jahrzehnten. Doch nun tauchen Systeme auf die mit Frequenzen von 20 bis 100 Hz zuverlässig arbeiten und diverse Möglichkeiten wahr werden lassen. Neben Kurvenkompensationen, Spot Spraying, Aufwandmengen, die innerhalb des Gestänges variiert werden können, usw., zeigen diese Systeme ein enorm großes Potenzial auf, um den stetig steigenden Anforderungen und Auflagen in der Praxis gerecht zu werden. Auch können gute vorhandene Spritzen mit Nachrüstlösungen auf den neusten Stand der Technik gebracht werden.

Doch am Ende entscheidet der Erfolg bei der Bekämpfung von Krankheiten, Insekten und konkurrierenden Unkräutern über die Akzeptanz in der Praxis. Denn bei allen Diskussionen über Einsparung usw. darf man eins nicht vergessen: Der Landwirt ist bestrebt, immer nur so viel Pflanzenschutzmittel auszubringen, wie unbedingt notwendig ist, um gesunde Lebensmittel zu erzeugen, und das schon seit vielen Jahren.

Autonome Systeme

Im Bereich der autonomen Systeme – oder vereinfacht gesagt der Roboter – ist eine sehr hohe Aktivität zu verzeichnen. So beschäftigen sich neben den renommierten Firmen viele Start-ups mit diesem Thema. Im Bereich der Hacktechnik sind schon einige Systeme auf dem Markt, wohingegen es wenige Spritzroboter im Feld gibt. Denn hier scheint der Überwachungsaufwand während der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln, neben vielen rechtlichen Hemmnissen, eine noch sehr große Hürde, um in der Praxis anzukommen. Aber auch hier wird der aufmerksame Besucher auf der Agritechnica 2025 viele Lösungsansätze finden und bestaunen können. Doch nicht alles, was möglich ist, darf auch eingesetzt werden. Bestes Beispiel sind hierfür die Drohnen. Es gibt diverse Anbieter, die mit der Drohne Pflanzenschutzmittel ausbringen können, doch in Deutschland ist der Einsatz gesetzlich auf den Steillagenweinbau und den Forst beschränkt.

Foto: DLG

DLG-Trendbericht Pflanzenschutztechnik.pdf
231112SPFSPF70227.jpg